Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 26 vom 8.9.2021 Seite 685 bis 714

Orientierungsdaten 2022 – 2025 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen
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Orientierungsdaten 2022 – 2025 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

II.

Orientierungsdaten 2022 – 2025
für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung
der Gemeinden und Gemeindeverbände
des Landes Nordrhein-Westfalen

Runderlass

des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Az. 304-46.05.01-264/21

Vom 17. August 2021

Nachfolgend gebe ich gemäß § 6 der Kommunalhaushaltsverordnung (KomHVO NRW) in Verbindung mit § 84 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen die Orientierungsdaten 2022 bis 2025 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt.

I. Allgemeine Erläuterungen

1. Grundlagen der Orientierungsdaten 2022 - 2025

Die Orientierungsdaten stützen sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom Mai 2021. Zudem berücksichtigen sie die Entwicklungen des Landeshaushaltes und des kommunalen Finanzausgleichs.

Da der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ nur die tatsächlichen Zuflüsse für das jeweilige Haushaltsjahr betrachtet, sind seine Ergebnisse vom Mai 2021 an den Einnahmen ausgerichtet. Die Orientierungsdaten zu den Steuern und Abgaben sind deshalb Einzahlungsgrößen. Eine periodengerechte Zuordnung erfolgt nicht und kann nur von den Kommunen individuell mit Rücksicht auf die jeweilige örtliche Situation vorgenommen werden.

2. Gewerbesteuerumlage

Die Entwicklung der einzelnen Komponenten des Vervielfältigers der Gewerbesteuerumlage wird in der nachfolgenden Tabelle angegeben:

Jahr

Vervielfältiger

§ 6 Abs. 3 GemFinRefG

Gesamt-Vervielfältiger

Bund

Länder

2021*

14,5

20,5

35

2022

14,5

20,5

35

2023

14,5

20,5

35

2024

14,5

20,5

35

2025

14,5

20,5

35

*   Nachlaufend erfolgte im Jahr 2021 noch die Abrechnung der Einheitslasten des Jahres 2019.

3. Wirkung der Orientierungsdaten – Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten

Gemäß § 16 Abs. 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz sowie § 75 Abs. 1 und 84 GO NRW sollen sich die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Aufstellung des Haushaltes 2022 und bei der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung für die Jahre 2023 bis 2025 an den unter II.1. aufgeführten Daten zu Einzahlungen und Erträgen ausrichten. Die Orientierungsdaten liefern allerdings nur Durchschnittswerte für die Gemeinden und Gemeindeverbände und sind deshalb lediglich Anhaltspunkte für die individuelle Finanzplanung. Jede Kommune ist verpflichtet, unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten die für ihre Planung zutreffenden Einzelwerte zu ermitteln. Es ist von den Orientierungsdaten abzuweichen, wenn die individuellen Gegebenheiten vor Ort dies erfordern.

Auch bei den weiter in die Zukunft gerichteten Planungen der HSK- und HSP-Kommunen dürfen die Berechnungsempfehlungen des sogenannten Ausführungserlasses des für Kommunales zuständigen Ministeriums vom 7. März 2013 zur Haushaltskonsolidierung nur zugrunde gelegt werden, wenn eine eingehende Einzelfallprüfung ihre Vereinbarkeit mit den individuellen Verhältnissen vor Ort und deren voraussichtlichen Entwicklungen bestätigt hat. Die der Haushaltsplanung tatsächlich zugrunde gelegten Einzelwerte sind den Aufsichtsbehörden zu erläutern.

Generell sollten die Kommunen ihrer Haushaltsplanung eine eher vorsichtige Prognose zugrunde legen. Für Kommunen, die ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen haben, besteht die Pflicht, den Haushalt zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder auszugleichen (§ 76 Abs. 1 GO NRW). Gemäß Erlass vom 14. Mai 2021 (Az. 304-46.13-680/21) gilt diese Regelung ebenfalls für die nach den §§ 3 und 4 Stärkungspaktgesetz am Stärkungspakt teilnehmenden Kommunen (sog. Stärkungspaktstufen 1 und 2). Für diese Kommunen gelten für die Haushaltswirtschaft ab dem 1. Januar 2022 wieder uneingeschränkt die allgemeinen Vorschriften der GO NRW sowie die Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung. Auf die weiteren Vorschriften des Erlasses wird hingewiesen. Für die nach § 12 Stärkungspaktgesetz am Stärkungspakt teilnehmenden Kommunen (sog. Stärkungspaktstufe 3) gelten die Regelungen des Stärkungspaktgesetzes demgegenüber weiterhin.

4. Empfehlungen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung

Im Interesse der kommunalen Selbstverwaltung muss es oberstes Ziel sein, den Haushaltsausgleich zu erreichen oder zumindest ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept bzw. einen genehmigungsfähigen Haushaltssanierungsplan nach dem Stärkungspaktgesetz aufzustellen.

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung verbindet mit der Bereitstellung der Orientierungsdaten 2022 bis 2025 auch die Erwartung, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufstellung, Beratung und Beschlussfassung über ihren Haushalt an der Vorgabe des § 80 Abs. 5 Sätze 1 und 2 GO NRW ausrichten.

