Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2000 Nr. 43 vom 26.7.2000 Seite 761 bis 772

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben in benachteiligten Gebieten (Ausgleichszulage) und in Gebieten mit umweltspezifischen Einschränkungen (Ausgleichszahlung)
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Norm
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zugehörige Anlagen :
Anlage1
Anlage2
 

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben in benachteiligten Gebieten (Ausgleichszulage) und in Gebieten mit umweltspezifischen Einschränkungen (Ausgleichszahlung)

7861

Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
zur Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben
in benachteiligten Gebieten (Ausgleichszulage)
und in Gebieten mit umweltspezifischen
Einschränkungen (Ausgleichszahlung)

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt,
Raumordnung und Landwirtschaft v. 18.6.2000
- II A 3 - 2114/05; III B 5 - 941.00.05.03

1
Zuwendungszweck

Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO Zuwendungen,

- um in benachteiligten Gebieten gemäß Richtlinie 86/465/EWG des Rates vom 14. Juli 1986 betreffend das Gemeinschaftverzeichnis der benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten eine standortgerechte Landbewirtschaftung zu sichern. Über die Fortführung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit sollen

- der Fortbestand der landwirtschaftlichen Bodennutzung und somit die Erhaltung einer lebensfähigen Gemeinschaft im ländlichen Raum gewährleistet,

- der ländliche Lebensraum erhalten sowie

- nachhaltige Bewirtschaftungsformen, die insbesondere Belange des Umweltschutzes Rechnung tragen, erhalten und gefördert werden (Ausgleichszulage)

- zur Wahrung der Umweltbelange und Sicherung der Bewirtschaftung in Gebieten in Nordrhein-Westfalen mit umweltspezifischen Einschränkungen durch die Umsetzung von auf gemeinschaftlichen Vorschriften beruhenden Nutzungsbeschränkungen (Ausgleichszahlung).

Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung

2.1
Gewährung einer Ausgleichszulage zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und zum Ausgleich ständiger natürlicher und wirtschaftlicher Nachteile auf bestimmten landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie für Forstflächen nach genehmigter Aufforstung (Aufforstungsflächen), die vor der Aufforstung als Grundlage für die Berechnung der Ausgleichszulage dienten, in Gemeinden und Gemeindeteilen benachteiligter Gebiete mit einer landwirtschaftlichen Vergleichszahl (LVZ) bis zu 30 (Ausgleichszulagengebiet), wobei die von der Finanzverwaltung festgesetzten LVZ maßgebend sind. Zu den Aufforstungsflächen gehören nicht Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie Baumschulen und Parkanlagen.

Die benachteiligten Gebiete sind gegliedert in

2.1.1
Berggebiete

2.1.2
benachteiligte Agrarzonen

2.1.3
Gebiete mit spezifischen Nachteilen (Kleines Gebiet)

2.2
Gewährung einer Ausgleichszahlung für die Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Flächen in besonders geschützten Gebieten mit umweltspezifischen Nutzungseinschränkungen, die sich durch die Umsetzung von auf gemeinschaftlichen Umweltschutzvorschriften beruhenden Beschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung ergeben.
Besonders geschützte Gebiete sind

2.2.1
Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß der Richtlinie 92/43/EWG-FFH-Richtlinie,

2.2.2
Europäische Vogelschutzgebiete gemäß der Richtlinie 79/409/EWG-Vogelschutz-Richtlinie,

2.2.3
Naturschutzgebiete und besonders geschützte Biotope nach § 62 LG außerhalb der Gebiete nach 2.2.1 und 2.2.2, die der Verbesserung der ökologischen Kohärenz des Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 dienen.

3
Zuwendungsempfänger

3.1
Für Maßnahmen nach Nr. 2.1

Unternehmen der Landwirtschaft, unbeschadet der gewählten Rechtsform,

- die die Merkmale eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Einkommensteuerrechts erfüllen oder einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften und unmittelbar kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen und

- sofern die Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand weniger als 25 % des Eigenkapitals des Unternehmens beträgt.

3.2
Für Maßnahmen nach Nr. 2.2

Landwirtinnen/Landwirte

4
Zuwendungsvoraussetzung

4.1
Die Ausgleichszulage in Gebieten nach Nr. 2.1 wird gewährt, wenn mindestens 3 ha der förderfähigen landwirtschaftlich genutzten Fläche einschließlich der mit Ausgleichszulage geförderter Forstfläche des Betriebes des Zuwendungsempfängers im benachteiligten Gebiet liegen, wobei für vor dem 18. Juni 1989 mit Genehmigung aufgeforstete Flächen, die als Grundlage für die Berechnung der Ausgleichszulage dienten, ab dem Zeitpunkt der Aufforstung für maximal 20 Jahre die Ausgleichszulage weiter gewährt werden kann.

Für zwischen dem 18.6.1989 und dem 31.12.1990 mit Genehmigung aufgeforstete Flächen wird eine Aufforstungshilfe nach Maßgabe der VO (EWG) Nr. 1609/89 des Rates gewährt. Die Ausgleichszulage kann ab dem Zeitpunkt der Aufforstung für maximal 20 Jahre gezahlt werden.

