Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2004 Nr. 4 vom 23.1.2004 Seite 81 bis 110
Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (VVPolG NRW) RdErl. d. Innenministeriums v. 19.12.03 – 44.1-2001 |
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Normkopf Norm Normfuß |
Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (VVPolG NRW) RdErl. d. Innenministeriums v. 19.12.03 – 44.1-2001
20500
Verwaltungsvorschrift
zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
(VVPolG NRW)
RdErl. d. Innenministeriums v. 19.12.03 – 44.1-2001
Aufgrund von § 68 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2003 (GV. NRW. S. 441) ergeht folgende Verwaltungsvorschrift:
Hinweise zur Darstellung:
Die Hauptnummern beziehen sich auf die jeweiligen Paragraphen des Gesetzes. Bei
den ausgelassenen Hauptnummern bestehen zu den betreffenden Paragraphen keine
Verwaltungsvorschriften.
1
Aufgaben der Polizei (zu § 1)
1.1 (zu Absatz 1)
1.11
Nach diesem Gesetz ist die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung
keine polizeiliche Aufgabe. Wird in Bundesgesetzen, z.B. in § 12 a des Versammlungsgesetzes
(VersammlG), die öffentliche Ordnung aufgeführt, bleibt für dieses
Spezialgebiet deren Schutz polizeiliche Aufgabe.
1.12
§ 1 Abs. 1 stellt auf die abstrakte Gefahr ab und umfasst damit auch alle
Fälle, in denen bereits eine konkrete Gefahr vorliegt.
2
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (zu § 2)
2.0
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat Verfassungsrang. Er ist bei jeder
Maßnahme zu beachten.
4
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen (zu § 4)
4.0
Wird eine Gefahr durch die hoheitliche Tätigkeit einer Behörde verursacht, hat
die Polizei die Behörde oder deren Aufsichtsbehörde zu unterrichten. Führt dies
nicht zum Ziel, kann die Polizei ihre Aufsichtsbehörde unterrichten mit der
Bitte, auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken. Eingriffsmaßnahmen gegen
Behörden sind unzulässig; allerdings kann bei Gefahr im Verzug, wenn die
Behörde nicht sofort erreichbar ist, die Polizei zur Abwehr einer gegenwärtigen
erheblichen Gefahr vorläufige Maßnahmen treffen.
4.2 (zu Absatz 2)
Da durch § 4 Abs. 2 Satz 2 sämtliche Fälle der Betreuung erfasst werden,
braucht bei einer Inanspruchnahme nach § 4 Abs. 2 Satz 1 nicht geprüft zu
werden, für welche Aufgabenbereiche die Betreuung gilt.
5
Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen (zu § 5)
5.0
Wird im hoheitlichen Tätigkeitsbereich einer Behörde eine Gefahr durch eine
Sache verursacht, hat die Polizei die Behörde oder deren Aufsichtsbehörde zu
unterrichten. RdNr. 4.0 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
5.1 (zu Absatz 1)
Wirken sich Maßnahmen auf Tiere aus (z.B. bei Sicherstellung, Ersatzvornahme
oder Anwendung unmittelbaren Zwanges), sind insbesondere die Vorschriften des
Tierschutzgesetzes (TierSchG) zu beachten. Der Schutz von Menschen hat Vorrang
vor dem Schutz des Tieres.
6
Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen (zu § 6)
6.2 (zu Absatz 2)
Eine Maßnahme gegen eine nicht verantwortliche Person darf nur für den Zeitraum
getroffen werden, bis die Polizei mit eigenen oder anderen Kräften und Mitteln
die Gefahr beseitigen kann. Hat die Anordnung Dauerwirkung, muss die Polizei
das Geschehen fortlaufend überwachen, damit die Inanspruchnahme des
Nichtstörers zum frühest möglichen Zeitpunkt beendet werden kann.
8
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung (zu § 8)
8.0
Auf die Generalklausel des § 8 Abs. 1 darf nicht zurückgegriffen werden, wenn
es sich um Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach den §§ 9 bis 46 handelt. Die
Voraussetzungen für diese Maßnahmen sowie deren Art und Umfang sind in den genannten
Vorschriften abschließend geregelt.
8.1 (zu Absatz 1)
8.11
Zur konkreten Gefahr gehört auch die Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die
bei verständiger Würdigung eines objektiven Betrachters den Anschein einer
konkreten Gefahr erweckt.
8.12
Die Polizei kann auch die zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung
der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen treffen, wenn von der
Störung eine fortwirkende Gefährdung ausgeht (z.B. bei Dauerdelikten).
8.2 (zu Absatz 2)
Von den Vorschriften dieses Gesetzes haben im Bereich der Strafverfolgung nur
die Bestimmungen über die Anwendung unmittelbaren Zwanges Gültigkeit, soweit
keine speziellen Regelungen in der StPO enthalten sind.
8.3(zu Absatz 3)
Hierzu können auch andere Straftaten zählen, soweit sie gewerbs- oder
bandenmäßig oder in anderer Weise organisiert begangen werden und dementsprechend
einen erheblichen materiellen oder immateriellen (Gesamt-)Schaden verursachen.
9
Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung (zu § 9)
9.0
§ 9 gilt für die Erhebung von Daten durch die Polizei für die in § 1 genannten
Aufgaben, falls nicht bereichsspezifische Regelungen bestehen. Die in § 9 Abs.
2 bis 6 geregelten Einschränkungen wirken sich auch auf die §§ 11 bis 21 aus,
soweit sich aus den letztgenannten Vorschriften keine Besonderheiten ergeben.
Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSG NRW)
ist unter Datenerhebung das Beschaffen von Daten über die betroffene Person zu
verstehen. Nach § 3 Abs. 1 DSG NRW sind personenbezogene Daten Einzelangaben
über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren
natürlichen Person (betroffene Person).
9.1 (zu Absatz 1)
9.11
Eine Person kann unabhängig davon befragt werden, ob die Voraussetzungen der §§
4 bis 6 vorliegen. Eine Befragung ist für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich,
wenn ohne Kenntnisse der zu erhebenden Daten die Aufgabe nicht oder zumindest
nicht mehr zeit- oder sachgerecht wahrgenommen werden kann. Ein Hinweis auf die
Freiwilligkeit der Auskunft oder Aussage bzw. auf ein eventuell bestehendes
Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht ist nur dann verzichtbar, wenn
dadurch die Abwehr einer Gefahr erheblich erschwert oder vereitelt wird. Die
Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat im Zweifelsfall Vorrang
vor der Sicherung von gerichtsverwertbaren Beweisen.
9.12
Die Dauer der Befragung ist auf das notwendige Maß zu beschränken.
9.2 (zu Absatz 2)
9.21
Angaben zur Person sollten nur erfragt werden, wenn Gründe vorliegen, die eine
spätere erneute Kontaktaufnahme möglich erscheinen lassen. Aus dem Sinn des § 9
Abs. 2 Satz 1 ergibt sich, dass unter den Begriff „Namen“ nicht nur
Familiennamen fallen, sondern auch Geburtsnamen, Künstlernamen und sonstige
Namen. Da § 9 Abs. 2 Satz 1 nicht auf eine Identitätsfeststellung abzielt, sind
Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 und § 14 nicht zulässig. Verweigert die betroffene
Person die Angaben, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob der
Verstoß gegen § 111 OWiG verfolgt werden soll und deshalb eine Identitätsfeststellung
gemäß § 46 OWiG in Verbindung mit § 163 StPO notwendig ist.
9.22
Gesetzliche Handlungspflichten i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 sind nur
Offenbarungspflichten, die sich direkt aus einem Gesetz ergeben (z.B. § 138
StGB). Aus § 8 in Verbindung mit den §§ 4 bis 6 lassen sich keine
Handlungspflichten i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 herleiten.
9.3 (zu Absatz 3)
Eine Datenerhebung kann ohne Kenntnis der betroffenen Person u.a. bei öffentlichen
Stellen oder Dritten sowie aus allgemein zugänglichen Quellen erfolgen. Eine
Datenerhebung durch Befragung Dritter oder durch Auskunftsersuchen bei einer
anderen Behörde ist nicht schon deshalb eine verdeckte Maßnahme, weil sie ohne
Kenntnis der betroffenen Person erfolgt.
9.4 (zu Absatz 4)
Eine verdeckte Datenerhebung liegt vor, wenn getarnte Maßnahmen zur
Datenerhebung vorgenommen werden, insbesondere die Zugehörigkeit zur Polizei
bewusst verschleiert wird. Um ein verdecktes Vorgehen handelt es sich nicht
schon, wenn Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte Dienst in
Zivilkleidung verrichten oder ein äußerlich nicht als solches zu erkennendes
Dienstfahrzeug benutzen.
10
Vorladung (zu § 10)
10.0
§ 10 regelt die Vorladung zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Vorladung durch
die Polizei in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach § 163 a StPO.
10.1 (zu Absatz 1)
Die Vorladung ist unzulässig, wenn die erforderliche Aufklärung auf anderem
Wege ohne unverhältnismäßigen Aufwand rechtzeitig erreicht werden kann oder die
Personalien der betroffenen Person bekannt sind und nach den Umständen zu
erwarten ist, dass sie zur Sache keine Angaben macht.
10.3 (zu Absatz 3)
Mittel zur Durchsetzung der Vorladung sind das Zwangsgeld und die Vorführung.
Soweit zur Durchsetzung der Vorführung unmittelbarer Zwang angewendet werden
soll, ist eine richterliche Entscheidung im Rahmen des § 10 Abs. 3 Satz 2
erforderlich. Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist gemäß § 55
Abs. 2 ausgeschlossen.
10.5 (zu Absatz 5)
Eine Entschädigung gemäß § 10 Abs. 5 PolG NRW bzw. § 59 OWiG oder § 26 Abs. 3
des Verwaltungsverfahrengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW)
in Verbindung mit dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen
(ZSEG) darf nur gezahlt werden, wenn die Zeugin oder der Zeuge auf Vorladung
bei der Polizei erscheint. Bei einer Anhörung an Ort und Stelle (z.B. bei
Verkehrsverstößen) und bei einer schriftlichen Anhörung kommt die Zahlung einer
Entschädigung grundsätzlich nicht in Betracht.
11
Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das
Handeln in Gefahrenfällen (zu § 11)
11.01
Die Polizei soll auf die freiwillige Mitarbeit der betroffenen Personen und
damit auf das Einverständnis zur Speicherung der in § 11 genannten Daten hinwirken.
