Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2000 Nr. 18 vom 31.3.2000 Seite 265 bis 288

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Gefahrenermittlung und Sanierung von Altlasten
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Norm
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
Anlage3
Anlage4
Anlage5
 

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die Gefahrenermittlung und Sanierung von Altlasten

74

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für die
Gefahrenermittlung und Sanierung von Altlasten

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
v. 24.2.2000 - IV A 4 - 564

1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1
Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien, der Verwaltungsvorschriften – VV – zu § 44 LHO und der Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden (GV) – VVG –

1.1.1
Zuwendungen für Maßnahmen zum Schutz des Wohls der Allgemeinheit vor Gefahren, insbesondere für die menschliche Gesundheit, durch schädliche Beeinflussungen von Gewässern, des Bodens oder der Luft, die von Altlasten oder altlastverdächtigen Flächen i. S. d. § 2 Abs. 5 und 6 BBodSchG ausgehen,

1.1.2
Zuwendungen für Gefährdungsabschätzungen und Sanierungsuntersuchungen im Zusammenhang mit kommunalen Planungen für die Wiedernutzbarmachung von Altablagerungen oder Altstandorten i. S. d. § 2 Abs. 5 BBodSchG ausgehen.

1.2
Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung von Zuwendungen besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

2.1
Gegenstand von Zuwendungen nach den Nummern 1.1.1 und 1.1.2 sind

2.1.1
Maßnahmen zur Untersuchung und Beurteilung des Einzelfalls, um festzustellen, ob von der einzelnen altlastverdächtige Fläche oder Altlast Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen, welcher Art diese Gefahren sind, welchen Umfang und welches Ausmaß sie haben, im Falle von Zuwendungen nach Nummer 1.1.2 auch die für die Bauleitplanung zusätzlich erforderlichen Untersuchungen und Beurteilungen im Hinblick auf schädliche Bodenveränderungen (Gefährdungsabschätzung).

2.1.2
Untersuchung und Beurteilung der in Betracht kommenden Sanierungs- oder Überwachungsmaßnahmen auf der Grundlage der Gefährdungsabschätzung einschließlich notwendiger örtlicher Zusatzuntersuchungen (Sanierungsuntersuchung) sowie ein Sanierungsplan nach § 13 BBodSchG.

2.2
Gegenstand von Zuwendungen nach der Nummer 1.1.1 sind auch

2.2.1
Sanierungsmaßnahmen

2.2.1.1
Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung von Einzelmaßnahmen.

2.2.1.2
Abdeckung, Abdichtung oder sonstige vergleichbare Schutzvorkehrungen.

2.2.1.3
Neubau, Umbau, Erweiterung, Schaffung oder Kauf von Einrichtungen zur Fassung, Sammlung, Behandlung und Ableitung von

- Sickerwasser,
- verunreinigtem Grund- oder Oberflächenwasser,
- Gasen, mit Ausnahme derjenigen Einrichtungen, deren Nutzen im wirtschaftlichen Interesse des Zuwendungsempfängers oder Dritter liegt.

2.2.1.4
Chemische, physikalische oder sonstige Behandlung von umweltgefährdenden Stoffen oder des Bodens, sofern es sich um einen zeitlich begrenzten Vorgang (höchstens 2 Jahre) und nicht um einen längerfristigen Betrieb von Einrichtungen zur Behandlung von Gasen, Sickerwasser oder sonst verunreinigtem Wasser oder um regelmäßige Bodenbehandlung handelt.

2.2.1.5
Maßnahmen zur Standsicherheit (z. B. bei Rutschungen, Sackungen).

2.2.1.6
Ausräumen von Bodenverunreinigungen und Ablagerung, sofern andere Maßnahmen technisch nicht möglich oder in ihrem Aufwand unverhältnismäßig sind, sowie Wiederverfüllung mit unbelastetem Material, sofern im Zusammenhang mit Gefahrenabwehrmaßnahmen erforderlich.

2.2.2
Überwachungsmaßnahmen

2.2.2.1
Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung von Einzelmaßnahmen nach Nummer 2.2.2.2.

2.2.2.2
Neubau, Umbau, Erweiterung oder Schaffung von Einrichtungen.

2.2.3
Ausgaben für Leistungen an Dritte, die unmittelbar für die Durchführung von Maßnahmen nach den Nummern 2.1.1 bis 2.2.2 notwendig sind.

3
Zuwendungsempfänger

3.1
Gemeinden (GV)

3.2
Für Zuwendungen nach Nummer 1.1.1 außerdem:

3.2.1
Juristische Personen des privaten Rechts, deren Geschäftszweck auf den Erwerb, die Veräußerung oder die Verwaltung von Grundstücken gerichtet ist, soweit eine kommunale Mehrheitsbeteiligung vorliegt.

3.2.2
Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden (GV) in Form von Eigenbetrieben.

4
Zuwendungsvoraussetzungen

4.1
Voraussetzung für eine Förderung nach den Nummern 2.2.1 und 2.2.2 ist, dass Maßnahmen im Sinne der Nummern 2.1.1 und soweit notwendig 2.1.2 vorausgegangen sind. Zur Beseitigung einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NW sind eine ordnungsbehördliche Anordnung oder ein Vergleich (Nummer 4.6) ausreichend.

