Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2001 Nr. 76 vom 3.12.2001 Seite 1493 bis 1506
Anforderungen an den Einsatz von mineralischen Stoffen aus Bautätigkeiten (Recycling-Baustoffe) im Straßen- und Erdbau |
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zugehörige Anlagen : |
Anforderungen an den Einsatz von mineralischen Stoffen aus Bautätigkeiten (Recycling-Baustoffe) im Straßen- und Erdbau
I.
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Anforderungen an den Einsatz von
mineralischen Stoffen
aus Bautätigkeiten (Recycling-Baustoffe)
im Straßen- und Erdbau
Gem.RdErl. d. Ministeriums für Umwelt
und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
IV - 3 - 953-26308 - IV - 8 - 1573 - 30052 -
u. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr
- VI A 3 - 32-40/45 - v. 9.10.2001
1
Grundsätze
In Nordrhein-Westfalen fallen große Mengen an mineralischen Stoffen aus Bautätigkeiten an. Für sie gelten besondere Verpflichtungen zur Verwertung:
- Nach § 4 Abs. 3 und § 5 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) ist der Verwertung von Abfällen unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen der Vorrang einzuräumen.
- Nach § 2 Landesabfallgesetz (LAbfG) sollen die Behörden des Landes, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts Materialien und Gebrauchsgüter beschaffen oder verwenden, die aus Abfällen hergestellt sind.
Die Verwertung von Recycling-Baustoffen kann nachteilige Auswirkungen auf die Beschaffenheit von Grundwasser haben, da diese Materialien Stoffe enthalten, die in das Gewässer eingetragen werden können. Das Wasserrecht enthält dazu besondere Anforderungen:
- Nach § 1 a Abs. 2 WHG ist jedermann verpflichtet, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten.
- Wegen der möglichen Einwirkungen von Verwertungsmaßnahmen ist darüber hinaus der § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG zu beachten. Danach gelten u. a. Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen, als Gewässerbenutzungen, und bedürfen nach § 2 WHG der Zulassung.
- Die Zulassung ist nach § 6 WHG zu versagen, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht durch Auflagen oder bestimmte Maßnahmen verhütet oder ausgeglichen wird. Eine solche Beeinträchtigung liegt bereits dann vor, wenn eine Verunreinigung des Wassers zu besorgen ist.
Die Verwertung von mineralischen Stoffen kann nachteilige Auswirkungen auf die Bodenfunktionen im Sinne des § 2 BBodSchG haben, da diese Materialien Stoffe enthalten, die in den umgebenden Boden eingetragen werden können. Das Bodenschutzrecht enthält dazu besondere Anforderungen:
Nach den im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und im Landesbodenschutzgesetz NRW (LBodSchG) verankerten Grundsätzen des Bodenschutzes ist der Boden vor schädlichen Veränderungen zu schützen und Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen.
Bei der Verwertung von mineralischen Stoffen in technischen Bauwerken und bei sonstigen Maßnahmen müssen diese Anlagen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Boden und das Grundwasser als Ganzes betrachtet werden, das heißt z. B. auch einschließlich der jeweiligen technischen Sicherungsmaßnahmen. Daraus folgt, dass von der baulichen Anlage als Ganzes nicht die Besorgnis des Entstehens einer schädlichen Bodenveränderung ausgehen darf.
Wegen der vorrangigen Relevanz der Filter- und Pufferfunktion zum Schutz des Grundwassers bzw. des Wirkungspfades Boden-Grundwasser ist davon auszugehen, dass bei Einhaltung der wasserwirtschaftlichen Maßstäbe in der Regel auch den Anforderungen des Bodenschutzes entsprochen wird.
Die in diesem Runderlass getroffenen Regelungen ergeben sich aus der grundwasserbezogenen Bewertung der stofflichen Beschaffenheit der Recyclingbaustoffe, den technischen Einbaubedingungen sowie den wasserwirtschaftlichen und hydrogeologischen Verhältnissen im Bereich der Baumaßnahme. Es werden diejenigen Verwertungsmöglichkeiten zugelassen, die bei Einhaltung der Güteüberwachungswerte mit hinreichender Sicherheit nicht zu schädlichen Stoffeinträgen in das Grundwasser führen. Zur Frage der wasserrechtlichen Erlaubnis wird auf Nummer 2.2 verwiesen.
