Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2001 Nr. 15 vom 15.3.2001 Seite 367 bis 394

Grunderwerbsteuer in der Flurbereinigung Gem. RdErl. d. Finanzministeriums - S 4500 - 18 - V A 2 - u. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - III - 10 - 325 -28718 - v. 15.1.2001
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Grunderwerbsteuer in der Flurbereinigung Gem. RdErl. d. Finanzministeriums - S 4500 - 18 - V A 2 - u. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - III - 10 - 325 -28718 - v. 15.1.2001

I.

611161
7815

Grunderwerbsteuer
in der Flurbereinigung
Gem. RdErl. d. Finanzministeriums - S 4500 - 18 - V A 2 -
u. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - III - 10 - 325 -28718 -
v. 15.1.2001

1
Allgemeines

Erwerbsvorgänge in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 1997 (BGBl. I S. 1430), unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe a oder § 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl. I S. 418, ber. S. 1804), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.Dezember 2000 (BGBl. I S. 1790), von der Besteuerung ausgenommen sind.

2
Nicht steuerbare Rechtsvorgänge in Verfahren nach dem FlurbG

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG unterliegen nicht der Grunderwerbsteuer

- der Übergang des Eigentums durch Abfindung in Land und

- die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen

in den Verfahren nach dem FlurbG.

Hierzu gehören auch unvermeidbare Mehrausweisungen im Flurbereinigungsverfahren bzw. im freiwilligen Landtauschverfahren.

3
Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung

In Verfahren nach dem FlurbG ist die über eine nicht steuerbare Landabfindung hinausgehende Landzuteilung ebenso wie die übrigen steuerpflichtigen Erwerbsvorgänge nach § 3 Nr. 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebliche Wert (nach § 8 GrEStG der Wert der Gegenleistung) 5 000 DM (2 500 Euro ab 01.01.2002) nicht übersteigt.

4
Auswirkungen auf die an Verfahren nach dem FlurbG Beteiligten

Die unter Nummern 2 und 3 genannten Vorschriften wirken sich in den Verfahren nach dem FlurbG wie folgt aus:

4.1
Beteiligte Grundstückseigentümer und sonstige Rechtsinhaber

4.1.1
Der Grunderwerbsteuer unterliegen nicht:

4.1.1.1
die wertgleiche Landabfindung nach § 44 Abs. 1 FlurbG einschließlich unvermeidbarer Mehrausweisungen nach § 44 Abs. 3 FlurbG, die ebenfalls unter den Begriff der Abfindung in Land im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe a GrEStG fallen. Darüber hinausgehende Mehrausweisungen, für die der neue Eigentümer eine Geldleistung zu erbringen hat, unterliegen dagegen der Steuer. Das zur Behandlung von Mehrzuteilungen im Umlegungsverfahren ergangene Urteil des BFH vom 28.07.1999 (BStBl. 2000 II S. 206) findet insoweit keine entsprechende Anwendung;

4.1.1.2
die Landabfindung nach § 44 Abs. 6 FlurbG im Wege des Austausches in einem anderen Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsgebiet;

4.1.1.3
die Landabfindung nach § 44 Abs. 7 FlurbG beim Austausch eines Grundstücks zwischen einem Umlegungsgebiet und einem Flurbereinigungsgebiet;

4.1.1.4
die Landabfindung nach § 48 FlurbG bei Teilung oder Bildung von gemeinschaftlichem Eigentum;

4.1.1.5
die Landabfindung nach § 49 Abs. 1 und § 73 FlurbG zum Ausgleich für aufgehobene bzw. in Land abzufindende Rechte an einem Grundstück;

4.1.1.6
die Landabfindung nach § 50 Abs. 4 FlurbG für nicht unter § 50 Abs. 1 FlurbG fallende wesentliche Grundstücksbestandteile;

4.1.1.7
der wertgleiche Grundstückstausch in einem freiwilligen Landtausch nach § 103 b Abs. 1 FlurbG einschließlich unvermeidbarer Mehrausweisungen.

