Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2001 Nr. 66 vom 7.11.2001 Seite 1317 bis 1328
Einbeziehung der Beamten und der ihnen gleichgestellten Personen in den Anwendungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.6.1971 und Nr. 574/72 vom 21.3.1972 |
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Einbeziehung der Beamten und der ihnen gleichgestellten Personen in den Anwendungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 vom 14.6.1971 und Nr. 574/72 vom 21.3.1972
I.
20323
Einbeziehung der Beamten
und der ihnen gleichgestellten Personen
in den Anwendungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71
vom 14.6.1971 und Nr. 574/72 vom 21.3.1972
hier:
Einrichtung von Verbindungsstellen für Beamte
mit Beschäftigungszeiten in EU-Mitgliedstaaten
RdErl. d.
Finanzministeriums v. 11.10.2001
B 3003 - 22 - IV C 3
Durch die VO (EG) Nr. 1606/98 vom 29.6.1998 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 209 vom 25.7.1998) sind die Sonderversorgungssysteme für Beamte und ihnen gleichgestellte Personen mit Wirkung vom 25.10.1998 in den Anwendungsbereich der o. a. "Verordnung über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern" vom 14.6.1971 und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung vom 21.3.1972 einbezogen worden. Die VO (EG) Nr. 1606/98 gilt inzwischen auch für den Europäischen Wirtschaftsraum - EWR - (Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein und Norwegen). Der entsprechende Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 7/2000 ist am 29.1.2000 in Kraft getreten. Den Besonderheiten der Alterssicherungssysteme für Beamte in einigen Mitgliedstaaten trägt diese Änderungsverordnung dadurch Rechnung, dass einige Regelungen der Koordinierung von in verschiedenen Mitgliedstaaten erworbenen Ansprüchen für Beamte und ihrer Alterssicherungssysteme von dem allgemeinen System nach den VO`en (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 abweichen.
Für die Anwendung der EU-rechtlichen Regelungen im System der deutschen Beamtenversorgung gebe ich im Einvernehmen mit dem Innenministerium die folgenden Hinweise:
I.
1.
Mit der Einbeziehung der Beamten in die VO (EWG) Nr. 1408/71 durch die VO (EG)
Nr.1606/98 ist ab dem 25.10.1998 für alle Dienstherren das EU-Recht
verbindlich. Die EU-rechtlichen Regelungen gelten für Beamte, Richter, Soldaten
und DO-Angestellte (nachfolgend unter der Bezeichnung
"Beamte" zusammengefasst), die neben ihrer Versorgungsanwartschaft
nach deutschem Recht über Beschäftigungszeiten in noch mindestens einem anderen
Mitgliedstaat verfügen, wobei es unerheblich ist, ob diese Zeiten vor einem
Beamtenverhältnis oder innerhalb eines Beamtenverhältnisses liegen. Bei dem
erfassten Personenkreis kann es sich um deutsche Staatsangehörige handeln, die
zeitweise in anderen Mitgliedstaaten beschäftigt waren, oder um Angehörige
anderer Mitgliedstaaten, die in Deutschland Beamte waren und hier in den
Ruhestand getreten sind bzw. treten.
Von diesen Regelungen nicht erfasst sind ehemalige Beamte, die aus ihrem deutschen Rechtsverhältnis entlassen und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden sind.
2.
Nach den VO`en (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72
werden in den mitgliedstaatlichen Systemen die ruhegehaltfähigen Dienstzeiten
deutscher Beamter zur Erfüllung von Wartezeiten oder von
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rentenberechnung verwendet.
Wenn bei einem Wechsel nach Deutschland die Wartezeit im allgemeinen
Rentensystem des Herkunftslandes noch nicht erfüllt sein sollte, so werden die
deutschen Beamtenzeiten für die Erfüllung dieser Wartezeit im Herkunftsland
berücksichtigt. Demgegenüber sind für die Wartezeit nach § 4 BeamtVG grundsätzlich nur in Deutschland verbrachte Zeiten
anzurechnen (vgl. Art. 43 a Abs. 2 und Art. 51 a Abs. 2 der VO (EWG) Nr.
1408/71 i. d. F. der VO (EG) Nr. 1606/98).
3.
Im Zusammenhang mit der Ernennung zum Beamten sollte von der jeweiligen
Personalstelle geklärt und aktenkundig gemacht werden, ob und in welchem Umfang
Beschäftigungszeiten des Beamten in anderen Mitgliedstaaten vorliegen und ob er
dort bereits eine Anwartschaft auf Altersversorgung hat, die (später) zu einem
Leistungsanspruch führt. Diese Klärung ist grundsätzlich auch bei bereits vorhandenen
Beamten erforderlich; sie kann über die OFD Köln als Koordinierungsstelle und
die zuständige Verbindungsstelle zum ausländischen Leistungsträger (s. Anlage
1) herbeigeführt werden.
4.
