Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2020 Nr. 34 vom 9.12.2020 Seite 805 bis 820

Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“
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Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“

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Amtliche Marktüberwachung
– geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“

Allgemeinverfügung
des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
8.82.04.03.2020.31

Vom 16. November 2020

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen erlässt auf der Grundlage des § 14 Absatz 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - Ordnungsbehördengesetz (OBG) - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 741, ber. 2019 S. 23) folgende Allgemeinverfügung:

1.

Ich untersage den Handelsunternehmen mit Geschäftsaktivitäten in Nordrhein-Westfalen ab sofort, in Nordrhein-Westfalen das Erzeugnis „Colonia“ der Marke „Braufactum“ der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH, Darmstädter Landstraße 185, 60598 Frankfurt am Main, zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten, zu liefern, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen.

2.

Soweit Handelsunternehmen dem Endverbraucher in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit bieten, Lebensmittel mittels Fernkommunikationstechniken zu bestellen und nach Nordrhein-Westfalen zu liefern, untersage ich Ihnen ab sofort, das Erzeugnis „Colonia“ der Marke „Braufactum“ der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH, Darmstädter Landstraße 185, 60598 Frankfurt am Main, in Nordrhein-Westfalen zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten, zu liefern, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen.

3.

Die sofortige Vollziehung der Anordnungen der Ziffern 1 und 2 wird angeordnet.

4.

Diese Allgemeinverfügung gilt an dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben. Sie liegt im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, Dienstgebäude Duisburg, Wuhanstraße 6, Fachbereich 82, aus und kann während der allgemeinen Dienstzeiten eingesehen werden. Des Weiteren wird die Allgemeinverfügung auf der Internetseite des LANUV (www.lanuv.nrw.de) veröffentlicht.

Begründung:

I.

Durch Marktkontrollen ist das Bier „Colonia“ der Marke „Braufactum“ der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH, Darmstädter Landstraße 185, 60598 Frankfurt am Main, aufgefallen.

Das Erzeugnis nutzt in seiner Etikettierung die Abbildungen des Kölner Doms und der Kölner Hohenzollernbrücke. Darunter findet sich in der Etikettbeschriftung der folgende Text:

„Ein Bier nach Rheinischer Brauart, wie es ursprünglich gebraut wurde – charaktervoll, mit einer ausgewogenen Hopfennote.“

II.

Gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen für Bereiche der Agrarwirtschaft (Zuständigkeitsverordnung Agrar vom 5. Februar 2019 (GV. NRW. S. 116)), 134 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2357) geändert worden ist; MarkenG), 12 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (OBG) bin ich sachlich für die Überwachung und Kontrolle der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1–29, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2017/625 (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1–142), zuletzt korrigiert durch Berichtigung der Verordnung (EU) 2017/625 ABl. L 322 vom 18.12.2018, S. 85–85 (DE)) und den zu ihrer Durchsetzung erlassenen Vorschriften zuständig.

Meine örtliche Zuständigkeit ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 4 Abs. 1 OBG. Danach ist die Ordnungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Maßgeblich ist der Ort des (möglichen) Eintritts der Verletzung oder Gefährdung, also konkret der Betriebssitz, Ort des Geschäftslokals bzw. Ort der auslösenden Bestellung (Fernkommunikation).

Zu Ziffer 1:

Die Anordnung zu Ziffer 1 beruht auf §§ 12 Abs. 2, 14 Abs. 1 OBG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 S. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 (ABl. L 127 vom 25.5.2009, Seite 3) mit dem einzigen Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 (ABl. C 254 vom 7.10.2008, Seite 12). Darin werden das Kölsch und u. a. seine Zusammensetzung, seine traditionelle Herkunft und sein Herstellungsverfahren näher beschrieben.

Gemäß § 14 Abs. 1 OBG können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Zur Erfüllung der Aufgaben, die die Ordnungsbehörden nach besonderen Gesetzen und Verordnungen durchführen (§ 1 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 OBG), haben sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Gesetze und Verordnungen Befugnisse der Ordnungsbehörden nicht enthalten, haben sie die Befugnisse, die ihnen nach diesem Gesetz zustehen (vgl. § 14 Abs. 2 OBG).

Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 OBG liegen vor. Denn es besteht eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich (teilweise) sogar schon realisiert hat, da das Produkt „Colonia“ in Nordrhein-Westfalen direkt über den Handel bezogen werden kann. Die öffentliche Sicherheit umfasst u. a. die Gesamtheit aller Rechtsnormen. Ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Die hier relevanten Verordnungen (EU) Nr. 1151/2012 und (EG) Nr. 430/2009 mit den darin enthaltenen Regelungen sind Bestandteil dieser Rechtsordnung.

Danach ist die Bezeichnung „Kölsch“ eine geschützte geografische Angabe (g.g.A.), die ausschließlich für Erzeugnisse verwendet werden darf, welche die in der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 sowie dem zuvor genannten Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 definierten Vorgaben erfüllen. So darf ein Bier u. a. lediglich dann als „Kölsch“ vermarktet werden, wenn es innerhalb des Gebietes der Stadt Köln oder von Bedburg, Bonn, Brühl, Dormagen, Frechen, Leverkusen, Monheim, Wiehl in der Umgebung von Köln hergestellt worden ist. Da das hier in Rede stehende Erzeugnis „Colonia“ der Marke „Braufactum“ die Vorgaben des Unionsrechts nicht erfüllt, vielmehr dagegen verstößt, indem das Ansehen des geschützten Produktes ausgenutzt wird, ist die Vermarktung des Bieres rechtswidrig und in Nordrhein-Westfalen zu beenden.

Als im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 „eingetragener Name“ ist die Bezeichnung „Kölsch“ gemäß Art. 13 Abs. 1 S. 1 lit. b) dieser Verordnung gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Verfahren“, „Fasson“, „Nachahmung“ oder dergleichen verwendet wird, auch wenn dieses Erzeugnis als Zutat verwendet wird, geschützt.

Der in Art. 13 Abs. 1 S. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verwendete Begriff der „Anspielung“ ist weit auszulegen. Deutlich wird dies insbesondere dadurch, dass auch die Angabe des tatsächlichen Ursprungs die Anwendung des Verbotes nicht ausschließt, wenngleich die Gefahr einer Irreführung dadurch ausgeschlossen sein könnte. Erforderlich ist eine erkennbare Bezugnahme auf den eingetragenen Namen; diese kann durch Wortspiele geschehen, aber auch durch Formulierungen, die für die Verwendung der geschützten Bezeichnung geläufig sind, so dass sich entsprechende Assoziationen verfestigen. Nach der Rechtsprechung (vgl. VG Münster, Urt. v. 18.02.2019 - 5 K 520/18, juris, Rn. 15 m. w. N.) reiche es aus, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst werde, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trage. Selbst wenn es keinerlei Gefahr der Verwechselung zwischen den betroffenen Erzeugnissen gäbe, könne eine Anspielung vorliegen. Dies muss umso mehr gelten, wenn der „gedankliche Bezug“ des Verbrauchers (dessen Assoziation) zum geschützten Erzeugnis dadurch verstärkt wird, dass der Name durch eine entsprechende Produktgestaltung („Bildzeichen“) untermauert wird.

Der Name „Colonia“ spielt mit dem geschützten Begriff „Kölsch“ und lässt sich auf die lateinische Bezeichnung „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“, aus der sich die heutige Stadt „Köln“ respektive deren Bezeichnung entwickelt hat, zurückführen. Der Name „Colonia“ steht auch heute noch in vielen Sprachen für die Stadt Köln (so etwa in spanischer, italienischer, portugiesischer und rumänischer sowie mit ‚K‘ in polnischer Sprache). Die Bezeichnung „Colonia“ wird zudem in einem in kölnischer Mundart vorgetragenen Karnevalsschlager („Viva Colonia“) verwendet, der ebenfalls offenkundig und uneingeschränkt mit der Stadt Köln verbunden ist.