§ 4 DSG NRW ist zu beachten.
11.02
Die Anwendung des § 11 ist auf die Fälle beschränkt, in denen das
Einverständnis der betroffenen Person zur Datenerhebung nicht oder nicht
rechtzeitig erlangt werden kann. § 11 begründet keine Auskunftspflicht für die
Betroffenen. Ggf. ist darauf hinzuweisen, dass die Daten auch ohne ihre
Einwilligung erhoben werden können. Die §§ 23 Abs. 1 und 27 Abs. 1 sind zu
beachten.
12
Identitätsfeststellung (zu § 12)
12.0
§ 12 regelt die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr. Die
Identitätsfeststellung in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§
163 b f. StPO.
12.1 (zu Absatz 1)
12.11
§ 12 Abs. 1 Nr. 1 setzt eine konkrete Gefahr i.S.d. § 8 Abs. 1 voraus.
12.12
Identitätsfeststellungen nach § 12 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 sind bei Personen, die
offensichtlich in keiner Beziehung zu dem mit der Maßnahme verfolgten Zweck
stehen, nicht vorzunehmen.
12.13
In § 12 Abs. 1 Nr. 2a) ist der Kreis der Anlassstraftaten auf solche von
„erheblicher Bedeutung“ i.S.d. § 8 Abs. 3 begrenzt, so dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
jetzt unmittelbar zum Ausdruck kommt.
12.14
§ 12 Abs. 1 Nr. 2c) setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen,
dass sich an dem Ort Personen verbergen, die wegen einer Straftat verurteilt
wurden und aus diesem Grunde zur Strafvollstreckung gesucht werden.
12.15
§ 12 Abs. 1 Nr. 4 regelt die Einrichtung von Kontrollstellen zur
Gefahrenabwehr. Für den Bereich der Strafverfolgung gilt § 111 StPO.
Kontrollstellen nach Nummer 4 sind auf das notwendige Maß zu beschränken. Sie
sollen nur eingerichtet werden, wenn eine durch hinreichende Tatsachen
begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass die genannten Straftaten durch die
Identitätsfeststellung, evtl. in Verbindung mit sonstigen polizeilichen
Maßnahmen, verhütet werden können.
12.16
Beauftragte Stelle i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ist die zuständige
Bezirksregierung. Bei Gefahr im Verzug können Kreispolizeibehörden
Kontrollstellen ohne Zustimmung einrichten; hierüber haben sie der
Bezirksregierung unverzüglich zu berichten. Sollen Kontrollstellen außerhalb
des Regierungsbezirks eingerichtet werden, in dem die Kreispolizeibehörde, in
deren örtlichen Zuständigkeitsbereich die Straftaten begangen werden sollen, ihren
Sitz hat, entscheidet die für die Kreispolizeibehörde zuständige
Bezirksregierung in Abstimmung mit der anderen betroffenen Bezirksregierung.
12.2 (zu Absatz 2)
12.21
Bei der Entscheidung, ob die betroffene Person zur Dienststelle gebracht werden
soll, ist zu prüfen, ob dies zu dem beabsichtigten Erfolg nicht außer Verhältnis
steht.
12.22
Die Durchsuchung nach § 12 Abs. 2 Satz 4 hat sich darauf zu beschränken, die
Identität einer Person festzustellen; liegen jedoch die Voraussetzungen des §
39 oder des § 40 vor, kann sich die Durchsuchung auch auf die dort angegebenen
Zwecke erstrecken.
13
Prüfung von Berechtigungsscheinen (zu § 13)
13.01
Die betroffene Person darf für die erforderliche Dauer der Überprüfung
angehalten werden.
13.02
Eine Anordnung nach § 13 setzt voraus, dass die betroffene Person die
Tätigkeit, für deren Ausübung der Berechtigungsschein erforderlich ist, ausübt
oder nach den Umständen erkennbar ist, dass sie diese beginnen wird oder
beendet hat.
13.03
Regelungen im Bundes- und Landesrecht, nach denen Berechtigungsscheine zur
Prüfung auszuhändigen bzw. vorzulegen sind, gehen als Spezialvorschriften § 13
vor. Wenn das Bundesrecht nur ein Mitführen oder Vorzeigen vorschreibt, ist §
13 ebenfalls nicht anzuwenden. Eine Aushändigung von Berechtigungsscheinen
aufgrund des § 13 kann nur verlangt werden, soweit sich eine Pflicht zum
Aushändigen nicht schon aus den Regelungen des Landesrechts ergibt, die zum
Mitführen des Berechtigungsscheines verpflichten.
14
Erkennungsdienstliche Maßnahmen (zu § 14)
14.0
§ 14 regelt die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen für den Bereich
der Gefahrenabwehr. § 81 b, 2. Alternative StPO bleibt unberührt und geht als
Bundesrecht § 14 Abs. 1 Nr. 2 vor.
14.1 (zu Absatz 1)
Erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 sind nur vorzunehmen,
wenn andere Möglichkeiten der Identitätsfeststellung mit zumutbarem Aufwand
nicht bestehen. Auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 kann nur zurückgegriffen werden, wenn §
81 b, 2. Alternative StPO nicht anwendbar ist.
14.2 (zu Absatz 2)
Die Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener
Sammlungen (KpS-RL) sind zu beachten.
14.3 (zu Absatz 3)
Die Belehrung über den Anspruch auf Vernichtung erkennungsdienstlicher
Unterlagen nach Wegfall der Voraussetzungen hat in allen Fällen - auch in denen
des § 81 b StPO - zu erfolgen.
14.4 (zu Absatz 4)
Andere Maßnahmen sind nur zulässig, wenn und soweit sie hinsichtlich der
Beeinträchtigung der betroffenen Person den Maßnahmen des § 14 Abs. 4 vergleichbar
sind.
15
Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen (zu § 15)
15.1 (zu Absatz 1)
15.11
Die Datenerhebung über teilnehmende Personen bei oder im Zusammenhang mit
öffentlichen Versammlungen richtet sich nach den §§ 12 a und 19 a VersammlG.
15.12
Öffentliche Veranstaltungen i.S.d. § 15 Abs. 1 sind beispielsweise Volksfeste,
Sport- oder Kulturveranstaltungen. Eine Ansammlung liegt vor, wenn Menschen
zufällig zusammentreffen, denen das gemeinsame Wollen des Zusammenseins und
damit ein verbindender Zweck der Zusammenkunft fehlt.
15.13
Eine personenbezogene Datenerhebung i.S.d. § 15 Abs. 1 liegt nicht vor, wenn
lediglich Übersichtsaufnahmen gemacht werden, die eine Personenidentifizierung
nicht ermöglichen.
15.14
§ 15 Abs. 1 Satz 3 ist eine Bestimmung i.S.d. § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1.
Personenbezogene Daten, die zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten
benötigt werden, sind in die Ermittlungsvorgänge zu übernehmen. Daten aus
solchen Strafverfahren können auch nach § 24 Abs. 2 verarbeitet werden.
15 a
Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel (zu § 15 a)
15a.0
Die Videoüberwachung ist an Kriminalitätsbrennpunkten im Sinne des § 15 a
zulässig, das heißt an einzelnen öffentlich zugänglichen Orten, an denen wiederholt
Straftaten begangen wurden und deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten
begünstigt. Durch diese Maßnahme können Straftaten verhütet, die Aufklärung von
Straftaten gesteigert und das Sicherheitsgefühl verbessert werden. Die
Videoüberwachung ist im Rahmen eines Gesamtkonzepts einzusetzen, das auf die
spezifischen Gegebenheiten abgestimmt ist und ergänzende Maßnahmen vorsieht.
Vor einem Einsatz dieser Maßnahme ist zu prüfen, ob die Videoüberwachung aller
Wahrscheinlichkeit nach nur zu einem Verdrängungseffekt führt; in diesem Fall
ist die Videoüberwachung unzulässig. Im Übrigen ist § 10 DSG NRW zu beachten.
15a.1 (zu Absatz 1)
15a.11
Die Norm stellt auf Straftaten ab, um die an Kriminalitätsbrennpunkten
typischen Delikte der Straßenkriminalität wie z.B. Diebstahl, Körperverletzung
und Sachbeschädigung besser bekämpfen zu können.
15a.12
Die Videoüberwachung ist auf
Kriminalitätsbrennpunkte beschränkt. Eine flächendeckende
Videoüberwachung aller öffentlich
zugänglichen Orte ist unzulässig.
15a.13
Die Beschaffenheit der Örtlichkeit muss günstige Tatgelegenheiten bieten und
somit für potentielle Straftäter als attraktiver Tatort nicht ohne Weiteres austauschbar
sein. Das kann neben den baulichen Gegebenheiten der Fall sein durch die
Tätererwartung eines erhöhten Aufkommens geeigneter Opfer, schwach ausgeprägter
Anzeigebereitschaft der Opfer oder einer verspäteten Erstattung der
Strafanzeige oder eines geringen Entdeckungsrisikos. Damit soll eine Videoüberwachung
an Orten verhindert werden, an denen ausschließlich mit Verdrängungseffekten zu
rechnen ist.
15a.14
Grundsätzlich sind die übertragenen Bilder zur Ermöglichung der Rekonstruktion
von Geschehensabläufen aufzuzeichnen.
15a.15
Durch ausreichende und eindeutige Beschilderung ist gut sichtbar auf die
Videoüberwachung hinzuweisen.
15a.2 (zu Absatz 2)
Absatz 2 regelt die Speicherungsdauer der Daten. Die Zulässigkeit der weiteren
Verwendung der Daten richtet sich nach den dafür geltenden Vorschriften im PolG
NRW oder in der StPO.
15a.3 (zu Absatz 3)
Die Anordnung obliegt stets der Behördenleiterin oder dem Behördenleiter. Bei
deren Abwesenheit oder Verhinderung nimmt die ständige/allgemeine Vertreterin
oder der ständige/allgemeine Vertreter die Behördenleitungsfunktion wahr.
15a.4 (zu Absatz 4)
15a.41
Die Maßnahmen sind zu dokumentieren. Die Dokumentation dient als Grundlage für
die Entscheidung über die Aufrechterhaltung und Verlängerung der Maßnahme. Sie
sollte dazu folgende Angaben enthalten: Ort, soziale Umstände, Kriminalität,
Gesamtkonzept, Veränderungen während und ggf. nach der Maßnahme. Den Abschluss
der Dokumentation bildet eine Bewertung über Geeignetheit und Erfolg der
Maßnahme.
