Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2022 Nr. 11 vom 1.4.2022 Seite 189 bis 196

Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“
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Amtliche Marktüberwachung – geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“

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Amtliche Marktüberwachung –
geschützte geografische Angabe (g.g.A.) „Kölsch“

Allgemeinverfügung
des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz

8.82.04.03.2020.72

Vom 23. Februar 2022

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen erlässt auf der Grundlage des § 14 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes- in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (GV. NRW. S. 762) geändert worden ist, folgende Allgemeinverfügung:

1.

Ich untersage den Handelsunternehmen mit Geschäftsaktivitäten in Nordrhein-Westfalen ab sofort, in Nordrhein-Westfalen das Erzeugnis „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH, Untere Gewerbestrasse 7, 6450 Sölden, Österreich, zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten, zu liefern, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen.

2.

Soweit Handelsunternehmen dem Endverbraucher in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit bieten, Lebensmittel mittels Fernkommunikationstechniken zu bestellen und nach Nordrhein-Westfalen zu liefern, untersage ich Ihnen ab sofort, das Erzeugnis „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH, Untere Gewerbestrasse 7, 6450 Sölden, Österreich, in Nordrhein-Westfalen zum Verkauf vorrätig zu halten, anzubieten, feilzuhalten, zu liefern, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen.

3.

Die sofortige Vollziehung der Anordnungen der Nummern 1 und 2 wird angeordnet.

4.

Diese Allgemeinverfügung gilt an dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben. Sie liegt im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, Dienstgebäude Duisburg, Wuhanstraße 6, Fachbereich 82, aus und kann während der allgemeinen Dienstzeiten eingesehen werden. Des Weiteren wird die Allgemeinverfügung auf der Internetseite des LANUV (www.lanuv.nrw.de) veröffentlicht.

Begründung:

I.

Durch Marktkontrollen ist das Bier „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH, Untere Gewerbestrasse 7, 6450 Sölden, Österreich, aufgefallen.

Das Erzeugnis nutzt in seiner Etikettierung die Bezeichnung „Sölsch“ auf einem schwarzen Hintergrund. Die Produktbezeichnung „Sölsch“ wird von dem Hersteller als Hauptmerkmal der Etikettierung in den Fokus gestellt. Die Schriftgröße ist groß und gut sichtbar. Weitere Abbildungen sind nicht vorhanden.

II.

Gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 der Zuständigkeitsverordnung Agrar vom 5. Februar 2019 (GV. NRW. S. 116), § 134 Absatz 1 des Markengesetzes vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3490) geändert worden ist, § 12 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes bin ich sachlich für die Überwachung und Kontrolle der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1; L 137 vom 24.5.2017, S. 40; L 322 vom 18.12.2018, S. 85), die zuletzt durch Verordnung (EU) 2021/2117 (ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 262) geändert worden ist, und den zu ihrer Durchsetzung erlassenen Vorschriften zuständig.

Meine örtliche Zuständigkeit ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 4 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes. Danach ist die Ordnungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Maßgeblich ist der Ort des (möglichen) Eintritts der Verletzung oder Gefährdung, also konkret der Betriebssitz, Ort des Geschäftslokals beziehungsweise Ort der auslösenden Bestellung, insbesondere in Fällen der Fernkommunikation.

Zu Nummer 1:

Die Anordnung zu Nummer 1 beruht auf §§ 12 Absatz 2, 14 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 S. 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 (ABl. L 127 vom 25.5.2009, S. 3) mit dem einzigen Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 (ABl. C 254 vom 7.10.2008, S. 12). Darin werden das „Kölsch“ und unter anderem seine Zusammensetzung, seine traditionelle Herkunft und sein Herstellungsverfahren näher beschrieben.

Gemäß § 14 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Zur Erfüllung der Aufgaben, die die Ordnungsbehörden nach besonderen Gesetzen und Verordnungen durchführen, vergleiche § 1 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 des Ordnungsbehördengesetzes, haben sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Gesetze und Verordnungen Befugnisse der Ordnungsbehörden nicht enthalten, haben sie die Befugnisse, die ihnen nach diesem Gesetz zustehen, vergleiche § 14 Absatz 2 des Ordnungsbehördengesetzes.

