Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2024 Nr. 29 vom 29.8.2024 Seite 919 bis 940
Verwaltungsvorschrift zur elektronischen Aktenführung in der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen (VV E-Akte NRW) |
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Verwaltungsvorschrift zur elektronischen Aktenführung in der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen (VV E-Akte NRW)
2006
Verwaltungsvorschrift
zur elektronischen Aktenführung
in der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen
(VV E-Akte NRW)
Runderlass
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung
Vom 14. August 2024
Auf Grund des § 23 Absatz 2 Nummer 5 und Nummer 6 des E-Government-Gesetzes Nordrhein-Westfalen vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 551), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. Februar 2022 (GV. NRW. S. 122) geändert worden ist, bestimmt das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und den übrigen Ministerien:
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Allgemeine Regelungen
1.1
Anwendungsbereich
Die Verwaltungsvorschrift regelt das Führen elektronischer Akten und gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden und sonstiger der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie dem Anwendungsbereich des E-Government-Gesetzes Nordrhein-Westfalen vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 551) in der jeweils geltenden Fassung unterfallen und elektronische Akten führen oder diese nach § 9 Absatz 3 führen sollen. Abweichend dazu gilt die Verwaltungsvorschrift nicht für
1. die Tätigkeit der Hochschulen in der Trägerschaft des Landes Nordrhein-Westfalen,
2. die staatlichen Hochschulen,
3. das Hochschulbibliothekszentrums des Landes Nordrhein-Westfalen sowie
4. für die Gemeinden und Gemeindeverbände im Land Nordrhein-Westfalen.
1.2
Begriffsbestimmungen
1. Elektronische Akte
Eine elektronische Akte ist eine logische Zusammenfassung sachlich zusammengehöriger oder verfahrensgleicher Vorgänge und aktenrelevanter Dokumente. Aktenrelevant sind Schriftgut und entscheidungserhebliche Bearbeitungsschritte dann, wenn sie zum späteren Nachweis der Vollständigkeit, der Nachvollziehbarkeit und der Transparenz des Verwaltungshandelns beweisfest vorzuhalten sind. Eine elektronische Akte kann nur in einem Dokumentenmanagementsystem geführt werden, das die ordnungsgemäße Aktenführung nach Nummer 2 gewährleistet. Die elektronische Akte ersetzt auf diese Weise die Aktenführung auf Papierbasis.
2. Hybridakte
Eine Hybridakte ist eine elektronische Akte, die Hybridvorgänge beinhaltet. Hybridvorgänge sind Vorgänge, bei denen aus rechtlichen oder sonstigen Gründen nicht-elektronische Bestandteile vorgehalten werden oder vorgehalten werden müssen. Akten, die bis zur Einführung der elektronischen Aktenführung analog geführt worden sind, danach aber elektronisch weitergeführt wurden, ohne ersetzend gescannt worden zu sein, sind ebenfalls Hybridakten.
2
Elektronische Aktenführung
2.1
Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung
Akten sind nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Aktenführung zu führen. Diese folgen aus dem Rechtsstaatsprinzip und umfassen nachfolgende Gebote:
1. Gebot der Aktenmäßigkeit: Das Handeln der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen ist im Regelfall durch die elektronische Aktenführung zu dokumentieren.
2. Gebot der Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit: Alle wesentlichen Verwaltungshandlungen müssen vollständig und nachvollziehbar abgebildet werden. Hierzu sind alle entscheidungsrelevanten Unterlagen und Bearbeitungsschritte zu dokumentieren und im Sach- und Zeitzusammenhang abzulegen. Der Stand und die Entwicklung der Vorgangsbearbeitung müssen jederzeit aus den elektronisch geführten Akten nachvollziehbar sein.
3. Gebot der wahrheitsgemäßen Aktenführung: Der Inhalt der Akten muss das Verwaltungshandeln korrekt abbilden.
4. Gebot der Integrität und Authentizität: Die physische und logische Unversehrtheit der Akteninhalte muss jederzeit gewahrt sein. Zulässige Veränderungen müssen grundsätzlich so angebracht werden, dass sie erkennbar und nachvollziehbar sind.
5. Gebot der Vertraulichkeit: Es ist sicherzustellen, dass ausschließlich die Personen Zugriff auf Akten, Vorgänge und Dokumente erhalten, die deren Inhalt zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung benötigen. Die Anforderungen des Datenschutzes sind zu beachten.
6. Gebot der langfristigen Sicherung: Der Aktenbestand ist entsprechend den Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten langfristig zu sichern. Soweit Rechts- oder Verwaltungsvorschriften keine bestimmten Aufbewahrungsfristen vorsehen, sind diese in der behördlichen Aktenordnung festzulegen.
2.2
Objekthierarchie
Eine elektronische Akte gliedert sich in die Objektebenen
1. Akte,
2. Vorgang und
3. Dokument.
Akten werden auf der Basis des jeweils gültigen Aktenplans angelegt. Eine Akte enthält einen oder mehrere Vorgänge, ein Vorgang enthält ein oder mehrere Dokumente, die im sachlichen Zusammenhang zueinanderstehen. Elektronische Dokumente werden in Vorgängen zusammengefasst und der Akte zugeordnet.
2.3
Metadaten
Eine elektronische Aktenführung benötigt neben den eigentlichen Dokumenten weitere Informationen über die Schriftgutobjekte, etwa zur Recherche von Inhalten, zur Strukturierung von Unterlagen oder zur Steuerung von Geschäftsprozessen. Akten, Vorgänge und Dokumente werden daher im Dokumentenmanagementsystem mit inhaltlichen und technischen Metadaten beschrieben (zum Beispiel Aktenzeichen, Vorgangszeichen, Dokumentenbetreff).
2.4
Nachvollziehbarkeit einer Hybridakte
Der Zusammenhang zwischen elektronischen und nicht-elektronischen Bestandteilen muss dauerhaft nachvollziehbar sein. Dies erfolgt beispielsweise durch die Verwendung von Metadaten.
3
Aufbewahrung und Archivierung
Elektronische Akten, Vorgänge und Dokumente sind während der gesamten Aufbewahrungsfrist auffindbar und lesbar zu halten. Hierfür sollen langzeitstabile Datenformate verwendet werden. Unberechtigte Zugriffe und Veränderungen sind zu verhindern. Die korrekte Aufbewahrung während der Aufbewahrungsfrist ist durch die jeweils aktenführende Stelle sicherzustellen. Alle Akten oder Vorgänge, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sind, insbesondere diejenigen, deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, sind auszusondern und nach § 4 des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 16. März 2010 (GV. NRW. S. 188) in der jeweils geltenden Fassung dem Landesarchiv anzubieten. Das Landesarchiv übernimmt die archivwürdigen Vorgänge und ist für dessen Langzeitarchivierung zuständig. Die nicht archivwürdigen Vorgänge sind im Anschluss an die Bewertung durch das Landesarchiv von der aktenführenden Stelle zu vernichten. § 11 des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen bleibt unberührt.
4
Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.
- MBl. NRW. 2024 S. 920