15a.42
Die Überprüfung nach Fristablauf von jeweils einem Jahr bezweckt eine in
regelmäßigen Abständen durchzuführende Bewertung der Erforderlichkeit der
Maßnahme. Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung entfallen nicht allein durch
einen Rückgang der registrierten Kriminalität. Die Bewertung muss vielmehr auch
eine begründete Prognose umfassen, ob ein Fortfall der Videoüberwachung zu
einem erneuten Kriminalitätsanstieg führen wird. Die Prüfung ist so zeitgerecht
vorzunehmen, dass eine Fortsetzung der Maßnahme nach Ablauf der Jahresfrist
ohne Unterbrechung möglich ist.
15a.5 (zu Absatz 5)
Das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes
vom 8. Juli 2003 (GV. NRW. S. 410) ist am 24. Juli 2003 in Kraft getreten.
15 b
Datenerhebung zur Eigensicherung (zu § 15 b)
15b.0
Mein RdErl. zur Datenerhebung zur Eigensicherung gemäß § 15 b PolG NRW ist zu
beachten.
16
Datenerhebung durch Observation (zu § 16)
16.0
Soweit Belange der Strafverfolgung berührt sein können, sind nach Möglichkeit
Observationen gemäß § 16 mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen.
16.1 (zu Absatz 1)
16.11
Erfasst werden von der Legaldefinition in § 16 Abs. 1 Satz 1 Maßnahmen
(verdeckte und offene Observationen) mit größerer Eingriffsintensität, die
einen nicht unerheblichen organisatorischen, personellen und sachlichen Aufwand
erfordern.
16.12
Bei der suchfähigen Speicherung der Daten von Kontakt- und Begleitpersonen in
Dateien ist § 24 Abs. 4 zu beachten. Als Kontaktpersonen können nur die
Personen angesehen werden, die enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche
Beziehungen zu der Zielperson unterhalten. Begleitpersonen sind Personen, die -
ohne enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu der
Zielperson zu unterhalten - nicht nur kurzfristig mit ihr angetroffen werden.
Daher dürften z.B. Verkäufer, Bedienungspersonal oder (Taxi-)Fahrer in der
Regel keine Begleitpersonen, sondern allenfalls andere Personen i.S.d. § 16
Abs. 1 Satz 2 sein.
16.2 (zu Absatz 2)
16.21
Die Anordnungskompetenz geht bei Abwesenheit oder Verhinderung der
Behördenleiterin oder des Behördenleiters auf denjenigen über, der in diesen Fällen
die Behördenleitungsfunktion wahrnimmt.
16.22
Die Anordnung der längerfristigen Observationen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
wird grundsätzlich durch die Leiterin oder den Leiter der nach § 7 Abs. 1 POG
NRW zuständigen Polizeibehörde getroffen. Soweit das zur Kriminalhauptstelle
bestimmte Polizeipräsidium seine Aufgaben (Zuständigkeit) gemäß
Kriminalhauptstellenverordnung (KHSt-VO) wahrnimmt, obliegt die Anordnung
dessen Behördenleiterin oder Behördenleiter. Eine zuvor von der örtlich
zuständigen Behördenleiterin oder dem Behördenleiter getroffene Anordnung wirkt
bei Übernahme durch das zur Kriminalhauptstelle bestimmte Polizeipräsidium
solange fort, bis sie von dessen Behördenleiterin oder Behördenleiter bestätigt
oder aufgehoben wird.
16.23
In den Fällen des § 9 Abs. 1 POG NRW trifft die Behördenleiterin oder der
Behördenleiter der für die überörtliche Observation zuständigen Kriminalhauptstelle,
in deren Zuständigkeitsbereich die längerfristige Observation in
Nordrhein-Westfalen zuerst beginnt, die Anordnung nach § 16 Abs. 2.
16.24
Die RdNrn. 16.21 bis 16.23 gelten für das Landeskriminalamt entsprechend.
16.3 (zu Absatz 3)
16.31
Eine Unterrichtungspflicht gegenüber den in § 16 Abs. 1 Satz 2 genannten
Personen besteht nicht, da sich die Datenerhebung nicht gegen sie richtete.
16.32
Unterrichtungspflichtig ist grundsätzlich die sachbearbeitende Polizeibehörde.
Die Unterrichtungspflicht bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu
informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist, auf Beginn und Ende
der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Eine weitergehende Auskunft kann nach
Einzelfallprüfung auf Antrag gemäß § 18 DSG NRW erteilt werden. Die
sachbearbeitende Polizeibehörde kann erweiterte Auskünfte, die sich auf die
ausführende Polizeibehörde beziehen, nur mit deren Zustimmung geben.
16.4 (zu Absatz 4)
Eine kurzfristige Observation ist abzubrechen, sobald sie die in § 16 Abs. 1
vorgegebenen Zeitkriterien überschreitet und nicht zwischenzeitlich die materiellen
und formellen Voraussetzungen für die längerfristige Observation erfüllt
werden.
17
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung
von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen (zu § 17)
17.01
§ 17 regelt die verdeckte Datenerhebung durch technische Mittel über Personen,
die der Polizei bekannt sind (wobei deren Identität nicht unbedingt feststehen
muss) und die ggf. mit weiteren bekannten oder unbekannten Personen Kontakt
aufnehmen. Verdeckt werden die technischen Mittel dann eingesetzt, wenn ihr
Einsatz getarnt erfolgt und sie insbesondere als solche nicht erkennbar sind;
vgl. auch RdNr. 9.4. Die im Einzelfall erfolgende Nutzung von Bildaufnahmen und
Bildaufzeichnungen, die nicht von der Polizei erstellt worden sind, ist keine
Datenerhebung i.S.d. § 17.
17.02
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
17.2 (zu Absatz 2)
Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 müssen nur gegenüber dem
berechtigten Wohnungsinhaber vorliegen. Die verdeckte Anfertigung von Bildaufnahmen
und Bildaufzeichnungen aus einer Wohnung heraus, die sich gegen eine Person
außerhalb einer Wohnung richtet, wird von § 17 Abs. 1 erfasst. Ein verdeckter
Einsatz i.S.d. § 17 Abs. 2 ist auch gegeben, wenn natürliche oder künstliche
Sichtsperren überwunden werden.
17.3 (zu Absatz 3)
17.31
Maßnahmen nach § 17 bedürfen auch dann der Anordnung der Behördenleiterin oder
des Behördenleiters, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer längerfristigen
Observation durchgeführt werden. RdNr. 16.21 gilt entsprechend.
17.32
Die richterliche Entscheidung i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 4 ist gleichzeitig mit
der Anordnung der Behördenleiterin oder des Behördenleiters nach § 17 Abs. 3
Satz 3 zu veranlassen.
17.4 (zu Absatz 4)
17.41
Der personenbezogene und funktionsbezogene Auftrag an Polizeivollzugsbeamtinnen
oder Polizeivollzugsbeamte, über den Einsatz der technischen Geräte gemäß § 17
Abs. 4 zu entscheiden, bedarf der Schriftform. Der Auftrag ist auf höchstens
zwei Jahre zu befristen; Verlängerungen sind zulässig.
17.42
Eine Maßnahme nach § 17 Abs. 4 setzt eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine
Gefährdung der eingesetzten Person voraus.
17.43
Die Zulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten richtet sich nach den dafür
geltenden Vorschriften im PolG oder in der StPO.
17.5 (zu Absatz 5)
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
18
Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zum Abhören und
Aufzeichnen des gesprochenen Wortes (zu § 18)
18.01
Die Verwaltungsvorschriften zu § 17 gelten für § 18 sinngemäß.
18.02
Eine Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr ist weder nach § 18 noch nach § 8
zulässig.
19
Datenerhebung durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der
Polizei Dritten nicht bekannt ist (zu § 19)
19.01
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
19.02
Mit „Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist“,
werden die V-Personen begrifflich umschrieben. Maßgeblich ist, dass die
Zusammenarbeit von V-Personen und Polizei Dritten nicht bekannt werden soll.
19.03
Für die Zusicherung der Vertraulichkeit/Geheimhaltung durch die Polizei gilt
der Gem. RdErl. d. Justizministers u. d. Innenministers v. 17.2.1986 (SMBl. NRW. 20531) entsprechend.
19.1 (zu Absatz 1)
19.11
Die Polizei muss der V-Person den speziellen Auftrag erteilen, gezielt Daten
über bestimmte oder bestimmbare Personen zu beschaffen.
19.12
V-Personen haben und erhalten keine hoheitlichen Befugnisse. In Ausnahmefällen
kann es notwendig sein, ihnen einen Personenschutzsender oder entsprechende
andere Geräte zum Schutz nach Maßgabe der §§ 17 und 18 mitzugeben.
19.2 (zu Absatz 2)
19.21
Der personenbezogene und funktionsbezogene Auftrag an Polizeivollzugsbeamtinnen
oder Polizeivollzugsbeamte, über den Einsatz von V-Personen zu entscheiden,
bedarf der Schriftform. Der Auftrag ist auf höchstens zwei Jahre zu befristen;
Verlängerungen sind zulässig. Wer eine V-Person führt, ist einer strengen
Aufsicht zu unterwerfen.
19.22
Der Einsatz einer V-Person, die gewerbsmäßig Nachforschungen betreibt, ist der
Behördenleiterin oder dem Behördenleiter unverzüglich anzuzeigen. Ihr Einsatz
darf für den Einzelfall über den Zeitraum von drei Monaten hinaus nur mit
Genehmigung der Behördenleiterin oder des Behördenleiters erfolgen.
19.3 (zu Absatz 3)
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
20
Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittler (zu § 20)
20.01
RdNr. 16.0 gilt entsprechend.
20.02
Als Verdeckte Ermittler dürfen nur für diese Funktion ausgebildete und
bestimmte Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte eingesetzt
werden.
20.1 (zu Absatz 1)
20.11
§ 20 Abs. 1 enthält die Legaldefinition für Verdeckte Ermittler. Voraussetzung
für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ist, dass die Aufgabenerfüllung
i.S.d. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 ohne seinen Einsatz wesentlich erschwert oder
entscheidend verzögert würde.
