Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2003 Nr. 3 vom 21.1.2003 Seite 57 bis 84

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Zucht vom Aussterben bedrohter lokaler Haustierrassen
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Zucht vom Aussterben bedrohter lokaler Haustierrassen

7824

Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen
zur Förderung der Zucht vom Aussterben bedrohter
lokaler Haustierrassen

RdErl. des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
II-4 - 2406-6427
v. 22.11.2002

1
Rechtsgrundlage, Zuwendungszweck
Das Land gewährt auf der Grundlage der jeweils geltenden Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verpflichtungen (ABl. Nr. L 160 vom 26.6.1999 S. 80), der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung (DVO) (EG) Nr. 445/2002 vom 26. Februar 2002 (ABl. Nr. L 74 vom 15.3.2002 S. 1), nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Zuwendungen.

Zuwendungszweck ist die Förderung der Zucht alter Nutztierrassen, die
- vom Aussterben bedroht sind,
- eine wichtige Genreserve darstellen und
- durch deren Fortbestand ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft geleistet wird.

Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2
Gegenstand der Förderung
Förderfähig sind die Züchtung und Haltung spezieller Nutztierrassen, die in ihrem Bestand bedroht sind.
Die Förderung bezieht sich auf Pferde, Rinder, Schweine und Schafe. Folgende Rassen gelten derzeit als gefährdet:

2.1
Rinder
- Glanrind und
- Rotvieh der Zuchtrichtung Höhenvieh

2.2
Schafe
- Moorschnucke

2.3
Pferde
- Rheinisch-Deutsches Kaltblut,
- Dülmener und
- Senner

2.4
Schweine
- Buntes Bentheimer Schwein,
- Schwäbisch Hällisches Schwein und
- Angler Sattelschwein

3
Zuwendungsempfangende
Landwirtinnen und Landwirte, die ihren Hauptwohnsitz bzw. deren land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben.

4
Zuwendungsvoraussetzungen
Voraussetzung für die Gewährung einer Zuwendung ist, dass die Zuwendungsempfangenden

4.1
die Tiere selbst halten und

4.2
sich für die Dauer von 5 Jahren verpflichten, an einem mit der Bewilligungsbehörde und dem Zuchtverband abgestimmten Zucht- und Reproduktionsprogramm teilzunehmen.

4.3
Der beantragte Umfang an Tieren ist für den gesamten Verpflichtungszeitraum beizubehalten. Ausscheidende Tiere sind gegen neue zu ersetzen.

4.4
Der Antrag auf Zuwendung ist in jedem Falle vor Beginn des Verpflichtungszeitraums zu stellen, um bewilligt werden zu können. Der Verpflichtungszeitraum beginnt mit dem 1.7. des Antragsjahres.

5
Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

5.1
Zuwendungsart: Projektförderung

5.2
Finanzierungsart: Festbetragsfinanzierung

5.3
Bagatellgrenze: 51 Euro pro Jahr
Die Bewilligungsbehörde kann hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen.

5.4
Die Förderung erfolgt in Form einer Zuwendung, die jährlich nach Ablauf des Verpflichtungsjahres gezahlt wird.

5.5
Die Höhe der Zuwendung beträgt pro Jahr je im Jahresdurchschnitt gehaltenes
- Rind * von 6 Monaten bis zu 2 Jahren: 71 Euro
          * Kuh, Bulle: 120 Euro
- Pferd * von 1 bis 3 Jahren: 71 Euro
           * Stute, Hengst: 120 Euro
- Schwein * Sau, Eber: 38 Euro
- Schaf * Mutter, Bock: 17 Euro

6
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1
Die Zuwendungsempfangenden sind verpflichtet, während der Zeit, in der sie nach dieser Richtlinie gefördert werden, jede Abweichung vom Antrag, insbesondere jeden Wechsel der Nutzungsberechtigten sowie jede Änderung des Umfangs der geförderten Tierzahl mit dem Antrag auf Auszahlung der Bewilligungsbehörde schriftlich mitzuteilen.

6.2
Der Verpflichtungszeitraum beträgt 5 Jahre.

6.2.1
Werden während des Verpflichtungszeitraums die Haltung und Zucht der geförderten Haustierrasse eingestellt, müssen die Zuwendungsempfangenden die erhaltene Zuwendung vollständig zurückzahlen.

6.2.2
Die Bestimmung der Nummer 6.2.1 findet keine Anwendung, wenn die Zuwendungsempfangenden die Verpflichtungen bereits drei Jahre erfüllt haben, sie ihre landwirtschaftliche Tätigkeit aufgeben und sich die Übernahme der Verpflichtung durch eine Nachfolgerin / einen Nachfolger als nicht durchführbar erweist.