Die zusätzliche Verwendung eindeutiger und bekannter Wahrzeichen auf dem Produkt, wie diejenigen des Kölner Doms und der Hohenzollernbrücke, stellen eine direkte, bildhafte Verbindung mit der Domstadt Köln her und lassen beim Verbraucher Assoziationen zur Stadt und der dort hergestellten Bierspezialität entstehen (vgl. EuGH, Urt. v. 02.05.2019 - C-614/17, juris, Rn. 22, 30, 32).

Schließlich wird mit dem vorgenannten Text auf dem Etikett ein direkter Bezug zur „Rheinischen Brauart“ aufgebaut, der in Verbindung mit dem Namen sowie den verwendeten Abbildungen dem Verbraucher suggeriert, dass es sich um ein in Köln produziertes „Kölsch“ handelt.

Dass der Name „Kölsch“ nicht direkt verwendet wird, führt zu keiner anderen Bewertung des Sachverhaltes, als dass der Tatbestand einer Anspielung beim Bier „Colonia“ der Marke „Braufactum“ der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH erfüllt ist, gegen den die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 insbesondere in ihrem Art. 13 umfassenden Schutz gewährt.

Nach § 17 Abs. 1 OBG richtet sich die Anordnung gegen die Verursacher der Gefahr, hier also gegen die Händler, die das Produkt in Nordrhein-Westfalen zum Verkauf vorrätig halten, anbieten, feilhalten, zur Lieferung bereithalten, verkaufen oder sonst in den Verkehr bringen.

Zu Ziffer 2:

Die Anordnung zu Ziffer 2 beruht auf §§ 12 Abs. 2, 14 Abs. 1 OBG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 S. 1 lit. b) Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 mit dem einzigen Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 in der im Amtsblatt C 254 der Europäischen Union vom 07.10.2008 veröffentlichten Fassung (Seite 12).

Die o. g. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht bzw. realisiert sich auch, wenn Unternehmer Fernkommunikationstechniken verwenden, mit denen das Bier „Colonia“ der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH zum Kauf angeboten wird und insbesondere in Nordrhein-Westfalen bestellt sowie nach Nordrhein-Westfalen geliefert werden kann.

Nach § 17 Abs. 1 OBG richtet sich die Anordnung gegen die Verursacher der Gefahr, vorliegend also gegen die Unternehmer, die dem Endverbraucher in Nordrhein-Westfalen mittels Fernkommunikationstechniken das Bier „Colonia“, das den Anforderungen des Unionsrechts nicht genügt, zum Erwerb anbieten (s. o.).

Zu Ziffer 1 und 2:

Die getroffenen Anordnungen sind in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Mein Ermessen habe ich erkannt und mich dazu entschlossen, dieses entsprechend dem Zweck der o. g. Ermächtigungsgrundlagen auszuüben.

Die gesetzlichen Grenzen meines Ermessens habe ich eingehalten (vgl. § 16 OBG i. V. m. § 40 VwVfG NRW), insbesondere habe ich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (vgl. § 15 OBG).

Die Anordnungen sind geeignet, den vom europäischen Verordnungsgeber eingeräumten Schutz bestimmter, in den Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 1151/2012 fallender Erzeugnisse sowie den des Verbrauchers vor Irreführung wirksam zu gewähren und durchzusetzen. Eine Geeignetheit besteht nämlich bereits dann, wenn die Maßnahme das Erreichen des verfolgten Ziels fördern kann.

Sie sind auch erforderlich, da das von der Internationalen Brau-Manufacturen GmbH hergestellte Bier „Colonia“ dem Namen nach sowie durch Verwendung einschlägiger Wahrzeichen der Stadt auf die geschützte geografische Angabe „Kölsch“ anspielt, ohne dass es den Anforderungen des einzigen Dokuments gemäß Verordnung (EG) Nr. 430/2009 genügt (s. o.).

