Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2020 Nr. 19 vom 30.7.2020 Seite 445 bis 452

Änderung der Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz
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Änderung der Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz

2060

Änderung
der Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz

Runderlass des

Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

– VI-6 – 78.01.52

Vom 6. Juli 2020

1

Der Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 2. Mai 2003 (MBl. NRW. S. 580), der durch Runderlass vom 25. Juli 2017 (MBl. NRW. S. 737) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Abschnitt I wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird in dem Textblock unter der Überschrift „Verhaltenspflichten“ der dritte Spiegelstrich wie folgt gefasst:

„- klare und konsequente Erziehung nach aktuellem Stand der Wissenschaft durch Haltungs- und Aufsichtsperson,“

b) In Nummer 4 Satz 4 werden die Wörter „eine feste Hand“ durch die Wörter „einen klaren und eindeutigen Umgang auf Basis zeitgemäßer Hundetrainingsmethoden“ ersetzt.

2. Abschnitt II wird wie folgt geändert:

a) Der Nummer 3.2.1 werden folgende Sätze angefügt:

„Sowohl der Bundesgesetzgeber als auch der Landesgesetzgeber definieren in diesem Zusammenhang die Hunderassen nicht selbst, sondern greifen auf allgemein anerkannte Rassedefinitionen insbesondere durch die großen nationalen und internationalen kynologischen Fachverbände zurück, in denen eine Rasse anhand phänotypischer, durch Vererbung übertragbarer Merkmale beschrieben und so eine Zuordnung eines einzelnen Hundes zu dieser Rasse ermöglicht wird (sogenannte Standards). Der Verweis auf durch private Verbände verantwortete Rassedefinitionen ist indes nicht dynamisch zu verstehen, sondern nimmt grundsätzlich auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Landeshundegesetzes im Jahr 2003 bestehenden Standards Bezug. Andernfalls würde letztlich die Definition von neuen Hunderassen beziehungsweise die Veränderung von Rassestandards durch private Interessenverbände über die Anwendungsreichweite des § 3 Absatz 2 (und auch § 10 Absatz 1) des Landeshundegesetzes entscheiden. Dies wäre jedoch mit Sinn und Zweck der Norm, Hunde mit einem bestimmten genetischen Potential aus Gründen der Gefahrenprävention besonderen Haltungsbedingungen zu unterwerfen, nicht vereinbar (siehe OVG NRW, Urteile vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17 und 5 A 1631/18 unter Bezugnahme auf OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17 m.w.N.). Nach dieser Maßgabe sind etwa Hunde jüngerer Züchtungen wie American Bully oder Old English Bulldog nicht als eigenständige Rassen im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen.“

b) Nummer 3.2.2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 2 werden folgende Sätze eingefügt:

„Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen wird mit dem Begriff "Kreuzung" in biologisch-zoologischem Sinne allgemein das Ergebnis der geschlechtlichen Fortpflanzung zwischen Tieren unterschiedlicher Arten oder Rassen bezeichnet. Der Begriff der Kreuzung im Sinne von § 3 Absatz 2 (und auch § 10 Absatz 1) des Landeshundegesetzes setzt nicht voraus, dass ein Elternteil ein reinrassiger Hund der in der Vorschrift genannten Rassen ist. Erfasst werden daher nicht nur Mischlingshunde der ersten (F1-) Generation, sondern grundsätzlich auch Mischlinge der nachfolgenden Generationen (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17 – mit Hinweis auf Hess. VGH, Urteil vom 14. März 2006 – Az. 11 UE 1426/04 – ; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2015 – Az. OVG5 S 36.14).“

bb) Im neuen Satz 8 wird die Angabe „Abs.“ durch das Wort „Absatz“ ersetzt.

cc) Im neuen Satz 9 werden die Wörter „sollen Zuchtwarte oder die amtliche Tierärztin/der“ durch die Wörter „soll die amtliche Tierärztin beziehungsweise der“ ersetzt.

