Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2023 Nr. 16 vom 27.4.2023 Seite 421 bis 434

Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Unterstützung der kommunalen Familie und der Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe sowie der Einrichtungen nach § 67 SGB XII bei der Bewältigung der finanziellen Folgen der Energiekrise
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Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Unterstützung der kommunalen Familie und der Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe sowie der Einrichtungen nach § 67 SGB XII bei der Bewältigung der finanziellen Folgen der Energiekrise

2170

Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen
zur Unterstützung der kommunalen Familie und der Einrichtungen und Dienste der
Eingliederungshilfe sowie der Einrichtungen nach § 67 SGB XII bei der Bewältigung
der finanziellen Folgen der Energiekrise

Runderlass
des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Vom 29. März 2023

1
Rechtsgrundlage

1.1
Das Land gewährt Billigkeitsleistungen zur Unterstützung der kommunalen Familie bei der Finanzierung der Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe (inklusive der Arbeitsbereiche der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen) sowie der Einrichtungen nach § 67 SGB XII angesichts der finanziellen Folgen der Energiekrise. Die Billigkeitsleistungen werden nach Maßgabe dieser Richtlinie und auf Basis von § 32 des Haushaltsgesetzes 2023 vom 21. Dezember 2022 (GV. NRW. S. 1137) und § 53 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der jeweils geltenden Fassung und des zugehörigen Runderlasses des Finanzministeriums „Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung“ in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der jeweils geltenden Fassung erbracht.

1.2
Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Billigkeitsleistungen besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Billigkeitsleistungen

Die massiv gestiegenen Energiekosten stellen die Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe (inklusive der Arbeitsbereiche der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen) sowie die Einrichtungen nach § 67 SGB XII vor große finanzielle Herausforderungen.

Der Bund hat im November 2022 diverse Maßnahmen zur finanziellen Entlastung (unter anderem auch einen Hilfsfonds für soziale Dienstleister) beschlossen. Von diesen Hilfen sind Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe sowie Einrichtungen nach § 67 SGB XII explizit ausgeschlossen, ebenso der eingliederungshilfefinanzierte Arbeitsbereich der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.

Vor allem die hohen Energiekosten verursachen in den Einrichtungen und Diensten der Eingliederungshilfe sowie den Einrichtungen nach § 67 SGB XII erhebliche Mehrausgaben, die von den Trägern der Eingliederungshilfe beziehungsweise der Sozialhilfe finanziert werden müssen, damit die Einrichtungen und Dienste weiterhin die erforderlichen Betreuungs- und Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen erbringen können. Bereits für das Jahr 2022 haben die Träger der Eingliederungshilfe hier erhebliche zusätzliche Kosten im Rahmen der Vergütungsentgelte übernehmen müssen. Für das Jahr 2023 ist von weiteren erheblichen Mehrbelastungen bei den Einrichtungen und Diensten auszugehen. Mit der über diese Richtlinie gewährten Billigkeitsleistungen wird den Trägern der Eingliederungshilfe eine einmalige, gegebenenfalls auch teilweise, Refinanzierung der für das Jahr 2023 entstandenen Mehrausgaben ermöglicht.

3
Leistungsempfangende der Billigkeitsleistungen

Leistungsempfangende sind die beiden Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) als überörtliche Träger der Eingliederungshilfe und der Sozialhilfe in Nordrhein-Westfalen.

4
Leistungsvoraussetzungen der Billigkeitsleistungen

4.1
Die Landschaftsverbände erstatten den Einrichtungen und Diensten, die in Folge steigender Energie- und Heizkosten und hoher Inflation Mehrbedarfe für erhöhte Entgelte wegen gestiegener Sachkosten anmelden, zur Sicherung ihrer Existenz und zur Sicherstellung der erforderlichen Betreuungs- und Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen und Leistungsberechtigte nach § 67 SGB XII die notwendigen Mehrausgaben als zusätzliche pauschalierte Leistung im Regelsystem.