20.12
Der Verdeckte Ermittler unterliegt dem Legalitätsprinzip. Erhält er im Rahmen
seiner Tätigkeit Kenntnis von Straftaten, hat er unverzüglich seine Dienststelle
zu unterrichten. Die Dienststelle hat sodann - ggf. im Einvernehmen mit der
Staatsanwaltschaft - die erforderlichen Maßnahmen zur Strafverfolgung zu
treffen. Dabei ist die Gefährdung des Verdeckten Ermittlers zu berücksichtigen.
Im Einzelfall hat der Verdeckte Ermittler im Wege der Rechtsgüterabwägung und
unter Berücksichtigung seiner Gefährdung zu entscheiden, ob er unter Preisgabe
seiner Legende notwendige Sofortmaßnahmen vornimmt.
20.2 (zu Absatz 2)
20.21
Nach § 20 Abs. 2 ist es zulässig, dass andere Behörden auf Ersuchen der
Polizeibehörde entsprechende Urkunden verändern oder ausstellen, die für den
Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende des Verdeckten Ermittlers
unerlässlich sind. Die Ersuchen sind an die Leiterin oder den Leiter der
ersuchten Behörden unter Hinweis auf § 20 Abs. 2 zu richten.
20.22
Der Verdeckte Ermittler darf zur Erfüllung seines Auftrages unter der Legende
bei öffentlichen Stellen auftreten und privatrechtliche Vereinbarungen treffen.
Durch die unter der Legende erfolgte Teilnahme am Rechtsverkehr darf den
Vertragspartnern kein wirtschaftlicher Schaden entstehen.
20.3 (zu Absatz 3)
Das Betretungsrecht des § 20 Abs. 3 Satz 1 beinhaltet keine Befugnis zur
Durchsuchung der Wohnung.
20.4 (zu Absatz 4)
RdNr. 15a.3 gilt entsprechend.
20.5 (zu Absatz 5)
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
21
Polizeiliche Beobachtung (zu § 21)
21.1 (zu Absatz 1)
21.11
Bei Kraftfahrzeugen hat die ausschreibende Polizeibehörde vierteljährlich zu
prüfen, ob das zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschriebene Kraftfahrzeug noch
für den bisherigen Halter zugelassen ist.
21.12
Bei der Gesamtwürdigung i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 1 sind insbesondere die in
Planung, Ausführung oder zeitlicher Folge gezeigte kriminelle Energie bei früheren
Straftaten, die rücksichtslose Durchsetzung des verbrecherischen Willens oder
die offensichtliche Wirkungslosigkeit von Straf- und Resozialisierungsmaßnahmen
zu berücksichtigen.
21.2 (zu Absatz 2)
Die feststellende Behörde darf keine Ergänzungen in der Datei vornehmen, in der
die Ausschreibung erfolgt ist. Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung
stellt keine Ermächtigung für sonstige Maßnahmen gegen Personen dar.
21.3 (zu Absatz 3)
Das Gericht, das die Anordnung getroffen hat, braucht nicht unterrichtet zu
werden, wenn die Dauer der Ausschreibung nicht voll ausgeschöpft wird.
21.4 (zu Absatz 4)
Kontakt- oder Begleitpersonen sind nicht Betroffene i.S.d. § 21 Abs. 4 Satz 1.
RdNr. 16.3 gilt entsprechend.
22
Allgemeine Regeln über die Dauer der Datenspeicherung (zu § 22)
22.0
Prüfungstermine und Aufbewahrungsfristen sind festzulegen, wenn sie sich nicht
bereits aus dem Gesetz ergeben (vgl. z.B. § 15 Abs. 1, § 21 Abs. 3, § 22 Satz 5
sowie § 24 Abs. 2 und 4). Soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen,
gelten die KpS-RL, die AktOPol sowie einschlägige andere Runderlasse und
regionale oder örtliche Verfügungen weiter. Eine kalendermäßige Wiedervorlage
ist einzurichten. Ist die suchfähige Speicherung (vgl. RdNr. 32.22) von Daten
weiterhin erforderlich, ist das Prüfungsergebnis aktenkundig zu machen.
23
Zweckbindung bei der Datenspeicherung, Datenveränderung und Datennutzung (zu §
23)
23.0
Speichern ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einem
Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 DSG NRW).
Verändern ist das inhaltliche Umgestalten gespeicherter Daten (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 DSG NRW). Nutzung ist jede sonstige Verwendung personenbezogener Daten i. S. d.
§ 3 Abs. 2 Nr. 7 DSG NRW, die nicht Erhebung, Speicherung, Veränderung,
Übermittlung, Berichtigung, Sperrung, Löschung oder Vernichtung ist.
23.1 (zu Absatz 1)
23.11
§ 23 Abs. 1 geht als Spezialvorschrift dem § 13 DSG NRW vor. § 14 Abs. 4 DSG
NRW ist nicht anzuwenden. Bei den Bezirksregierungen gilt § 23 Abs. 1 nur für
den Polizeibereich (Dezernate 25 und 26 sowie Autobahnpolizei).
23.12
§ 23 Abs. 1 Satz 1 bildet keine rechtliche Grundlage für die Speicherung,
Veränderung oder Nutzung von Daten, sondern schreibt das aus der Verfassung
abgeleitete Gebot der Zweckbindung fest. § 23 Abs. 1 Satz 2 bietet nur eine
Rechtsgrundlage für die Zweckänderung bei der Übernahme von gespeicherten Daten
innerhalb der Polizeibehörde, soweit die Voraussetzungen für die erneute
Erhebung gegeben sind.
23.2 (zu Absatz 2)
Wertende Angaben beinhalten eine auf Tatsachen basierende Einschätzung und
geben somit auch in Zukunft erwartete Verhaltensweisen oder bestimmte Charaktereigenschaften
der betroffenen Person wieder.
24
Speicherung, Veränderung und Nutzung von Daten (zu § 24)
24.01
Eine Akte ist jede der Aufgabenerfüllung dienende Unterlage, die nicht Teil der
automatisierten Datenverarbeitung ist (§ 3 Abs. 6 DSG NRW). Polizeiliche
Notizbücher, Einsatzbefehle und sonstige Einsatzunterlagen sind Akten im Sinne
dieser Definition.
24.02
Datei ist eine Sammlung von Daten, die ohne Rücksicht auf die Art der
Speicherung durch automatisierte Verfahren ausgewertet werden kann, oder eine
gleichartig aufgebaute Sammlung von Daten, die nach bestimmten Merkmalen
geordnet und ausgewertet werden kann.
24.1 (zu Absatz 1)
24.11
Voraussetzung für die Verarbeitung von Daten in den unter RdNr. 23.0 genannten
Phasen ist, dass die Daten rechtmäßig erlangt wurden, und zwar unabhängig
davon, ob die Polizei die Daten selbst erhoben hat oder ob sie ihr übermittelt
worden sind.
24.12
§ 24 Abs. 1 ermächtigt nicht zur Datenerhebung, um polizeiliches Handeln zu
dokumentieren. Er bietet lediglich die Möglichkeit, die aufgrund anderer gesetzlicher
Vorschriften erhobenen Daten zur Dokumentation zu verwenden. Die Verwendung
dieser Daten für eine Dokumentation ist zulässig, wenn Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass das polizeiliche Handeln in einem bestimmten Fall auf seine
Recht- und Zweckmäßigkeit überprüft werden wird. Die Dokumentation ist zu
vernichten, sobald die Überprüfung abgeschlossen ist oder sobald feststeht,
dass eine Überprüfung nicht stattfinden wird. § 24 Abs. 7 bleibt unberührt.
24.2 (zu Absatz 2)
24.21
Hinsichtlich des Begriffes „suchfähig“ vgl. RdNr. 32.22.
24.22
Der Verdacht der Straftat gegen eine Person ist i.S.d. § 24 Abs. 2 Satz 5
insbesondere entfallen, wenn keine Straftat vorlag, der Beschuldigte nicht als Täter
in Betracht kommt bzw. unter den Voraussetzungen der §§ 32 bis 37 StGB
gehandelt hat oder eine Einstellung nach § 206b StPO erfolgte. In den Fällen
einer Einstellung nach den §§ 153 ff., 205 oder 206a StPO sowie bei Vorliegen
der §§ 24 und 31 StGB oder tätiger Reue entfällt der Verdacht in der Regel
nicht.
24.23
Rechtsgrundlage für die Speicherung und Nutzung der nach § 81 b, 2. Alternative
StPO erhobenen erkennungsdienstlichen Daten ist § 24 Abs. 2.
24.4 (zu Absatz 4)
Nach § 24 Abs. 4 Satz 1 ist es nicht zulässig, über die dort genannten
Personengruppen personenbezogene Daten in Dateien, welche nicht zur Bekämpfung
von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind, suchfähig zu
verarbeiten. Durch Satz 1 wird die Verarbeitung der Daten dieser Personengruppe
in Akten und in nicht suchfähiger Form in Dateien nicht beschränkt.
24.6 (zu Absatz 6)
§ 24 Abs. 6 ist eine gesetzliche Regelung zur Nutzungsänderung, die im
Verhältnis zu besonderen Regelungen im Bundes- und Landesrecht nachrangig ist.
24.7 (zu Absatz 7)
RdNr. 24.6 gilt entsprechend.
25
Datenabgleich (zu § 25)
25.0
§ 25 ist keine Rechtsgrundlage zur Erhebung der Daten, die abgeglichen werden
sollen. Obwohl nur § 25 Abs. 1 Satz 3 von rechtmäßig erlangten Daten spricht,
kann auch der Datenabgleich nach § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2 gemäß § 24 Abs. 1
nur mit rechtmäßig erlangten Daten vorgenommen werden.
25.1 (zu Absatz 1)
25.11
Es muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass durch den Abgleich
nach § 25 Abs. 1 Satz 1 sachdienliche
Hinweise zu erhalten sind, die zur Abwehr der Gefahr genutzt werden können.
25.12
Die Voraussetzungen für den Datenabgleich nach § 25 Abs. 1 Satz 2 sind enger
als die für die Befragung nach § 9.
25.2 (zu Absatz 2)
§ 25 Abs. 2 gibt nicht die Befugnis, eine betroffene Person, die bisher nicht
angehalten worden ist, zum Zwecke der Durchführung des Datenabgleichs anzuhalten.
26
Allgemeine Regeln der Datenübermittlung (zu § 26)
26.0
Durch § 26 wird die verfassungsrechtlich gebotene Zweckidentität der gespeicherten
personenbezogenen Daten im Hinblick auf ihre Übermittlung sichergestellt.
