Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 1999 Nr. 64 vom 2.12.1999 Seite 1257 bis 1270
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Sozialberatung für Ausländerinnen und Ausländer |
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Sozialberatung für Ausländerinnen und Ausländer
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Sozialberatung
für Ausländerinnen und Ausländer
RdErl. d. Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport vom 20.09.1999, Az.: 333 5333
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das Land fördert nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Verwaltungsvorschriften VV zu § 44 LHO sowie der Grundsätze für die Ausländersozialberatung vom 14.11.1984 in der Fassung vom 28.05.1998 die Sozialberatung für Anlage 1 Ausländerinnen und Ausländer(Anlage 1).
1.2
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die beteiligten Behörden entscheiden auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2
Gegenstand der Förderung
Gefördert wird der Einsatz von Fachkräften, die im Rahmen der unter Nummer 1.1 aufgeführten Grundsätze auf Landesebene oder in einer Region des Landes tätig sind.
3
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger können die in der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NordrheinWestfalens vertretenen Verbände sein (vgl. Anlage 1).
4
Zuwendungsvoraussetzungen
Siehe Anlage 1.
5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungsart
Projektförderung
5.2
Finanzierungsart
Festbetragsfinanzierung
5.3
Form der Zuwendung
Zuschuss
5.4
Bemessungsgrundlage
5.4.1
Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Zuwendung ist die Zahl der zur Förderung anerkannten und besetzten Stellen.
5.4.2
Neben dem Personalkostenzuschuss erhält die Arbeiterwohl fahrt zusätzlich eine Sachkostenpauschale.
5.4.3
Die Höhe der Festbeträge wird jährlich durch Erlass festgelegt.
5.4.4
Bei einer Teilzeitbeschäftigung oder einem Einsatz von weniger als 12 Monaten aufgerundet auf volle Monate vermindert sich der Jahresfestbetrag zu den Personalausgaben entsprechend.
6
Verfahren
6.1
Antragsverfahren
Zuwendungen sind nach dem Muster der Anlage 2a bzw. 2b bei der Bewilligungsbehörde zu beantragen.
6.2
Bewilligungsverfahren
6.2.1
Bewilligungsbehörden sind die Bezirksregierungen, in deren Bezirk die Zuwendungsempfänger ihren Sitz haben.
6.2.2
Die Bewilligungsbehörde erteilt den Zuwendungsbescheid nach dem Muster der Anlage 3.
6.3
Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung erfolgt nach Maßgabe des Zuwendungsbescheides.
6.4
Verwendungsnachweisverfahren
Der Bewilligungsbehörde ist ein Verwendungsnachweis nach dem Muster der Anlage 4a bzw. 4b vorzulegen.
Die Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen hat sich auch auf die Bundesmittel zu erstrecken.
6.5
Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
6.6
Sonstiges Verfahren
6.6.1
Die Bewilligungsbehörde hat mir jeweils zum 30.11. eine Übersicht über die zur Förderung anerkannten Stellenanteile vorzulegen. Außerdem hat sie mir eine Ausfertigung der geprüften Anträge sowie je zwei Ausfertigungen der Zuwendungsbescheide und Prüfvermerke zuzuleiten.
6.6.2
Die Abstimmung zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und dem Land NordrheinWestfalen erfolgt durch mich.
7
Inkrafttreten
Diese Richtlinien treten auf der Grundlage der Übersicht über die zur Förderung anerkannten SozialberaterStellenanteile Stand 31.12.1998 mit Wirkung vom 01.01.1999 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2004 außer Kraft.
Anmerkung: Die Anlagen 2a bis 4b werden nicht veröffentlicht.
Anlage 1
Grundsätze
für Aufgaben, Arbeitsweise
und Organisation der Sozialberatung
für in Deutschland lebende Ausländerinnen
und Ausländer in der Trägerschaft von Spitzenverbänden
der Freien Wohlfahrtspflege
(Grundsätze für die Ausländersozialberatung)
vom 14. November 1984 in der Fassung vom 28. Mai 1998
Präambel
In den vergangenen Jahrzehnten haben die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband und das Diakonische Werk mit finanzieller Unterstützung des Bundes und der Länder ein Netz von Ausländersozialberatungsstellen errichtet. Zielgruppen dieser Sozialdienste sind
- die früher im Rahmen von Anwerbeabkommen in die Bundesrepublik Deutschland eingereisten ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Griechenland, Italien, Portugal und Spanien inzwischen EU-Mitgliedstaaten sowie aus Marokko, der Türkei, Tunesien, den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, Korea und von den Philippinen,
- die ehemaligen Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmer der früheren DDR, die aus Vietnam, Mosambik und Angola stammen, und
- deren Familienangehörige.
Damit wurde wesentlich dazu beigetragen, dass der genannte Personenkreis
- Orientierungshilfen erhielt und
- unter Berücksichtigung seiner unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in sozialen Angelegenheiten beraten wurde.
Dadurch hat der genannte Personenkreis zu einem großen Teil die Fähigkeit erlangt, in einer fremden Gesellschaft eigenverantwortlich zu handeln und sich in das gesellschaftliche System der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern.
