Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2021 Nr. 34 vom 30.11.2021 Seite 925 bis 1002

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an Kommunen zur Entlastung von Beitragspflichtigen bei Straßenausbaumaßnahmen in Nordrhein-Westfalen (Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge)
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zugehörige Anlagen :
Anlage A
Anlage B
Anlage C
 

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an Kommunen zur Entlastung von Beitragspflichtigen bei Straßenausbaumaßnahmen in Nordrhein-Westfalen (Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge)

910

Richtlinie
über die Gewährung von Zuwendungen an Kommunen zur Entlastung von
Beitragspflichtigen bei Straßenausbaumaßnahmen in Nordrhein-Westfalen
(Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge)

Runderlass
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
- 305 - 49.01.03 - 74.1

Vom 25. Oktober 2021

1

Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1

Zuwendungszweck

Das Land Nordrhein-Westfalen übernimmt die Hälfte der kommunalen Straßenausbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen, die nach der jeweiligen Satzung in Verbindung mit der „Soll-Regelung“ des § 8 Absatz 1 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1969 (GV. NRW. S. 712) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden KAG genannt, von den Beitragspflichtigen zu erheben sind. Soweit die Kommune anstelle einer Beitragserhebung nach den oben genannten Vorschriften Ablösevereinbarungen trifft, übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen den sich aus der Ablösevereinbarung ergebenden Betrag, soweit dieser den fiktiven Straßenausbaubeitrag gemäß Nummer 4.2 Sätze 2 bis 5 nicht überschreitet, ebenfalls zur Hälfte. Die nachfolgenden Vorgaben sind, soweit die Ablösevereinbarungen in ihnen nicht gesondert erwähnt werden, auf Ablösevereinbarungen entsprechend anzuwenden.

1.2

Rechtsgrundlage

Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und den §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden LHO genannt, und des zugehörigen Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ vom 10. Juni 2020 (MBl. NRW. S. 309) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden VV genannt, Zuweisungen an Kommunen zur Reduzierung des umlagefähigen Aufwands für Straßenausbaumaßnahmen, was wiederum eine Reduzierung der von den Beitragspflichtigen gemäß § 8 Absatz 2 Satz 1 KAG auf Grund von Beitragsbescheiden zu tragenden Straßenausbaubeiträge zur Folge hat.

2

Gegenstand der Förderung

2.1

Im Falle der Beitragserhebung

Die hälftige Entlastung der Straßenausbaubeitragspflichtigen für im Land Nordrhein-Westfalen vorgenommene beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen erfolgt durch die Gewährung von Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Kommunen.

Diese Zuweisungen sind von den Kommunen zur anteiligen Deckung des umlagefähigen Aufwands einer Straßenausbaumaßnahme einzusetzen, sodass die von den Straßenausbaubeitragspflichtigen nach Maßgabe der örtlichen Satzung zu erhebenden Straßenausbaubeiträge auf der Grundlage dieser geminderten Aufwendungen zu ermitteln sind und hierdurch die angestrebte Entlastung des Beitragspflichtigen bewirkt wird.

Gegenstand der Förderung ist der umlagefähige Aufwand der einzelnen beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahmen.

2.2

Bei Ablösevereinbarungen

Auch Ablösevereinbarungen können Gegenstand einer Förderung sein. Die Entlastung entspricht dem hälftigen Betrag des fiktiven Straßenausbaubeitrags gemäß Nummer 4.2 Sätze 2 bis 5, darf jedoch den hälftigen Betrag der Ablösevereinbarung nicht überschreiten. Die Entlastung erfolgt durch die Gewährung von Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Kommunen. Diese Zuweisungen sind von den Kommunen zur anteiligen Deckung des Betrages einzusetzen, den sie aus der Ablösevereinbarung erhalten.

Gegenstand der Förderung ist der in Bezug auf die einzelne beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahme zu zahlende Ablösebetrag.

3

Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind alle nordrhein-westfälischen Gemeinden und Gemeindeverbände.

