Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2002 Nr. 33 vom 26.6.2002 Seite 573 bis 598
Richtlinien für eine Förderung von ambulanten therapeutischen Maßnahmen Freier Träger für Personen, die wegen eines Sexualdeliktes verurteilt worden sind |
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zugehörige Anlagen : |
Richtlinien für eine Förderung von ambulanten therapeutischen Maßnahmen Freier Träger für Personen, die wegen eines Sexualdeliktes verurteilt worden sind
Richtlinien
für eine Förderung von ambulanten therapeutischen
Maßnahmen Freier Träger für Personen,
die wegen eines Sexualdeliktes verurteilt worden sind
RdErl. d. Justizministeriums
vom 29.04.2002 (4230 – III A. 4)
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das Land gewährt Zuwendungen zur Förderung von Projekten Freier Träger zur
therapeutischen Behandlung von erwachsenen Sexualstraftätern nach Maßgabe
dieser Richtlinien und den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO.
1.2
Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die
Bewilligungsbehörde entscheidet vielmehr aufgrund ihres pflichtgemäßen
Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2
Gegenstand und Zielsetzung der Förderung
Ziel der Förderung ist der Aufbau eines möglichst breit gefächerten Beratungs- und Behandlungsangebotes für erwachsene Sexualstraftäter in Ergänzung der bereits vom Strafvollzug und den sozialen Diensten der Justiz (Bewährungshilfe, Gerichtshilfe, Führungsaufsicht) angebotenen Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten.
2.1
Gefördert werden therapeutische Maßnahmen zur Beratung und Behandlung von
erwachsenen Sexualstraftätern, die nach Konzeption, Aufbau und Dauer der
Maßnahme geeignet sind, einem Rückfall vorzubeugen.
2.2
Gefördert werden einzel- und gruppentherapeutische Maßnahmen für den in Nummer
2.3 genannten Personenkreis nach Behandlungsplan, entweder durch bei dem
Zuwendungsempfänger angestellte oder durch von diesem vermittelte Fachkräfte.
Zu den Maßnahmen können auch Einzel- und Familienberatung, Krisenintervention und – sofern im Einzelfall geboten – familientherapeutische Angebote, ggf. im Zusammenwirken mit opferbezogenen Einrichtungen, gehören.
Der Behandlungsplan sollte enthalten:
- eine Klärung des Therapiebedarfs, der Therapie-Eignung und der Therapie-Bereitschaft;
- eine Eingangsanamnese und -diagnose für eine zielgerichtete, an der Schwere der Störung auch ausgerichtete Behandlung;
- ein Behandlungskonzept
- eine Darstellung, welche Maßnahmen durchgeführt, inwieweit welche Behandlungsziele erreicht und welche Behandlungsziele ggf. aus welchen Gründen nicht erreicht wurden.
Bei der Diagnose sollte ein Klassifikationschema zu Grunde gelegt werden,
das auch in anderen Bereichen (z.B. Strafvollzug) eingesetzt wird und allgemein
anerkannt ist. Dies gilt beispielsweise für den ICD 10. Sofern die Schwere der
Symptomatik nicht in dem Maße gegeben ist, dass sie das Ausmaß einer ICD 10 -
Diagnose im Sinne einer Krankheit rechtfertigt, sollte diese dennoch in
Anlehnung an den ICD 10 oder nach anderen Kriterien erfolgen.
2.3
Die Maßnahmen sollen durchgeführt werden insbesondere für in Deutschland
lebende erwachsene Personen,
- die wegen eines Deliktes nach den §§ 174 - 179 StGB (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) verurteilt worden sind,
- deren Taten nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen sexuell motiviert waren,
und die eine Therapie freiwillig beginnen, sich aufgrund einer gerichtlichen Weisung (§ 56 c Abs. 3 Nr. 1 StGB) einer Therapie zu unterziehen haben oder eine im Vollzug begonnene Therapie fortsetzen,
sofern für die Kosten der Therapie ein externer Kostenträger (Krankenversicherung, Sozialhilfeträger) nicht aufkommt.
3
Zuwendungsempfänger
3.1
Zuwendungsempfänger sind die Freien Träger der Wohlfahrtspflege, die
Therapeutinnen und Therapeuten für die Behandlung von Sexualstraftätern stellen
oder Therapeutinnen und Therapeuten vermitteln.
3.2
Zuwendungsempfänger können auch juristische Personen des privaten und
öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Gebietskörperschaften sein, die aufgrund
ihrer Aufgabenstellung und ihrer Erfahrung zur Durchführung der Maßnahmen
geeignet erscheinen.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Soweit Justizstellen beteiligt sind (z. B. Bewährungshilfe, Gerichtshilfe,
Führungsaufsichtsstelle, Gerichte), haben die Zuwendungsempfänger die
Zusammenarbeit mit diesen Stellen zu gewährleisten. Auf Anfrage dieser Stellen
ist ihnen über Mitwirkung und Wahrnehmung durch die Klienten zu berichten.