Viele Ausländerinnen und Ausländer sind im Zuge ihrer fortschreitenden Integration auf die Ausländersozialberatungsstellen nicht mehr wie in früheren Jahren angewiesen. Andere Ausländerinnen und Ausländer sind auf Grund ihrer kulturellen Prägung, ihrer Zuwanderung und den daraus resultierenden Konflikten trotz langer Aufenthaltszeiten weiterhin vor spezifische Probleme gestellt. In erheblichem Maße reisen auch weiterhin Personen im Wege des Familiennachzuges in die Bundesrepublik Deutschland ein und bedürfen damit der Hilfe in einer für sie fremden Umwelt. Eine spezifische Ausländersozialberatung muss daher als integrationsförderndes Angebot gewährleistet bleiben; sie vermittelt Vertrautheit und baut Hemmschwellen ab. Dies entspricht auch der Vermittlerrolle des Ausländersozialdienstes zu den anderen Diensten der sozialen Versorgung, mit denen eine engere Zusammenarbeit als bisher anzustreben ist.
Schwierigere wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedingungen, Änderung des Aufenthalts und Rückkehrverhaltens, Aufwachsen der zweiten und dritten Generation sowie die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern, die nicht aus den ehemaligen Anwerbestaaten stammen, beeinflussen die Anforderungen an die Ausländersozialberatung und haben Auswirkungen auf ihre Aufgaben, Arbeitsweise und Organisation.
Vor diesem Hintergrund haben sich Bund und Länder im Bund-Länder-Ausschuss "Ausländerpolitik" auf die Fortschreibung der Grundsätze in der nachstehenden Fassung verständigt. Diese Grundsätze sind Grundlage für die Förderung des Ausländersozialdienstes mit öffentlichen Mitteln. Die Fortschreibung trägt den zwischenzeitlichen Veränderungen im Aufgabenfeld der Ausländersozialberatung Rechnung.
Die fortgeschriebenen Grundsätze stellen Rahmenbedingungen für die Durchführung der Ausländersozialberatung dar. Sie räumen Bund und Ländern entsprechend ihren eigenen Interessen und Möglichkeiten Gestaltungsfreiheit ein.
Bund und Länder streben wie bisher in enger Abstimmung mit den Trägern des Ausländersozialdienstes die einheitliche Berücksichtigung dieser Grundsätze in der Praxis der Ausländersozialberatung an, wobei örtlichen und regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist.
1. Personenkreis
Zielgruppe der Ausländersozialberatung können sein
- die in Deutschland lebenden, früher angeworbenen ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
- die ehemaligen Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmer der früheren DDR, die aus Vietnam, Mosambik und Angola stammen,
- Ausländerinnen und Ausländer, die über einen auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus verfügen, und
- deren Familienangehörige.
(Nachfolgend als Ausländerinnen und Ausländer bezeichnet.)
2. Ziele der Ausländersozialberatung
Ausländersozialberatung ist innerhalb der Sozialdienste ein eigenständiges und komplexes Feld der Sozialarbeit, die einer engen Zusammenarbeit mit anderen Diensten der sozialen Versorgung bedarf.
Ausländerinnen und Ausländer werden bei ihrer Integration mit dem Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben in Deutschland beraten und unterstützt.
Im Vordergrund steht hierbei das Bemühen,
- die Ausländerinnen und Ausländer in die Lage zu versetzen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten (Hilfe zur Selbsthilfe),
- Unterstützung bei der Inanspruchnahme anderer Sozialdienste innerhalb und außerhalb der Verbände sowie anderer öffentlicher und privater Institutionen zur Förderung der Integration zu geben (Mittlerfunktion) und
- komplexere Leistungen sozialer Beratung und Unterstützung, bei denen es gerade auf interkulturelle Kompetenz1) ankommt, zu erbringen (Ergänzungsfunktion).
Die Schwerpunkte der Beratungs und Mittlertätigkeit ergeben sich entsprechend der Zielsetzung der Integration aus den Lebenslagen der Ausländerinnen und Ausländer. Es sind dies:
- Arbeit und soziale Versorgung,
- individuelle Lebensprobleme,
- Erziehung, Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen,
- Familien und Generationenkonflikte,
- älter werden,
- Vermittlung zwischen den Kulturen,
- Rückkehr in das Herkunftsland.
Die Ausländersozialberatung hat die enge Kooperation und Vernetzung mit den anderen Diensten der sozialen Versorgung anzustreben. Auf diese Weise vermitteln die Sozialberaterinnen und Sozialberater ihre interkulturelle Kompetenz auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Dienste. Die Ausländersozialberatung wirkt so auf eine zunehmende Öffnung der anderen Dienste der sozialen Versorgung für die Belange der Ausländerinnen und Ausländer hin.
3. Aufgaben der Sozialberaterin/des Sozialberaters
Aufgaben der Sozialberaterin/des Sozialberaters sind insbesondere
- Beratung und Hilfe für Einzelne und Familien sowie
- Arbeit mit Gruppen von sozialer Gruppenarbeit bis zu emanzipatorischen Bildungsangeboten.