4.2
Ausgleichszahlungen nach Nr. 2.2 werden nur gewährt, wenn mindestens 1 ha der förderfähigen landwirtschaftlich genutzten Fläche in den ausgewiesenen Gebieten liegt.

4.3
Die Ausgleichszahlungen nach Nr. 2.2 wird nur für Dauergrünland (Nrn. 451-454 des Verzeichnisses der Kulturarten zum Flächenantrag) gewährt. Sie umfasst nicht Heiden, Sümpfe, Moore und Seggenwiesen. Flächen im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen, von Gemeinden und Gemeindeverbänden, der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat und Kulturpflege sowie Flächen, für die gemäß § 52 des Flurbereinigungsgesetzes auf Landabfindung gegen Geldausgleich verzichtet worden ist, sind nicht förderfähig. Ausgleichszahlungen für Flächen von Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie auf bundeseigenen Flächen sind ebenfalls nicht zulässig, wenn diese zu Naturschutzzwecken erworben worden sind.

4.4
Ausgleichszahlungen in Gebieten nach Nrn. 2.2.1 und 2.2.2 werden erst nach Genehmigung der Gebietskulisse durch die EU-Kommission geleistet, in Gebieten nach Nr. 2.2.3 nur, wenn diese spätestens am 31.12. des Vorjahres als Schutzgebiete rechtskräftig festgesetzt wurden.

5
Art, Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart
Projektförderung

5.2
Finanzierungsart
Festbetragsfinanzierung

5.3
Bagatellgrenze 90 DM/46 EURO

5.4
Form der Zuwendung
Zuschuss

5.5
Bemessungsgrundlage, Höhe der Förderung

5.5.1
Bemessungsgrundlage für die Ausgleichszulage in Gebieten nach Nr. 2.1 ist die bewirtschaftete Fläche mit den Nrn. 418 u. 451-454 des Verzeichnisses der Kulturarten zum Flächenantrag im Ausgleichszulagengebiet.

Die Ausgleichszulage beträgt je Hektar förderfähiger Fläche in Gemeinden bzw. Gemeindeteilen mit einer LVZ

bis 15 bis zu 280 DM/143 EURO,
über 15 bis 20 bis zu 220 DM/112 EURO,
über 20 bis 25 bis zu 160 DM/82 EURO,
über 25 bis 30 bis zu 100 DM/51 EURO.

5.5.2
Die Ausgleichszahlungen nach Nr. 2.2 betragen je Hektar

5.5.2.1

- in FFH- und Vogelschutzgebieten, soweit diese als Naturschutzgebiete oder als besonders geschützte Biotope nach § 62 LG ausgewiesen sind

- in Kohärenzgebieten nach Nr. 2.2.3

bis zu 240 DM/123 EURO

5.5.2.2
in FFH- und Vogelschutzgebieten, soweit diese als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind

bis zu 120 DM/61 EURO

5.5.2.3
in FFH- und Vogelschutzgebieten, soweit sie nicht als Natur- oder Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind

bis zu 90 DM/46 EURO.

5.5.3
Soweit Flächen nach Nr. 2.2 innerhalb der Gebietskulisse nach Nr. 2.1 liegen, kann die Ausgleichszulage nach Nr. 5.5.1 um die in Nr. 5.5.2 genannten Ausgleichszahlungen erhöht werden. Der Höchstbetrag der Zuwendung darf den Betrag von 391 DM/200 EURO je Hektar nicht übersteigen.

5.5.4
Die Ausgleichszulage für Aufforstungsflächen (Nr. 2.1) beträgt 150 DM/76 EURO je Hektar.

5.5.5
Die Ausgleichszulage für Flächen in Gebieten nach Nr. 2.1 beträgt bis zu 12.000 DM/6.135 EURO je Zuwendungsempfänger und Unternehmen im Jahr.

Die Höhe der Zuwendung darf im Falle eines Betriebszusammenschlusses für alle Zuwendungsempfänger zusammen den Betrag bis zu 36.000 DM/18.405 EURO nicht übersteigen, wobei je Mitglied ein Betrag in Höhe von bis zu 12.000 DM/6.135 EURO nicht überschritten werden darf.

5.5.6
Für eine Förderung nach Nr. 2.1 dürfen maximal 60 ha je Betrieb in die Förderung einbezogen werden. Bei Betriebszusammenschlüssen gilt die Höchstgrenze je Mitglied, jedoch insgesamt nicht mehr als 180 ha je Betriebszusammenschluss.

5.5.7
Die Regelungen in Nrn. 5.5.5 und 5.5.6 für Betriebszusammenschlüsse gelten nur, wenn der Zusammenschluss Betriebe oder Betriebsteile betrifft, die vor der Antragstellung von dem jeweiligen Mitglied des Betriebszusammenschlusses mindestens 5 Jahre als selbständiger Betrieb bewirtschaftet worden sind.

