Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2023 Nr. 22 vom 15.6.2023 Seite 549 bis 568

Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen für nordrhein-westfälische Träger von Umwelt- und BNE-zertifizierten Bildungseinrichtungen im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmen aus dem Sondervermögen „Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine“
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Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen für nordrhein-westfälische Träger von Umwelt- und BNE-zertifizierten Bildungseinrichtungen im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmen aus dem Sondervermögen „Bewältigung der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine“

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Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen
für nordrhein-westfälische Träger von Umwelt- und BNE-zertifizierten Bildungseinrichtungen
im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmen aus dem Sondervermögen „Bewältigung
der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine“

Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz
und Verkehr – VIII B 1 – 61.23.03.00- I.39

Vom 31. Mai 2023

1
Rechtsgrundlagen und Zielsetzung

1.1
Mit Blick auf die erheblich gestiegenen Energiepreise, die vor allem der Krisensituation in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine geschuldet sind, soll die Billigkeitsleistung Zuschüsse zur finanziellen Entlastung der Antragstellenden beinhalten. Durch die Corona-Pandemie haben nicht nur die Träger von Zoos und Naturparks, die mit ihren informellen und non-formalen Informations- und Bildungsangeboten den Natur- und Umweltschutz sowie die Bildung für nachhaltige Entwicklung unterstützen, sondern auch die Träger von Umwelt- und BNE-zertifizierten Bildungseinrichtungen finanziell bereits zwei sehr schwierige Jahre hinter sich, in denen sie aufgrund der kontaktbeschränkenden Schutzmaßnahmen keine Einnahmen in normalem Umfange generieren konnten. Fehlende Hilfsprogramme und zusätzliche Belastungen durch Schutzauflagen brachten die Einrichtungen in den Pandemiejahren 2021/2022 bereits an ihre Liquiditätsgrenzen. Nun sind die finanziell stark belasteten Einrichtungen zusätzlich durch die Energiekrise und die damit einhergehende, insbesondere energiepreisbedingte Inflation noch stärker belastet und benötigen zum Ausgleich der Mehrausgaben Unterstützung.

Mit der Soforthilfe soll eine zeitnahe und unbürokratische finanzielle Hilfestellung zur Bewältigung der Energiekrise und ein Beitrag zur Aufrechterhaltung des Einrichtungsbetriebes geleistet werden, damit weiterhin ein breites, bezahlbares außerschulisches Umweltbildungsangebot und Lernprozesse im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung sichergestellt sind.

1.2
Ein Anspruch auf Gewährung von Billigkeitsleistungen besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel über die Leistungen nach Maßgabe des § 53 der Landeshaushaltsordnung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158), in der jeweils geltenden Fassung, den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der jeweils geltenden Fassung sowie anhand dieser Richtlinie.

2
Antragsberechtigung

2.1
Antragsberechtigte sind Träger von Bildungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Dabei handelt sich in Ergänzung zu Zoos und Naturparks um Einrichtungen, die
a) als außerschulische Lernstandorte mit einem spezifischen Profil in der natur-, umwelt- und klimabezogenen Bildungsarbeit aufgestellt sind
oder
b) ein aktuell geltendes, staatlich anerkanntes Zertifikat „BNE-Zertifizierung NRW“ nachweisen können.

Die Einrichtung befindet sich in einer dauerhaft gemieteten Immobilie oder der Träger ist selbst Eigentümer dieser Immobilie. Die Räumlichkeiten der Immobilie müssen der Bildungsarbeit ganzjährig zur Verfügung stehen, dürfen nicht untervermietet sein und werden energetisch durch leitungsgebundene beziehunsweise nicht leitungsgebundene Energieträger versorgt.

2.2
Antragsberechtigt sind öffentliche und private Träger mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Dies sind:
a) gemeinnützig tätige juristische Personen des Privatrechts wie Vereine und Verbände sowie Stiftungen oder Gesellschaften,
b) Kirchen,
c) Gemeinden und Gemeindeverbände oder
d) andere Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Natürliche Personen sind von der Gewährung einer Billigkeitsleistung ebenso ausgeschlossen wie gewerbliche Unternehmen.