Ein milderes genauso effektives Mittel als die Untersagung der Vermarktung in Einzelhandelsgeschäften oder durch Nutzung von Fernkommunikationsmitteln in Nordrhein-Westfalen ist nicht ersichtlich.

Die Anordnung, die Ware vor ihrem Verkauf umzuetikettieren, wäre ebenfalls eine Maßnahme, um die Ziele der o. g. Verordnungen zu erreichen. Hierdurch wären gleichfalls die vertreibenden Unternehmen belastet, die auf ihre Kosten eine Umetikettierung sicherstellen müssten, während der Hersteller, welcher seinen Sitz außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen hat, weiterhin Ware produzierte, die – nach hiesigem Verständnis – gegen geltendes Unionsrecht verstößt. Die Anordnung einer Umetikettierung wäre allerdings nicht genauso effektiv, weil sie auf den Hersteller nicht denselben Druck entfalten würde, wie ein für Nordrhein-Westfalen in Gänze geltendes Vermarktungsverbot, wodurch ein entsprechender Absatzmarkt wegfiele.

Die Anordnungen sind auch angemessen. Den in Nordrhein-Westfalen tätigen Handelsunternehmen wird vorliegend nämlich nicht die gesamte Geschäftstätigkeit untersagt, sondern lediglich in einem äußerst marginalen Umfang, da nur ein einzelnes Produkt betroffen ist.

Auch die Fernkommunikationstechniken nutzenden Unternehmen, die es dem Verbraucher ermöglichen, das Produkt in Nordrhein-Westfalen zu bestellen und nach Nordrhein-Westfalen liefern zu lassen, werden ebenso nur in einem kaum nennenswerten Umfang ihrer Geschäftstätigkeit und lediglich bezüglich eines einzelnen Produktes beschränkt.

Die Berufsfreiheit bzw. die unternehmerische Freiheit im Sinne des Art. 12 des Grundgesetzes (GG) ist nicht verletzt, weil den betroffenen Unternehmen nicht die Handelstätigkeit als solche, sondern allein der Handel in einem marginalen Teilbereich, nämlich dem mit dem Produkt „Colonia“ der Internationalen Brau- Manufacturen GmbH, untersagt wird.

Auch liegt kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG vor, weil die getroffenen Anordnungen weder eine Enteignung darstellen, noch die eigentumsrechtliche Position der Unternehmer in irgendeiner Weise verkürzt wird. Zwar wird der Handel mit dem Bier „Colonia“ untersagt, dabei handelt es sich jedoch um die Durchsetzung geltenden Rechts.

Auch wenn sich der Inhalt dieser Allgemeinverfügung nicht unmittelbar gegen den Hersteller bzw. Inverkehrbringer des Bieres „Colonia“ (der „Internationale Brau-Manufacturen GmbH“) richtet, wird angemerkt, dass meine Anordnungen ihm gegenüber ebenfalls angemessen sind. So wird die Vermarktung des Sortiments ganz überwiegend nicht beeinträchtigt, sondern allein im Hinblick auf das von mir beanstandete Erzeugnis, das auf die geschützte geografische Angabe „Kölsch“ anspielt.

Zu Ziffer 3:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung folgt aus § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und Abs. 3 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach kann die sofortige Vollziehung von der Behörde angeordnet werden, wenn sie im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegt.

Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist dann schriftlich zu begründen.

Vorliegend ergeht sie im überwiegenden öffentlichen Interesse. Denn nach einer umfänglichen Interessenabwägung haben private Interessen an der aufschiebenden Wirkung eines (möglichen) Rechtsmittels gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung zurückzutreten. Bei meiner Entscheidung habe ich das Interesse an der Fortsetzung/Beibehaltung des rechtswidrigen Zustandes und die Möglichkeit der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels dem Interesse der Allgemeinheit und der redlichen Hersteller sowie Händler der geschützten geografischen Angabe „Kölsch“ an einer sofortigen Vollziehung der einschlägigen Normen gegenübergestellt. Dabei überwiegt das Interesse der redlichen Erzeuger am Schutz ihrer Produkte und das der Verbraucher vor Irreführungen.