Weitere Aufgaben sind:
- Planungs und Programmberatung sowie Koordinierung von Maßnahmen und Angeboten des eigenen Trägers und anderer Träger,
- Entwicklung und Organisation kultureller und sozialer Angebote und Maßnahmen.
Die Sozialberaterin/der Sozialberater hat diese Aufgaben zu initiieren und zu begleiten und/oder nur im Rahmen zeitlicher Grenzen selbst durchzuführen.
Mit der Mittlerfunktion der Sozialberaterin/des Sozialberaters ist nicht vereinbar, dass sie/er im Rahmen ihrer/seiner Beratungstätigkeit Fachaufgaben und Spezialdienste wahrnimmt, die vorhandenen allgemeinen öffentlichen oder freien Versorgungsinstanzen obliegen oder auf Grund gesetzlicher Vorgaben einzurichten sind.
Daher gehören nicht zu den Aufgaben der Sozialberaterin/des Sozialberaters:
- schriftliche Übersetzungstätigkeiten amtlicher Schriftstücke u.ä., die nicht Teil der unmittelbaren Beratungstätigkeit sind;
- mündliche Dolmetscherdienste in der Dienst oder Sozialversorgungspraxis anderer Institutionen, sofern sie sich nicht unmittelbar aus der Beratungstätigkeit ergeben;
- Beratungsdienste für andere Versorgungseinrichtungen und Wahrnehmung anderer Aufgaben, die im Rahmen gesetzlicher Verpflichtungen von anderen Trägern und Einrichtungen gegenüber Ausländerinnen und Ausländern unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Situation angemessen sicherzustellen sind;
- auf bestimmte Gruppen bezogene regelmäßige Kurse wie z.B. Sprachkurse, Arbeit mit Gruppen auf Dauer, Therapieangebote und psychologische Beratung, arbeits und sozialrechtliche Beratung sowie Lohnsteuerberatung u.ä..
4. Träger, Organisation und Struktur
Die Ausländersozialberatung ist möglichst in Beratungsstellen oder Beratungszentren am Wohnort (Wohnumfeld, Stadtteil o.ä.) und an den Versorgungsorten (z.B. Einrichtungen der Jugendhilfe) der Ausländerinnen und Ausländer durchzuführen. Künftig soll nach Möglichkeit neben der bisherigen muttersprachlichen auch eine nationalitätenübergreifende Beratung angeboten werden.
Träger der Ausländersozialberatung sind entsprechend der langjährig gewachsenen Strukturen die Arbeiterwohlfahrt, der Deutsche Caritasverband und das Diakonische Werk. In Abstimmung zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land können die anderen in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vertretenen Verbände Träger sein. Die Stellung der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diese Grundsätze nicht berührt.
Grundsätzlich soll eine angemessene Versorgungsdichte angestrebt oder soweit erreicht beibehalten werden. 2)
5. Fachkräfte und Qualifikation
Sozialberaterinnen und Sozialberater müssen über einen Berufsabschluss insbesondere als Sozialarbeiterin/Sozialarbeiter oder Sozialpädagogin/Sozialpädagoge und über interkulturelle Kompetenz verfügen. Ergänzt werden soll diese fachliche Kompetenz um Sprachkompetenz in mindestens einer der Sprachen des unter Ziffer 1 genannten Personenkreises.
Bereits beschäftigte Sozialberaterinnen und Sozialberater, die diesen Anforderungen an die berufliche Qualifikation nicht entsprechen, sind nicht betroffen.
Sozialberaterinnen und Sozialberater sollen an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, in denen
- Änderungen der Arbeitsfelder und Aufgabenstellungen der sozialen Dienste für Ausländerinnen und Ausländer,
- methodische Fragen und theoretisches Grundlagenwissen,
- ausländerpolitische Zusammenhänge und Entwicklungen sowie
- neue bzw. veränderte rechtliche Grundlagen
vermittelt werden. Eine Teilnahme an trägerübergreifenden Fortbildungsmaßnahmen ist wünschenswert.
Die im Ausländersozialdienst tätigen Koordinatorinnen und Koordinatoren gewährleisten eine kontinuierliche Praxisbegleitung sowie Überprüfung und Weiterentwicklung der Ausländersozialberatung. Sie organisieren die Vernetzung mit den anderen Diensten der sozialen Versorgung und setzen sich im Rahmen ihrer Kompetenzen und Möglichkeiten dafür ein, dass die interkulturelle Orientierung in diesen Diensten intensiviert wird.
6. Inkrafttreten
Die vorstehenden Grundsätze sind mit Wirkung vom 1. Januar 1999 in Kraft getreten.
Anmerkung:
Laut Protokollerklärung des Bund-Länder-Ausschusses "Ausländerpolitik" am 28. Mai 1998 umfasst ein auf Dauer angelegter Aufenthaltsstatus im Sinne dieser Grundsätze folgende Aufenthaltstitel:
- Aufenthaltsberechtigung,
- befristete Aufenthaltserlaubnis,
- befristete AufenthaltserlaubnisEG,
- unbefristete Aufenthaltserlaubnis,
- unbefristete AufenthaltserlaubnisEG.
MBl. NRW. 1999 S. 1263