Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2023 Nr. 36 vom 7.9.2023 Seite 981 bis 1006

Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen Projekte „Kompetenzzentrum Frau und Beruf“
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Norm
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zugehörige Anlagen :
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
 

Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen Projekte „Kompetenzzentrum Frau und Beruf“

2103

Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen
 zur Förderung der regionalen Projekte
„Kompetenzzentrum Frau und Beruf“

Runderlass
des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration
- 95.17.07-

Vom 14. August 2023

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung vom 6. Juni 2022 (MBl. NRW. S. 445) in der jeweils geltenden Fassung Zuwendungen für die regionalen Projekte „Kompetenzzentren Frau und Beruf“ im Zeitraum vom 1. Dezember 2023 bis 30. November 2027.

1.2
Ein Anspruch der Antragstellerin oder des Antragstellers auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

2.1
Das Land fördert die Arbeit der Kompetenzzentren einschließlich der Durchführung von Mentoring-Programmen in folgenden thematischen Bereichen:

a) Rekrutierung,

b) Karriereentwicklung und -förderung,

c) familien- und lebensphasenorientierte Unternehmensführung,

d) Unterstützung des Unternehmerinnentums und

e) Diversity-Management.

Gefördert werden kann je ein Kompetenzzentrum in den 16 Arbeitsmarktregionen gemäß Anlage 1 dieser Richtlinie.

Die Kompetenzzentren sollen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Sinne von Nummer 2.2 Satz 3 für die in Satz 1 genannten Themen mit dem Ziel der Gleichstellung der Geschlechter sensibilisieren und nachhaltig aufschließen. Die Tätigkeiten können dabei Instrumente wie Informations- und Kommunikationsmaßnahmen, Workshops und Veranstaltungen sowie die Begleitung von Umsetzung oder Multiplikation von Best Practice umfassen.

2.2
Durch die Förderung soll die Arbeit der Kompetenzzentren Frau und Beruf mit KMU zur Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit und zur Verbesserung der beruflichen Chancengleichheit unterstützt werden.

Die Umsetzung des Förderziels ist unter Berücksichtigung von zielgruppenorientierten Ansätzen durchzuführen, um bestehenden, insbesondere auch intersektionalen Nachteilen von Frauen im Berufsleben entgegenzuwirken.

KMU im Sinne dieser Richtlinie sind Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Außerdem sollten sie einen Umsatz von bis zu 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von nicht mehr als 43 Millionen Euro aufweisen.

2.3
Maßnahmen in thematischen Bereichen

Die Arbeit der Kompetenzzentren muss alle unter Nummer 2.1 gefassten thematischen Bereiche abdecken. Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann dabei eine Gewichtung unter Berücksichtigung der regionalen Situation und der entsprechenden Bedarfe vornehmen. Die im Antrag aufgestellte Gewichtung ist zu begründen und kann im Verlauf des Durchführungszeitraumes nach Zustimmung des für Gleichstellung zuständigen Ministeriums sowie der Bewilligungsbehörde angepasst werden.

2.3.1
Rekrutierung

Das übergreifende Ziel dieses Themenbereiches ist die Entwicklung von Personalgewinnungsstrategien mit langfristiger und nachhaltiger Wirkung, die Frauen vor und im Erwerbsleben ansprechen.

2.3.2
Karriereentwicklung und –förderung

Das übergreifende Ziel dieses Themenbereiches ist die Entwicklung von Personalentwicklungsstrategien, die ein berufliches Weiterkommen von Frauen ermöglichen.

2.3.3
Familien- und lebensphasenorientierte Unternehmensführung

Das übergreifende Ziel dieses Themenbereiches ist die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen, die die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie, Pflege und sonstigen Lebenssituationen ermöglichen, die Rückkehr in den Beruf erleichtern und damit die Bedingungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen verbessern.