4.2
Maßnahmen nach den Nummern 2.1.1 und 2.1.2 in Verbindung mit der Nummer 1.1.2 sind förderfähig, wenn eine Altablagerung oder ein Altstandort wiedergenutzt werden sollen und im Zusammenhang damit für die Aufstellung oder Änderung eines Flächennutzungsplans oder eines Bebauungsplans eine Gefährdungsabschätzung oder Sanierungsuntersuchung notwendig ist.
Notwendige Gefährdungsabschätzungen innerhalb des Gebietes eines Bebauungsplanes gelten als eine Maßnahme, entsprechendes gilt für Sanierungsuntersuchungen.

4.3
Maßnahmen nach den Nummern 2.2.1. und 2.2.2 sind nur förderfähig, wenn

4.3.1
diese nach der bestehenden Nutzung notwendig sind,

4.3.2
von der Altlast eine Gefahr ausgeht für

4.3.2.1
Leben oder Gesundheit von Menschen durch unmittelbare Einwirkungen oder

4.3.2.2
die Trinkwassergewinnung oder Heilquellen oder

4.3.2.3
die Bodennutzung bei Grundstücken mit Wohnbebauung oder in Kleingärten oder

4.3.2.4
die öffentliche Wasserwirtschaft

4.3.3
und wenn

4.3.3.1
es sich bei der Altlast um eine Altablagerung handelt, deren Betreiber eine Gemeinde (GV) war, die nicht auf Grund von Anordnungen nach § 32 Abs. 4 KrW-/AbfG (§ 8 Abs. 1 AbfG) oder § 35 Abs. 1 KrW-/AbfG (§ 9 AbfG) handelt oder

4.3.3.2
die Altlast auf eine stillgelegte Anlage zurückzuführen ist, die von einer Gemeinde (GV) oder dem Eigenbetrieb einer Gemeinde (GV) betrieben worden ist, oder

4.3.3.3
der Zuwendungsempfänger Alleineigentümer des Grundstücks ist, wobei die Besitzverhältnisse unberücksichtigt bleiben, oder

4.3.3.4
die Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme nach § 59 ff. VwVG NW durchgesetzt werden müssen.

4.4
In Fällen, in denen nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Antragstellung aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen nur natürliche Personen als privatrechtliche Eigentümer oder dinglich berechtigte Nutzer von Wohngrundstücken als Ordnungspflichtige in Betracht kommen, kann eine Zuwendung nach diesen Richtlinien auch dann gewährt werden, wenn die Gemeinde (GV) die Maßnahme nicht im Wege der Ersatzvornahme nach § 59 VwVG NW durchsetzt. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass

4.4.1
der privatrechtliche Eigentümer oder der dinglich berechtigte Nutzer nicht Handlungsstörer ist oder war und die Wohngrundstücke nicht zu einem Geschäfts- oder Betriebsvermögen gehören (Nummer 4.4.2 bleibt davon unberührt),

4.4.2
die Grundstücke mit zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden bebaut sind, einschließlich der zur Infrastruktur gehörenden Grundstücke und der Baulücken,

4.4.3
einem zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Gewährung der dinglichen Nutzung bestandskräftigen Bebauungsplan, einer Baugenehmigung oder der Bewilligungsbehörde vorliegenden sonstigen gesicherten Erkenntnissen für den Zeitpunkt des Rechtserwerbs Hinweise auf Verunreinigungen des Bodens oder des Untergrundes nicht zu entnehmen waren,

4.4.4
beim Erwerb des Grundstücks oder bei der Gewährung der dinglichen Nutzung wegen bestehender oder nicht auszuschließender Verunreinigungen Preisvorteile nicht gewährt worden sind,

4.5
Wird in den Fällen der Nummern 2.1.1 - 2.2.2 mit der Maßnahme zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr bereits begonnen, schließt das eine Förderung nicht aus. Grundsätzlich ist auch bei diesen Maßnahmen eine Antragstellung erforderlich.

4.6
Bei förderfähigen Maßnahmen steht ein Vergleich einer Förderung des von dem Antragsteller übernommenen Leistungsanteils dann nicht entgegen, wenn der Vergleich den Anforderungen des § 55 VwVfG. NRW. und des § 58 Abs. 1 Nr. 2 LHO entspricht.

4.7
In Fällen in denen für Maßnahmen nach den Nummern 2.1.1 - 2.2.3, auf Grund der Nummer 4.3.3.4 eine Zuwendung gewährt worden ist und in denen durch Leistungen des Ordnungspflichtigen Rückzahlungsansprüche des Landes entstehen, ist der dem Land zustehende Anteil wie folgt zu ermitteln:

4.7.1
Zu ermitteln sind die Gesamtausgaben der notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, für die die Gemeinde (GV) im Weg der Ersatzvornahme in Vorlage tritt.