6.2.3
In Fällen höherer Gewalt kann die zuständige Behörde Ausnahmen von den eingegangenen Verpflichtungen zulassen. Unbeschadet besonderer Umstände des Einzelfalls ist höhere Gewalt insbesondere in folgenden Fällen anzunehmen:
- Todesfall der Betriebsinhaberin / des Betriebsinhabers,
- länger andauernde Berufsunfähigkeit der Betriebsinhaberin / des Betriebsinhabers,
- Enteignung eines wesentlichen Teils des Betriebs, soweit sie am Tag der Unterzeichnung der Verpflichtung nicht vorherzusehen war,
- schwere Naturkatastrophe, die die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Betriebes erheblich in Mitleidenschaft zieht,
- unfallbedingte Zerstörung der Stallungen der Betriebsinhaberin / des Betriebsinhabers,
- Seuchenbefall des Tierbestandes oder eines Teils davon.

Fälle höherer Gewalt sind der zuständigen Behörde schriftlich und mit entsprechenden Nachweisen innerhalb von 10 Werktagen nach dem Zeitpunkt anzuzeigen, ab dem die Zuwendungsempfangenden bzw. die Rechtsnachfolgerin / der Rechtsnachfolger oder die Vertreterin / der Vertreter von dem Fall höherer Gewalt Kenntnis erlangt hat oder nach den Umständen hätte Kenntnis erlangt haben müssen.

6.3
Die Zuwendungsempfangenden sind verpflichtet, alle für die Gewährung der Förderung nach diesen Richtlinien notwendigen Unterlagen während des Verpflichtungszeitraumes und danach für die Dauer von 5 weiteren Jahren aufzubewahren.

6.4
Aufhebung / Änderung des Zuwendungsbescheides, Rückzahlung, Sanktionen

6.4.1
Halten die Zuwendungsempfangenden die eingegangenen Verpflichtungen nicht ein, kann der Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise aufgehoben werden. Dementsprechend sind die zu Unrecht geleisteten Zuwendungen zurückzuerstatten.

6.4.2
Wird festgestellt, dass die im Auszahlungsantrag angegebene Zahl der Tiere über der Zahl der festgestellten Tiere liegt, wird der Zuwendungsbetrag auf der Grundlage der bei der Kontrolle tatsächlich festgestellten Tiere festgesetzt.

Bei einer Differenz zwischen Anzahl beantragter Tiere und Anzahl ermittelter Tiere ist der Zuwendungsbetrag, außer im Falle der Nr. 6.2.2, folgendermaßen zu kürzen:

6.4.2.1
Wird in Bezug auf Förderanträge eine Differenz zwischen der beantragten Zahl der Tiere und der bei der Vor-Ort-Kontrolle ermittelten Tiere festgestellt, so ist der Gesamtbetrag, auf den die Zuwendungsempfangenden im Rahmen dieser Förderrichtlinie für den betreffenden Bewilligungszeitraum Anspruch haben, um den gemäß Nr. 6.4.2.2 festzusetzenden Prozentsatz zu kürzen, wenn bei höchstens drei Tieren Unregelmäßigkeiten festgestellt werden.

6.4.2.2
Zur Festsetzung der Kürzungsprozentsätze wird die Differenz zwischen der Zahl der beantragten Tiere und der Zahl der ermittelten Tiere durch die Anzahl der ermittelten Tiere geteilt.

6.4.2.3
Werden bei mehr als drei Tieren Unregelmäßigkeiten festgestellt, so ist der Gesamtbetrag, auf den die Zuwendungsempfangenden im Rahmen dieser Förderrichtlinie für den betreffenden Zeitraum Anspruch haben, wie folgt zu kürzen:
a) um den gemäß Nr. 6.4.2.2 festzusetzenden Prozentsatz, wenn dieser nicht mehr als 10 % beträgt;
b) um das Doppelte des gemäß Nr. 6.4.2.2 festzusetzende Prozentsatz, wenn dieser mehr als 10 % aber nicht mehr als 20 % beträgt.

6.4.2.4
Beträgt der nach Nummer 6.4.2.2 festgesetzte Prozentsatz mehr als 20 %, so wird für den betreffenden Bewilligungszeitraum keine Zuwendung im Rahmen dieser Richtlinie, auf die die Zuwendungsempfangenden gemäß Nummer 6.4.2 Anspruch gehabt hätten, gewährt.

6.4.3
Ist die Differenz zwischen der beantragten Zahl Tiere und der Anzahl der ermittelten Tiere das Ergebnis vorsätzlich begangener Unregelmäßigkeiten, so wird für den betreffenden Bewilligungszeitraum keine Zuwendung im Rahmen dieser Richtlinie, auf die die Zuwendungsempfangenden Anspruch gehabt hätten, gewährt.

Liegt das Ergebnis der vorsätzlich begangenen Unregelmäßigkeiten des nach Nummer 6.4.2.2 errechneten Prozentsatzes über 20 %, erfolgt der Ausschluss der Gewährung einer Zuwendung nach dieser Richtlinie auch für das folgende Jahr.