3
Fördergegenstand

3.1
Leitungsgebundene Energieträger

Soweit sich für die Energieversorgung einer Einrichtung aus der Jahresabrechnung für das Jahr 2022 im Bewilligungszeitraum eine Nachzahlung von Energieausgaben an den Energielieferanten aufgrund von Preiserhöhungen wegen des Krieges gegen die Ukraine ergibt und in 2023 fällig wird, können zur Abfederung der durch die Energiekrise verursachten Härten die Mehrausgaben anteilig bezuschusst werden. Umfasst sind die Mehrausgaben für alle leitungsgebundenen Energieträger wie Gas, Nah- und Fernwärme und netzbezogenen Strom.

3.2
Nicht leitungsgebundene Energieträger

Einrichtungen, die mit nicht leitungsgebundenen Energieträgern heizen, erhalten eine finanzielle Unterstützung, wenn sie durch die Energiekrise deutliche Mehrausgaben im Jahr 2023 hatten und diese Ausgaben über eine Verdoppelung des Preisniveaus aus dem Jahr 2021 hinausgehen. Umfasst sind die Mehrausgaben für folgende nicht leitungsgebundene Energieträger: Heizöl, Flüssiggas, Holzpellets, Holzhackschnitzel, Holzbriketts, Scheitholz sowie Kohle oder Koks.

4
Art, Umfang und Höhe der Billigkeitsleistung

4.1
Die Billigkeitsleistung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss beziehungsweise nicht rückzahlbare Zuweisung gewährt.

4.2
Soweit bei einer leitungsgebundenen Energieversorgung der Energieverbrauch pro Einrichtung keine signifikanten Abweichungen zum historischen Verbrauch im Vergleichsjahr 2019 ergibt und die Verbrauchsausgaben pro Energieeinheit gegenüber dem Vorjahr 2021 krisenbedingt im Preis gestiegen sind, werden bis zu 80 Prozent der nachgewiesenen Preisdifferenz zwischen den Energieausgaben für das Jahr 2022 und denen des Jahres 2021 erstattet.

Es können nur Ausgaben berücksichtigt werden, die im Jahr 2023 getätigt wurden.

Das dem Verbrauch zugrunde gelegte Vergleichsjahr 2019 beruht auf dem Umstand, dass der Betrieb der Einrichtungen noch nicht von den Einschränkungen der Corona-Pandemie betroffen war und es insofern den Normalbetrieb ohne ein reduziertes Veranstaltungsangebot widerspiegelt. In den Jahren 2020 und 2021 unterlagen die Bildungseinrichtungen jedoch den kontaktbeschränkenden Auflagen der Coronaschutzverordnung mit der Folge, dass ein Normalbetrieb nicht möglich war. Der Preisvergleich zwischen den Jahren 2021 und 2022 dient der Ermittlung des Preisanstiegs der Energieausgaben infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine.

4.3
Bei der nicht leitungsgebundenen Energieversorgung einer Einrichtung sind nicht die jeweiligen Beschaffungsausgaben für den jeweiligen Energieträger entscheidend, sondern eine Betrachtung der Ausgaben gegenüber dem Durchschnittswert des Jahres 2021, dem sogenannten Referenzpreis. Dieser ergibt sich entsprechend der Verwaltungsvereinbarung über die Härtefallhilfen für Privathaushalte, auf die sich Bund und Länder am 30. März 2023 geeinigt haben. Die Referenzpreise für die einzelnen Energieträger ergeben sich wie folgt:

Heizöl 71 Cent pro Liter (inklusive Umsatzsteuer), Flüssiggas 57 Cent pro Liter (inklusive Umsatzsteuer), Holzpellets 24 Cent pro Kilogramm (inklusive Umsatzsteuer),

Holzhackschnitzel 11 Cent pro Kilogramm (inklusive Umsatzsteuer), Holzbricketts 28 Cent pro Kilogramm (inklusive Umsatzsteuer), Scheitholz 85 Euro pro Raummeter (inklsive Umsatzsteuer), Kohle/Koks 36 Cent pro Kilogramm (inklusive Umsatzsteuer).

Von den in 2023 getätigten Ausgaben, die über eine Verdopplung der Ausgaben gegenüber 2021 hinausgehen, werden für den jeweiligen Energieträger 80 Prozent erstattet.

Es können nur Ausgaben berücksichtigt werden, die im Jahr 2023 getätigt wurden.

4.4
Der maximale Gesamtentlastungsbetrag pro Einrichtung beläuft sich auf 10 000 Euro. Die Bagatellgrenze liegt bei 500 Euro pro (Sammel-)Antrag für alle geförderten Energieträger.