4.7.2
Leistungen Dritter mindern den Finanzierungsanteil der Gemeinde an den nach Nummer 4.7.1 ermittelten Gesamtausgaben. Bei Eigentumsübertragung von Grundstücken ist der Grundstückswert ohne Sanierungserfordernis (nach Wertermittlungsverordnung v. 06.12.1988, BGBl. S. 2209) zu ermitteln und als Leistungen Dritter auf den Finanzierungsteil anzurechnen.

4.7.3
Für die von der Gemeinde nach Anrechnung der Leistungen Dritter zu tragenden Ausgaben kann der Gemeinde, soweit es sich um zuwendungsfähige Ausgaben handelt, im Rahmen der Förderrichtlinien eine Zuwendung gewährt werden.

4.7.4
Führen die Leistungen Dritter nach der Bewilligung einer Zuwendung zu einer Überfinanzierung der Gesamtausgaben der Gemeinde, ist der auf die zuwendungsfähigen Ausgaben entfallende Anteil zu ermitteln und die gewährte Zuwendung ist anteilig zurückzuzahlen.

5
Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart
Projektförderung

5.2
Finanzierungsart
Anteilfinanzierung, Fördersatz 80 v. H. (Bemessungsgrundlage abgerundet auf volle Tausend DM/EUR)
Bagatellgrenze bis 31.12.2001: 40.000 DM (Zuwendung),
Bagatellgrenze ab dem 01.01.2002: 20.000 EUR (Zuwendung)

5.3
Form der Zuweisung
Zuweisung/Zuschuss

5.4
Bemessungsgrundlage

5.4.1
Zuwendungsfähige Ausgaben

5.4.1.1
Notwendige Ausgaben für Maßnahmen nach Nummer 2

5.4.1.2
Notwendige Ausgaben für alle sonstigen Ingenieur- oder Gutachterleistungen und für Projektleitung.

5.4.1.3
Ausgaben für notwendige Leistungen Dritter bei der Information und Beteiligung von Anwohnern einer Altlast, deren persönlichen Belange unmittelbar durch die Altlast berührt sind, höchstens jedoch 10.000 DM (Zuwendung)bis 31.12.2001, ab dem 01.01.2002 5000 EUR (Zuwendung).

5.4.1.4
Unbare gewerbliche Eigenleistungen des Zuwendungsempfängers, soweit kassenmäßige Ausgaben deshalb nicht entstehen, weil das eigene Personal eingesetzt wird. Dies gilt sinngemäß für Sachleistungen.

5.4.1.5
Beweissicherungsgutachten zur Festsetzung von förderfähigen Entschädigungsleistungen im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen, höchstens jedoch 10.000 DM (Zuwendung) bis 31.12.2001, ab dem 01.01.2002 5000 EUR (Zuwendung).

5.4.2
Nicht zuwendungsfähig sind:

5.4.2.1
Geldbeschaffungskosten und Zinsen für eine Kreditaufnahme zur Beschaffung des Eigenanteils.

5.4.2.2
Inseratskosten, Genehmigungsgebühren, Grunderwerbsteuern, Maklerprovisionen, Notarkosten, Gerichtskosten, Versicherungen.

5.4.2.3
Grunderwerb

6
Verfahren

6.1
Antragsverfahren

6.1.1
Der Antrag auf Gewährung einer Zuwendung ist unter Verwendung des Musters
der Anlage 1 bei der Bezirksregierung über das zuständige Staatliche Umweltamt (StUA) in dreifacher Ausfertigung zu stellen.

6.1.2
Das zuständige StUA prüft den Antrag daraufhin, ob die Maßnahme den sich aus dem Förderzweck ergebenden fachlichen Anforderungen hinsichtlich der Gefahrenermittlung/-abwehr und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht, und legt den Antrag mit dem Ergebnis seiner Prüfung und der fachlichen Stellungnahme der Bezirksregierung vor.

6.2
Bewilligungsverfahren

6.2.1
Bewilligungsbehörden sind die Bezirksregierungen

Der Bewilligung ist das Muster der Anlage 2, der Bewilligung in Form eines
vorläufigen Verwaltungsakts ist das Muster der Anlage 3 zu Grunde zu legen.

6.3
Anforderungs- und Auszahlungsverfahren

6.3.1
Die Anforderung auf Auszahlung von Zuwendungen sind nach dem Muster
der Anlage 4 an die Bewilligungsbehörde zu richten.

6.4
Verwendungsnachweisverfahren

Der Verwendungsnachweis ist nach dem Muster der Anlage 5 zu erbringen. Der
Verwendungsnachweis ist der Bewilligungsbehörde über das zuständige StUA vorzulegen (Nr. 5.26 VV/5.21 VVG).
Das StUA fügt seine fachliche Stellungnahme und seinen Prüfungsvermerk bei.

6.5
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV bzw. VVG zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Richtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

7.
Schlussbestimmung

7.1
Diese Richtlinien treten zum 01.01.2000 in Kraft; sie treten am 31.12.2004 außer Kraft.

Anlage 1, pdf.file

Anlage 2, pdf.file

Anlage 3, pdf.file

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Anlage 5, pdf.file

MBl. NRW 2000 S. 267