Die Voraussetzungen des § 14 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes liegen vor. Denn es besteht eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich teilweise sogar schon realisiert hat, da das Produkt „Sölsch“ in Nordrhein-Westfalen direkt über den Handel bezogen werden kann. Die öffentliche Sicherheit umfasst unter anderem die Gesamtheit aller Rechtsnormen. Ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Die hier relevanten Verordnungen (EU) Nr. 1151/2012 und (EG) Nr. 430/2009 mit den darin enthaltenen Regelungen sind Bestandteil dieser Rechtsordnung.

Danach ist die Bezeichnung „Kölsch“ eine geschützte geografische Angabe, die ausschließlich für Erzeugnisse verwendet werden darf, welche die in der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 sowie dem zuvor genannten Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 definierten Vorgaben erfüllen. So darf ein Bier unter Anderem lediglich dann als „Kölsch“ vermarktet werden, wenn es innerhalb des Gebietes der Stadt Köln oder von Bedburg, Bonn, Brühl, Dormagen, Frechen, Leverkusen, Monheim, Wiehl in der Umgebung von Köln hergestellt worden ist. Da das hier in Rede stehende Erzeugnis „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH die Vorgaben des Unionsrechts nicht erfüllt, vielmehr dagegen verstößt, indem das Ansehen des geschützten Produktes ausgenutzt wird, ist die Vermarktung des Bieres rechtswidrig und in Nordrhein-Westfalen zu beenden.

Als im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 „eingetragener Name“ ist die Bezeichnung „Kölsch“ gemäß Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b dieser Verordnung gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie „Art“, „Typ“, „Verfahren“, „Fasson“, „Nachahmung“ oder dergleichen verwendet wird, auch wenn dieses Erzeugnis als Zutat verwendet wird, geschützt.

Der in Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verwendete Begriff der „Anspielung“ ist weit auszulegen. Deutlich wird dies insbesondere dadurch, dass auch die Angabe des tatsächlichen Ursprungs die Anwendung des Verbotes nicht ausschließt, wenngleich die Gefahr einer Irreführung dadurch ausgeschlossen sein könnte. Erforderlich ist eine erkennbare Bezugnahme auf den eingetragenen Namen; diese kann durch Wortspiele geschehen, aber auch durch Formulierungen, die für die Verwendung der geschützten Bezeichnung geläufig sind, so dass sich entsprechende Assoziationen verfestigen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.01.2016 - C-75/15 in der Sache Verlados) und dabei das Ansehen des Erzeugnisses ausgenutzt wird (vgl. EuGH, Urt. v. 14.07.2011 - C-4/10 und C-27/10, EU:C:2011:484, Rn. 46). Nach der Rechtsprechung (vgl. VG Münster, Urt. v. 18.02.2019 - 5 K 520/18, juris, Rn. 15 m. w. N.) reiche es aus, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst werde, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trage. Selbst wenn es keinerlei Gefahr der Verwechselung zwischen den betroffenen Erzeugnissen gäbe, könne eine Anspielung vorliegen.

Der Tatbestand einer Anspielung beim Bier „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH, gegen den Art. 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 umfassenden Schutz gewährt, ist erfüllt. Die Bezeichnung „Sölsch“ verleiht dem bisher unbekannten Produkt ein wertsteigerndes Qualitätsmerkmal. Dem Verbraucher wird suggeriert, dass ein „kölschgleiches“ Produkt mit einer ausgezeichneten Qualität regional in Sölden, Österreich, hergestellt werden könne. Bereits durch den Austausch des ersten Buchstabens und der damit geschaffenen phonetischen sowie optischen Ähnlichkeit wird beim Verbraucher eine bewusste beziehungsweise unmittelbare Assoziation zwischen den Bezeichnungen „Sölsch“ und „Kölsch“ hergestellt. Dabei ist das Schutzgebiet eindeutig und abschließend beschrieben. Die Gemeinde Sölden gehört nicht dazu.

