Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 15 vom 24.4.2003 Seite 367 bis 394

Durchführung des Pflege-Versicherungsgesetzes RdErl. d. Finanzministeriums v. 3. April 2003 - B 4000 – 1.113 – IV 1 -
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Durchführung des Pflege-Versicherungsgesetzes RdErl. d. Finanzministeriums v. 3. April 2003 - B 4000 – 1.113 – IV 1 -

820

Durchführung des
Pflege-Versicherungsgesetzes

RdErl. d. Finanzministeriums v. 3. April 2003
- B 4000 – 1.113 – IV 1 -

Auf Grund

-        des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626)

-        des Artikels 1 § 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) und Änderungen des Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – durch Artikel 3 § 56 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001 (BGBl. I S. 266)

-        des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz – BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4637)

ist in Abstimmung mit dem Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie eine Anpassung meines Runderlasses vom 31.8.1995 zur Durchführung der Pflegeversicherung erforderlich.

Der Runderlass vom 31.8.1995 wird wie folgt neu gefasst:

Durch Artikel 1 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflegeversicherungsgesetz – PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, ber. S. 2797), das am 1. Januar 1995 in Kraft trat, ist dem Sozialgesetzbuch das Elfte Buch (Soziale Pflegeversicherung) angefügt worden.

Das Gesetz enthält auch für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie für die Auszubildenden im öffentlichen Dienst die Verpflichtung zur Absicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit. Soweit im öffentlichen Dienst auf Grund von tarifrechtlichen Vorschriften ein Anspruch auf Beihilfe (z. B. nach § 40 BAT, § 46 MTArb) besteht, mache ich darauf aufmerksam, dass für Pflegeaufwendungen keine Leistungen der Beihilfe beansprucht werden können, weil nach § 40 Satz 2 BAT, § 46 Satz 2 MTArb Aufwendungen im Sinne des § 9 der Beihilfevorschriften – BhV - nicht beihilfefähig sind. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohnehin keinen Anspruch auf Beihilfeleistungen haben.

1
Versicherungspflichtiger Personenkreis

1.1
Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

1.1.1
Pflichtmitglieder der GKV sind grundsätzlich auch in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).

Pflichtmitglieder der GKV, die sich schon vor dem 23. Juni 1993 bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert hatten, konnten bis zum 31. März 1995 bei der zuständigen Pflegekasse eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung beantragen (Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 PflegeVG). Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, sie kann nicht widerrufen werden (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 PflegeVG). Die Befreiung gilt auch dann, wenn die Vertragsleistungen des privaten Versicherungsunternehmens noch nicht den Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XI gleichwertig waren. Allerdings waren Verträge, die unzureichende Vertragsleistungen vorsahen, bis zum 31. Dezember 1995 an den Leistungsumfang der sozialen Pflegeversicherung anzupassen (Art. 42 Abs. 1 Satz 2 und 3 PflegeVG). Personen, die vor dem 1. Januar 1995 bereits eine private Pflegeversicherung abgeschlossen hatten und versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung wurden, konnten den privaten Pflegeversicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen (Art. 42 Abs. 3 PflegeVG, § 27 SGB XI).

1.1.2
Leisten bislang krankenversicherungspflichtige Beschäftigte Altersteilzeitarbeit, wird die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. mit Satz 1 SGB XI davon nicht berührt.

Handelt es sich hingegen um eine Arbeitnehmerin/einen Arbeitnehmer, die/der vor Beginn der Altersteilzeitarbeit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V krankenversicherungsfrei und in der GKV freiwillig versichert war und nunmehr infolge der Altersteilzeitarbeit krankenversicherungspflichtig wird, ändert sich die Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, d. h., die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 3 SGB XI wird in eine solche nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. mit Satz 1 SGB XI umgewandelt.

1.2
Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung

Freiwillige Mitglieder der GKV sind grundsätzlich – ebenso wie Pflichtmitglieder der GKV – in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 3 SGB XI). Sie können aber gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auf Antrag von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung befreit werden, wenn sie nachweisen, dass sie bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert sind und für sich und ihre Angehörigen oder Lebenspartner (d. h. eingetragene Lebenspartner i. S. des Lebenspartnerschaftsgesetzes), die bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 25 SGB XI versichert wären, Leistungen beanspruchen können, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI gleichwertig sind; wegen der Einzelheiten wird auf Nr. 2.3 verwiesen.

Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung kann nur innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Pflegekasse gestellt werden (§ 46 SGB XI). Die Befreiung, die nicht widerrufen werden kann, wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, sonst vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt (§ 22 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB XI).

Die Befreiung gilt für die Dauer der freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV. Wird der Arbeitnehmer krankenversicherungspflichtig und damit auch versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung, verliert die Befreiung ihre Wirkung. Personen, die in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig werden und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Pflegebedürftigkeit versichert sind, können jedoch ihren Versicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen (§ 27 SGB XI). Das Kündigungsrecht gilt auch für Familienangehörige oder Lebenspartner, wenn eine Familienversicherung eintritt (§ 27 Satz 2 SGB XI). § 27 Satz 3 SGB XI verweist auf § 5 Abs. 10 SGB V, d. h. ebenso wie für die private Krankenversicherung gilt auch für die private Pflegeversicherung ein Recht auf Neuabschluss eines Versicherungsvertrages zu den Bedingungen, die ohne die vorangegangene Kündigung des privaten Vertrages bestehen würde. Diese Regelung schützt die Rechtsposition derjenigen, die nur vorübergehend in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung versichert waren und ihren Versicherungsschutz danach in der privaten Versicherung fortsetzten.

Leisten bislang freiwillig krankenversicherte Beschäftigte Altersteilzeitarbeit und sind sie nach § 22 SGB XI von der sozialen Pflegeversicherung befreit, endet diese Befreiung mit dem Eintritt der Krankenversicherungspflicht. Von diesem Zeitpunkt an besteht Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. mit Satz 1 SGB XI. Eine Befreiung von der sozialen Pflegeversicherung auf Grund eines „Alt“-Pflegeversicherungsvertrags nach Artikel 42 PflegeVG wird durch den Eintritt von Krankenversicherungspflicht infolge der Altersteilzeitarbeit nicht berührt.

1.3
Versicherte der privaten Krankenversicherungsunternehmen

Personen, die gegen das Risiko der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen versichert sind, sind gesetzlich verpflichtet, bei diesem oder einem anderen privaten Unternehmen – letzteres spätestens 6 Monate nach Eintritt der individuellen Versicherungspflicht (§ 23 Abs. 2 SGB XI) – zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen und aufrecht zu erhalten. Der Vertrag muss vom Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht an für sie selbst und ihre Angehörigen oder Lebenspartner, für die in der sozialen Pflegeversicherung nach § 25 SGB XI eine Familienversicherung bestünde, Vertragsleistungen vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI gleichwertig sind (§ 23 Abs. 1 SGB XI); wegen der Einzelheiten wird auf Nr. 2.3 verwiesen.

Werden Beschäftigte, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung krankenversichert und damit auch privat pflegeversichert sind, nunmehr auf Grund der Altersteilzeitarbeit krankenversicherungspflichtig, tritt die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. mit Satz 1 SGB XI ein. Sofern sich diese Arbeitnehmer allerdings nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen oder auf Grund des § 6 Abs. 3 a SGB V kraft Gesetzes versicherungsfrei bleiben und auf Grund des § 23 Abs. 1 SGB XI privat pflegeversichert sind, bleiben sie weiterhin in der privaten Pflegeversicherung versichert.

2
Beiträge, Beitragszuschuss

In der sozialen Pflegeversicherung beträgt der Beitragssatz bundeseinheitlich 1,7 v. H. des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 Abs. 1 SGB XI). Die Beitragsbemessungsgrenze entspricht der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung in § 223 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 6 Abs. 7 des SGB V (§ 55 Abs. 2 SGB XI).