Die energiekrisenbedingten Mehrausgaben werden insbesondere angenommen in Folge

a) der steigenden Energie- und Heizausgaben,

b) der andauernden hohen Inflation und

c) erhöhter Entgelte wegen gestiegener Sachausgaben aufgrund gestiegener Energieausgaben.

4.2
Die Erstattung der Zusatzausgaben der Einrichtungen und Dienste erfolgt im Rahmen der Vergütungsentgelte auf Grundlage der diese Mehrausgaben umfassenden landesweiten beziehungsweise einzelfallbezogenen Verhandlungen und vertraglich vereinbarten Entgeltanpassungen aufgrund von Indexentwicklungen für das Jahr 2023. Mit der Billigkeitsleistung können dabei Mehrausgaben der Landschaftsverbände finanziert werden, die sich aus einer Steigerung der Entgelte für die in den Monaten Januar bis Dezember 2023 durch die Einrichtungen und Dienste erbrachten und noch zu erbringenden und von den Trägern finanzierten Leistungen ergeben. Dies umfasst auch energiekrisenbedingte prozentuale Entgeltsteigerungen aus dem Vorjahr, die im Jahr 2023 fortgeschrieben werden. Die Entgeltsteigerungen müssen nachweisbar zur Erstattung von im Jahr 2023 entstehenden Mehrausgaben nach Nummer 4.1 vereinbart werden und dürfen weder eine nachträgliche Abgeltung bisher nicht refinanzierter, aber bereits im Jahr 2022 entstandener Mehrausgaben noch eine Vorauszahlung für später als im Jahr 2023 entstehende Mehrausgaben darstellen. Entscheidend für die Zulässigkeit einer Finanzierung durch die Billigkeitsleistung ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung der Einrichtungen und Dienste und der von den Trägern der Eingliederungshilfe zu finanzierenden Leistungen innerhalb des Jahres 2023.

4.3
Die Träger der Eingliederungshilfe müssen im Rahmen der Vergütungsverhandlungen sicherstellen, dass in der Vereinbarung nur solche Ausgabensteigerungen berücksichtigt werden, die nicht bereits durch andere staatliche Förderprogramme beziehungsweise ausgabenbegrenzende Maßnahmen ausgeglichen werden.

5
Umfang, Höhe der Billigkeitsleistungen

5.1
Die Billigkeitsleistung wird jedem Leistungsempfangendem nach Nummer 3 als pauschalierter Festbetrag in Höhe von 30 000 000 Euro gewährt.

5.2
Die Leistungsempfangenden nach Nummer 3 haben im Falle der Gegenfinanzierung entsprechender Ausgaben durch Leistungen Dritter und/oder zweckgebundene Spenden die gewährte Unterstützung zu erstatten.

6
Bewilligungs- und Nachweisverfahren

6.1
Bewilligungsbehörde ist das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.

6.2
Die Auszahlung der Billigkeitsleistungen erfolgt in Form einer einmaligen Zahlung an die Landschaftsverbände.

6.3
Als Verwendungsnachweis haben die Landschaftsverbände gegenüber der Bewilligungsbehörde bis zum 30. Juni 2024 anhand der Daten aus ihrer Haushaltsrechnung die Gesamtsummen der Aufwendungen für Eingliederungshilfe und Sozialhilfe nach § 67 SGB XII für das Jahr 2023 darzulegen, die die Mehrkosten nach Nummer 4.1 umfassen. Die Summen sind nach den Leistungsbereichen aufzuschlüsseln, in denen die Billigkeitsleistung zur Finanzierung von Mehrbedarfen eingesetzt wurde. Die Berücksichtigung der Ausgabensteigerungen nach Nummer 4.1 bei der Vereinbarung der im Jahr 2023 erbrachten Leistungsentgelte ist durch Vorlage entsprechender Dokumente über die landesweiten beziehungsweise einzelfallbezogenen Vereinbarungen darzulegen. Nicht verbrauchte Mittel sind mit Vorlage des Verwendungsnachweises unaufgefordert zurückzuzahlen.

7
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2023 in Kraft und am 31. Dezember 2024 außer Kraft.

- MBl NRW. 2023 S. 428