Die Verordnungen (EU) Nr. 1151/2012 und (EG) Nr. 430/2009 sollen den Verbraucher in die Lage versetzen, seine Kaufentscheidungen bewusst und mithilfe aller vorhandenen Informationen zu treffen. Er soll die einschlägigen Spezialitäten, auch geschützte geografische Angaben (g.g.A.), anhand der eingeführten Unionszeichen (vgl. Art. 13 und Anhang X der Verordnung (EU) Nr. 668/2014) identifizieren können.

Gleichzeitig enthält die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 einen umfassenden Schutz für die in ihren Anwendungsbereich fallenden Erzeugnisse und deren Erzeuger, der letztlich auch die Glaubwürdigkeit beim Verbraucher erhöht und diesen vor Irreführungen bewahren soll. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Erzeugnisse tatsächlich nachhaltig und wirksam vor Nachahmungen, Anspielungen sowie anderen Täuschungsversuchen geschützt werden (vgl. auch Erwägungsgründe 29, 40 zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012). Nur so kann das gewünschte Vertrauen des Verbrauchers in die durch das Unionsrecht geschützten Spezialitäten und die zur ihrer Identifikation verwendeten Unionszeichen hergestellt und aufrechterhalten werden. Die Unionszeichen und die darin verbürgte Qualität sind von großer Bedeutung für die Kaufentscheidung (vgl. auch Erwägungsgrund 2 zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012).

Die Vermarktung eines Erzeugnisses unter der Verwendung von Namen und Bildzeichen (Kölner Dom, Hohenzollernbrücke), die eine direkte Verbindung zur geschützten geografischen Angabe „Kölsch“ herstellen, täuscht den Verbraucher, der eine falsche Vorstellung von der Herkunft des Erzeugnisses erhält. Dies kann seine Kaufentscheidung beeinflussen.

Würde die Einlegung eines Rechtsmittels aufschiebende Wirkung entfalten, könnte sich der rechtswidrige Zustand, die Verwendung von Namen und Bildzeichen zur Täuschung/Irreführung über die Herkunft, noch weiter verfestigen. In der Folge würde der Verbraucher weiterhin durch falsche Informationen getäuscht, da der Hersteller des Bieres „Colonia“ die gesetzlichen Normen nicht beachtet und auf diese Weise auch andere Hersteller sowie Händler negativ beeinflussen kann bzw. dies auch tut (negative Vorbildwirkung).

Um das Recht der Verbraucher auf korrekte Informationen schon im Zeitpunkt einer Kaufentscheidung und den Schutz redlicher Erzeuger vor unzulässigen Anspielungen/Nachahmungen wirksam durchzusetzen, kann die mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbundene zeitliche Verzögerung nicht geduldet werden.

Zu Ziffer 4:

Gemäß §§ 41 Abs. 4 S. 4, 43 Abs. 1 VwVfG NRW kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht in

Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Aachen; Städteregion Aachen, Kreise Düren, Euskirchen, Heinsberg;

Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Hagen und Hamm; des Ennepe-Ruhr-Kreises, Hochsauerlandkreises, Märkischen Kreises sowie der Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest;

Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal, des Rhein-Kreises Neuss sowie der Kreise Kleve, Mettmann, Viersen und Wesel;

Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herne, der Kreise Recklinghausen und Unna sowie für diejenigen Unternehmen mit Sitz außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen;

Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bonn, Köln, Leverkusen; des Rhein-Erft-Kreises, Oberbergischen Kreises, Rheinisch-Bergischen Kreises und des Rhein-Sieg-Kreises;

Minden, Königswall 8, 32423 Minden, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Bielefeld sowie der Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn;

Münster, Piusallee 38, 48147 Münster, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Münster sowie der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf

erhoben werden. Die Klage ist schriftlich beim Verwaltungsgericht einzureichen oder zur Niederschrift der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).

Im Auftrag

Dr.  R a t h

MBl. NRW. 2020 S. 806