2.3.4
Diversity-Management

Das übergreifende Ziel dieses Themenbereiches ist die Umsetzung und Entwicklung von Diversity-Strategien, die die Vielfalt potenzieller weiblicher Fachkräfte berücksichtigen und die Arbeitsbedingungen von besonderen weiblichen Zielgruppen wie beispielsweise von Frauen mit Zuwanderungsgeschichte oder Fluchterfahrung sowie von Frauen mit psychischer oder physischer Behinderung optimieren und nachhaltig verbessern.

2.3.5
Unterstützung des Unternehmerinnentums

Das übergreifende Ziel dieses Themenbereiches ist die Entwicklung von Maßnahmen, die das Unternehmerinnentum stärken sowie junge Unternehmen mit weiblicher Leitung bis fünf Jahre nach Gründung beziehungsweise Unternehmensübernahme unterstützen.

2.4
Durchführung von Mentoring-Programmen

Die Entwicklung eines Mentoringkonzepts sowie seine Durchführung sind obligatorisch. Der Mentoringbegriff ist im Sinne eines strukturierten, aber nicht-professionellen Erfahrungsaustausches auszulegen, der weibliche Mentees über einen festgelegten Zeitraum begleitet.

2.4.1
Thematische Schwerpunktsetzung des Mentoring-Programms

Die Antragstellerin oder der Antragsteller hat das Mentoringkonzept nach den unter Nummer 2.1 gefassten thematischen Bereichen auszurichten. Bei der Konzeption und Durchführung der Mentoring-Programme sind zielgruppenorientierte Ansätze zu verfolgen. Thematisch abweichende, jedoch zuwendungszweckaffine, Mentoringkonzepte können nach fachlicher Beurteilung und Zustimmung des für Gleichstellung zuständigen Ministeriums durch die Bewilligungsbehörde zugelassen werden. Bei mehreren Durchläufen von Mentoring-Programmen ist die Variation von thematischer Schwerpunktsetzung, der Zielgruppenorientierung sowie der Umsetzungsdauer grundsätzlich zulässig.

2.4.2
Durchführung des Mentoring-Programms

Es ist mindestens ein Durchlauf des Mentoring-Programms pro Haushaltsjahr vorzunehmen, in diesem jedoch nicht zwingend abzuschließen. Satz 1 ist im Haushaltsjahr 2023 nicht anzuwenden.

3
Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger

3.1
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger sind Gebietskörperschaften und interkommunale Zusammenschlüsse, Kammern und Wirtschaftsförderungseinrichtungen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, Träger von beruflichen Aus-  und Weiterbildungseinrichtungen, Fachhochschulen, Hochschulen, lokale wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure und Akteurinnen sowie Vereine und Stiftungen.

3.2
Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger kann die Landesförderung unter Beachtung der Nummer 12 VV/VVG zu § 44 LHO an Kooperationspartnerinnen oder Kooperationspartner weiterleiten, wenn diese die Maßnahmen durchführen und die für die Zuwendungsempfängerin beziehungsweise den Zuwendungsempfänger maßgebenden Bestimmungen des Zuwendungsbescheides einschließlich der Nebenbestimmungen auch der oder dem Dritten auferlegt werden. Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger hat die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel zu prüfen und nachzuweisen.

4
Zuwendungsvoraussetzungen

Gefördert werden die Maßnahmen unter folgenden Voraussetzungen:

4.1
Betrieb eines Kompetenzzentrums in den 16 Arbeitsmarktregionen gemäß Anlage 1; es kann nur eine Förderung je Arbeitsmarktregion gewährt werden. 

4.2
Die Arbeit der Kompetenzzentren Frau und Beruf darf nur auf Unternehmen mit Sitz in Nordrhein-Westfalen ausgerichtet werden.

4.3
Die Aktivitäten der einzelnen Kompetenzzentren Frau und Beruf sollen sich auf die jeweilige gesamte Arbeitsmarktregion erstrecken. Zusammenschlüsse und Kooperationen von einzelnen Kompetenzzentren zur Erfüllung einzelner Aufgaben über Regionsgrenzen hinweg sind förderunschädlich.