4

Zuwendungsvoraussetzungen

4.1

Im Falle der Beitragserhebung

Eine Förderung wird für den abschließend ermittelten, feststehenden umlagefähigen Aufwand einer § 8 Absatz 1 Satz 2 KAG unterfallenden beitragsfähigen Straßenausbaumaßnahme gewährt, für welche anschließend Straßenausbaubeiträge durch Beitragsbescheide erhoben werden. Feststehen muss der Gesamtaufwand der Maßnahme nach der vorliegenden Schlussrechnung, aufgeschlüsselt nach Anteilen von Kommune und Beitragspflichtigen, also der Gemeindeanteil und von den Beitragspflichtigen zu zahlender umlagefähiger Aufwand. Abweichend von diesem Grundsatz wird eine Förderung ausnahmsweise auch für einen noch nicht abschließend ermittelten umlagefähigen Aufwand gewährt, wenn der vorläufig ermittelte Aufwand Grundlage für einen vorläufigen Straßenausbaubeitragsbescheid ist und die Gemeinde diesen Bescheid nach Gewährung der Förderung erlässt. Eine solche Ausnahme kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn ohne die vorläufige Beitragserhebung eine Festsetzungsverjährung eintreten würde. In diesem Fall tritt für die Förderung zunächst der vorläufig ermittelte umlagefähige Aufwand an die Stelle des abschließend ermittelten, feststehenden umlagefähigen Aufwands.

4.2

Im Falle von Ablösevereinbarungen

Eine Förderung wird auch für die potentiellen Beitragsschuldnerinnen oder Beitragsschuldner gewährt, mit denen die Kommune für eine § 8 Absatz 1 Satz 2 KAG unterfallende, beitragsfähige Straßenausbaumaßnahme eine Ablösevereinbarung getroffen hat.

Nach Durchführung der Straßenausbaumaßnahme hat die Kommune vor Beantragung der Förderung eine fiktive Beitragsberechnung durchzuführen. Die fiktive Beitragsberechnung ist vorzunehmen auf Basis des feststehenden Gesamtaufwandes der Maßnahme nach der vorliegenden Schlussrechnung, aufgeschlüsselt nach Anteilen von Kommune und Beitragspflichtigen, also der Gemeindeanteil und auf die potentiellen Beitragsschuldnerinnen oder Beitragsschuldner entfallender umlagefähiger Aufwand. Unterschreitet der vereinbarte Ablösebetrag den im Falle einer Beitragserhebung zu zahlenden fiktiven Straßenausbaubeitrag, so ist der vereinbarte Ablösebetrag Grundlage der Förderung. Im Falle der Überschreitung kommt Nummer 1.1 Satz 2 zur Anwendung.

4.3

Abweichend von Nummer 1.3 der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden zu § 44 LHO, Teil II der Verwaltungsvorschriften zur LHO, im Folgenden VVG genannt, gilt der vorzeitige Maßnahmenbeginn mit Fassung eines Beschlusses durch das zuständige Organ oder Gremium über die einzelne Straßenausbaumaßnahme als genehmigt. Ist ein Gremium oder Organ einer anderen Rechtsperson als der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes für die Beschlussfassung zuständig, ist dessen Beschlussfassung maßgeblich. Eine verbindliche Förderzusage ist damit nicht verbunden.

4.4

Der von den Beitragspflichtigen insgesamt zu zahlende umlagefähige Aufwand oder aufgrund von einer Ablösevereinbarung zu zahlende Betrag ist um die bewilligte Zuweisung zu reduzieren. Die Beitragsfestsetzung erfolgt anschließend auf Grundlage des reduzierten umlagefähigen Aufwands durch Beitragsbescheid. Im Falle der Ablösevereinbarung ist die Zuweisung an den Vertragspartner der Kommune in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung der Zuweisung in geeigneter Form auszukehren. Die Förderung von Ablösevereinbarungen durch diese Förderrichtlinie lässt das öffentliche Vertragsrecht und die anwendbaren zivilrechtlichen Vorgaben unberührt, so dass eine mögliche Förderung einer Ablösevereinbarung keinen Einfluss auf das Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinde und ihrer Vertragspartnerin oder ihrem Vertragspartner hat.