Übermitteln ist das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung
gewonnener Daten an Dritte in der Weise, dass die Daten durch die
verantwortliche Stelle weitergegeben oder zur Einsichtnahme bereitgehalten
werden oder dass Dritte zum Abruf in einem automatisierten Verfahren bereitgehaltene
Daten abrufen (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 DSG NRW).
26.2 (zu Absatz 2)
Dem Berufsgeheimnis unterliegen diejenigen Informationen, die insbesondere über
§ 203 Abs. 1 StGB geschützt sind oder für die die Träger von Berufsgeheimnissen
ein Zeugnisverweigerungsrecht nach den §§ 53 und 53 a StPO geltend machen
können. Besondere Amtsgeheimnisse sind
z.B. das Sozial- oder Steuergeheimnis; nicht hierunter fällt die allgemeine
beamten- und verwaltungsverfahrensrechtliche Geheimhaltungspflicht.
26.3 (zu Absatz 3)
Unter den Begriff „Ersuchen des Empfängers“ i.S.d. § 26 Abs. 3 Satz 3 fällt
auch ein Antrag nach § 29 Abs. 2. Ob eine Datenübermittlung im Einzelfall
zulässig ist, richtet sich nach den §§ 27 bis 29. In den Fällen des § 26 Abs. 3
Satz 5 ist § 33 Abs. 5 zu beachten.
27
Datenübermittlung zwischen Polizeibehörden (zu § 27)
27.1 (zu Absatz 1)
§ 27 Abs. 1 Satz 1 lässt die Datenübermittlung von einer Polizeibehörde an eine
andere des Landes Nordrhein-Westfalen, des Bundes oder eines anderen
Bundeslandes zu. Datenübermittlungen an eine Polizeieinrichtung sind ebenfalls nach Satz 1 zulässig, wenn
diese die Polizeibehörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. Daneben
können nach Satz 1 Datenübermittlungen an Polizeieinrichtungen im Einzelfall
erfolgen, soweit deren Polizeivollzugsbeamte Maßnahmen im ersten Zugriff nach §
7 Abs. 3 POG NRW getroffen haben. Im übrigen können Datenübermittlungen von einer
Polizeibehörde an Polizeieinrichtungen unter den Voraussetzungen des § 28
erfolgen.
28
Datenübermittlung an öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen
sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen (zu § 28)
28.0
Datenübermittlungen der Polizei an andere Behörden aufgrund spezialgesetzlicher
Regelungen gehen der Datenübermittlung nach § 28 vor.
28.1 (zu Absatz 1)
Die Aufgaben der Polizei ergeben sich aus § 1. Durch § 28 Abs. 1 wird die
Polizei auch ermächtigt, im Zusammenhang mit ihrem Auskunftsersuchen an öffentliche
Stellen gemäß § 30 Abs. 2 eine Datenübermittlung vorzunehmen, soweit dies zum
Zwecke der Datenerhebung erforderlich ist.
28.2 (zu Absatz 2)
§ 28 Abs. 2 gibt der Polizei die Befugnis, in Fällen, in denen die Kenntnis von
personenbezogenen Daten für ein Tätigwerden einer öffentlichen Stelle der
Gefahrenabwehr Voraussetzung ist, die Daten zu übermitteln. Dies ist regelmäßig
der Fall, wenn die Polizei die konkrete Gefahr nicht (endgültig) beseitigen kann
und die öffentliche Stelle noch tätig werden muss. Da die Datenübermittlung
durch die Polizei ohne Ersuchen einer anderen Behörde erfolgt, genügt es, dass
die Übermittlung aus der Sicht der Polizei erforderlich erscheint.
28.3 (zu Absatz 3)
Die Datenübermittlung nach § 28 Abs. 3 Nr. 2 ist nicht vom Bestehen einer
konkreten Gefahr abhängig. Die Vorschrift zielt vorrangig auf eine Datenübermittlung
an Erlaubnisbehörden auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ab. Bei der
Entscheidungsvorbereitung benutzen die Erlaubnisbehörden die ihnen zugänglichen
Informationsquellen. Die Übermittlung der Daten ist in Nummer 2 deshalb auf
besonders gelagerte Einzelfälle begrenzt, deren Besonderheiten von der
anfragenden Stelle darzulegen sind. Entsprechende Umstände können sich aus der
Person, die die Erlaubnis beantragt, oder aus der besonderen Gefährdung
ergeben, die insbesondere von der Lage des Objekts, in oder an dem die
erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt werden soll, herrühren kann.
29
Datenübermittlung an Personen oder an Stellen außerhalb des öffentlichen
Bereichs (zu § 29)
29.01
Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs sind natürliche
Personen sowie juristische Personen des Privatrechts.
29.02
Bei Ausübung des Ermessens ist zu berücksichtigen, ob personenbezogene Daten in
das In- oder Ausland übermittelt werden sollen oder ob der Polizei bekannt ist,
dass die Empfängerin oder der Empfänger mit früher übermittelten Daten nicht
rechtmäßig verfahren ist.
29.1 (zu Absatz 1)
Für die in § 1 Abs. 4 angesprochenen Aufgaben ist § 8 Abs. 2 zu beachten. Die
Ausführungen zu RdNr. 28.1 gelten sinngemäß. § 29 Abs. 1 Nr. 1 findet auch
Anwendung, wenn die Polizei zum Schutz privater Rechte i.S.d. § 1 Abs. 2 Daten
erhoben hat und diese Geschädigten oder Gläubigern mitteilt.
29.2 (zu Absatz 2)
29.21
Auskunftsersuchen über die zur eigenen Person gespeicherten Daten richten sich
nach § 18 DSG NRW.
29.22
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, dass vor jeder Auskunftserteilung
nach § 29 Abs. 2 geprüft wird, ob Auskunftsbegehrende die erbetenen Daten von
einer anderen Stelle erhalten können, die von ihrer Aufgabenstellung her zu
einer Auskunftserteilung befugt ist.
29.23
Ein rechtliches Interesse der Auskunftsbegehrenden i.S.d. § 29 Abs. 2 Nr. 1 ist
gegeben, wenn sie die Daten des Dritten zur eigenen Rechtswahrung brauchen.
Dies ist glaubhaft gemacht, wenn ein objektiver Betrachter nach Würdigung der
vorzulegenden Beweismittel davon ausgehen kann, dass durch die Datenübermittlung
die Rechtswahrung überwiegend wahrscheinlich wird.
29.24
Zielt das Auskunftsbegehren i.S.d. § 29 Abs. 2 Nr. 1 darauf ab, zur Wahrung
rechtlicher Interessen den Aufenthalt einer Person zu erfahren, die sich nach
den Angaben der Auskunftsbegehrenden in Untersuchungshaft oder zur
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt befindet
oder befinden soll, sind die Auskunftsbegehrenden an die Justizbehörden zu
verweisen.
29.25
§ 29 Abs. 2 Nr. 2 setzt voraus, dass mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die betroffene Person mit der
Weitergabe ihrer Daten einverstanden wäre.
30
Datenübermittlung an die Polizei (zu § 30)
30.0
§ 30 findet Anwendung, soweit keine bereichsspezifischen Regelungen vorliegen.
30.1 (zu Absatz 1)
§ 30 Abs. 1 schränkt nicht die Möglichkeit ein, Strafanzeigen und Strafanträge
zu stellen.
30.2 (zu Absatz 2)
Normadressaten des § 30 Abs. 2 Satz 5 können unmittelbar nur öffentliche
Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen sein. Eine Durchsetzung des Ersuchens
mit Zwangsmitteln ist unzulässig. Das Verfahren nach § 5 Abs. 5 VwVfG NRW
findet Anwendung. Führt dies nicht zum Erfolg, kann in wichtigen Fällen dem
Innenministerium berichtet werden, damit dieses ggf. mit den betroffenen
Bundes- oder Landesressorts Kontakt aufnehmen kann.
31
Rasterfahndung (zu § 31)
31.1 (zu Absatz 1)
31.11
Die Vorschrift regelt die Rasterfahndung im präventiven Bereich. Der Befugnis
der Polizei, die Übermittlung der Datenbestände zu verlangen, entspricht die
Verpflichtung der Stelle zur Übergabe der geforderten Daten. Die Übermittlung
erfolgt in der Regel entweder durch die Herausgabe von magnetischen,
magneto-optischen oder optischen Datenträgern oder durch Überspielen der Daten
an die Polizei mittels technischer Einrichtungen zur Datenfernübertragung. Der
Datenabgleich ist sowohl mit polizeieigenen Datenbeständen als auch mit
denjenigen möglich, die von weiteren Stellen angefordert wurden. Eine Differenzierung
zwischen Verdächtigen und Nichtverdächtigen bzw. Störern und Nichtstörern
findet nicht statt.
31.12
Gegenüber privaten Stellen kann die Polizei die Verfügung zur Datenübermittlung
auf der Grundlage der richterlichen Anordnung nach § 31 Abs. 4 notfalls im Wege
des Verwaltungszwanges nach den §§ 50 ff. durchsetzen. Für öffentliche Stellen
folgt die Verpflichtung zur Übermittlung aus bereichsspezifischen Regelungen
oder aus § 30.
31.13
Die Rasterfahndung ist unter Beachtung des § 7 Abs. 1 Satz 2 POG NRW auch dann
zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts räumlich auf ein anderes
Land oder einen anderen Staat begrenzt oder geografisch nicht einzugrenzen ist,
sofern der Schaden vorhersehbar durch dortige Stellen nicht mit vergleichbarer
Wirksamkeit abgewendet werden kann.
31.2 (zu Absatz 2)
Das Übermittlungsersuchen darf sich nur auf die Daten beziehen, die notwendig
sind, um durch die Rasterfahndung der im Einzelfall vorliegenden Gefahr
begegnen zu können. Werden Daten i.S.d. § 31 Abs. 2 Satz 2 übergeben, ist die
ersuchte Stelle darauf hinzuweisen, dass die von den Ermittlungsersuchen nicht
erfassten Daten von der Polizei nicht genutzt werden.
31.3 (zu Absatz 3)
Die Löschungsverpflichtungen sind gesetzliche Bestimmungen i.S.d. § 32 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1. Soweit die Übermittlung durch Herausgabe von Datenträgern erfolgt
ist, sind diese zurückzugeben.