dd) Satz 11 wird wie folgt gefasst:

„§ 3 Absatz 2 Satz 2 gilt trotz fehlenden Verweises auch für die Bestimmung von Hunden im Sinne von § 10 Absatz 1 (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 - Az. 5 A 1210/17, Rn 54).“

c) Die Nummern 3.2.4 und 3.3.1 werden wie folgt gefasst:

„3.2.4
Nach den unter Nummer 3.2.1 aufgeführten Maßgaben ist die Rasse des Miniatur Bullterriers als eigenständige Hunderasse im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen. Demnach sind nach den von der Fédération Cynologique Internationale (FCI) und anderen Hundeverbänden wie dem Verband für das deutsche Hundewesen (VDH) anerkannten Rassestandards Bullterrier und Miniatur Bullterrier Hunde verschiedener Rassen. Die Merkmale des Bullterriers sind im FCI-Standard Nummer 11 beschrieben, die Merkmale des Miniatur Bullterriers seit dem 23. Dezember 2011 im FCI-Standard Nummer 359. Nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung in der Rechtsprechung gehören Hunde der Rasse Miniatur Bullterrier damit nicht zu den in § 2 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes und in § 3 Absatz 2 des Landeshundegesetzes aufgeführten Bullterriern (siehe OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 37, m.w.N.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. Juni 2014 – Az. 3 M 255/13). Zudem war der Miniatur Bullterrier schon bei Inkrafttreten des Landeshundegesetzes als eigene Rasse anerkannt (OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 39, unter Verweis auf VG Aachen, Urteil vom 27. Dezember 2006 – Az. 6 K 903/05).

Nach den Rassestandards der FCI Nummer 11 beziehungsweise Nummer 359 bestehen zwischen Bullterriern und Miniatur Bullterriern im Grundsatz keine phänotypischen Unterscheidungen. So heißt es in beiden Standards unter der Rubrik „Kurzer geschichtlicher Abriss“ zu dem kleineren Typ des Bullterriers: „Der Standard ist der Gleiche wie der des Bull Terriers mit der Ausnahme einer Größenbegrenzung.“ Entsprechend heißt es unter der Rubrik „Größe und Gewicht“ im Rassestandard der FCI Nummer 11 für den Bullterrier: „Es gibt keine Größen- oder Gewichtsgrenze. Auf jeden Fall muss der Eindruck von höchstmöglicher Substanz im Einklang zu Größe und Geschlecht vorhanden sein.“ Im Rassestandard der FCI Nummer 359 heißt es unter der Rubrik „Größe“: „Die Widerristhöhe sollte 35, 5 Zentimeter nicht überschreiten. Es sollte ein Eindruck von Substanz im Verhältnis zur Größe des Hundes vorhanden sein. Es gibt keine Gewichtsgrenze. Die Hunde sollten immer harmonisch sein.“

Aus diesen, vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Vorgaben ergibt sich für die Abgrenzung der beiden Hunderassen Folgendes: Erstes Abgrenzungskriterium ist grundsätzlich die Widerristhöhe des Hundes. Unterschreitet ein Hund die Widerristhöhe von 35,5 Zentimeter, kommt eine Einstufung als Standard Bullterrier grundsätzlich nicht in Betracht. Andererseits gilt, dass bei einer Überschreitung der im Rassestandard genannten Widerristhöhe von 35,5 Zentimeter ein Hund dennoch als Miniatur Bullterrier einzustufen sein kann. Der als Soll-Vorschrift formulierte Rassestandard erlaubt keine zwingende und abschließende Abgrenzung der beiden in Rede stehenden Rassen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sieht in der verbandlich geregelten Zuchtbeschränkung für Hunde ab einer Widerristhöhe von 39 Zentimeter, also bei einer Abweichung von 10 Prozent gegenüber der Soll-Größe, eine grundsätzlich geeignete Konkretisierung der Soll-Bestimmung des Rassestandards. Bei einer Widerristhöhe bis zu 39 Zentimeter sei eine Zuordnung zu der Rasse des Miniatur Bullterriers daher möglich und naheliegend. Liege die Widerristhöhe hingegen oberhalb von 39 Zentimeter, sei angesichts der deutlichen Überschreitung der Soll-Größe regelmäßig nicht mehr von einem Miniatur Bullterrier auszugehen. In Anbetracht der wenigen, vagen weiteren Abgrenzungskriterien zwischen beiden Hunderassen werde in diesem Fall nach der Zweifelsregel des § 3 Absatz 2 Satz 3 des Landeshundegesetzes grundsätzlich von einer Zuordnung zur Rasse des Standard Bullterriers auszugehen sein (OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 57).