4.2
Ärzte, Psychologen oder Sozialarbeiter können behandelnde Therapeutinnen und
Therapeuten sein. Sie müssen über eine psychotherapeutische Zusatzausbildung
sowie über eine qualifizierte Weiterbildung auf dem Gebiet der Behandlung von
Sexualstraftätern (z. B. aufgrund einer Tätigkeit im Maßregelvollzug oder im
Justizvollzug) verfügen. Diese Qualifikationen sind nachzuweisen, möglichst
durch Bestätigung öffentlicher Stellen (z. B. Gesundheitsamt, Psychologischer
Dienst der Justizvollzugsanstalten, Bewährungshelfer).
5
Art und Umfang, Höhe der Förderung
5.1
Die Zuwendung erfolgt als Zuschuss in Form der Projektförderung.
5.2
Die Zuwendung wird grundsätzlich als Anteilfinanzierung des zu erfüllenden
Zwecks gewährt. In Betracht kommt eine Zuwendung bis zu 90 % der
zuwendungsfähigen Gesamtausgaben.
Alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen (Zuwendungen, Leistungen Dritter, Einnahmen für die Maßnahme) und der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers sind als Deckungsmittel für alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen.
Auf Antrag kann die Zuwendung ausnahmsweise als Vollfinanzierung gewährt
werden, wenn der Zuwendungsempfänger an der Erfüllung des Zwecks kein oder ein
nur geringes wirtschaftliches Interesse hat, das gegenüber dem Landesinteresse
nicht ins Gewicht fällt und wenn die Erfüllung des Zwecks in dem notwendigen
Umfang nur bei Übernahme sämtlicher zuwendungsfähiger Ausgaben durch das Land
gewährleistet ist.
Eine Zuwendung wird nur bewilligt, wenn sie im Einzelfall mehr als 500,00 Euro beträgt.
5.3
Förderungsfähig sind Personal- und Sachausgaben, Ausgaben für wissenschaftliche
Begleitung und Supervision. Darüber hinaus können bei den therapeutischen
Maßnahmen anfallende Ausgaben für Reisekosten auf der Basis des
Landesreisekostengesetzes in der jeweils geltenden Fassung bezuschusst werden.
6
Controllingangaben
6.1
Die Zuwendungsempfänger haben jährlich jeweils zum 31. März einen
Tätigkeitsbericht mit konkreten Angaben zu
6.1.1
der Qualifikation des eingesetzten Personals nach Funktionen
6.1.2
dem Personaleinsatz je Aufgabengebiet (Zahl und zeitlicher Umfang)
6.1.3
der Zahl der behandelten Personen nach Art der geleisteten Therapie(n)
6.1.4
der Zahl der Therapiemaßnahmen nach deren Art
vorzulegen.
6.2
Als Anlagen zum Tätigkeitsbericht sind vorzulegen:
6.2.1
eine knappe Darstellung der Ausgangssituation vor der Förderung,
6.2.2
eine knappe Darlegung der fachlichen Gründe (Zieldefinition) für die
therapeutischen Maßnahmen,
6.2.3
eine knappe Darstellung mit konkreten Angaben zur Effizienz (Zielerreichung)
der therapeutischen Maßnahmen,
6.2.4
eine Stellungnahme der Führungsaufsichtsstelle/Bewährungshilfe/Gerichtshilfe zu
- der Effizienz der Therapiemaßnahme/n
- der Zusammenarbeit mit der Therapiestelle
- den Alternativen.
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Verfahren
7.1
Bewilligungsbehörde ist der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk
der Zuwendungsempfänger seinen Sitz hat.
Anträge auf Gewährung einer Zuwendung zur Projektförderung sind unter Verwendung des beigefügten Antragsmusters (Anlage 1) schriftlich mit entsprechender Projektbeschreibung und einem Finanzierungsplan an die Bewilligungsbehörde zu richten.
7.2
Die Bewilligungsbehörde erteilt dem Maßnahmeträger einen Zuwendungsbescheid
nach dem als Anlage 2 beigefügten Muster.
7.3
Die Auszahlung der Zuwendung richtet sich nach den Regelungen des
Zuwendungsbescheides.
7.4
Die Bewilligungsbehörde hat den Verwendungsnachweis nach dem als Anlage 3
beigefügten Muster zu verlangen.
7.5
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den
Nachweis und die Prüfung der Verwendung der Mittel und die ggf. erforderliche
Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten
Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO, soweit nicht in
diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
8
Inkrafttreten
Diese Richtlinien gelten ab dem 1. Januar 2002 und treten mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft.
MBl. NRW. 2002 S. 574