31.4 (zu Absatz 4)
31.41
Der Antrag auf richterliche Anordnung muss erkennen lassen, dass die Anzahl der
zu erhebenden Daten auf das für die Rasterfahndung erforderliche Maß beschränkt
wird. Dazu ist nach Möglichkeit vorher zu ermitteln, welche Daten bei welcher
der um Auskunft zu ersuchenden Stellen erfasst sind.
31.42
RdNr. 15a.3 gilt entsprechend.
32
Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten (zu § 32)
32.1 (zu Absatz 1)
32.11
Berichtigung i.S.d. § 32 Abs. 1 bedeutet, dass die gespeicherten personenbezogenen
Daten mit den Tatsachen in Übereinstimmung gebracht werden. Besteht der
Verdacht der unrichtigen Datenspeicherung, müssen Ermittlungen in angemessenem
Umfang von Amts wegen durchgeführt werden. Bis zum Abschluss der Ermittlungen
sind die im Verdacht der Unrichtigkeit stehenden Daten mit einem Sperrvermerk
zu versehen.
32.12
Die Berichtigungsbedürftigkeit der gespeicherten Daten kann auf Verarbeitungs-,
Eingabe- oder Rechtschreibfehlern beruhen.
32.13
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte können dazu führen, dass auch bei
nichtautomatisierten Dateien entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 2 vorgegangen wird.
In automatisierten Dateien kann erforderlichenfalls vermerkt werden, wann und
aus welchem Grund eine Berichtigung erfolgte.
32.2 (zu Absatz 2)
32.21
Löschung ist das Unkenntlichmachen gespeicherter Daten (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 DSG NRW), wobei der Datenträger zur weiteren Verwendung erhalten bleibt.
Vernichtung i.S.d. Gesetzes liegt vor, wenn eine weitere Verwendung des
Datenträgers wegen seiner Unbrauchbarmachung nicht mehr möglich ist.
32.22
Suchfähigkeit i.S.d. § 32 Abs. 2 Satz 1 liegt vor, wenn anhand bestimmter
Suchkriterien gezielt Daten aus Dateien oder Akten aufgefunden werden können.
32.23
Gesetzliche Bestimmungen i.S.d. § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 sind § 15 Abs. 1 Satz
3, § 21 Abs. 3, § 24 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 sowie § 31 Abs. 3.
32.24
Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 sind gegeben, wenn die
Speicherung nach § 24 Abs. 2 nicht zulässig war oder die weitere Datenspeicherung
aufgrund einer Änderung der Sach- und Rechtslage nicht länger erfolgen darf.
32.25
Bei § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 sind § 21 Abs. 3 Satz 5, § 22 und § 24 zu
beachten.
32.26
Aus § 32 Abs. 2 Satz 3 ergibt sich, dass in Fällen des § 32 Abs. 2 Satz 1 Nrn.
1 und 2 die Akten jeweils vollständig zu vernichten sind. § 32 Abs. 2 Satz 3
ermöglicht, nur Teile der Akte zu vernichten, soweit durch die Herausnahme
einzelner Blätter oder durch das Fehlen ganzer Unterordner die verbleibende
Akte zur Aufgabenerfüllung ausreicht.
32.27
Sperrung ist das Verhindern weiterer Verarbeitung gespeicherter Daten (§ 3 Abs.
2 Nr. 5 DSG NRW).
32.5 (zu Absatz 5)
32.51
Die Frist für die weitere Aufbewahrung ergibt sich aus den Umständen des
Einzelfalles.
32.52
Schutzwürdige Belange i.S.d. § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 sind insbesondere
gegeben, wenn die betroffene Person den Nachweis der Speicherung zur Rechtswahrung
benötigt.
32.53
Eine Einwilligung i.S.d. § 32 Abs. 5 Satz 3 muss die Voraussetzung des § 4 DSG
NRW erfüllen.
33
Errichtung von Dateien, Umfang des Verfahrensverzeichnisses, Freigabe von
Programmen, automatisiertes Abrufverfahren (zu § 33)
33.2 (zu Absatz 2)
§ 33 Abs. 2 trifft bereichsspezifische Ergänzungen zu § 8 DSG NRW. Im Übrigen
ist § 32 a DSG NRW zu beachten. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im
Auftrag gilt § 11 DSG NRW.
33.4 (zu Absatz 4)
Die Programmfreigabe besteht aus der Anwendungsfreigabe sowie aus der system-
und programmtechnischen Freigabe. Meine Erlassregelungen zur Planung und
Verwirklichung von IT-Verfahren sowie zur Beschaffung von IT-Technik im Bereich
der Polizei sind zu beachten.
33.5 (zu Absatz 5)
Voraussetzung für den Abruf durch ausländische Polizeibehörden ist eine
Rechtsverordnung nach § 27 Abs. 2.
34
Platzverweisung (zu § 34)
34.1 (zu Absatz 1)
34.11
Die Platzverweisung ist erforderlichenfalls mit der Anordnung zu verbinden,
mitgeführte Sachen (insbesondere Fahrzeuge) oder Tiere zu entfernen. Soll im
Zusammenhang mit einer Platzverweisung eine Wohnung betreten oder durchsucht
werden, müssen die Voraussetzungen des § 41 erfüllt sein.
34.12
Eine Platzverweisung kann auch gegen Schaulustige angeordnet werden, wenn
allein deren Anwesenheit den Einsatz von Feuerwehr, Hilfs- und Rettungsdiensten
behindert, insbesondere die Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge hierdurch versperrt
ist.
34.2 (zu Absatz 2)
34.21
Die Verfügung erfordert eine Prognoseentscheidung, nach der Tatsachen die
Annahme rechtfertigen müssen, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen
Bereich eine Straftat verüben oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Bloße
Vermutungen reichen nicht aus.
34.22
Die Aufenthaltsuntersagung darf nicht den Bereich betreffen, in dem die Person
ihre Wohnung hat oder in dem sie andere berechtigte Interessen (beispielsweise
gerichtliche Ladungen) wahrnimmt.
34.23
§ 34 Abs. 2 ist nicht gegenüber potenziellen Versammlungsteilnehmern
anzuwenden, da insoweit die Vorschriften des VersammlG vorgehen.
34 a
Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt (zu § 34
a)
34a.0
Die Broschüre „Häusliche Gewalt und polizeiliches Handeln – Information für die
Polizei und andere Beteiligte“ ist als verbindliche Handlungsanweisung zu
beachten (RdErl. vom 21.3.2002 – 42.1-2761).
35
Gewahrsam (zu § 35)
35.0
§ 35 regelt den Entzug der Freiheit zur Gefahrenabwehr. Eine
Freiheitsentziehung liegt außerdem in den Fällen der Durchsetzung einer
Vorladung gemäß § 10 Abs. 3 oder Durchführung einer Identitätsfeststellung
gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 vor. Die Vorschriften über die Freiheitsentziehung in
Strafverfahren (Verhaftung und vorläufige Festnahme, insbesondere nach den §§
112 ff., 127 und 163b StPO) bleiben unberührt.
35.1 (zu Absatz 1)
35.11
Bevor eine hilflose Person in Gewahrsam genommen wird, ist zu prüfen, ob sie -
ggf. unter Einschaltung des Rettungsdienstes - unmittelbar einem Angehörigen
oder einer anderen geeigneten Stelle (Krankenhaus, Heim o. ä.) übergeben werden
kann. Ebenso ist zu verfahren, wenn eine hilflose Person in Gewahrsam genommen
worden ist. Soll eine hilflose Person in das Polizeigewahrsam eingeliefert
werden, ist zuvor die Gewahrsamsfähigkeit durch einen Arzt feststellen zu
lassen. Hilflosigkeit liegt insbesondere vor, wenn bei einer Person
tiefgreifende Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Wahrnehmung,
der Auffassung oder auch des Denkens einzeln oder in Kombination auftreten.
35.12
Wird aufgrund des § 35 Abs. 1 Nr. 4 eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 36
herbeigeführt, ist die berechtigte Person unverzüglich zu unterrichten und
darauf hinzuweisen, dass sie die Möglichkeit hat, gemäß § 918 ZPO einen über
die Gewahrsamnahme hinausgehenden Sicherheitsarrest beim Arrestgericht (§ 919
ZPO) zu beantragen. Die verpflichtete Person ist im Falle eines
Sicherheitsarrestantrages der berechtigten Person durch die Polizei dem
Arrestgericht vorzuführen.
35.2 (zu Absatz 2)
Nicht erforderlich ist, dass von den Minderjährigen eine konkrete Gefahr
ausgeht oder ihnen eine solche droht.
35.3 (zu Absatz 3)
Die Ingewahrsamnahme ist zulässig, wenn noch kein Vollstreckungshaftbefehl oder
noch kein Ersuchen der Justizvollzugsanstalt vorliegt. Die Justizvollzugsanstalt
ist unverzüglich zu unterrichten. Für die Zurückbeförderung der betroffenen
Person sind möglichst die Sammeltransporteinrichtungen der Justizbehörden in
Anspruch zu nehmen.
36
Richterliche Entscheidung (zu § 36)
36.1 (zu Absatz 1)
36.11
Die richterliche Entscheidung ist bereits vor der Freiheitsentziehung
herbeizuführen, wenn dadurch der Erfolg der Maßnahme nicht gefährdet wird.
36.12
Eine schuldhafte Verzögerung liegt dann nicht vor, wenn der Richter aus
Gründen, die nicht von der Polizei zu vertreten sind, nicht tätig werden kann.
37
Behandlung festgehaltener Personen (zu § 37)
37.0
Der Vollzug der Freiheitsentziehung im Polizeigewahrsam ist im Einzelnen in der
Polizeigewahrsamsordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (RdErl. v. 27.7.1979,
SMBl. NRW. 20510) geregelt.
37.2 (zu Absatz 2)
Auf RdNr. 4.2 wird verwiesen.
38
Dauer der Freiheitsentziehung (zu § 38)
38.1 (zu Absatz 1)
Die Polizei hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die
Freiheitsentziehung entfallen sind. Sie hat von sich aus darauf hinzuwirken,
dass die betroffene Person so bald wie möglich entlassen werden kann.
39
Durchsuchung von Personen (zu § 39)
39.01
§ 39 regelt die Durchsuchung von Personen zur Gefahrenabwehr. Die Durchsuchung
von Personen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 102 ff.
StPO.