Beitragsfrei in der sozialen Pflegeversicherung sind Bezieher von Mutterschafts- und Erziehungsgeld, wenn sie keine sonstigen beitragspflichtigen Einnahmen haben (§ 56 Abs. 3 SGB XI). In der privaten Pflegeversicherung richtet sich die Höhe des Beitrags nach dem vom Beschäftigten abgeschlossenen Pflegeversicherungsvertrag (vgl. Nr. 2.3). Der Bezug von Mutterschafts- und Erziehungsgeld steht der beitragsermäßigten Versicherung von Ehegatten oder Lebenspartnern in der privaten Pflegeversicherung nicht entgegen.

2.1
Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung

2.1.1
Die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI versicherungspflichtigen Beschäftigten und ihre Arbeitgeber tragen den nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich je zur Hälfte (§ 58 Abs. 1 SGB XI). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht für Personen, die sich in betrieblicher Berufsausbildung befinden, wenn das monatliche Arbeitsentgelt den Betrag von 400 Euro nicht übersteigt, sowie für Personen im freiwilligen sozialen Jahr oder freiwilligen ökologischen Jahr. Hier trägt der Arbeitgeber den Beitrag allein (§ 58 Abs. 5 SGB XI i. V. m. § 249 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Abweichend davon werden die Beiträge bei versicherungspflichtig Beschäftigten mit einem monatlichen Arbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 des SGB IV vom Arbeitgeber in Höhe der Hälfte des Betrages, der sich ergibt, wenn der Beitragssatz der Pflegeversicherung auf das der Beschäftigung zugrunde liegende Arbeitsentgelt angewendet wird, im Übrigen vom Versicherten getragen. Der Arbeitgeber hat den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung an die Krankenkasse abzuführen (§ 58 Abs. 5 SGB XI i. V. m. § 249 Abs. 4 SGB V).

2.1.2
Zum Ausgleich der mit dem Arbeitgeberanteil an dem Beitrag verbundenen Belastungen, sollen die Länder einen gesetzlichen landesweiten Feiertag, der stets auf einen Werktag fällt, aufheben (§ 58 Abs. 2 SGB XI). Im Freistaat Sachsen, in dem ein solcher Feiertag nicht aufgehoben ist, tragen die Beschäftigten, deren Beschäftigungsort in diesem Land liegt, den Beitrag in Höhe von 1,35 %-Punkten des Beitragssatzes von 1,7 v. H. und die Arbeitgeber in Höhe von 0,35 %-Punkten.

Beschäftigungsort ist grundsätzlich der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. Falls Personen von einer festen Arbeitsstätte aus mit einzelnen Arbeiten außerhalb der Arbeitsstätte beschäftigt werden, gilt als Beschäftigungsort der Ort der festen Arbeitsstätte. Sind Personen bei einem Arbeitgeber in mehreren festen Arbeitsstätten beschäftigt, gilt als Beschäftigungsort die Arbeitsstätte, in der sie überwiegend beschäftigt sind (§ 9 SGB IV).

Bei einem Wechsel des Beschäftigungsortes aus einem Bundesland, in dem ein Feiertag abgeschafft wurde, in ein anderes Bundesland, in dem kein Feiertag abgeschafft wurde (Freistaat Sachsen), haben die Beschäftigten den Beitrag zur Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Wechsels in Höhe von 1,35 %-Punkten zu tragen. Entsprechend gilt bei einem umgekehrten Wechsel, dass der Beschäftigte ab diesem Zeitpunkt den Beitrag in Höhe von 0,85 %-Punkten zu tragen hat. Es ist unerheblich, ob die Wechsel vor oder nach dem jeweiligen Feiertag erfolgen.

2.1.3
In den Fällen der Befreiung eines Pflichtmitglieds von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1 PflegeVG (vgl. Nr. 1.1.1) wird auf die Ausführungen unter Nr. 2.3 verwiesen.

2.2
Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung

2.2.1
Beschäftigte, die in der GKV freiwillig versichert sind und sich nicht nach § 22 SGB XI von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung haben befreien lassen (vgl. Nr. 1.2), tragen den Beitrag allein (§ 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI). Diese Beschäftigten erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss, der in der Höhe begrenzt ist auf den Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei bestehender Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 58 SGB XI zu zahlen wäre (§ 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). In Sachsen, wo kein Feiertag gestrichen wurde, ist der Beitragszuschuss entsprechend niedriger (vgl. Nr. 2.1.2).