6.4.4
Werden Verstöße gegen die Vorschriften des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern festgestellt, so gilt Folgendes:
a) Ein Rind, das eine der beiden Ohrmarken verloren hat, gilt dennoch als ermittelt, wenn es durch die übrigen Elemente des Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern eindeutig identifiziert werden kann.
b) Handelt es sich bei den festgestellten Unregelmäßigkeiten um fehlerhafte Eintragung in das Register oder die Tierpässe, so gilt das betreffende Tier erst dann als nicht ermittelt, wenn derartige Fehler bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb von 24 Monaten festgestellt werden. In allen anderen Fällen gelten die betreffenden Tiere bereits nach der ersten Feststellung als nicht ermittelt.

6.4.5
Werden in einem Betrieb von den für die Kontrolle der guten fachlichen Praxis im Rahmen der Düngeverordnung und des Pflanzenschutzrechtes zuständigen Behörden Verstöße gegen Bestimmungen dieser Rechtsnormen festgestellt und rechtskräftig als Ordnungswidrigkeit geahndet, so wird der Betrag der Zuwendung für das Jahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, um den Betrag des festgesetzten Bußgeldes gekürzt bzw. widerrufen.

6.4.6
Rückforderungsbeträge, einschließlich darauf entfallender Zinsen, können mit der jeweils nächsten Zahlung nach dieser Förderrichtlinie verrechnet werden, wenn die nächste Zahlung kurzfristig ansteht und mindestens in Höhe des Rückforderungsbetrages zu erwarten ist.

7
Verfahren

7.1
Antragstellung

7.1.1
Der Antrag auf Gewährung der Zuwendung ist beim Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter über den Geschäftsführer der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter im Kreise einzureichen.

7.1.2
Der Antrag ist bei dem Geschäftsführer der Kreisstelle der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter im Kreise zu stellen, in deren Dienstbezirk der Unternehmenssitz liegt.

7.2
Bewilligungsverfahren

7.2.1
Bewilligungsbehörde ist der Direktor der Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter, der den Zuwendungsbescheid erteilt.

7.2.2
Die Bewilligung der Zuwendungen kann nach einer vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz festzusetzenden Priorität vorgenommen werden.

7.3
Auszahlungsverfahren

7.3.1
Die Zuschüsse werden von der Bewilligungsbehörde auf Antrag einmal jährlich nach Beendigung des jeweiligen Verpflichtungsjahres ausgezahlt.

7.3.2
Der Antrag auf Auszahlung ist jährlich mit dem Antrag auf Beihilfen für die Landwirtschaft (von Betrieben, die einen solchen Antrag nicht stellen, spätestens zu demselben Zeitpunkt) für das laufende Bewilligungsjahr zu stellen.

7.4
Verwendungsnachweisverfahren

7.4.1
Als Verwendungsnachweis gelten die Angaben zum Antrag auf Förderung nebst allen Unterlagen in Verbindung mit dem Zuwendungsbescheid und dem jährlichen Antrag auf Auszahlung der Zuwendung, insbesondere die darin enthaltene Erklärung, dass die vorgeschriebenen Bedingungen eingehalten wurden.

7.4.2
Der Antrag auf Gewährung der Zuwendung und der Verwendungsnachweis sind nach den bei der Bewilligungbehörde vorliegenden Mustern einzureichen.

7.5
Durchführung der Kontrollen

7.5.1
Die Verwaltungskontrollen sind für Tiere, die Gegenstand der Verpflichtung sind, erschöpfend anhand aller vorliegenden und geeigneten Unterlagen - unter anderem in allen geeigneten Fällen anhand der Daten des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollverfahrens - durchzuführen.

7.5.2
Die Verwaltungskontrollen sind durch jährliche Stichprobenkontrollen in Höhe von mindestens 5 v.H. der bewilligten Anträge vor Ort zu ergänzen. Die Kontrollen vor Ort sind gemäß Titel III der Verordnung (EWG) Nr. 2419/2001 (ABl. Nr. L 327 vom 12.12.2001, S. 11) in der jeweils gültigen Fassung durchzuführen.
Der Erlass vom 23. April 1996 – II A 1 - 2090.1.11 in jeweils gültiger Fassung ist anzuwenden. Das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen.

7.5.3
Die Identifizierung der Tiere erfolgt gemäß Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 in jeweils gültiger Fassung.

8
Weitere Bestimmungen
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Beihilfe, für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung sowie die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.

9
Schlussbestimmungen
Dieser Runderlass tritt am 1.7.2002 in Kraft; er tritt mit Ablauf des 31.12.2006 außer Kraft. Der Runderlass vom 31.08.2000 (SMBl. NRW. 7824) tritt am 30.06.2002 außer Kraft; er ist für Anträge, die bis dahin bewilligt wurden, für den restlichen Verpflichtungszeitraum weiter anzuwenden.

- MBl. NRW. 2003 S. 61