Diese Vermutung kann jedoch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen widerlegt werden durch den Nachweis, dass die Überschreitung der Widerristhöhe nicht durch die Einkreuzung eines Standard Bullterriers, sondern eines anderen größeren Hundes erfolgt ist beziehungsweise im Rahmen der üblichen genetischen Vakanz liegt. Dies soll insbesondere dann möglich sein, wenn entweder die Elterntiere des Hundes bekannt sind und bei diesen eine entsprechende Einkreuzung ausgeschlossen werden kann beziehungsweise dies durch eindeutige und glaubhafte Zuchtpapiere nachgewiesen werden kann. Zum anderen ist die Widerlegung der Vermutung anhand der Rassestandards insoweit möglich, als diese hinsichtlich der „Substanz“ des Hundes Raum für eine Unterscheidung lassen. Diese soll beim Miniatur Bullterrier zwar vorhanden sein, beim Standard Bullterrier hat sie aber auf jeden Fall das höchstmögliche Maß zu erreichen. So ist etwa eine ausgeprägte Muskulatur für den Standard Bullterrier angesichts dessen Zuchtgeschichte, des Rassestandards und für die vom Gesetzgeber angenommene rassebedingte Gefährlichkeit von herausragender Bedeutung. Ähnliches gilt für die Kaumuskulatur des Hundes, die beim Standard Bullterrier zuchtgeschichtsbedingt besonders ausgeprägt ist. Dabei wird sich eine Abgrenzung zwischen Miniatur Bullterrier und Standard Bullterrier daran orientieren müssen, in welchem Umfang die oben genannte Widerristhöhe überschritten wird. Nur bei einer geringfügigen Überschreitung der Höhe von 39 Zentimeter um wenige Zentimeter kommt ein Überwiegen des Phänotyps des Miniatur Bullterriers noch in Betracht (siehe insoweit OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 63).

3.3.1
Nach § 3 Absatz 3 Satz 1 handelt es sich im Einzelfall um einen gefährlichen Hund, wenn das Vorliegen einer der in den Nummern 1 bis 6 abschließend aufgeführten Tatbestände festgestellt ist. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 20. April 2020 – Az. 5 A 4519/19 – klargestellt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der als gebundene Entscheidung ausgestalteten Regelung in § 3 Absatz 3 nicht bestehen. Bei Feststellung eines der in dieser Vorschrift beschriebenen Sachverhalte ist daher die Gefährlichkeitseinstufung geboten. Die eine Gefährlichkeit im Einzelfall begründenden Umstände können in einer falschen Ausbildung, Zucht oder Kreuzung (Nummern 1 und 2) liegen oder sich durch tatsächliches, gefahrverursachendes Fehlverhalten des Hundes (Nummern 3 bis 6) gezeigt haben.“

d) Nummer 3.3.2 wird wie folgt gefasst:

„3.3.2
Die Aufklärung der für eine Zuordnung unter die in den Nummern 1 bis 6 genannten Fallgruppen maßgeblichen Sachverhaltsumstände und die verbindliche Feststellung erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. Dies setzt eine gründliche Ermittlung des Sachverhaltes oder Geschehensablaufes und eine fachkundige Begutachtung des Hundes voraus. Insofern bestimmt § 3 Absatz 3 Satz 2, dass der verbindlichen Feststellung eine Begutachtung aus fachlicher Sicht durch die amtliche Tierärztin oder den amtlichen Tierarzt vorauszugehen hat. Die Vorführung des zu beurteilenden Hundes bei der amtlichen Tierärztin oder dem amtlichen Tierarzt des für den Zuständigkeitsbereich der örtlichen Ordnungsbehörde zuständigen Kreisveterinäramtes ist zu veranlassen oder nach § 12 Absatz 1 anzuordnen.

Falls ein Beißvorfall im oder am eigenen Territorium des Hundes stattgefunden hat, kann der zu beurteilende Hund auch am Ort der Hundehaltung begutachtet werden.

Auch wenn das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen nach seiner Rechtsprechung der amtstierärztlichen Begutachtung lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung zumisst (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 – Az. 5 B 1305/11), ist die Begutachtung als fachliche Unterstützung für die von der örtlichen Ordnungsbehörde zu treffende Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes und gegebenenfalls damit verbundene weitere Maßnahmen von hoher Relevanz. Eine Begutachtung durch die amtliche Tierärztin oder den amtlichen Tierarzt allein nach Aktenlage ist nicht ausreichend. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Da die Entscheidung gemäß § 3 Absatz 3 Satz 2 sehr weitreichende Folgen für Hund und Halter hat, ist sicherzustellen, dass die Ordnungsbehörde im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung eine sachverständige Unterstützung erfährt. Im Lichte einer sachverständigen Äußerung der amtlichen Tierärztin oder des amtlichen Tierarztes können sich beispielsweise als feststehend geltende Tatsachen oder Aussagen relativieren. Zudem erhöht die persönliche Inaugenscheinnahme des Hundes zur Begutachtung in der Regel die Gerichtsfestigkeit der Verwaltungsentscheidung.

Das amtstierärztliche Gutachten setzt sich in der Regel zusammen aus
- dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Hundes und dem Ergebnis der Verhaltensprüfung, soweit eine solche durchgeführt worden ist, sowie
- der fachlichen Bewertung der von der örtlichen Ordnungsbehörde vorgelegten, aussagekräftigen und kompletten Unterlagen.

Die örtliche Ordnungsbehörde soll das Ergebnis der Begutachtung bei ihrer Entscheidung beachten, ist aber nicht daran gebunden (VG Arnsberg, Beschluss vom 3. September 2003 - Az. 3 L 1358/03).

Bis zur endgültigen Feststellung der Gefährlichkeit im Sinne des § 3 Absatz 3 sollten sichernde Anordnungen (beispielsweise Anlein- und Maulkorbpflicht, gegebenenfalls ausbruchsichere Unterbringung) nach § 12 Absatz 1 getroffen werden.