In den Fällen, in denen die Jahresarbeitsentgeltgrenze erst durch voraussehbare Einmalzahlungen überschritten wird, bestehen keine Bedenken, entsprechend Abschn. III Nr. 1 Buchst. c meines Runderlasses vom 20.12.2000 – SMBl. NRW 820 – zur Durchführung des § 257 SGB V zu verfahren.

Beschäftigte mit Hinterbliebenenversorgung und einem Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, die in der GKV freiwillig versichert sind, und diejenigen, die bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen eine anteilige beihilfekonforme Pflegeversicherung abgeschlossen haben, erhalten den Beitragszuschuss von 0,425 v. H. aus dem Arbeitsentgelt. Gemäß § 61 Abs. 8 SGB XI besteht der Anspruch allerdings nicht gegenüber dem Dienstherrn (Arbeitgeber), der gleichzeitig den Anspruch auf Beihilfe zu gewähren hat. Die berechneten Beiträge aus der  Hinterbliebenenversorgung haben die Beschäftigten allein zu tragen (§ 57 Abs. 1 i. V. mit § 60 Abs. 1 SGB XI).

2.2.2
Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilmäßig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet (§ 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XI).

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse (§ 8 Abs. 1 SGB IV) lösen keine Zuschusspflicht des Arbeitgebers aus, da insoweit keine versicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, § 7 SGB V), es sei denn, dass mehrere geringfügige Beschäftigungen nebeneinander bestehen, die zusammen zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze führen (§ 8 Abs. 2 SGB IV). Eine geringfügige Beschäftigung, die neben der Hauptbeschäftigung besteht, löst ebenfalls keine Zuschusspflicht des Arbeitgebers aus, da insoweit keine versicherungspflichtige Tätigkeit vorliegt (§ 8 SGB IV).

2.2.3
Es bestehen keine Bedenken, wenn der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Beschäftigten den Gesamtbeitrag unmittelbar an die Krankenkasse abführt.

2.2.4
Im Fall der Befreiung eines freiwilligen Mitglieds der GKV von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. Nr. 1.2) wird auf die Ausführungen unter Nr. 2.3 verwiesen.

2.3
Versicherte der privaten Versicherungsunternehmen

2.3.1
Beschäftigte, die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert sind (dies sind die Versicherten der privaten Krankenversicherungsunternehmen sowie die Versicherten der GKV, die von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung befreit sind – vgl. Nrn. 1.1 und 1.2), erhalten nach § 61 SGB XI vom Arbeitgeber einen Zuschuss zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag unter den folgenden Voraussetzungen:

Die/der Beschäftigte muss durch Vorlage einer Bescheinigung des privaten Versicherungsunternehmens das Bestehen der Pflegeversicherung für sich, seine Angehörigen und ihre Lebenspartnerin/seinen Lebenspartner sowie die Höhe des Versicherungsbeitrags nachweisen. Auch muss die Bescheinigung Angaben über die Art der Vertragsleistungen und über die aus der Versicherung berechtigten Personen enthalten. Etwaige Änderungen, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Beitrages, der Art der Vertragsleistungen und der Zahl der aus der Versicherung berechtigten Personen hat die/der Beschäftigte unverzüglich mitzuteilen.

Die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber jeweils nach Ablauf von drei Jahren eine vom Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer auszuhändigende Bescheinigung vorzulegen, aus der sich ergibt, dass die Aufsichtsbehörde (i.d.R. das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen) dem Versicherungsunternehmen bestätigt, dass es die Versicherung, die Grundlage des Versicherungsvertrages ist, nach den in § 61 Abs. 6 SGB XI genannten Voraussetzungen betreibt (§ 61 Abs. 7 SGB XI). Die der Bescheinigung zugrunde liegende Bestätigung kann auch von der Aufsichtsbehörde eines anderen EU-Staates ausgestellt sein, soweit diese zuständig ist. Es kann sich auch um ein Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland handeln, sofern die Vertragsleistungen im Inland erbracht werden.