4.4
Der Abschluss eines Arbeitsvertrages vor Bewilligung gilt nicht als förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn.

Das eingesetzte Personal muss über eine nachgewiesene Fachexpertise hinsichtlich der regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktstrukturen sowie über eine umfangreiche gleichstellungspolitische Expertise verfügen.

5
Art und Umfang, Höhe der Finanzierung

5.1
Zuwendungsart

Projektförderung.

5.2
Finanzierungsart

Anteilfinanzierung.

5.3
Form der Zuwendung

Zuschuss/Zuweisung.

5.4
Bemessungsgrundlage

5.4.1
Förderfähig sind projektbezogene Personal- und Sachausgaben des Kompetenzzentrums einschließlich der Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit. Alle Projektausgaben müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Projektdurchführung stehen und für die Erreichung der Projektziele zwingend erforderlich sein.

5.4.1.1
Personalausgaben

Zuwendungsfähige Personalausgaben umfassen Lohnzahlungen, tarifliche Zusatzleistungen sowie die Lohnnebenkosten. Sie sind nur dann zuwendungsfähig, wenn sie sich eindeutig dem geförderten Projekt zuordnen lassen, beispielsweise durch projektbezogene Anstellungsverträge oder – bei bereits bestehenden Anstellungsverträgen – durch Freistellungsvermerke für die jeweiligen Beschäftigten.

Sofern Beschäftigte nur anteilig im Projekt tätig sind, ist der monatliche Projektanteil durch die Projektleitung schriftlich zu bestätigen.

5.4.1.1.1
Bemessungsgrundlage für die Förderung sind die in Abhängigkeit vom Umfang der notwendigen Umsetzungsmaßnahmen tatsächlich anfallenden Personalausgaben für bis zu 4,5 Vollzeitäquivalente je Kompetenzzentrum. 

Für die Tätigkeit der Projektleitung kann maximal ein Vollzeitäquivalent, für die sonstigen Tätigkeiten der sonstigen Projektbeschäftigten können insgesamt maximal 3,5 Vollzeitäquivalente angesetzt werden.

5.4.1.1.2
Für die Projektleitung sind die zuwendungsfähigen Ausgaben auf maximal 89 280 EUR jährlich und ein Vollzeitäquivalent beschränkt.

5.4.1.1.3
Für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die zuwendungsfähigen Ausgaben insgesamt auf maximal 69 840 EUR pro Vollzeitäquivalent und Jahr beschränkt.

5.4.1.1.4
Für im Projekt tätige Fachkräfte sind die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben auf maximal 52 800 EUR pro Vollzeitäquivalent und Jahr beschränkt.

5.4.1.2
Sachausgaben

5.4.1.2.1
Der Höchstbetrag der zuwendungsfähigen Sachausgaben beläuft sich jährlich auf höchstens 20 Prozent der entsprechenden zuwendungsfähigen Personalausgaben.

5.4.1.2.2
Für die Durchführung von Mentoring-Programmen können die Fahrtkosten der Mentorinnen und Mentoren sowie der Mentees zu den zentralen Veranstaltungen nach den Bestimmungen des Landesreisekostengesetzes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung als zuwendungsfähig anerkannt werden.

5.4.1.2.3
Die Ausgaben für Reisen der Projektbeschäftigten sind den Sachausgaben zugeordnet.

5.4.1.2.4
Für den Ausbau digitaler Tätigkeiten zwecks Öffentlichkeitsarbeit oder zur Umsetzung von Online-Veranstaltungen zur besseren Abdeckung des regionalen Bedarfs können einmalig bis zu 6 000 EUR und ab dem Folgejahr anschließend 1 000 EUR jährlich gewährt werden. Eine entsprechende Maßnahmenplanung und -umsetzung ist vorzulegen und nachzuweisen.