4.1.2
Grunderwerbsteuerpflichtig sind, wenn die Freigrenze von 5 000 DM (2 500 Euro ab 01.01.2002) überschritten wird (vgl. Nummer 3):

4.1.2.1
jeder privatrechtliche Erwerbsvorgang, z. B. Kaufvertrag, Tauschvertrag oder Auflassung;

4.1.2.2
die Landzuteilung nach § 54 Abs. 2 FlurbG aus Land, das durch Verzicht auf Landabfindung (§ 52 FlurbG), durch Aufbonitierung (§ 46 FlurbG) oder in sonstiger Weise (z. B. § 49 FlurbG) anfällt und zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigt wird;

4.1.2.3
die Landzuteilung nach § 55 Abs. 1 FlurbG an Siedler aus dem Landabfindungsanspruch eines Siedlungsunternehmens;

4.1.2.4
die Mehrausweisung in einem freiwilligen Landtausch nach § 103 b Abs. 1 FlurbG, soweit sie nicht unter Nummer 4.1.1.7 fällt.

4.2
Teilnehmergemeinschaft

Der Grunderwerbsteuer unterliegt nicht die unentgeltliche Zuteilung der gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 Abs. 1 FlurbG) nach § 42 Abs. 2 Satz 1 FlurbG.

4.3
Verband der Teilnehmergemeinschaften

Der Ankauf von Land im Rahmen der Bodenbevorratung nach § 26 c Abs. 1 FlurbG ist grunderwerbsteuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung nach § 29 Reichssiedlungsgesetz (RSG) ist nicht möglich, da § 29 RSG wegen § 25 Abs. 12 Satz 2 GrEStG in der am 1.01.1983 in Kraft getretenen Fassung nicht mehr anwendbar ist.

4.4
Gemeinden, Träger von öffentlichen Bauvorhaben und sonstige öffentliche Träger

4.4.1
Der Grunderwerbsteuer unterliegen nicht:

4.4.1.1
die Landabfindungen und Landtausche in den Fällen der Nummer 4.1.1;

4.4.1.2
die unentgeltliche Zuteilung von Flächen für öffentliche Anlagen nach § 40 FlurbG, jedoch nur soweit diese zugleich gemeinschaftliche Anlagen (§ 39 Abs. 1 FlurbG) sind;

4.4.1.3
die unentgeltliche Zuteilung der gemeinschaftlichen Anlagen (§ 42 Abs. 2 Satz 2 FlurbG).

4.4.2
Grunderwerbsteuerpflichtig sind, wenn die Freigrenze von 5 000 DM ( 2 500 Euro ab 01.01.2002) überschritten wird (vgl. Nummer 3):

4.4.2.1
die Zuteilung von Flächen für öffentliche Anlagen nach § 40 FlurbG, soweit sie nicht zugleich gemeinschaftliche Anlagen sind und damit unter Nummer 4.4.1.2 fallen;

4.4.2.2
die Zuteilung von Flächen an den Träger eines Unternehmens nach § 88 Nr. 4 FlurbG.

5
Der Landabfindungsverzicht nach § 52 FlurbG

Der Verzicht auf Landabfindung nach § 52 FlurbG zugunsten der Teilnehmergemeinschaft ist kein Rechtsvorgang im Sinne von § 1 GrEStG und unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer. Es findet lediglich ein Verzicht zugunsten der Teilungsmasse statt, über den die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen der Neuverteilung entscheidet. Dies gilt auch für Verzichtserklärungen zugunsten Dritter, selbst wenn der Dritte im Zusammenhang mit der Verzichtserklärung bis zur Neuverteilung eine Einweisung in Besitz und Nutzungen erhält. Da in einem solchen Fall kein Übergang der Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.2000, BStBl. II S. 627), ist erst die Landzuteilung an den Dritten nach Nummer 4.1.2 steuerpflichtig. Entsprechendes gilt bei der Zustimmung eines Siedlungsunternehmens nach § 55 Abs. 1 FlurbG, ihm zustehendes Abfindungsland Siedlern zuzuteilen.

6
Stichtag

Die Grunderwerbsteuer entsteht in den Fällen der Nummern 4.1.2 und 4.4.2 mit dem in der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung nach §§ 61 bzw. 63 FlurbG bestimmten Zeitpunkt, zu dem der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen tritt.