39.02
Die Durchsuchung von Personen beschränkt sich auf die Suche nach Sachen, die
sich in den Kleidern der Person oder an ihrem Körper befinden können. Zu diesem
Zweck kann von der Person ggf. verlangt werden, Kleidungsstücke abzulegen. Auch
in der Mundhöhle und in den Ohren kann erforderlichenfalls nachgesehen werden.
Die Suche nach Gegenständen im Innern des Körpers einschließlich der nicht ohne
weiteres zugänglichen Körperöffnungen stellt eine körperliche Untersuchung dar
(vgl. die §§ 81a und 81c StPO) und fällt deshalb nicht unter § 39.
39.03
Bei einer Durchsuchung aufgefundene Gegenstände sind der betroffenen Person zu
belassen, wenn sie weder nach § 43 sichergestellt noch nach den §§ 94 ff. StPO
sichergestellt oder beschlagnahmt oder nach § 37 Abs. 3 Satz 3 einbehalten
werden dürfen.
39.1 (zu Absatz 1)
39.11
Die Durchsuchung nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 dient der Suche nach Sachen, die zum
Angriff auf Personen oder Sachen, zur Flucht oder Selbstgefährdung geeignet
sind.
39.12
§ 39 Abs. 1 Nr. 2 dient dem Auffinden von Gegenständen, die nach § 43
sichergestellt werden dürfen. Voraussetzung ist, dass entsprechende Tatsachen
vorliegen; bloße Vermutungen reichen nicht aus.
39.13
Die Durchsuchung hilfloser Personen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 beschränkt sich auf
die Suche nach Identitätspapieren, nach „Unfallausweisen“ sowie nach Hinweisen
für den Grund der Hilflosigkeit, um Beistand leisten zu können. Vom Zweck der
Vorschrift werden auch Durchsuchungen getragen, die dem Auffinden von
Gegenständen dienen, durch die eine Gefährdung der Person eintreten kann.
39.2 (zu Absatz 2)
Die Durchsuchung nach § 39 Abs. 2 dient der Eigensicherung und dem Schutz
Dritter (z.B. bei gemeinschaftlicher Unterbringung im Gewahrsam).
40
Durchsuchung von Sachen (zu § 40)
40.01
§ 40 regelt die Durchsuchung von Sachen zur Gefahrenabwehr. Die Durchsuchung
von Sachen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 102 ff.
StPO.
40.02
Bei der Durchsuchung der am Körper befindlichen Kleidungsstücke und deren
Inhalt handelt es sich nicht um eine Durchsuchung von Sachen i.S.d. Vorschrift,
sondern um eine Durchsuchung von Personen (RdNr. 39.02).
40.03
Für die Durchsuchung von Sachen im befriedeten Besitztum gelten die §§ 41 und
42.
40.04
RdNr. 39.03 gilt entsprechend.
40.1 (zu Absatz 1)
40.11
Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 kann sich unter den Voraussetzungen des § 39 die
Durchsuchung der Person auch auf die Sachen erstrecken, die die Person
mitführt, d. h. die in ihrem unmittelbaren und sofortigen Zugriff stehen.
40.12
Sollen bewegliche Sachen, die Wohnungen sind (vgl. RdNr. 41.11), betreten oder
durchsucht werden, richten sich die Maßnahmen nach § 41.
40.2 (zu Absatz 2)
Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist auf sein Recht hinzuweisen, bei der
Durchsuchung anwesend sein zu können. Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte
kommen als Zeuginnen und Zeugen nur in Betracht, wenn andere Personen zu diesem
Zwecke nicht hinzugezogen werden können.
41
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen (zu § 41)
41.0
§ 41 regelt das Betreten und die Durchsuchung von Wohnungen zur Gefahrenabwehr.
Die Durchsuchung von Wohnungen in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach
den §§ 102 ff. StPO.
41.1 (zu Absatz 1)
41.11
Es ist zu beachten: Wohnungen i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 2 sind auch die zu
Wohnzwecken genutzten beweglichen Sachen wie Schiffe, Wohnwagen, Wohnmobile und
Zelte. Inhaber einer Wohnung ist, wer rechtmäßig die tatsächliche Gewalt über
die Räumlichkeit ausübt, somit z.B. auch Mieter, Untermieter oder Hotelgast.
Bei Gemeinschaftsunterkünften, Internaten und Obdachlosenasylen sind nur die
Leiterinnen und Leiter Inhaber. Die Befugnis zum Betreten einer Wohnung schließt
die Befugnis ein, von Personen, Sachen und Zuständen, die ohne weiteres
wahrgenommen werden können, Kenntnis zu nehmen. Soweit es für die Erfüllung der
polizeilichen Aufgaben erforderlich ist, umfasst das Betretungsrecht bei
Grundstücken auch das Recht zum Befahren mit Fahrzeugen.
41.12
§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 setzt keine Gefahr i.S.d. in § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
genannten Schutzgüter voraus und dient insbesondere dem wirksamen Schutz der
Nachtruhe vor erheblichen Ruhestörungen und zur Beendigung einer
Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 d des Landes-Immissionsschutzgesetzes
(LImSchG). Von einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft ist in der Regel
nur auszugehen, wenn die Polizei um Hilfe gerufen wird und nach Würdigung aller
Umstände die Immissionen nicht zumutbar sind.
41.13
Die Durchsuchung einer Wohnung hat sich auf Anlass und Zweck der Durchsuchung
zu beschränken. Befinden sich in der Wohnung Personen, die durchsucht werden
sollen, ist hierfür § 39 maßgebend. Sollen in einer Wohnung Sachen durchsucht
werden, die nicht den Wohnungsinhabern gehören, ist § 40 einschlägig.
41.3 (zu Absatz 3)
Unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 können Wohnungen auch zur Verhütung
von Straftaten betreten werden, ohne dass bereits eine konkrete Gefahr vorzuliegen
braucht. Die Hinweise in den RdNrn. 12.13 und 12.14 sind zu beachten.
42
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen (zu § 42)
42.0
§ 42 regelt das Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen zur
Gefahrenabwehr. Das Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen in Straf- oder
Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 102 ff. StPO.
42.2 (zu Absatz 2)
Wohnungsinhaber sind auf das Recht hinzuweisen, bei der Durchsuchung anwesend
sein zu können.
43
Sicherstellung (zu § 43)
43.01
§ 43 regelt die Sicherstellung zur Gefahrenabwehr. Die Sicherstellung von
Gegenständen, die als Beweismittel in Straf- oder Bußgeldverfahren von Bedeutung
sein können, richtet sich nach den §§ 94 ff. StPO. Für die Sicherstellung von
Gegenständen, die der Einziehung unterliegen, gelten die §§ 111b ff. StPO.
43.02
Unter § 43 Nr. 1 fällt auch die Sicherstellung von Fahrzeugen. Einzelheiten
über die Durchführung ergeben sich aus dem RdErl. v. 25.6.1979 (SMBl. NRW. 20510) Sicherstellung von Fahrzeugen durch die Polizei.
43.03
Die Durchführung der Sicherstellung von Sachen, die von in Gewahrsam genommenen
Personen mitgeführt werden, richtet sich nach der Polizeigewahrsamsordnung für
das Land Nordrhein-Westfalen (RdErl. v. 27.7.1979, SMBl. NRW. 20510).
44
Verwahrung (zu § 44)
44.0
Verwahrung i.S.d. § 44 ist die Aufbewahrung einer Sache oder eines Tieres bei
der Polizei oder bei Dritten im Auftrag der Polizei. Als Verwahrung gilt auch
die Sicherstellung einer Sache auf andere Art (z.B. durch Versiegelung). Ist
die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich die
Verwahrung nach § 109 StPO. Einzelheiten ergeben sich aus dem RdErl. v.
24.10.1983 (SMBl. NRW. 20510) Behandlung von Verwahrstücken im Bereich der
Polizei.
44.1 (zu Absatz 1)
44.11
Die Beschaffenheit einer Sache lässt deren Aufbewahrung bei der Polizei
insbesondere dann nicht zu, wenn wegen der Größe oder des Gewichts des Gegenstandes
ein Transport undurchführbar ist oder wenn die Sache nur unter besonderen
technischen Sicherungsmaßnahmen, die der Polizei nicht möglich sind, gelagert
werden kann.
44.12
Die Aufbewahrung von Sachen oder Tieren bei der Polizei ist unzweckmäßig, wenn
nach den Umständen zu erwarten ist, dass die erforderliche Art und Weise der
Aufbewahrung und die notwendigen Maßnahmen zu deren Erhaltung Dritten ohne
Gefährdung des Sicherstellungszweckes eher möglich sind als der Polizei. Dies
gilt insbesondere für die Verwahrung von Kraftfahrzeugen.
44.3 (zu Absatz 3)
Die Sorgfaltspflicht nach § 44 Abs. 3 Satz 1 gilt auch dann, wenn die Polizei
eine dritte Peron mit der Verwahrung beauftragt, es sei denn, dass diese von
der berechtigten Person gemäß § 44 Abs. 3 Satz 2 benannt wird. Die Pflicht,
Wertminderungen vorzubeugen, erstreckt sich insbesondere auf sachgerechte Lagerung,
Wartung und nötige Pflege sowie auf den Schutz gegen Beeinträchtigungen durch
Dritte. Außergewöhnliche Schutzmaßnahmen und Maßnahmen, deren Kosten den Wert
der Sache übersteigen, sind nicht erforderlich. Die Pflege der Sache oder des
Tieres kann der betroffenen Person selbst oder einer von ihr beauftragten
Person überlassen werden, wenn der Zweck der Sicherstellung dadurch nicht
gefährdet wird.
45
Verwertung, Vernichtung (zu § 45)
45.0
Ist die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich
die Verwertung der Sache nach § 111l StPO oder nach Maßgabe eines Gerichtsbeschlusses.
45.1 (zu Absatz 1)
45.11
Unverhältnismäßig hoch sind Kosten, die den Wert der Sache übersteigen.
Übernimmt die betroffene Person die Kosten, kommt eine Verwertung nach § 45
Abs. 1 Nr. 2 nicht in Betracht. Unverhältnismäßig hohe Schwierigkeiten können
sich aus dem Umfang oder der Beschaffenheit der Sache ergeben, so z.B. bei
Sachen, für die sich kein Aufbewahrungsort oder keine Betreuung finden lässt.
45.12
Berechtigte Person i.S.d. § 45 Abs. 1 Nr. 4 ist außer dem Eigentümer jede
Person, die ein Recht zum Besitz der Sache hat (z.B. als Mieter, Pächter, Entleiher,
Pfandgläubiger). Die Jahresfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Sicherstellung.