Der private Versicherungsvertrag muss für die Versicherte/den Versicherten selbst und für ihre/seine Angehörigen oder ihre Lebenspartnerin/seinen Lebenspartner, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten in der sozialen Pflegeversicherung familienversichert wären (§ 25 SGB XI), Leistungen vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung (Viertes Kapitel SGB XI) gleichwertig sind. „Angehörige oder Lebenspartner“ im Sinne des § 61 Abs. 2 SGB XI sind Personen, die im Falle der Pflichtversicherung des Beschäftigten nach § 25 SGB V als Familienangehörige in der sozialen Pflegeversicherung versichert wären. Diese Voraussetzungen sind bei den privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflegeversicherung auf der Grundlage der Musterbedingungen MB/PPV 1996 durchführen, generell gegeben. Bereits bestehende private Pflegeversicherungsverträge, die den Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XI noch nicht gleichwertig waren, waren bis zum 31. Dezember 1995 an den Leistungsumfang der sozialen Pflegeversicherung anzupassen.

Die privaten Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, Pflegeversicherungsverträge anzubieten, die vom Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht an sowohl für das Mitglied als auch für seine Angehörigen oder seinen Lebenspartner Leistungen vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung (Viertes Kapitel SGB XI) gleichwertig sind. Jedes private Versicherungsunternehmen, das eine Pflegeversicherung anbietet, unterliegt einem Kontrahierungszwang; ein Antrag auf Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages darf nicht zurückgewiesen werden (§ 110 Abs. 1 SGB XI).

Die Höhe der Beiträge in der privaten Pflegeversicherung wird von den Versicherungsträgern festgelegt. Die Versicherungsträger sind jedoch verpflichtet, in den Versicherungsverträgen keine Prämienhöhe, die den Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung übersteigt, vorzusehen (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e SGB XI). Bei Mitversicherung eines Ehegatten oder eines Lebenspartners, dessen monatliches Gesamteinkommen ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (§ 25 Abs. 1 Nr. 5 SGB XI) nicht übersteigt, darf die Prämie für Ehegatten und Lebenspartner zusammen 150 v.H. des Höchstbeitrages der sozialen Pflegeversicherung nicht übersteigen (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g SGB XI). Die in § 25 SGB XI bezeichneten Kinder des Versicherungsnehmers sind beitragsfrei mitversichert (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f SGB XI).

Die Ehegattenermäßigung (Lebenspartnerermäßigung) gilt nur für Versicherungsverträge, die mit Personen abgeschlossen werden, die am 1. Januar 1995 (Inkrafttreten des PflegeVG) Mitglied bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen waren oder sich als in der GKV freiwillig Versicherte nach Art. 41 PflegeVG bis zum 30. Juni 1995 von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung haben befreien lassen (§ 110 Abs. 2 SGB XI).

2.3.2
Der Zuschuss ist in der Höhe begrenzt auf den Betrag, der als Arbeitgeberanteil bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung als Beitragsanteil zu zahlen wäre, höchstens jedoch auf die Hälfte des Betrages, den die/der Beschäftigte für ihre/seine private Pflegeversicherung zu zahlen hat (§ 61 Abs. 2 Satz 2 SGB XI).

Bei der Bemessung des Zuschusses hat der Arbeitgeber auch Beiträge für den mitversicherten Ehegatten oder Lebenspartner, der ohne eigenes Einkommen ist oder dessen monatliches Gesamteinkommen die Grenze nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 SGB XI nicht übersteigt, zu berücksichtigen, soweit der Arbeitgeberanteil zur sozialen Pflegeversicherung noch nicht erreicht ist.

Beiträge für Familienmitglieder, die nicht Angehörige im Sinne des § 25 SGB XI sind, bleiben bei der Ermittlung des Beitragszuschusses außer Betracht.

2.3.3
Die Ausführungen unter Nr. 2.2.2 gelten entsprechend.

3
Verfahren und Rechtsweg

3.1
Bei dem Anspruch auf einen Beitragszuschuss nach § 61 SGB XI handelt es sich um einen besonderen sozialrechtlichen und daher öffentlich-rechtlichen Anspruch. Die Ausführungen zur Durchführung des § 257 SGB V in Abschnitt IV Nr. 1 meines Runderlasses vom 20.12.2000 – SMBl. NRW 820 – gelten entsprechend.