4.5
Die Billigkeitsleistung nach dieser Richtlinie ergänzt bestehende Hilfs- und Förderprogramme des Bundes und des Landes im Zusammenhang mit der Energiekrise. Soweit sich die Finanzhilfen im Zeitraum und Leistungszweck überschneiden, gilt der allgemeine Grundsatz, dass dieselben Ausgaben nur einmal erstattet werden können.

Eine Kumulierung mit anderen öffentlichen Hilfen ist nicht zulässig, eine Überkompensation ist auszuschließen.

5
Antragsverfahren, Mittelauszahlung und Prüfung der Mittelverwendung

5.1
Anträge sind bis spätestens 31. August 2023 schriftlich an die Bewilligungsbehörde zu richten. Die Bewilligungsbehörde veröffentlicht das zu verwendende Antragsformular auf ihrer Internetseite.

Anträge nach Nummer 3.1 können ab Inkrafttreten dieser Richtlinie eingereicht und die Billigkeitsleistung rückwirkend ab dem 1. Januar 2023 beantragt werden. Die Zahlung der einzureichenden Belege über die Nachzahlungsforderung für das Abrechnungsjahr 2022 muss nachweislich zwischen dem 1. Januar und dem 31. Juli 2023 (Bewilligungszeitraum) erfolgt sein. Die Antragsfrist endet am 31. August 2023.

Anträge nach Nummer 3.2 können für in 2023 gezahlte Energiekostenrechnungen gestellt und zusammen mit den Rechnungs- und Zahlungsbelegen bis zum 31. August 2023 eingereicht werden. Mehrausgaben berechnen sich auf Grundlage des tatsächlich gezahlten Preises, der für die Beschaffungsmenge in diesem Zeitraum gezahlt wurde.

5.2
Der Antragstellende ist verpflichtet, der Bewilligungsbehörde die zur Antragsbearbeitung und zur Prüfung der bestimmungsgemäßen Mittelverwendung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und die zur Klärung des Sachverhalts gegebenenfalls erforderlichen Fragen zu beantworten.

5.3
Nach Bestandskraft des Bewilligungsbescheides veranlasst die Bewilligungsbehörde die Auszahlung der Leistung auf das Konto des Antragstellenden. Die Bestandskraft kann durch Verzicht auf das Widerspruchsrecht frühzeitig herbeigeführt werden.

5.4
Die zweckgemäße Verwendung der ausgezahlten Mittel ist spätestens bis zum 31. Dezember 2023 nachzuweisen mittels einer förmlichen Erklärung des Trägers und einer Liste der entsprechenden Zahlungsbelege über den Rechnungsausgleich. Auf die Vorlage von Einzelbelegen wird verzichtet, sie sind jedoch aufzubewahren.

5.5
Die Bewilligungsbehörde ist zu einer Prüfung der zweckentsprechenden Mittelverwendung berechtigt. Diese kann stichprobenhaft erfolgen.

5.6
Der Landesrechnungshof ist berechtigt, bei den Empfangenden Prüfungen im Sinn des § 91 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (GV. NRW. S. 158) in der jeweils geltenden Fassung, durchzuführen.

5.7
Unterlagen müssen zwecks Prüfung zehn Jahre lang ab Gewährung aufbewahrt werden.

6
Bewilligungsbehörde

Bewilligungsbehörde ist das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein- Westfalen. Der Antrag ist an das Postfach des Ministeriums (40190 Düsseldorf) und elektronisch an das E-Mail-Postfach BNE@munv.nrw.de zu senden.

7
Erstattungspflicht

7.1
Die Billigkeitsleistungen sind zu erstatten, wenn ein Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder sonst wie unwirksam wird. Dies gilt insbesondere, wenn die Billigkeitsleistungen auf falschen oder unvollständigen Angaben bei der Antragstellung beruhen. Alle Angaben im Antrag, einschließlich der eingereichten Unterlagen, die dem Bewilligungsbescheid zugrunde liegen und von dem die Zahlung abhängig ist, sind subventionserhebliche Tatsachen im Sinn des § 264 Absatz 8 des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 2 des Subventionsgesetzes.

7.2
Der Rückzahlungsbetrag wird vom Tag des Zahlungszugangs beim Mittelempfangenden bis zum Tag des Zahlungseingangs des Rückzahlungsbetrages bei der Bewilligungsbehörde mit 5 Prozent über dem Basiszinssatz nach § 247 des BGB jährlich verzinst.

8
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2023 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2023 S. 565