6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1
Der Zuwendungsempfänger der Ausgleichszulage ist zu verpflichten, die landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen von Artikel 14 der VO (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 noch mindestens fünf Jahre ab der ersten Zahlung der Ausgleichszulage auszuüben. Er wird von dieser Verpflichtung befreit,

6.1.1
wenn er ein Altersgeld nach den Vorschriften des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, eine Beihilfe zur Stilllegung ganzer Betriebe im Rahmen der Flächenstilllegung oder eine Produktionsaufgaberente nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit bezieht,

6.1.2
wenn er seine Flächen abgibt und der Übernehmer in die Verpflichtung nach Nr. 6.1 eintritt,

6.1.3
wenn er die landwirtschaftlich genutzte Fläche durch eine genehmigte Aufforstung in Forstfläche umwandelt oder

6.1.4
wenn er wegen höherer Gewalt und insbesondere wegen Enteignung oder bei im öffentlichen Interesse durchgeführten Verkäufen der Flächen seiner Verpflichtung nicht nachkommen kann.

6.2
Landwirtschaftliche Unternehmer, die eine allgemeine Altersrente (z.B. Altersrente der Arbeiter-, Angestellten- und Knappschaftsversicherung, Versorgungsbezüge nach Beamtenrecht oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, Seekasse, landesrechtliches Altersgeld aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen) aufgrund eines Gesetzes beziehen, sind von der Verpflichtung nach Nr. 6.1 nicht befreit.

6.3
Werden bei einem Tier aus dem Rinderbestand eines Erzeugers Rückstände von Stoffen, die nach der Richtlinie 96/22/EG verboten sind, oder von Stoffen, die nach der genannten Richtlinie zwar zugelassen sind, aber vorschriftswidrig verwendet werden, gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 96/23/EG nachgewiesen oder werden in dem Betrieb dieses Erzeugers gleich in welcher Form Stoffe oder Erzeugnisse gefunden, die nicht zugelassen sind oder die nach der Richtlinie 96/22/EG zwar zugelassen sind, jedoch vorschriftswidrig vorrätig gehalten werden, so wird dieser Erzeuger für das Kalenderjahr, in dem dieser Verstoß festgestellt wurde, von der Gewährung der Ausgleichszulage ausgeschlossen.

Behindert der Eigentümer oder Halter der Tiere die zur Durchführung der nationalen Überwachungspläne für Rückstände erforderlichen Inspektionen und Probenahmen bzw. die Ermittlungen und Kontrollen, die gemäß den in Absatz 1 genannten Richtlinien durchgeführt werden, so finden die Sanktionen des Absatzes 1 Anwendung.

Im Wiederholungsfall kann die Dauer des Ausschlusses je nach Schwere des Verstoßes bis auf fünf Jahre - von dem Jahr an gerechnet, in dem der Wiederholungsfall des Verstoßes festgestellt wurde - verlängert werden.

6.4
Werden in einem Betrieb von der für die Kontrolle der Dünge- und Pflanzenschutzverordnung zuständigen Behörden Verstöße gegen Bestimmungen dieser Verordnungen festgestellt und rechtskräftig als Ordnungswidrigkeit geahndet, so wird der Betrag der Ausgleichszulage/Ausgleichszahlungen für das Jahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, um den Betrag des festgesetzten Bußgeldes gekürzt bzw. widerrufen.

6.5
Werden in Gebieten nach Nr. 2.2 durch die zuständigen Behörden Verstöße gegen Bestimmungen der geltenden Schutzgebietsverordnungen festgestellt, so wird die Ausgleichszahlung in dem entsprechenden Jahr nach Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 gekürzt.

7
Verfahren

7.1
Der Antrag auf Ausgleichszulage/Ausgleichsleistung ist nach dem Muster der Anlage 1 zusammen mit dem Antrag auf Beihilfen für die Landwirtschaft (Ausschlussfrist) für das laufende Kalenderjahr beim Geschäftsführer der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragten im Kreise einzureichen.

7.2
Bewilligungsverfahren

7.2.1
Bewilligungsbehörde ist der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter.

7.2.2
Der Zuwendungsbescheid ist nach dem Muster der Anlage 2 zu erteilen.

7.3
Verwendungsnachweisverfahren

7.3.1
Der Nachweis der Verwendung wird durch die Angaben im Förderungsantrag in Verbindung mit dem Zuwendungsbescheid geführt.

7.3.2
Die Kontroll- und Sanktionsregelungen richten sich nach den Artikeln 6 und 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 DER KOMMISSION vom 23.12.1992 (Abl.Nr. L 391/36) in der jeweils gültigen Fassung.

7.4
Zu beachtende Vorschriften

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung einschließlich der örtlichen Kontrollen und die ggf. erforderliche Sanktionierung, Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO und Verordnung (EWG) Nr. 3887/92, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

8
Inkrafttreten

Dieser Runderlass tritt am 1.1.2000 in Kraft. Er tritt am 31.12.2004 außer Kraft. Der Runderlass des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 2.8.1984 (SMBl. NRW.7861) wird aufgehoben.

Anlage 1, pdf.file

Anlage 2, pdf.file

MBl. NRW 2000 S. 764