Die auf diese Weise beim Verbraucher erzeugte Erwartungshaltung und die mit dem „Sölsch“ als „kölschgleiches“ Produkt verknüpfte Qualität muss zwangsläufig enttäuscht werden, da das Produkt „Sölsch“, aufgrund der Tatsache, dass die Voraussetzungen der Produktspezifikation nicht einschlägig sind, diese Erwartung und Qualität nicht erfüllen kann.

Die Verwendung der Bezeichnung „Sölsch“, welche ähnlich klingt und aussieht wie diejenige des „Kölsch“, veranlasst den Verbraucher, gedanklich einen Bezug zum geschützten Produkt herzustellen, wodurch das internationale Ansehen dieser geschützten geografischen Angabe ausgenutzt wird. Die Marke „Kölsch“ genießt ein besonderes Ansehen nicht nur im Raum Köln und ist für ihre ausgezeichnete Qualität und Herstellungsart weltweit bekannt. Dadurch, dass die Bezeichnung ohne weitere Angaben abgebildet wird, ist die Wichtigkeit sowie der damit ausgelöste visuelle und gedankliche Fokus auf die Produktbezeichnung gegeben. Nicht zuletzt gehen auch wirtschaftliche Vorteile mit der Vermarktung des „Sölsch“ einher, welche aus dem Ausnutzen des Ansehens der geschützten geografischen Angabe „Kölsch“ resultieren.

Nach § 17 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes richtet sich die Anordnung gegen die Verursacher der Gefahr, hier also gegen die Händler, die das Produkt in Nordrhein-Westfalen zum Verkauf vorrätig halten, anbieten, feilhalten, zur Lieferung bereithalten, verkaufen oder sonst in den Verkehr bringen.

Zu Ziffer 2:

Die Anordnung zu Ziffer 2 beruht auf §§ 12 Absatz 2, 14 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und der Verordnung (EG) Nr. 430/2009 mit dem einzigen Dokument DE/PGI/117/0655/10.05.2004 in der im Amtsblatt C 254 der Europäischen Union vom 07.10.2008 veröffentlichten Fassung (Seite 12).

Die oben genannte konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht beziehungsweise realisiert sich auch, wenn Unternehmer Fernkommunikationstechniken verwenden, mit denen das Bier „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH zum Kauf angeboten wird und insbesondere in Nordrhein-Westfalen bestellt sowie nach Nordrhein-Westfalen geliefert werden kann.

Nach § 17 Absatz 1 des Ordnungsbehördengesetzes richtet sich die Anordnung gegen die Verursacher der Gefahr, vorliegend also gegen die Unternehmer, die dem Endverbraucher in Nordrhein-Westfalen mittels Fernkommunikationstechniken das Bier „Sölsch“, das den Anforderungen des Unionsrechts nicht genügt, zum Erwerb anbieten (siehe oben).

Zu Ziffer 1 und 2:

Die getroffenen Anordnungen sind in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt. Mein Ermessen habe ich erkannt und mich dazu entschlossen, dieses entsprechend dem Zweck der oben genannten Ermächtigungsgrundlagen auszuüben.

Die gesetzlichen Grenzen meines Ermessens habe ich eingehalten (vgl. § 16 des Ordnungsbehördengesetzes in Verbindung mit § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122) geändert worden ist, insbesondere habe ich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, vergleiche  § 15 des Ordnungsbehördengesetzes).

Die Anordnungen sind geeignet, den vom europäischen Verordnungsgeber eingeräumten Schutz bestimmter, in den Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 1151/2012 fallender Erzeugnisse sowie den des Verbrauchers vor Irreführung wirksam zu gewähren und durchzusetzen. Eine Geeignetheit besteht nämlich bereits dann, wenn die Maßnahme das Erreichen des verfolgten Ziels fördern kann.

Sie sind auch erforderlich, da die Bäckelar Brewery GmbH auf die geschützte Bezeichnung „Kölsch“ anspielt und das Ansehen für die Absatzsteigerung nutzt. Ein milderes genauso effektives Mittel als die Untersagung der Vermarktung in Handelsgeschäften oder durch die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln in Nordrhein-Westfalen ist nicht ersichtlich.