Es entspricht ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen, dass es sich bei der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 3 Absatz 3 um einen Verwaltungsakt im Sinn des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen handelt (siehe OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 - Az. 5 A 4519/19 und Beschluss vom 20. April 2012 - Az. 5 B 1305/11; VG Köln, Urteil vom 21. Januar 2016 – Az. 20 K 6915/14 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen kann eine Feststellung der Gefährlichkeit aber auch im Rahmen einer Anordnung nach § 12 Absatz 2 des Landeshundegesetzes erfolgen (OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2017 - 5 A 2529/15 – Bezug nehmend auf Beschluss vom 4. Dezember 2006 ‑ 5 B 2300/06). Hiernach folgt aus § 3 Absatz 3 Satz 2 nicht die Notwendigkeit der vorherigen (oder zeitgleichen) Gefährlichkeitsfeststellung durch Verwaltungsakt. Die Möglichkeit eines solchen Verwaltungsaktes besagt nicht, dass ein derartiger Verwaltungsakt Voraussetzung (auch) für Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 ist. § 3 Absatz 3 Satz 2 ermöglicht es der Behörde, die Frage der Gefährlichkeit eines Hundes im Sinne von Satz 1 der Vorschrift verbindlich zu klären, da das Gesetz an diese Eigenschaft bereits unmittelbar Pflichten knüpft (siehe §§ 4, 5 LHundG NRW). Einer solchen gesonderten Klärung bedarf es im Zusammenhang mit einer Anordnung nach § 12 Absatz 2 indes nicht; vielmehr kann diese auch inzidenter erfolgen. Damit ist auch keine unzulässige Rechtsschutzverkürzung für den betroffenen Hundehalter verbunden. Geht die Behörde von einem im Einzelfall gefährlichen Hund aus und stützt hierauf eine bestimmte Maßnahme, unterliegt diese Annahme im Rahmen einer gegen die fragliche Anordnung gerichteten Anfechtungsklage der vollen gerichtlichen Überprüfung.

Da es sich – wie oben ausgeführt – bei der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 3 Absatz 3 grundsätzlich um einen (Dauer-)Verwaltungsakt handelt, folgt daraus, dass ein solcher Verwaltungsakt nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Regeln auch der Aufhebung unterliegt, etwa im Falle einer nachträglichen Veränderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Absatz 1 Nummer 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VG Köln, Urteil vom 21. August 2014 - Az. 20 K 3978/13). Ferner gebietet es nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das Verwaltungsverfahren auf Antrag des Hundehalters und Vorlage entsprechender Nachweise wieder aufzugreifen und nach pflichtgemäßem Ermessen über die Aufhebung der Gefährlichkeitsfeststellung zu entscheiden, wenn beispielsweise Hinweise vorliegen, dass aufgrund des Zeitablaufs, des Alterungsprozesses des Hundes beziehungsweise ergriffener oder durch den Amtsveterinär nachvollzogener Trainingsmaßnahmen die Gefährlichkeit des Hundes entfallen ist (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 - Az. 5 A 4519/19). Allerdings sind an das Vorliegen einer solchen nachträglichen Veränderung sehr hohe Anforderungen zu stellen. Allein das Bestehen einer erneuten Verhaltensprüfung wird hierzu keinesfalls ausreichen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 5 Absatz 3 Satz 3 die Verhaltensprüfung vorgesehen hat, um für gefährliche Hunde im Sinne von § 3 Absatz 2 die Befreiung (nur) von der Anlein- und Maulkorbpflicht zu ermöglichen, nicht hingegen um die grundsätzliche Einstufung als gefährlicher Hund zu revidieren. Daher ist die Verhaltensprüfung gemäß § 5 Absatz 3 Satz 3 auch nicht für gefährliche Hunde im Sinne von § 3 Absatz 3 vorgesehen (siehe Nummer 5.3.1). Eine Aufhebung der Gefährlichkeitsfeststellung kann somit allein auf dieser Grundlage nicht erfolgen. Für eine solche Entscheidung bedarf es vielmehr einer ausführlichen amtstierärztlichen Begutachtung des Hundes. Zudem bedarf es vom Hundehalter nachzuweisender neuer Sachverhalte, wie zum Beispiel den Nachweis eines mehrjährigen Besuchs einer Hundeschule, der zusammen mit der ausführlichen amtstierärztlichen Begutachtung ausnahmsweise den Schluss einer mittlerweile entfallenen Gefährlichkeit des Hundes zulässt. Weitere entscheidungsrelevante Sachverhalte, die bei der erneuten Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes einbezogen werden können, sind vor allem erhebliche Verhaltensänderungen infolge des weit fortgeschrittenen Alters oder einer nachgewiesenen Erkrankung des Hundes. Im Falle eines Hundes, bei dem die Gefährlichkeitseinstufung auf ein unkontrolliertes Jagdverhalten zurückzuführen war, sind hingegen aus fachlicher Sicht besonders hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Verhaltensänderung zu stellen. Darüber hinaus ist in die Ermessenserwägung auch das Gewicht des bei dem anlassgebenden Vorfall verletzten Rechtsguts einzustellen (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 - Az. 5 A 4519/19). Vor diesem Hintergrund soll eine Aufhebung der Gefährlichkeitseinstufung nicht erfolgen, wenn durch den anlassgebenden Vorfall ein Mensch erheblich verletzt oder sogar getötet worden ist.“

