Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2002 Nr. 32 vom 24.6.2002 Seite 561 bis 572
Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf die VOL/B |
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Auswirkungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf die VOL/B
I.
Auswirkungen des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
auf die VOL/B
RdErl. d. Ministeriums für Wirtschaft und
Mittelstand, Energie und Verkehr
zugleich im Namen
des Ministerpräsidenten und aller Landesministerien
v. 22. 04. 2002
Zum
1. Januar 2002 ist das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten
(BGBl. Teil I Nr. 61/2001 S. 3138).
Mit
ihm sind das Verjährungsrecht und das allgemeine Schuldrecht grundlegend neu
gestaltet worden. Dies hat Auswirkungen auf die Gestaltung neuer Verträge und
die Geltendmachung von Ansprüchen aus laufenden Verträgen.
I.
Neuerungen durch das
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
1. Verjährung
Die
regelmäßige Verjährung beträgt seit 01.01.2002 drei Jahre, §§ 195, 199 BGB.
Die
Gewährleistungsfrist aus Kaufverträgen ist nunmehr grundsätzlich gemäß
§
438 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf zwei Jahre verlängert worden.
Für
bestehende Verträge sind die Überleitungsvorschriften des Artikels 2 Nr. 2 des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, Änderung des Artikel 229 § 6 EG BGB von
Bedeutung. Wurde der Vertrag vor dem 01.01.2002 geschlossen, ist altes Recht
anwendbar, wurde er danach geschlossen, gilt neues Recht.
In
den Lauf einer Verjährungsfrist greift das Gesetz in der Weise ein, dass
diejenige Verjährungsfrist gilt, die kürzer ist, Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
EG BGB. D. h., das Ende einer Frist bestimmt sich nach dem Recht, nach dem das
Fristende eher eintritt, Artikel 229 § 6 Abs. 4 EG BGB.
Ein
Sonderproblem entsteht bei Dauerschuldverhältnissen. Eindeutig geregelt ist
nur, dass für diese das neue Recht erst ab dem 01.01.2003 gilt.
Unklar
ist, wie Einzelleistungen aus Dauerschuldverhältnissen zu behandeln sind, ob
diese als selbstständige Leistungsverpflichtung zählen, für die neues Recht und
damit andere Verjährungsfristen als für das zugrunde liegende
Dauerschuldverhältnis gelten, oder ob für sie auch das Recht des
Dauerschuldverhältnisses und damit bis 31. 12. 2002 BGB a.F.
gilt.
2. Gewährleistung
Das
Recht der allgemeinen Leistungsstörungen wurde dahingehend umgestaltet, dass
Mittelpunkt der Rechte des Käufers bei Mängeln die Nacherfüllung gem. § 437 Nr. 1 BGB ist. Daneben besteht das
Recht zum Rücktritt, § 323 BGB und zum Schadensersatz, § 325 BGB. Rücktritt und
Schadensersatz können nunmehr nebeneinander geltend gemacht werden. Die
Rücktrittsberechtigung besteht zukünftig ohne das Erfordernis einer erfolglosen
Nachfristsetzung. Rücktritt ist damit möglich, ohne dass der Schuldner in
Verzug gesetzt worden ist.
3. Verzug
Die
Verzugsvorschriften wurden modifiziert. Der Schuldner einer Entgeltforderung
kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von dreißig Tagen nach
Fälligkeit und Zugang der Rechnung leistet, § 286 BGB. Empfindlich erhöht
wurden die Verzugszinsen. Nach § 288 Abs. 2 BGB beträgt der Zinssatz 8 % über
dem Basiszinssatz (dieser beträgt 2,57 % bis 30.06.2002).
4. Vertragsgestaltung
Die
Anwendung des Werkvertragsrechts ist eingeschränkt worden.
Bei
Verträgen über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher
Sachen findet grundsätzlich Kaufrecht, §§ 433 ff BGB Anwendung (sog.
Werklieferung).
Werkvertragsrecht
ist damit auf die Herstellung von Bauwerken, reine Reparaturarbeiten und die
Herstellung nicht-körperlicher Werke, wie z.B. Planungsleistung eines
Architekten oder die Erstellung von Gutachten beschränkt.
II.
Empfehlungen für Vergaben,
bei denen die Bestimmungen der VOL/B
zu vereinbaren sind
Die
Umsetzung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in allen Einzelheiten kann
erst nach einer Neufassung der VOL/B erfolgen. Bis dahin wird empfohlen, wie folgt zu verfahren:
1. Gewährleistung
Bei
Vergaben nach der VOL/A in Form von Kaufverträgen, bei denen entweder
- Bieter mit Vordruck VOL 5 oder VOL 5c
unter Beifügung der Vertragsbedingungen des Landes NRW in der Fassung des
Vordrucks VOL 8a oder VOL 8b zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, oder
- Bietern nach formloser
Angebotseinholung ein Auftrag mit Vordruck VOL 11 zu den darin auf der Rückseite abgedruckten
Vertragsbedingungen oder mit Vordruck VOL 12 zu den beizufügenden Vertragsbedingungen
des Landes in der Fassung des Vordrucks VOL 8a oder VOL 8b erteilt wird
(vgl.
dazu AB Nr. 2 zu § 7 Nr. 2 Abs. 3, AB Nr. 3 zu § 9 Nrn.
1, 2 und 3 und AB zu § 28 Nr. 2 Abs. 1, jeweils
in Fach 10 Teil 3 des VHB-VOL),
ist abweichend von diesen Vertragsbedingungen in Form einer „Besonderen
Vertragsbedingung“ vorzugeben, dass die Gewährleistungsfrist gem. § 438 Abs. 1
Nr. 3 BGB zwei Jahre beträgt.
Die
Vorschriften §§ 7 und 14 VOL/B einschließlich der dazu ergangenen zusätzlichen
Vertragsbedingungen (ZVB NRW) werden vorübergehend nicht angewendet. Statt dessen gilt die gesetzliche Regelung.
Zusätzlich
ist in allen Fällen bei solchen Vergaben auf der Vorderseite der
Auftragsvordrucke VOL 11 und VOL 12 bei den dort vorgesehenen Eintragungsfeldern
„Gewährleistung - Monate“ anzugeben, dass die Gewährleistungsfrist zwei Jahre
beträgt.
2. Dauerschuldverhältnisse
(Sukzessivleistungsverträge i.S.
der Regelungen in Fach 2 Teil 5 des VHB-VOL)
Um
Unsicherheiten bei der Beurteilung von Einzelleistungen für den
Übergangszeitraum bis zum 31.12.2002 zu vermeiden, empfiehlt sich eine
Klarstellung durch nachträgliche Vereinbarung. Sofern dies nicht im Einzelfall
untunlich ist, sollte daher Kontakt mit den jeweiligen Vertragspartnern
aufgenommen werden, um eine Ergänzung/Nachverhandlung des Vertragsverhältnisses
dahingehend zu erreichen, dass für selbstständige Leistungsverpflichtungen bis
31.12.2002 BGB a.F. und damit das Recht zugrunde
gelegt wird, das auch für das Dauerschuldverhältnis als Ganzes Anwendung findet.
3. Werkverträge, Beraterverträge
Sofern
bei diesen Vertragstypen die VOL/B einzubeziehen ist, ist eine
individualvertragliche Regelung aufzunehmen, dass sich die Verjährungsfristen
nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches richten.
MBl. NRW 2002 S. 564