7
Anzeigepflicht

Nach § 18 GrEStG hat die Flurbereinigungsbehörde über Entscheidungen, durch die ein Wechsel im Grundstückseigentum bewirkt wird, dem zuständigen Finanzamt Anzeige zu erstatten, und zwar auch dann, wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Abs. 3 Satz 2 GrEStG).

8
Anzeigefrist

Die Anzeigefrist von zwei Wochen (§ 18 Abs. 3 Satz 1 GrEStG) beginnt in Verfahren nach dem FlurbG mit dem nach Nummer 6 bestimmten Zeitpunkt.

9
Anzeige

9.1
Innerhalb dieser Frist erstattet die Flurbereinigungsbehörde dem Finanzamt Anzeige über die (vorzeitige) Ausführungsanordnung, den darin bestimmten Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes (§§ 61, 63 FlurbG) sowie darüber, dass die Auszüge aus dem Flurbereinigungsplan (Nachweise der Teilnehmer - alter und neuer Bestand -, jedoch ohne die Angaben über Eintragungen in den Abteilungen II und III des Grundbuchs) bei der Flurbereinigungsbehörde eingesehen werden können. Die Anzeige ist unabhängig davon zu erstatten, ob die Ausführungsanordnung Rechtskraft erlangt hat oder nicht.

9.2
Die nach dem unanfechtbar gewordenen Flurbereinigungsplan endgültigen Erwerbsvorgänge zeigt die Flurbereinigungsbehörde dem Finanzamt im einzelnen erst zum Zeitpunkt des Ersuchens auf Grundbuchberichtigung (§ 79 FlurbG) an. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 82 FlurbG.

9.3
Zur Erstattung der Anzeige nach Nummer 9.2 sendet die Flurbereinigungsbehörde einen Abdruck des Grundbuchberichtigungsersuchens und der nach § 80 FlurbG oder § 82 Satz 2 FlurbG erforderlichen Unterlagen in zweifacher Ausfertigung (eine Ausfertigung für die Bewertungsstelle) an das Finanzamt, jedoch ohne Angaben über Eintragungen in den Abteilungen II und III des Grundbuches. Sofern die Bundesrepublik Deutschland oder ein Bundesland Beteiligter ist, ist das Grundbuchberichtigungsersuchen um die Angabe und Anschrift der örtlichen Behörde, die die Gebietskörperschaft im Flurbereinigungsverfahren vertreten hat, zu ergänzen. Darüber hinaus sind die Auszüge aus dem Flurbereinigungsplan - Grundstücke - durch folgende Angaben zu ergänzen:

- Bezeichnung der für die Grunderwerbsteuer in Betracht kommenden Grundstücke (ggf. mit dem Vermerk "teilweise"),

- Größe dieser Grundstücke, Höhe des festgesetzten Geldbetrages und evtl. Wert sonstiger Gegenleistungen,

- Angabe der gesetzlichen Grundlage für die Zuteilung (auch bei unentgeltlichen Zuteilungen).

Dabei ist es notwendig, diese Angaben über die steuerpflichtigen Zuteilungen, Mehrausweisungen und sonstigen Erwerbsvorgänge den Finanzämtern unsaldiert und ohne Abzug eventueller Flächenabgänge, Minderausweisungen u.ä. mitzuteilen, da andernfalls die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen nicht zutreffend gezogen werden können.

Der Anzeige ist eine Auflistung nach Ordnungsnummern über die für die Grunderwerbsteuer bedeutsamen Vorgänge beizufügen. Diese Unterlagen treten dann an die Stelle des Anzeigenvordrucks GrE 1 / GrE 1 a (Veräußerungsanzeige).

9.4
Die Flurbereinigungsbehörde unterrichtet das Finanzamt über die nach Erstattung der Anzeige eingetretenen Änderungen oder Ergänzungen des Flurbereinigungsplanes (§ 64 FlurbG) durch Übersendung eines berichtigten Auszuges entsprechend den Ausführungen zu Nummer 9.3 für die jeweils betroffenen Ordnungsnummern.

9.5
Das Finanzamt übersendet die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Flurbereinigungsbehörde.

Dieser Gem. RdErl. tritt an die Stelle des Gem. RdErl. d. Finanzministeriums u. des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 15.10.1993 (SMBl. NW. 611161).

MBl. NRW. 2001 S. 380