5.4.2
Der Fördersatz beträgt 90 Prozent.

6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Als Auflagen sind folgende Regelungen in den Zuwendungsbescheid aufzunehmen:

6.1
Ergänzend zur Nummer 1.4 der AN-Best-P / AN-Best-G sind die beantragten Mittel im Gesamtfinanzierungsplan konkreten Haushaltsjahren zugeordnet darzustellen. Die Zuordnung der Jahressummen ist verbindlich in Bezug auf den Mittelabruf und die Mittelverwendung. Der letztmögliche Mittelabruf innerhalb eines Haushaltsjahres ist spätestens mit dem Ablauf des 31. Oktober zu erbringen.

6.2
Die Ausgaben für Reisen der Projektbeschäftigten sind nach den

Bestimmungen des Landesreisekostengesetzes Nordrhein-Westfalen vom 1. Dezember 2021 (GV. NRW. S. 1367) in der jeweils geltenden Fassung abzurechnen.

6.3
Projektergebnisse und im Projekt entwickelte Instrumente sind anderen Kompetenzzentren zur Verfügung zu stellen. Das für Gleichstellung zuständige Ministerium ist berechtigt, die Projektergebnisse zu veröffentlichen und zu verwerten.

6.4
Eine Kooperation mit den vom für Gleichstellung zuständigen Ministerium beauftragten Stellen zwecks Koordinierung und Erfolgskontrolle ist obligatorisch.

6.5
Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger haben an möglichen wissenschaftlichen Begleituntersuchungen teilzunehmen und mitzuwirken.

6.6
Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist das Corporate Design „Competentia NRW“ zu nutzen. Das zu verwendende Projektsignet und das Logo des für Gleichstellung zuständigen Ministeriums werden zur Verfügung gestellt und sind zwingend mit einem expliziten Förderhinweis bei Publikationen jeglicher Art zu verwenden.

6.7
Abweichend von Nummer 6.1 der ANBest-P ist für das Jahr 2023 kein Zwischennachweis vorzulegen.

7
Verfahren

7.1
Antragsverfahren

7.1.1
Anträge auf Gewährung von Zuwendungen sind grundsätzlich bis zum 30. September 2023 zu stellen. Für die Antragstellung ist das Antragsmuster gemäß Anlage 2 zu verwenden.

Der Antrag nebst Antragsunterlagen ist bei der zuständigen Bewilligungsbehörde einzureichen sowie elektronisch an das Postfach competentia@mkjfgfi.nrw.de zu übermitteln.

7.1.2
Antragsunterlagen

Dem Antrag sind folgende Bestandteile beizulegen:

a) Projektbeschreibung

b) Nachweis der Expertise gemäß Nummer 4.4

c) Leistungsbeschreibung des Personals

d) Meilensteinplanung für jedes Haushalsjahr gemäß Anlage 3

e) Finanzierungsplan

Die Meilensteinplanung hat auf alle unter Nummer 2 genannten thematischen Bereiche Bezug zu nehmen. Im Falle einer Gewichtung ist diese zu begründen.

Der Nachweis der Expertise gemäß Nummer 4.4 kann beispielsweise über eine Darlegung bisheriger Projekterfahrungen des Zuwendungsempfängers oder Zuwendungsempfängerin sowie der Vorlage von Studienabschlüssen des eingesetzten Personals mit Bezug zur geförderten Tätigkeit, Darlegung einschlägiger Berufserfahrung und sonstige Tätigkeiten des eingesetzten Personals in den wirtschafts-, arbeits- oder gleichstellungspolitischen Bereichen erfolgen. Der Personaleinsatz ist mittels einer Darstellung der fachlichen Eignung in Form von Stellenprofilen zu begründen.

7.2
Bewilligungsverfahren

Zuständige Bewilligungsbehörde ist die Bezirksregierung, in deren Landesteil das Projekt durchgeführt wird.

Sie bewilligt die Zuwendung aufgrund pflichtgemäßen Ermessens unter Verwendung des Musters der Anlage 4.

7.3
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VVG zu § 44, soweit nicht in den Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieser Runderlass tritt mit Wirkung vom 1. September 2023 in Kraft und am 30. November 2027 außer Kraft.

- MBl. NRW. 2023 S. 982