e) Nummer 5.2.3 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 2 werden die Wörter „ , z.B. ein Kopfhalfter,“ gestrichen.

bb) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:

„Es ist darauf zu achten, dass die Vorrichtung das artgerechte Atmen und Hecheln erlaubt.“

f) Nummer 10 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 und 2 wird jeweils die Angabe „Abs.“ durch das Wort „Absatz“ ersetzt.

bb) In Satz 3 wird die Angabe „§ 3 Absatz 2 Satz 2 und 3“ durch die Angabe „§ 3 Absatz 2 Satz 3“ ersetzt.

cc) Die Sätze 4 bis 11 werden wie folgt gefasst:

„Als Kreuzung im Sinne des § 10 Absatz 1 gilt nach dem Wortlaut jede Kreuzung mit einem der in dieser Vorschrift genannten Hunde (siehe insoweit auch die Erläuterung unter Nummer II.3.2.2). Das Vorliegen einer Kreuzung bestimmt sich im Einzelfall auch im Anwendungsbereich des § 10 Absatz 1 nicht allein aufgrund der genetischen Verwandtschaft, sondern danach, ob bei dem betreffenden Hund der Phänotyp einer der dort bezeichneten Rassen deutlich hervortritt. § 3 Absatz 2 Satz 2 gilt insoweit trotz fehlenden Verweises auch für die Bestimmung von Hunden im Sinne von § 10 Absatz 1 (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17, Rn 54).

Im vorstehend aufgeführten Urteil führt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen weiterhin aus, dass die in § 10 Absatz 1 zugrunde gelegte Unterscheidbarkeit von Hunden nach Rassezugehörigkeit nicht dynamisch zu verstehen sei, sondern statisch an einen vom Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Gesetzes vorgefundenen Bestand an allgemein anerkannten Hunderassen anknüpfe (siehe insoweit auch Nummer II.3.2.1). Nach dieser Maßgabe sind etwa Hunde der Züchtung Old English Bulldog nicht als eigenständige Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen. Diese Züchtung wurde erst im Jahr 2014 durch den amerikanischen Zuchtverband United Kennel Club anerkannt und erfüllt diese Voraussetzung somit nicht. Bei solchen Hunden handelt es sich mithin um Kreuzungen im Sinne von § 10 Absatz 1, sofern im Einzelfall der Phänotyp einer der in der Vorschrift gelisteten Rassen deutlich hervortritt (siehe OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17, Rn 59 und 68).“

g) In Nummer 11.2.1 wird die Angabe „Abs.“ durch das Wort „Absatz“ und das Wort „Halterinoder“ durch die Wörter „Halterin oder“ ersetzt.

h) Nummer 11.6.1.3 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

„Zu öffentlichen Straßen im Sinne des Landeshundegesetzes zählen beispielsweise Bürgersteige oder Bahnhofsvorplätze, aber auch Eigentümerstraßen und -wege sowie Privatgrundstücke, die zwar nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, die aber beschränkt öffentlich genutzt werden (beispielsweise Parkplatz für Supermarkt).“

i) In Nummer 13 Satz 7 wird das Wort „denenerfahrungsgemäß“ durch die Wörter „denen erfahrungsgemäß“ ersetzt.

2

Dieser Runderlass ergeht im Benehmen mit dem Ministerium des Innern und tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.

- MBl. NRW. 2020 S. 446