3.2
Der Arbeitgeber hat den Beitragszuschuss nach § 61 SGB XI solange an die/den Beschäftigten zu zahlen, wie die dort bezeichneten Voraussetzung gegeben sind. Die Zahlung des Zuschusses ist nicht vom Nachweis abhängig, dass die/der Beschäftigte ihren/seinen monatlichen Anteil tatsächlich gezahlt hat. Es genügt der Nachweis, dass die/der Beschäftigte verpflichtet ist, den bescheinigten monatlichen Beitrag zu entrichten.

3.3
Ein Anspruch auf den Zuschuss besteht nur für Zeiten, für die bei Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung ein Arbeitgeberanteil zu zahlen wäre. Der Zuschuss wird daher nur für Zeiten gezahlt, für die der/dem Beschäftigten Vergütung, Urlaubsvergütung, Krankenbezüge (mit Ausnahme des Krankengeldzuschusses) Lohn, Urlaubslohn oder Krankenlohn oder entsprechende Bezüge aus dem Ausbildungsverhältnis zustehen. Auf die Ausführungen in Abschnitt IV Nr. 6 meines Runderlasses vom 20.12.2000 – SMBl. NRW 820 –, die entsprechend gelten, wird verwiesen.

3.4
Der Zuschuss ist mit den monatlichen Bezügen zu zahlen. Ist der Zuschuss nur für die Teile eines Monats zu zahlen, gilt § 54 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB XI sinngemäß.

3.5
Für die Zuschussgewährung an Beschäftigte, denen im Falle einer Wehrübung das Entgelt weiter zu gewähren ist (vgl. § 1 Abs. 2 des Arbeitsplatzschutzgesetzes), wird auf die Ausführungen in Abschnitt IV Nr. 8 des Runderlasses vom 20.12.2000 – SMBl. NRW 820 –, die entsprechend gelten, verwiesen.

3.6
Der Anspruch auf den Beitragszuschuss verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist (vgl. Urteil BSG vom 2. Juni 1982 - 12 RK 66/81 -). Die Vorschriften über die Ausschlussfristen in den Manteltarifverträgen (z.B. § 70 BAT/BAT-O, § 72 MTArb/MTArb-O) gelten nicht. Eine analoge Anwendung von Vorschriften des SGB X (Verwaltungsverfahren) scheidet aus.

3.7
Für Streitigkeiten wegen des Beitragszuschusses ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben (§ 51 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz; dies gilt auch für die private Pflegeversicherung - Urteil BSG vom 8. August 1996 - 3 BS 1/96 - ).

3.8
Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens ist der Beitragszuschuss des Arbeitgebers nicht mitzurechnen (§ 850 e Nr. 1 ZPO).

3.9
Beitragszuschüsse, die für Zeiträume gezahlt worden sind, in denen die in § 61 SGB XI bezeichneten Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorgelegen haben, sind dem Arbeitgeber zu erstatten. Auf die Ausführungen in Abschnitt IV Nr. 12 meines Runderlasses vom 20.12.2000 – SMBl. NRW 820 –, die entsprechend gelten, wird verwiesen.

4
Steuerfreiheit des Zuschusses, Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung, kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt

4.1
Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Pflegeversicherungsbeiträgen sind nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei, soweit der Arbeitgeber nach § 61 Abs. 1, 2 oder 3 SGB XI zur Zuschussleistung verpflichtet ist. Die Steuerfreiheit des Zuschusses tritt jedoch nur dann ein, wenn die/der Beschäftigte die geforderten Bescheinigungen vorgelegt hat. Die Bescheinigungen sind als Unterlagen zum Lohnkonto aufzubewahren.

4.2
Der Beitragszuschuss unterliegt nicht der Beitragspflicht nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und ist als steuerfreie Leistung auch kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt nach dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des  öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV) vom 1. März 2002.

Den vorstehenden Durchführungshinweisen entsprechend wurde das beiliegende Vordruckmuster ("Erklärung betr. Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag nach § 61 SGB XI") erstellt. Ich bitte, dieses Vordruckmuster zu verwenden.

Anlage

- MBl. NRW. 2003 S. 374