Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2023 Nr. 18 vom 23.5.2023 Seite 451 bis 496

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Mehrgefahrenversicherungen (Richtlinien Mehrgefahrenversicherung – RL MGV)
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Mehrgefahrenversicherungen (Richtlinien Mehrgefahrenversicherung – RL MGV)

7820

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen
für Mehrgefahrenversicherungen
(Richtlinien Mehrgefahrenversicherung – RL MGV)

Runderlass
des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz
II.3 – 63.05.06.01/000001

Vom 20. April 2023

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1
Zweck der Zuwendung ist die Stärkung der eigenverantwortlichen betrieblichen Risikovorsorge, um spezifische witterungsbedingte Risiken im Freilandgartenbau (Zierpflanzen, Baumschule, Stauden, Gemüse, Obst- und Weinbau) durch Hagel, Frost, Sturm und Starkregen abzumildern. Mehrgefahrenversicherungen dienen der Liquiditäts- und Existenzsicherung gartenbaulicher Betriebe im Kampf gegen Wetterextreme in Folge des Klimawandels.

Das Land gewährt diese Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinien und auf Grundlage folgender Normen in der jeweils geltenden Fassung:

a) Verordnung (EU) Nr. 2022/2472 der Kommission vom 14. Dezember 2022 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 327 vom 21.12.2022, S.1),

b) §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) sowie den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445).

1.2
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens.

2
Gegenstand der Förderung

Gefördert werden Ausgaben für Versicherungsprämien für in Nordrhein-Westfalen bewirtschaftete Flächen im Freilandgartenbau (Zierpflanzen, Baumschule, Stauden, Gemüse, Obst- und Weinbau), die mindestens zwei der witterungsbedingten Risiken Hagel, Frost, Sturm und Starkregen abdecken. Die förderfähigen Nutzarten sind in der Anlage festgelegt.

3
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger

3.1
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger sind Unternehmen der Landwirtschaft sowie des Garten- und Weinbaus, die ihren Betriebssitz und Flächen in Nordrhein-Westfalen haben, unbeschadet der gewählten Rechtsform, die im Sinn des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 2022/2472 Kleinst-, kleine oder mittlere Unternehmen sind.

3.2
Nicht förderfähig sind:

a) landwirtschaftliche, garten- und weinbauliche Unternehmen, bei denen die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand mehr als 25 Prozent des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt,

b) landwirtschaftliche, garten- und weinbauliche Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Artikel 2 Nummer 59 der Verordnung (EU) Nr. 2022/2472,

c) landwirtschaftliche, garten- und weinbauliche Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt nicht Folge geleistet haben,

d) landwirtschaftliche, garten- und weinbauliche Unternehmen, die Mitglieder einer nach der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/200 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671) anerkannten Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse sind, welche im Rahmen des Krisenmanagements in ihrem operationellen Programm die Förderung von Ernteversicherungen für die in der vorliegenden Verwaltungsvorschrift genannten Kulturgruppen und Risiken anbieten.

4
Allgemeine Zuwendungsvoraussetzungen

4.1
Zuwendungsfähig sind Ausgaben für Versicherungen, die folgende Regelungen beinhalten:

a) Selbstbehalt mindestens 20 Prozent,

b) Maximalentschädigung von höchstens 80 Prozent der Versicherungssumme.

Eine darüberhinausgehende Risikoabsicherung ist zulässig, aber nicht zuwendungsfähig.

Es ist grundsätzlich möglich, Einjahres- oder Mehrjahresverträge abzuschließen. Die Versicherungsprämie ist jährlich zu entrichten.

Die versicherte Mindestfläche, für die eine Zuwendung beantragt werden kann, beträgt 0,3 Hektar je Nutzart.

Die Förderung von Versicherungsprämien setzt voraus, dass jeweils sämtliche von der Zuwendungsempfängerin oder vom Zuwendungsempfänger in Nordrhein-Westfalen bewirtschafteten, im Ertrag stehenden Flächen der betreffenden Nutzart gegen mindestens zwei der witterungsbedingten Risiken Hagel, Frost, Sturm und Starkregen versichert sind.

4.2
Es sind nur Verträge mit Versicherungsunternehmen förderfähig, die zuvor eine Rahmenvereinbarung mit dem für Landwirtschaft zuständigen Ministerium abgeschlossen und sich dazu bereit erklärt haben, die in Nummer 6.1.2 genannten Vertragsdaten der Bewilligungsbehörde zu übermitteln.

4.3
Mit Eingang des Zuwendungsantrages bis zu der in Nummer 6.1.1 gesetzten Antragsfrist gilt die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn als erteilt und der Versicherungsvertrag kann geschlossen beziehungsweise umgewandelt werden. Förderfähig ist sowohl der Neuabschluss eines Mehrgefahrenversicherungsvertrages als auch die Erweiterung von bereits bestehenden Versicherungsverträgen um ein witterungsbedingtes Risiko nach Nummer 2 beziehungsweise um eine Nutzart gemäß der Anlage.

4.4
Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger ist verpflichtet, an einer fachlichen Bewertung (Evaluierung) der geförderten Maßnahme mitzuwirken und den vom Land Nordrhein-Westfalen beauftragten Stellen die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

5
Art und Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart: Projektförderung.

5.2
Finanzierungsart: Anteilfinanzierung.

5.3
Form der Zuwendung: Zuschuss.

5.4
Die jährlichen Versicherungsprämien können mit bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben gefördert werden. Sofern Haushaltsmittel nicht in ausreichender Höhe zur Verfügung stehen, wird das für Landwirtschaft zuständige Ministerium den Fördersatz vor den Bewilligungen von Zuwendungen für alle Anträge, die bis zu der in Nummer 6.1.1 genannten Frist eingegangen sind, wegen Überzeichnung des Förderprogramms festlegen. Die Zuwendung ist auf einen Höchstbetrag zu begrenzen.