Die Anordnung, die Ware vor ihrem Verkauf umzuetikettieren, wäre ebenfalls eine Maßnahme, um die Ziele der oben genannten Verordnungen zu erreichen. Hierdurch wären gleichfalls die vertreibenden Unternehmen belastet, die auf ihre Kosten eine Umetikettierung sicherstellen müssten, während der Hersteller, welcher seinen Sitz außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen hat, weiterhin Ware produzierte, die – nach hiesigem Verständnis – gegen geltendes Unionsrecht verstößt. Die Anordnung einer Umetikettierung wäre allerdings nicht genauso effektiv, weil sie auf den Hersteller nicht denselben Druck entfalten würde, wie ein für Nordrhein-Westfalen in Gänze geltendes Vermarktungsverbot, wodurch ein entsprechender Absatzmarkt wegfiele.

Die Anordnungen sind schließlich auch angemessen. Den in Nordrhein-Westfalen tätigen Handelsunternehmen wird vorliegend nämlich nicht die gesamte Geschäftstätigkeit untersagt, sondern lediglich in einem äußerst marginalen Umfang, da nur ein einzelnes Produkt betroffen ist.

Auch die Fernkommunikationstechniken nutzenden Unternehmen, die es dem Verbraucher ermöglichen, das Produkt in Nordrhein-Westfalen zu bestellen und nach Nordrhein-Westfalen liefern zu lassen, werden ebenso nur in einem kaum nennenswerten Umfang ihrer Geschäftstätigkeit und lediglich bezüglich eines einzelnen Produktes beschränkt.

Die Berufsfreiheit beziehungsweise die unternehmerische Freiheit im Sinne des Artikel 12 des Grundgesetzes ist nicht verletzt, weil den betroffenen Unternehmen nicht die Handelstätigkeit als solche, sondern allein der Handel in einem marginalen Teilbereich, nämlich dem mit dem Produkt „Sölsch“ der Bäckelar Brewery GmbH, untersagt wird.

Auch liegt kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Artikel 14 des Grundgesetzes vor, weil die getroffenen Anordnungen weder eine Enteignung darstellen, noch die eigentumsrechtliche Position der Unternehmer in irgendeiner Weise verkürzt wird. Zwar wird der Handel mit dem Bier „Sölsch“ untersagt, dabei handelt es sich jedoch um die Durchsetzung geltenden Rechts.

Auch wenn sich der Inhalt dieser Allgemeinverfügung nicht unmittelbar gegen den Hersteller beziehungsweise Inverkehrbringer des Bieres „Sölsch“ der „Bäckelar Brewery GmbH“ richtet, wird angemerkt, dass meine Anordnungen ihm gegenüber ebenfalls angemessen sind. So wird die Herstellung und Vermarktung von Bier ganz überwiegend nicht beeinträchtigt, sondern allein im Hinblick auf das von mir beanstandete Erzeugnis, das auf die geschützte geografische Angabe „Kölsch“ anspielt. Insbesondere kann das Produkt selbst, sofern es den anderen gesetzlichen Anforderungen entspricht, nach erfolgreicher Umetikettierung und unter einer anderen Bezeichnung weiterhin vermarktet werden.

Zu Ziffer 3:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung folgt aus § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und Absatz 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4650) geändert worden ist. Danach kann die sofortige Vollziehung von der Behörde angeordnet werden, wenn sie im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegt.

Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist dann schriftlich zu begründen.

Vorliegend ergeht sie im überwiegenden öffentlichen Interesse. Denn nach einer umfänglichen Interessenabwägung haben private Interessen an der aufschiebenden Wirkung eines (möglichen) Rechtsmittels gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung zurückzutreten. Bei meiner Entscheidung habe ich das Interesse an der Fortsetzung beziehungsweise Beibehaltung des rechtswidrigen Zustandes und die Möglichkeit der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels dem Interesse der Allgemeinheit und der redlichen Hersteller sowie Händler der geschützten geografischen Angabe „Kölsch“ an einer sofortigen Vollziehung der einschlägigen Normen gegenübergestellt. Dabei überwiegt das Interesse der redlichen Erzeuger am Schutz ihrer Produkte und das der Verbraucher vor Irreführungen.