4.5

4.5.1

Der umlagefähige Aufwand einer beitragsfähigen Straßenausbaumaßnahme kann gefördert werden, soweit die Straßenausbaubeiträge noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurden und deren zugrundeliegende Straßenausbaumaßnahme vom Rat oder Kreistag ab dem 1. Januar 2018 beschlossen wurde oder die in Ermangelung eines gesonderten Beschlusses erstmals im Haushalt des Jahres 2018 stehen. Soweit Straßenausbaumaßnahmen in Bauabschnitte gegliedert wurden, kann auch ein Bauabschnitt gefördert werden, soweit die Straßenausbaubeiträge für den Bauabschnitt noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurden und die dem Abschnitt zugrundeliegende Baumaßnahme vom Rat ab dem 1. Januar 2018 beschlossen wurde. Ist ein anderes Organ oder Gremium der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes oder ein Organ oder Gremium einer anderen Rechtsperson als der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes für die Entscheidung über die Maßnahme oder den Bauabschnitt zuständig, ist der Beschluss dieses Organs oder Gremiums über die Baumaßnahme für den Stichtag maßgeblich. Maßgeblich ist dabei nicht der Beschluss über den Haushalt.

4.5.2

Im Falle einer Ablösevereinbarung ist eine Förderung bei Vorliegen der unter Nummer 4.5.1 genannten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn der Ablösebetrag bereits vollständig an die Gemeinde gezahlt wurde. Dies gilt auch, wenn die Gemeinde daneben für die jeweilige Straßenausbaumaßnahme bereits Beiträge, gegebenenfalls bestandskräftig, festgesetzt hat.

4.6

Nach dem 1. Januar 2021 beschlossene Maßnahmen können nur gefördert werden, soweit sie auf Basis eines vom kommunalen Gremium beschlossenen Straßen- und Wegekonzepts nach § 8a Absatz 1 und 2 KAG erfolgen.

5

Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1

Zuwendungs- und Finanzierungsart, Höhe, Form und Weiterleitung der Zuwendung

Zuwendungen nach dieser Richtlinie werden im Wege der Projektförderung als zweckgebundene Zuweisung gewährt. Die Förderung erfolgt als Anteilsfinanzierung in Höhe von 50 Prozent des von den Beitragspflichtigen insgesamt zu zahlenden umlagefähigen Aufwandes der jeweiligen Straßenausbaumaßnahme beziehungsweise des nach der Ablösevereinbarung insgesamt zu zahlenden Betrages, soweit dieser den gemäß Nummer 4.2 Sätze 2 bis 5 fiktiv zu zahlenden Straßenausbaubeitrag nicht überschreitet.

Da durch die vereinfachte Ausgestaltung des Verfahrens der Verwaltungsaufwand minimiert wird, wird abweichend von Nummer 1.1 VVG zu § 44 LHO eine Zuweisung auch gewährt, wenn die Zuweisung im Einzelfall den Betrag von 12 500 Euro nicht erreicht.

Eine Weiterleitung der Zuwendung gemäß Nummer 12 VVG zu § 44 LHO an rechtlich verselbständigte juristische Personen des öffentlichen Rechts ist zulässig, soweit die Beitragsbescheide von diesen erlassen beziehungsweise die Ablösevereinbarungen von diesen geschlossen werden.

5.2

Verzinsung

Abweichend von Nummer 8.8 VVG zu § 44 LHO für Zuwendungen an Gemeinden wird bei Rückforderungen und Verzögerungen bei der Weiterleitung an die Vertragspartnerin oder den Vertragspartner nach Nummer 4.4 Satz 3 dieser Richtlinie auf eine Verzinsung verzichtet.

6

Verfahren

6.1

Antragsverfahren

Anträge sind mit dem Antragsmuster nach Anlage A an die NRW.BANK zu richten, soweit die in Nummer 4 genannten Voraussetzungen vorliegen.

