Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2004 Nr. 36 vom 14.10.2004 Seite 863 bis 888
Aufnahme von Krediten in fremder Währung durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Fremdwährungskredite) RdErl. d. Innenministeriums v. 30.8.2004 34 - 48.05.11 - 1290/04 |
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Aufnahme von Krediten in fremder Währung durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Fremdwährungskredite) RdErl. d. Innenministeriums v. 30.8.2004 34 - 48.05.11 - 1290/04
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Aufnahme von Krediten in fremder Währung
durch Gemeinden und Gemeindeverbände
(Fremdwährungskredite)
RdErl. d. Innenministeriums v. 30.8.2004
34 - 48.05.11 - 1290/04
In jüngster Zeit nehmen die Gemeinden die
Kredite zur Finanzierung von Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und
Umschuldungen (§ 85 Abs. 1 der Gemeindeordnung - GO) zunehmend auch in fremder
Währung auf. Unter dem Gesichtspunkt der Risikovorsorge und Risikoabsicherung,
die die Sicherstellung der stetigen Aufgabenerfüllung erfordert, gebe ich zur
Kreditaufnahme in fremder Währung folgende Hinweise:
Ausgehend von meinem
Runderlass „Kreditwirtschaft der Gemeinden (GV)“ vom 23.06.1989 (SMBl. NRW. 652), in dem bestimmt ist, dass von den Gemeinden vor der Aufnahme von Krediten zu prüfen
ist, welches Angebot den finanzwirtschaftlichen Belangen der Gemeinde bei einer
geordneten Haushaltswirtschaft am ehesten entspricht und unter der Nummer 2.4 empfohlen wird,
von Kreditaufnahmen im Ausland in fremder Währung „möglichst Abstand zu
nehmen“, bedarf es zur Aufnahme von Krediten in fremder Währung näherer
Rahmenbestimmungen.
Die o.a. Erlassregelung verbietet nicht
eine Kreditaufnahme der Gemeinden in fremder Währung, weist aber auf die
besonderen Haushaltsrisiken und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte hin, die dazu
führen können, von einer Kreditaufnahme im Ausland in fremder Währung Abstand
zu nehmen. Diese allgemeinen Grundsätze gelten trotz der dynamischen
Entwicklung auf dem Finanzdienstleistungssektor auch heute noch. Sie können
darüber hinaus auch für die Kreditaufnahmen in fremder Währung im Inland
Geltung beanspruchen, denn nicht die Aufnahme der Kredite im Ausland, sondern
die mit einer Aufnahme von Krediten in fremder Währung verbundenen Kostenvorteile
machen das Instrument „Fremdwährungsfinanzierung“ auch für die Gemeinden
interessant.
Unter Beachtung ihres
Selbstverwaltungsrechts können die Gemeinden für eine Kreditaufnahme in fremder
Währung die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Geld- und Kapitalmärkte zur
eigenverantwortlichen Aufnahme von Krediten nutzen. Sie haben hierbei die
gesetzlichen Bestimmungen und die maßgeblichen Haushaltsgrundsätze zu beachten.
Diese verpflichten die Gemeinden bei der Gestaltung der Konditionen der Kredite
zur Beachtung des Vorrangs der Sicherheit und Risikominimierung. Die
vielfältigen Möglichkeiten der Geld- und Kapitalmärkte dürfen deshalb nur in
einem angemessenen und vertretbaren Umfang in Anspruch genommen werden, bei
denen so weit wie möglich auf erhöhte Risiken, zu denen auch erhebliche
Wechselkursschwankungen zählen können, verzichtet werden muss. Die Gemeinden
sollten sich daher vor der Aufnahme von Krediten in fremder Währung, auch wenn
diese in Verbindung mit derivativen Finanzierungsinstrumenten erfolgt, der
spezialisierten Fachberatung bedienen, denn die Chancen und Risiken sind
oftmals nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen.
Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Aufnahme von Krediten in fremder Währung sind deshalb unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse Entscheidungs- und Auswahlkriterien einschließlich der möglichen Zinssicherungsinstrumente durch die Gemeinde zu bestimmen und von ihr die dafür notwendigen Informationen einzuholen. Dies enthält für die Gemeinden insbesondere die Verpflichtung, sich selbst Kenntnisse über Sicherheiten und Risiken im Vergleich zu einer anderen Kreditaufnahme zu verschaffen und erfordert wegen des möglichen Wechselkursrisikos von Fremdwährungen auch die laufende eigenverantwortliche „Kontrolle“ über die Abwicklung des Kreditgeschäftes. Es ist nicht ausreichend, diese Kontrolle nur einmal jährlich vorzunehmen oder sie einem Dritten vollständig zu übertragen.
Vor diesem Hintergrund muss von den
Gemeinden bei der Aufnahme von Krediten in fremder Währung, abhängig von der
Höhe des Wechselkursrisikos gleichzeitig eine Risikovorsorge getroffen werden.
Sie kann regelmäßig darin bestehen, dass die Vorteile der Gemeinde aus der
Aufnahme von Krediten in fremder Währung nicht vollständig für Zwecke des gemeindlichen
Haushalts abgeschöpft werden, sondern dass ein Teil davon als „Absicherung des
Fremdwährungsrisikos“ zurückgelegt und erst dann verfügbar gemacht wird, wenn
gesichert ist, dass sich das Fremdwährungsrisiko nicht mehr realisiert. Sollten
keine konkreten Anhaltspunkte für die Bestimmung der Risikovorsorge vorliegen,
kann die Hälfte des Zinsvorteils der Gemeinde aus der Kreditaufnahme in fremder
Währung angesetzt werden.
Für diese erforderliche Risikovorsorge
müssen die Gemeinden die notwendigen Mittel in der allgemeinen Rücklage
ansammeln bzw. separieren und dazu festlegen, dass diese erst nach Erfüllung
des Fremdwährungsgeschäfts für andere Zwecke des Haushalts verwendet werden
dürfen. Dadurch wird die Risikovorsorge eine Maßnahme zur Sicherstellung der
Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde. Eine solche Vorgehensweise der Gemeinden
zur Minimierung ihrer künftigen Belastungen halte ich wegen der Vereinbarkeit
mit den Haushaltsgrundsätzen für vertretbar.
Soweit von den Gemeinden auch
Kassenkredite zur rechtzeitigen Leistung von Ausgaben nach § 87 GO in fremder
Währung aufgenommen werden, gelten die o.a. Grundsätze entsprechend.
Diese Rahmenbestimmungen zur Ausgestaltung der
Aufnahme von Krediten in fremder Währung sollen zu einer flexiblen und
Zinskosten sparenden eigenverantwortlichen Kreditstruktursteuerung bei den
Gemeinden als Kreditnehmer beitragen. Die dabei angestrebte zinstechnische
Gestaltung des aufzunehmenden Kommunalkredits anhand der Marktbedingungen ist
nicht übertragbar auf die Anlage von Finanzvermögen durch die Gemeinde als
Anleger, denn im Zweifel kommt bei der Anlage von Rücklagemitteln der Gemeinde
dem Gesichtspunkt der Sicherheit Vorrang vor einem evtl. höheren Ertrag zu (§
89 Abs. 2 Satz 2 GO i.V.m. § 21 der Gemeindehaushaltsverordnung). Daher bleibt
mein Erlass zur „Anlage von Mitteln der allgemeinen Rücklage durch Gemeinden
und Gemeindeverbände vom 10.02.2003 (SMBl. NRW. 641) unberührt.
- MBl. NRW. 2004 S. 870