Die Verordnungen (EU) Nr. 1151/2012 und (EG) Nr. 430/2009 sollen den Verbraucher in die Lage versetzen, seine Kaufentscheidungen bewusst und mithilfe aller vorhandenen Informationen zu treffen. Er soll die einschlägigen Spezialitäten, auch geschützte geografische Angaben, anhand der eingeführten Unionszeichen (vgl. Artikel 13 und Anhang X der Verordnung (EU) Nr. 668/2014) identifizieren können.

Gleichzeitig enthält die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 einen umfassenden Schutz für die in ihren Anwendungsbereich fallenden Erzeugnisse und deren Erzeuger, der letztlich auch die Glaubwürdigkeit beim Verbraucher erhöht und diesen vor Irreführungen bewahren soll. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Erzeugnisse tatsächlich nachhaltig und wirksam vor Nachahmungen, Anspielungen sowie anderen Täuschungsversuchen geschützt werden (vgl. auch Erwägungsgründe 29, 40 zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012). Nur so kann das gewünschte Vertrauen des Verbrauchers in die durch das Unionsrecht geschützten Spezialitäten und die zur ihrer Identifikation verwendeten Unionszeichen hergestellt und aufrechterhalten werden. Die Unionszeichen und die darin verbürgte Qualität sind von großer Bedeutung für die Kaufentscheidung (vgl. auch Erwägungsgrund 2 zur Verordnung (EU) Nr. 1151/2012).

Die Vermarktung eines Erzeugnisses unter der Verwendung der Bezeichnung „Sölsch“, die beim Verbraucher eine unmittelbare gedankliche Verbindung zur geschützten geografischen Angabe „Kölsch“ herstellt, täuscht den Verbraucher und beeinflusst seine Kaufentscheidung.

Würde die Einlegung eines Rechtsmittels aufschiebende Wirkung entfalten, könnte sich der rechtswidrige Zustand, sprich die Verwendung der Bezeichnung „Sölsch“, die sich nur in einem einzigen Buchstaben vom „Kölsch“ unterscheidet und darüber hinaus auch den Mittelpunkt der Kennzeichnung auf dem Produkt „Sölsch“ darstellt, noch weiter verfestigen. In der Folge würde der Verbraucher weiterhin durch falsche Informationen getäuscht, da der Hersteller des Bieres „Sölsch“ die gesetzlichen Normen nicht beachtet und auf diese Weise auch andere Hersteller sowie Händler negativ beeinflussen kann beziehungsweise dies auch tut (negative Vorbildwirkung).

Um das Recht der Verbraucher auf korrekte Informationen schon im Zeitpunkt einer Kaufentscheidung und den Schutz redlicher Erzeuger vor unzulässigen Anspielungen beziehungsweise Nachahmungen wirksam durchzusetzen, kann die mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbundene zeitliche Verzögerung nicht geduldet werden.

Zu Ziffer 4:

Gemäß §§ 41 Absatz 4 Satz 4, 43 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht in

Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Aachen; Städteregion Aachen, Kreise Düren, Euskirchen, Heinsberg,

Arnsberg, Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Hagen und Hamm; des Ennepe-Ruhr-Kreises, Hochsauerlandkreises, Märkischen Kreises sowie der Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest,

Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Düsseldorf, Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal, des Rhein-Kreises Neuss sowie der Kreise Kleve, Mettmann, Viersen und Wesel,

Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herne, der Kreise Recklinghausen und Unna sowie für diejenigen Unternehmen mit Sitz außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen,

Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Städte Bonn, Köln, Leverkusen; des Rhein-Erft-Kreises, Oberbergischen Kreises, Rheinisch-Bergischen Kreises und des Rhein-Sieg-Kreises,

Minden, Königswall 8, 32423 Minden, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Bielefeld sowie der Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn,

Münster, Piusallee 38, 48147 Münster, für Unternehmen mit Sitz in den Gebieten der Stadt Münster sowie der Kreise Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf

erhoben werden. Die Klage ist schriftlich beim Verwaltungsgericht einzureichen oder zur Niederschrift der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803), die zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607) geändert worden ist.

Im Auftrag

R i e m e r

- MBl. NRW. 2022 S. 190