6.2

Bewilligungsverfahren und Auszahlung

6.2.1

Bewilligungsbehörde

Zuständige Bewilligungsbehörde ist die NRW.BANK.

6.2.2

Bewilligungsbescheid und Auszahlung

Die Bewilligungsbehörde bewilligt die Förderung auf Basis des Bescheidmusters  nach Anlage B.

Die Mittel werden je Straßenausbaumaßnahme bewilligt. Abweichend von Nummer 7.2 VVG zu § 44 LHO und von Nummer 1.4 der Anlage 1 zu Nummer 5.1 VVG zu § 44 der Landeshaushaltsordnung – Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (im Folgenden ANBest-G genannt) wird die Auszahlung automatisch nach Bestandskraft des Zuwendungsbescheids vorgenommen.

Mit der Zuwendung wird nur der Beitragsanteil der beitragspflichtigen Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer sowie Erbbauberechtigten beziehungsweise die Ablösevereinbarung gefördert und nicht die Durchführung der Straßenausbaumaßnahme, insofern sind die Nummern 3.1 und 3.2 ANBest-G nicht anwendbar.

Der Landesrechnungshof ist berechtigt bei allen Zuwendungsempfängerinnen, Zuwendungsempfängern, Weiterleitungsempfängerinnen und Weiterleitungsempfängern zu prüfen.

Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger beziehungsweise die Weiterleitungsempfängerin oder der Weiterleitungsempfänger ist dazu zu verpflichten, im Beitragsbescheid oder im Falle einer Ablösevereinbarung bei der Auskehrung an die Vertragspartnerin oder den Vertragspartner gemäß Nummer 4.4 Satz 3 auf die Förderung durch das zuständige Ministerium und deren jeweilige Höhe im Einzelfall hinzuweisen.

6.3

Nachweis der Verwendung

Die Zuwendungsempfänger legen der Bewilligungsbehörde einen Verwendungsnachweis nach Nummer 10 der VV für Zuwendungen an Gemeinden vor. Hierzu nutzen sie das Formular nach dem Muster der Anlage C.

Der Zuwendungszweck ist mit Bestandskraft aller Beitragsbescheide zu den Straßenausbaubeiträgen oder im Falle einer Ablösevereinbarung mit der Auskehrung an die Vertragspartnerin oder den Vertragspartner gemäß Nummer 4.4 Satz 3 dieser Richtlinie erfüllt. Soweit die Zuwendung sich auf eine vorläufige Beitragserhebung nach Nummer 4.1 bezogen hat, ist der Zuwendungszweck mit Bestandskraft der endgültigen Beitragsbescheide erfüllt.

Ist der Zuwendungszweck nicht bis zum Ende des Bewilligungszeitraums erfüllt, ist binnen vier Monaten nach Ablauf des Bewilligungszeitraums eine schriftliche Bestätigung darüber abzugeben, dass die Bestandskraft noch nicht bei allen erlassenen Beitragsbescheiden eingetreten ist (Anzeigepflicht). Der Bewilligungszeitraum verlängert sich nach der Anzeige automatisch um ein weiteres Jahr.

7

Übergangsregelung

Soweit Kommunen vor der Einführung der Förderfähigkeit von Ablösevereinbarungen bereits eine Förderung für Straßenausbaubeiträge bewilligt wurde, können sie neben der bereits bewilligten Förderung für die durch Bescheid festzusetzenden Straßenausbaubeiträge in Bezug auf die gleiche Straßenausbaumaßnahme auch eine Förderung für geschlossene Ablösevereinbarungen beantragen und erhalten, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Förderung nach dieser Richtlinie vorliegen.

8

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2024 außer Kraft. Gleichzeitig mit Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der Runderlass des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge“ vom 23. März 2020 (MBl. NRW. S. 203), der durch Runderlass vom 2. September 2020 (MBl. NRW. S. 600) geändert worden ist, außer Kraft.

- MBl. NRW. 2021 S. 986