Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2000 Nr. 46 vom 10.8.2000 Seite 795 bis 808

Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst aus dem Beitrittsgebiet
Normkopf
Norm
Normfuß
 
zugehörige Anlagen :
Anlage5
 

Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst aus dem Beitrittsgebiet

203020

Grundsätze
für die Prüfung der Verfassungstreue von
Bewerbern für den
öffentlichen Dienst aus dem Beitrittsgebiet

RdErl. d. Innenministeriums - II A 1 - 1.20.01 - 0/00 -
26.6.2000

Der RdErl. d. Innenministeriums vom 28.10.1991 (SMBl. NRW. 203020) wird wie folgt geändert:

1.
Nummern 5 und 6 erhalten folgende Fassung:

"5. Der Bewerber hat ferner eine Erklärung über seine Verfassungstreue (Anlage 3) abzugeben. Verweigert ein Bewerber die Beantwortung der unter Ziffer 3 aufgeführten Fragen oder die Abgabe der Erklärung, so kann eine Einstellung nicht erfolgen, da die erforderliche Grundlage für eine Überzeugung von der künftigen Verfassungstreue nicht gewonnen werden kann.

Haben sich im Einstellungsverfahren tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit ergeben oder erscheint im Hinblick auf die Bedeutung der Funktion, mit der der Bewerber betraut werden soll, die Feststellung einer eventuellen Tätigkeit für das MfS/AfNS unerläßlich, so ist eine Anfrage nach dem

Musterformular (Anlage 4) an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Bundesbeauftragter) durchzuführen. Derartige Anfragen kommen nur in Betracht, wenn eine Einstellung tatsächlich beabsichtigt und die Verfassungstreue die letzte noch zu prüfende Eignungsvoraussetzung ist. Eine Anfrage unterbleibt, wenn der Bewerber nach dem 11. Januar 1972 geboren ist.

Die Anfrage beim Bundesbeauftragten bedarf nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 bzw. § 21 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG) vom 20.12.1991 (BGBl. I S. 2272), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.6.1999 (BGBl. I S. 1334, 1336), der Einwilligung des Bewerbers; wird diese verweigert, kann eine Einstellung nicht erfolgen, da die erforderliche Grundlage für eine Überzeugung von der künftigen Verfassungstreue nicht gewonnen werden kann.

Die Anfrage ist von der zuständigen Stelle an den Bundesbeauftragten zu richten. Zuständige Stellen für die Einstellung von Personen in den öffentlichen Dienst sind die personalführenden Stellen in den zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen beauftragten Stellen, bei anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts die jeweiligen gesetzlichen Vertreter. Die obersten Landesbehörden bestimmen durch ergänzenden Runderlass jeweils für ihren Geschäftsbereich, welche Behörden zur Durchführung der Anfrage beim Bundesbeauftragten befugt sind.

Im Einzelnen ist zu dem Musterformular folgendes anzumerken:

- Anfragen dürfen nur im Einzelfall erfolgen. Von einer listenmäßigen Anfrage sollte aus Datenschutzgründen kein Gebrauch gemacht werden. Bei Wohnungswechsel der zu überprüfenden Person innerhalb der letzten 10 Jahre empfiehlt sich die Angabe der einzelnen Wohnsitze, soweit der Wohnungswechsel nach dem 18. Lebensjahr erfolgt ist.

- Im Normalfall wird vom Bundesbeauftragten lediglich Auskunft erteilt (im Anfrageformular ankreuzen). Nur wenn im Einzelfall die Erteilung von Auskünften den berechtigten Anliegen nicht genügt, kann die Gewährung von Einsichtnahme oder die Herausgabe von Unterlagen erfolgen. Die Notwendigkeit ist zu begründen.

- Bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst ist die Eilbedürftigkeit bereits nach § 19 Abs. 5 Nr. 3 StUG anerkannt. Bestehen sonstige Gründe für die Eilbedürftigkeit (z.B. anstehendes Gerichtsverfahren, unaufschiebbare Einstellung zu einem bestimmten Termin o.ä.) sind sie zusätzlich anzugeben.

Hinsichtlich der Mitteilungen des Bundesbeauftragten ist sicherzustellen, daß die Zweckbindung nach § 29 StUG beachtet wird.

Im übrigen wird auf die Vorschriften des Stasi - Unterlagen - Gesetzes, insbesondere §§ 19 bis 21, 23, 25 bis 30 und 43 verwiesen (vgl. Anlage 5).

6.
Bei Zweifeln an der Verfassungstreue des Bewerbers hat die Einstellungsbehörde ferner zu prüfen, ob eine Anfrage bei der Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter oder der Verfassungsschutzbehörde weitere entscheidungserhebliche Informationen erwarten lässt. Dabei dürfen Hinweise auf bereits bei der Einstellungsbehörde vorhandene Erkenntnisse nicht mitgeteilt werden.

Im Falle einer Anfrage bei der Verfassungsschutzbehörde ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass nach § 25 StUG Unterlagen, soweit sie personenbezogene Informationen über Betroffene oder Dritte enthalten, nicht durch oder für Nachrichtendienste verwendet werden dürfen. Mitteilungen des Bundesbeauftragten dürfen daher grundsätzlich nicht an die Verfassungsschutzbehörde weitergeleitet werden. Allein in den Fällen des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 StUG dürfen die entsprechenden Unterlagen dem Verfassungsschutz übergeben werden."

2.
Die Anlage 4 wird wie folgt geändert:

a) Der Adressat wird ersetzt durch:

"Der Bundesbeauftragte für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
Postfach 218

10106 Berlin "

b) Der Klammerzusatz "Unterschrift der zuständigen Stelle gem. § 20 Abs. 1 Ziff. 4" wird ersetzt durch "Unterschrift der zuständigen Stelle"

3.
Die Anlage 5 (Vorläufige Benutzerordnung) wird durch folgende neue Anlage 5 (Stasi-Unterlagen-Gesetz) ersetzt:

Anlage 5 (s. o.)

MBl. NRW. 2000 S. 796