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Geltungsbereich
2.1
Allgemeines
Es werden Regelungen getroffen für Recycling-Baustoffe, wie sie unter Nr. 1.2 des Gem.RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr u. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz v. 9.10.2001 - Güteüberwachung von mineralischen Stoffen im Straßen- und Erdbau - (SMBl. NW. 913) definiert sind und die gemäß diesem Erlass güteüberwacht sind und von öffentlich-rechtlichen Trägern der Baulast verwertet werden.
Voraussetzung ist darüber hinaus, dass die öffentlich-rechtlichen Träger der Baulast bei ihren Ausschreibungen die Vorgaben in den Anlagen 1 und 2 sowie die zugehörigen Erläuterungen im Anhang 1 beachten. Die Baulastträger haben ggf. hinsichtlich der wasserwirtschaftlichen, hydrogeologischen und hydrologischen Standortgegebenheiten Auskünfte bei den zuständigen Behörden bzw. bei Fachdienststellen einzuholen.
Recycling-Baustoffe werden nach ihren wasserwirtschaftlichen Merkmalen in eine bessere Qualität (RCL I) und eine schlechtere Qualität (RCL II) unterschieden.
2.2
Wasserrechtliche Erlaubnis
Sofern die Anforderungen dieses Gem.Rd.Erlasses bei Verwertungsmaßnahmen im Straßen- und straßenbegleitenden Erdbau eingehalten werden, benötigt der öffentlich-rechtliche Träger der Baulast keine wasserrechtliche Erlaubnis. In abweichenden Fällen ist eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Bei der Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der Maßnahme sind die materiellen Anforderungen dieses Erlasses zu Grunde zu legen, soweit es sich um die gleichen mineralischen Stoffe und vergleichbare Verwertungsmaßnahmen handelt. Letzteres ist beispielsweise gegeben, wenn derselbe mineralische Stoff von einem privaten Bauträger im Verkehrswegebau verwertet wird. Verfüllungen von Abgrabungen oder die Herstellung von Landschaftsbauwerken sind im Hinblick auf die Bewertung der Grundwassergefährdung nicht mit den in diesem Gem.RdErl. beschriebenen Erdbaumaßnahmen vergleichbar.
2.3
Wasserschutzgebiete
Verbote und Beschränkungen der Verwendung von mineralischen Stoffen aus industriellen Prozessen und aus Bautätigkeiten in Wasserschutzgebietsverordnungen bleiben von diesem Erlass unberührt.
2.4
Planfeststellungsbeschlüsse
Sofern Verbote und Beschränkungen entgegen den Maßgaben dieses Erlasses in Planfeststellungsbeschlüssen, die noch nicht ausgeführt sind, enthalten sind, können die Planfeststellungsbeschlüsse in dem dafür vorgesehenen Verfahren (§ 76 VwVfG) den Maßgaben dieses Erlasses angepasst werden.
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Einsatz und Verwertungsgebiete
In den Anlagen 1 und 2 "Einsatz/Verwertungsgebiete" (Erläuterungen dazu im Anhang 1) ist aufgezeigt, unter welchen Maßgaben die Verwertung von mineralischen Recycling-Baustoffen RCL I und RCL II zulässig ist.
Recycling-Baustoffe dürfen nicht in Schutzzonen I und II von Wasserschutzgebieten oder Heilquellenschutzgebieten eingebaut werden.
RCL I ist als Bettungsmaterial für Pflasterdecken in allen in der Anlage 1 genannten Verwertungsgebieten zugelassen.
Gemische gemäß Tabelle 1 des Gem.RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr u. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz v. 9.10.2001 - Güteüberwachung von mineralischen Stoffen im Straßen- und Erdbau - (SMBl. NRW. 913) dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn beide mineralischen Stoffe für das vorgesehene Verwertungsgebiet zugelassen sind.
Bei der Verwendung von Recycling-Baustoffen ist sicherzustellen, dass bei Aufgrabungen im Straßenkörper die ausgebauten Stoffe getrennt gelagert und nach Vorgabe dieses Erlasses behandelt werden. Dies gilt insbesondere beim Einsatz innerhalb geschlossener Ortslagen.
Auch Materialzulieferungen in geringem Umfang aus Recycling-Baustoffen müssen den Maßgaben dieses Erlasses genügen.
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Dokumentation
Der Träger der Baumaßnahme hat
- Art und Herkunft des mineralischen Stoffes
- Gütenachweis einschließlich Analysenergebnisse
- eingebaute Menge
- Ort des Einbaus und Einbauweise
zu dokumentieren.
Die Aufzeichnungen sind zusammen mit der Bauakte aufzubewahren.
MBl. NRW. 2001 S. 1494