II. Orientierungsdaten und Erläuterungen

1. Orientierungsdaten 2022 - 2025 für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen

Absolut

Orientierungsdaten

2021

2022

2023

2024

2025

in Mio. € €Mio.Euro

in %

Einzahlungen / Erträge

Summe der Einzahlungen aus Steuern (brutto)

26.409

2,7

6,0

5,5

4,1

davon:

Gemeindeanteil an der
Einkommensteuer

8.666

4,6

5,9

6,3

5,6

Gemeindeanteil an der
Umsatzsteuer

2.015

-10,2

2,5

1,9

1,7

Gewerbesteuer
(brutto)

11.414

4,2

8,5

7,1

4,5

Grundsteuer
A und B

3.887

0,9

0,8

0,9

0,9

Kompensation Familienleistungs-ausgleich (Erträge)

835

7,8

3,3

2,2

2,6

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes (Erträge)

13.573

3,5

-2,8

4,5

4,7

davon:

Schlüsselzuweisungen an Gemeinden,
Kreise und Landschaftsverbände

11.421

3,5

-2,8

4,5

4,7

2. Erläuterungen

Steuern und ähnliche Abgaben

Die Entwicklung der Steuern und steuerähnlichen Abgaben ist noch immer stark durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt. Seit Anfang 2020 haben sich die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden aus wirtschaftlichen Gründen (Gewinneinbußen, Umsatzrückgang und Kurzarbeit) sowie aufgrund finanzpolitischer Entscheidungen (steuerrechtliche Erleichterung, großzügigere Regelungen im Hinblick auf Steuerstundungen und Kürzungen von Steuervorauszahlungen) teils deutlich schlechter entwickelt als in den Jahren zuvor. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Steuerentwicklung der Kommunen werden voraussichtlich auch in den kommenden Jahren spürbar sein.

In Anbetracht der weltweit noch immer dynamischen Entwicklung des Coronavirus SARS-CoV-2 ist die Einschätzung über die Entwicklung der Steuereinnahmen noch immer mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer

In den vergangenen Jahren ist der über den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer fließende Teil der seit 2018 vom Bund gewährten Entlastungsmittel in Höhe von bundesweit 5 Mrd. Euro jährlich wiederholt über das ursprünglich vereinbarte Niveau hinaus aufgestockt worden, um die – wegen der in § 46 SGB II festgelegten Beteiligungsobergrenze des Bundes an den KdU-Ausgaben – erforderlich gewordene Kürzung der Bundesbeteiligung an den kommunalen Kosten für Unterkunft und Heizung zu kompensieren. Ab dem Jahr 2022 wird die Verteilung der Entlastungsmittel aus dem 5-Milliarden-Paket des Bundes voraussichtlich erstmals auf der Grundlage des im Jahr 2016 zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beschlossenen Schlüssels erfolgen (Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer: 2,4 Mrd. Euro; Bundesbeteiligung an den KdU: 1,6 Mrd. Euro; Länderanteil an der Umsatzsteuer: 1 Mrd. Euro). Der für das Jahr 2022 prognostizierte Rückgang des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer spiegelt diese Entwicklung wider.

Zuweisungen des Landes im Rahmen des Steuerverbundes

Um die Pandemie-bedingten Folgewirkungen für den Kommunalen Finanzausgleich aufzufangen, wird die verteilbare Finanzausgleichsmasse im Jahr 2022 gemäß § 33b Haushaltsgesetz 2022 erneut aufgestockt und damit auf dem Niveau festgelegt, das in der letzten mittelfristigen Finanzplanung vor dem Beginn der Corona-Pandemie für das Jahr 2022 prognostiziert worden ist (14.042,3 Mio. Euro). Auf diese Weise werden die Belastungen der kommunalen Haushalte durch die Corona-Pandemie abgemildert. Der Differenzbetrag zu der aus dem Ist-Aufkommen der relevanten Verbundsteuern im Zeitraum 1. Oktober 2020 bis 30. September 2021 abgeleiteten Verbundmasse wird kreditiert. Dieser Betrag soll in späteren Haus­haltsjahren in Abhängigkeit von der Entwicklung der Verbundsteuern aus dem Aufwuchs der kommunalen Finanzausgleichsmasse wieder dem Landeshaushalt zufließen.

Aufwendungen allgemein

Aufgrund der Corona-Pandemie und der hiermit verbundenen außergewöhnlichen Umstände für die Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden und Gemeindeverbände wird in diesem Jahr erneut darauf verzichtet, den Kommunen Orientierungs- bzw. Zielwerte für die Aufwendungen vorzugeben. Gleichwohl wird weiterhin auf die Notwendigkeit einer ressourcenschonenden kommunalen Finanzwirtschaft hingewiesen. Dies gilt insbesondere für haushaltssicherungspflichtige Kommunen. In Anbetracht der negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf die kommunalen Haushalte und trotz der umfassenden staatlichen Entlastungsmaßnahmen, stehen zahlreiche Kommunen unter einem erheblichen Konsolidierungsdruck. Um den Haushalt dauerhaft aus eigener Kraft ausgleichen zu können, ist es erforderlich, bei den Aufwendungen nur geringe Zuwachsraten zuzulassen. Dies gilt insbesondere auch für die Personal- und Sachaufwendungen der Kommunen.

Dr. v o n  K r a a c k

- MBl. NRW. 2021 S. 707