Maßgeblich für die Höhe der Versicherungsprämie ist unter anderem der Hektarwert für die jeweilige Nutzart. Zuwendungsfähig sind Versicherungsprämien, für deren Berechnung Höchsthektarwerte nicht überschritten werden. Die Höchsthektarwerte sind in der Anlage festgelegt.

5.5
Bemessungsgrundlage

5.5.1
Bemessungsgrundlage sind die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben. Versicherungssteuer, Beiträge, Skonti, Rabatte, Gebühren und sonstige Steuern gehören nicht zur Bemessungsgrundlage.

5.5.2
Die Bagatellgrenze liegt bei 2 000 Euro.

6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1
Es gelten die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P). Abweichend dazu:

6.1.1
Antragsverfahren

Der Zuwendungsantrag ist jährlich bis zum 15. Mai über das von der Bewilligungsbehörde zur Verfügung gestellte Formular zu stellen. Dem Antrag ist das Angebot eines Versicherungsunternehmens beizufügen. Zusätzlich ist ein Antrag im ELAN-Verfahren zu stellen.

Mit dem Antrag ist das Einverständnis zur Weitergabe der Antragsdaten an die jeweiligen Versicherungsunternehmen und eine Bestätigung des Vorliegens einer schriftlichen Vollmacht für die Versicherungsunternehmen zur Vorlage des Verwendungsnachweises zu erklären.

6.1.2
Datenabgleich mit den Versicherungsunternehmen

Die Antrags- und Flächendaten aus dem Sammelantrag der Antragstellerin oder des Antragstellers werden den entsprechenden Versicherungsunternehmen von der Bewilligungsbehörde für die Erstellung und Aktualisierung des jeweiligen Versicherungsvertrages zur Verfügung gestellt.

Das Versicherungsunternehmen stellt dem für Landwirtschaft zuständigen Ministerium aus den Angaben der Versicherungsnehmerin oder des Versicherungsnehmers bis einschließlich 31. Juli des Antragsjahres Daten zu den abgeschlossenen Versicherungen zur Verfügung.

Die Einzelheiten werden in einer Rahmenvereinbarung festgelegt.

6.1.3
Auszahlungsverfahren

Zuwendungen werden erst nach Einreichung und Prüfung des Verwendungsnachweises ausgezahlt.

6.1.4
Verwendungsnachweisverfahren

Der einfache Verwendungsnachweis ist zugelassen. Er besteht aus einem Nachweis zur Versicherungsprämie sowie einer Bestätigung des Zahlungseingangs durch das Versicherungsunternehmen und muss bis einschließlich 15. Oktober jeden Jahres bei der Bewilligungsbehörde vorgelegt werden.

Der Nachweis zur Versicherungsprämie hat mindestens folgende Angaben zu beinhalten:

a) Betriebsnummer,

b) Versicherungsunternehmen,

c) Vertragsnummer beziehungsweise Versicherungsscheinnummer,

d) Summe der versicherten Gesamtfläche der zuwendungsfähigen Nutzarten,

e) Summe der Gesamtprämie brutto einschließlich Steuern, Beiträge, Skonti, Rabatte, Gebühren, sonstige Steuern und abweichende Versicherungsleistungen,

f) Summe der zuwendungsfähigen Gesamtprämie netto,

g) Erklärung, dass die Allgemeinen und Besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides beachtet wurden,

h) Erklärung, dass die Ausgaben notwendig waren, wirtschaftlich und sparsam verfahren worden ist und die Angaben im Verwendungsnachweis mit den Büchern und Belegen übereinstimmen.

Dem Versicherungsunternehmen ist eine Vollmacht zur Erbringung des Verwendungsnachweises durch die Zuwendungsempfangenden zu erteilen. Hierzu bedarf es einer entsprechenden, schriftlich erteilten Vollmacht, die im Rahmen der Antragstellung bestätigt wurde. Es ist sicherzustellen, dass die den Zuwendungsempfangenden obliegenden Rechte und Pflichten und Regelungen bei einem möglichen Verstoß hiergegen beachtet werden. Außerdem sind die Prüfrechte der Bewilligungsbehörde, des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen und der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter sicherzustellen.

6.2
Versicherungen, die aus Mitteln anderer Förderprogramme gefördert werden, dürfen nicht gleichzeitig nach diesen Richtlinien gefördert werden.

7
Verfahren

7.1
Bewilligungsbehörde

Bewilligungsbehörde ist der Direktor oder die Direktorin der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen als Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter.

7.2
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendungen sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendungen gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen verfügt worden sind.

Folgende abweichende Regelungen von § 44 der Landeshaushaltsordnung und der ANBest-P werden festgelegt:

a) Nummer 7.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung und Nummer 1.4 der ANBest-P werden nicht angewendet,

b) Nummer 3 der ANBest-P werden nicht angewendet,

c) Nummer 10.2 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung und die Nummern 6.1 bis 6.6 der ANBest-P werden nicht angewendet.

8
Transparenz

Gemäß Artikel 9 in Verbindung mit Artikel 11 der Verordnung (EU) Nr. 2022/2472 werden die transparent zu machenden Informationen auf der von der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellten Website, dem sogenannten Transparency Award Modul ("TAM") öffentlich dargestellt.

9
Schlussbestimmungen

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Er tritt am 31. Dezember 2025 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2023 S. 463