Der Antrag eines Beamten auf Zurruhesetzung gilt
gleichzeitig als Antrag auf Alters-sicherungsleistungen
in den Mitgliedstaaten, sofern nicht ausdrücklich nur deutsche
Versorgungsleistungen beantragt werden (s. Anlage 2). Es ist deshalb
erforderlich, bei Beamten mit Beschäftigungszeiten in einem anderen
Mitgliedstaat Anträge auf Zurruhesetzung über die OFD
Köln an den ausländischen Versicherungsträger zu übermitteln. Aus den unter
Ziffer 2 Satz 1 und 2 genannten Gründen sind den mitgliedstaatlichen
Versicherungsträgern von den Pensionsfestsetzungsstellen zudem die Versorgungsfestsetzungen
über die OFD Köln bekannt zu geben (s. Anlage 1).
Im übrigen bitte ich, Beamte mit Versicherungszeiten in einem System der sozialen Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates rechtzeitig vor ihrem Eintritt in den Ruhestand anhand des Merkblattes der BfA (Anlage 2) über ihre Rechte und das Antragsverfahren zu informieren.
5.
Sofern ausländische Versicherungsträger zur Feststellung ihrer Leistungspflicht
über bereits vorliegende ärztliche Gutachten hinaus zusätzliche Untersuchungen
wünschen, weise ich dazu auf Folgendes hin: Artikel 105 Abs. 1 der VO (EWG) Nr.
574/72 schreibt die Kostenübernahme durch den beauftragten Träger zu den Sätzen
des ausführenden Trägers vor. Es ist jedoch zu beachten, dass Deutschland mit
einigen Staaten Erstattungsverzichtsabkommen geschlossen hat, welche die
gegenseitige Geltendmachung von Kosten nicht ermöglichen. Hierzu verweise ich
auf eine Arbeitsanweisung der BfA, die den Art. 105 der VO (EWG) Nr. 574/72
kommentiert. Fragen dazu können über die OFD Köln an die zuständige
Verbindungsstelle herangetragen werden.
II.
1.
Mit dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1606/98 dürfen ab dem 25.10.1998 gem.
Art. 46 b der VO (EWG) Nr. 1408/71 grundsätzlich keine gleichartigen
ausländischen (mitgliedstaatlichen) Leistungen auf die Beamtenversorgung
"angerechnet" werden. Das Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art
definiert Art. 46 a Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1408/71. Danach liegen Leistungen
gleicher Art ungeachtet ihrer Bezeichnung vor, wenn sie sich aus dem Versicherungsverlauf
ein und derselben Person herleiten.
Beispiel:
Zusammentreffen einer deutschen Beamtenversorgung wegen Alters mit einer mitgliedstaatlichen Versorgung oder Rente wegen Invalidität oder Alters in der (gesamteuropäischen) Versicherungsbiographie einer Person.
Ausnahmsweise dürfen gleichartige Leistungen gem. Art. 46 b Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 1408/71 "angerechnet" werden, wenn sie von der Dauer zurückgelegter Versicherungs- und Wohnzeiten unabhängig sind oder aufgrund fiktiver Zeiten bestimmt werden. Solche Leistungen sind im Anhang IV D der VO (EWG) Nr. 1408/71 aufgeführt. Zweifelsfälle sind über die OFD Köln bzw. die zuständige Verbindungsstelle zu klären.
2.
Sofern von der "Anrechnung" ausgeschlossene gleichartige Leistungen
nach dem 25.10.1998 auf die Beamtenversorgung "angerechnet" worden
sind (z. B. im Rahmen der Ruhensberechnung nach § 55 Abs. 8 BeamtVG),
ist dies ohne Rechtsgrund erfolgt. Da insoweit ein rechtswidriger belastender
Verwaltungsakt vorliegt, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Pensionsregelungsbehörde,
ob sie diesen ex tunc oder ex nunc zurücknimmt (§ 48
Abs. 1 VwVfG NRW). Ich bitte, entsprechende
rechtswidrige Verwaltungsakte mit Wirkung für die Zukunft, d. h. ab 1.10.2001
zurückzunehmen. Sind in diesen Fällen ausländische (mitgliedstaatliche)
Beschäftigungszeiten im Ermessenswege als ruhegehaltfähige Dienstzeiten
berücksichtigt worden, besteht nach meiner Auffassung keine rechtliche
Handhabe, diese Zeiten nachträglich von der Ruhegehaltfähigkeit auszuschließen.
3.
Bei künftigen Versorgungsfestsetzungen sind ausländische (mitgliedstaatliche)
Beschäftigungs- und sonstige Zeiten zur Verhinderung einer Überversorgung nicht
als ruhegehaltfähige Dienstzeiten zu berücksichtigen, wenn ihre
Berücksichtigung im Ermessen liegt (z. B. §§ 11 Nr. 2, 12 Abs. 1, 2 und 4, 67
Abs. 2 S. 3 BeamtVG) und für sie im Ausland
(Mitgliedstaat) eine Anwartschaft oder ein Anspruch auf Alterssicherung
besteht.
Sofern solche Zeiten, deren Berücksichtigung im Ermessen liegt, bereits als ruhegehaltfähig anerkannt worden sind, ist im Falle der Bewilligung eines ausländischen (mitgliedstaatlichen) Alterssicherungsanspruchs zu prüfen, ob und ggfs. in welchem Umfang diese Zeiten weiterhin als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt werden können.
Anlage 1, pdf.file
Anlage 2, pdf.file
MBl.
NRW. 2001 S. 1318