45.13
§ 45 Abs. 1 Nr. 5 setzt voraus, dass die Sicherstellungsgründe endgültig
entfallen sind und die berechtigte Person und deren Aufenthaltsort der Polizei
bekannt sind. Der Begriff der berechtigten Person stimmt mit dem in § 45 Abs. 1
Nr. 4 überein. Sind der Polizei mehrere berechtigte Personen bekannt, soll die
Mitteilung jeder dieser Personen zugestellt werden. Die Frist ist so zu
bemessen, dass die berechtigte Person in der Lage ist der Aufforderung nachzukommen.
Dabei ist vor allem auf die Entfernung zwischen dem Wohnort der berechtigten
Person und dem Verwahrungsort und auf sonst bekannte Umstände (z.B. Krankheit,
Urlaub) Rücksicht zu nehmen. Werden solche Umstände später bekannt, ist die
Frist ggf. neu zu bemessen. Kann die berechtigte Person nur mit
unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden, ist eine Verwertung nach § 45
Abs. 1 Nr. 2 zulässig.
45.2 (zu Absatz 2)
Die Anhörung kann schriftlich oder mündlich durchgeführt werden. Sie kann
unterbleiben, wenn sich die berechtigte Person nur mit unverhältnismäßigem
Aufwand ermitteln lässt.
45.3 (zu Absatz 3)
Die Anordnung des freihändigen Verkaufs sowie dessen Zeit und Ort sind der
berechtigten Person mitzuteilen, soweit Umstände und Zweck der Maßnahme es
erlauben.
45.4 (zu Absatz 4)
Nach der Unbrauchbarmachung ist die Sache gemäß § 46 Abs. 1 an die Person
herauszugeben, bei der sie sichergestellt worden ist.
46
Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten (zu § 46)
46.0
Ist die Sicherstellung im Straf- oder Bußgeldverfahren erfolgt, richtet sich
die Herausgabe der Sache nach § 111k StPO oder nach Maßgabe eines Gerichtsbeschlusses.
46.1 (zu Absatz 1)
Die Herausgabe nach § 46 Abs. 1 Satz 1 ist dann nicht möglich, wenn die Sache
nicht bei einer bestimmten Person sichergestellt worden ist und weder die
berechtigte Person noch ihr Aufenthaltsort mit angemessenem Aufwand zu
ermitteln sind. Machen mehrere Personen ihre Berechtigung i.S.d. § 46 Abs. 1
Satz 2 glaubhaft, ist die Sache unter Benachrichtigung der übrigen Personen an
diejenige herauszugeben, deren Recht am stärksten erscheint.
46.4 (zu Absatz 4)
Ist die berechtigte Person i.S.d. § 46 Abs. 1 oder ihr Aufenthaltsort nicht
bekannt oder nicht mit angemessenem Aufwand zu ermitteln, kommt eine Verwertung
nur über § 983 BGB in Betracht.
47
Vollzugshilfe (zu § 47)
47.1 (zu Absatz 1)
47.11
Behörden i.S.d. § 47 Abs. 1 sind insbesondere
a) alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen,
b) Gerichte,
c) Parlamentspräsidentinnen und Parlamentspräsidenten.
47.12
Vollzugshilfe liegt nicht vor, wenn
die Polizei innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leistet,
die Hilfeleistung in einer Handlung besteht, die der Polizei als eigene Aufgabe
obliegt,
die Hilfeleistung in einer Handlung besteht, durch die nicht in die Rechte von
Personen eingegriffen wird.
47.2 (zu Absatz 2)
47.21
Die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Vollzugshilfe verwirklicht werden
soll, richtet sich nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht. Diese
Behörde trägt daher die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der
durchzusetzenden Maßnahme. Deshalb ist die Polizei grundsätzlich nicht verpflichtet,
die Rechtsmäßigkeit dieser Maßnahme zu prüfen (vgl. aber die RdNrn. 49.2 und
49.3).
47.22
Hält die Polizei ein an sie gerichtetes Ersuchen für nicht zulässig, teilt sie
das der ersuchenden Behörde mit. Besteht diese auf der Vollzugshilfe,
entscheidet über die Verpflichtung zur Vollzugshilfe die gemeinsame
Aufsichtsbehörde oder, sofern eine solche nicht besteht, die für die Polizei
zuständige Aufsichtsbehörde. Dulden die Gesamtumstände nach Auffassung der
ersuchenden Behörde keinen Aufschub bis zur Entscheidung der Aufsichtsbehörde,
hat die Polizei dem Ersuchen zu entsprechen und unverzüglich ihrer
Aufsichtsbehörde zu berichten.
47.23
Die Polizei darf die Vollzugshilfe nicht deshalb verweigern, weil sie die
beabsichtigte Maßnahme für unzweckmäßig hält.
47.24
Die Durchführung der Vollzugshilfe richtet sich nach dem für die Polizei
geltenden Recht. Die Polizei trägt die Verantwortung für die Art und Weise der
Anwendung des unmittelbaren Zwanges. Im übrigen sind Beanstandungen an die
ersuchende Behörde weiterzuleiten; hiervon ist die betroffene Person zu
unterrichten.
47.25
Wird die Polizei aufgrund eines Vollzugshilfeersuchens tätig, soll sie das nach
außen zu erkennen geben, sofern es nicht offensichtlich ist.
47.3 (zu Absatz 3)
Die Verpflichtung zur Amtshilfe ergibt sich aus Artikel 35 Abs. 1 GG und den §§
4 ff. VwVfG NRW. Wegen der Gewährung des erforderlichen persönlichen Schutzes
anderer Vollzugsdienstkräfte und des Schutzes ihrer Vollstreckungsmaßnahmen
vgl. § 65 Abs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Vergleichbare Regelungen enthalten z.B. die §§
758 Abs. 3 und 759 ZPO.
49
Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung (zu § 49)
49.1 (zu Absatz 1)
Die ersuchende Behörde trägt gegenüber der Polizei die Verantwortung für die
Zulässigkeit der in Vollzugshilfe durchgeführten Freiheitsentziehung. Daher hat
die ersuchende Behörde grundsätzlich die richterliche Entscheidung
herbeizuführen.
49.2 (zu Absatz 2)
Übersendet die ersuchende Behörde die richterliche Entscheidung über die
Zulässigkeit der Freiheitsentziehung nicht oder bezeichnet sie den Rechtsgrund
für diese Freiheitsentziehung nicht im Vollzugshilfeersuchen, hat die Polizei
die Vollzugshilfe zu verweigern. Das gilt nicht, wenn die ersuchende Behörde
darlegt, dass eine Freiheitsentziehung ohne vorherige richterliche Entscheidung
zulässig ist und diese wegen der Dringlichkeit der Maßnahmen sofort durchgeführt
werden muss.
49.3 (zu Absatz 3)
Die Prüfung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 obliegt der ersuchenden Behörde. Die Polizei
hat der ersuchenden Behörde unverzüglich alle Anhaltspunkte mitzuteilen, die
für einen Wegfall des Grundes der Freiheitsentziehung sprechen. Erhält die
Polizei sichere Kenntnis vom Wegfall des Grundes und ist die ersuchende Behörde
nicht erreichbar, hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen.
50
Zulässigkeit des Verwaltungszwanges (zu § 50)
50.1 (zu Absatz 1)
Rechtsmittel gegen Verwaltungsakte haben u. a. keine aufschiebende Wirkung,
wenn es sich um unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten
gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) handelt
und das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende
Wirkung des Rechtsmittels angeordnet hat.
50.2 (zu Absatz 2)
Die Anwendung des Verwaltungszwanges ohne vorausgehenden Verwaltungsakt
(sofortiger Vollzug) ist nur zulässig, wenn ein fiktiver Verwaltungsakt
rechtmäßig wäre.
51
Zwangsmittel (zu § 51)
51.1 (zu Absatz 1)
Die zulässigen Zwangsmittel sind in § 51 Abs. 1 abschließend aufgezählt. Mit
anderen Zwangsmaßnahmen dürfen Verwaltungsakte nicht durchgesetzt werden.
52
Ersatzvornahme (zu § 52)
52.1 (zu Absatz 1)
Eine Ersatzvornahme liegt auch vor, wenn die Polizei die vertretbare Handlung
selbst ausführt. Vertretbar ist eine Handlung, wenn sie nicht nur von der betroffenen
Person persönlich (z.B. durch Abgabe einer Erklärung), sondern ohne Änderung
ihres Inhalts auch von einer anderen vorgenommen werden kann. Die Vorschrift
ermächtigt die Polizei nicht, eine andere Person hoheitlich zur Ausführung der
Ersatzvornahme zu verpflichten; eine solche Befugnis kann sich im Ausnahmefall
aus § 8 in Verbindung mit § 6 ergeben.
53
Zwangsgeld (zu § 53)
53.0
Die Festsetzung eines Zwangsgeldes durch die Polizei kommt, außer zur
Durchsetzung eines Rückkehrverbotes gemäß § 34 a und ggf. zur Durchsetzung
einer Platzverweisung gemäß § 34 Abs. 2, nur in seltenen Fällen in Betracht, da
mit diesem Zwangsmittel die Gefahr von der Polizei in aller Regel nicht rechtzeitig
abgewehrt werden kann.
53.1 (zu Absatz 1)
Das Zwangsgeld muss in bestimmter Höhe festgesetzt werden (also nicht z.B. „bis
zu 300 Euro“). Dabei sind Dauer und Umfang des pflichtwidrigen Verhaltens
(erster Verstoß oder Wiederholungsfall), die finanzielle Leistungsfähigkeit der
betroffenen Person und die Bedeutung der Angelegenheit zu berücksichtigen.
53.3 (zu Absatz 3)
§ 53 Abs. 3 Satz 3 verdeutlicht die einschränkende Auslegung des Grundsatzes
des Satzes 2 in Anlehnung an § 60 Abs. 3 Satz 2 VwVG NRW, so dass eine
nachträgliche Beitreibung des Zwangsgeldes bei dem Zuwiderhandeln gegen eine
Duldungs- oder Unterlassungspflicht durchführbar ist.
54
Ersatzzwangshaft (zu § 54)
54.1 (zu Absatz 1)
Das Zwangsgeld ist dann uneinbringlich, wenn die Beitreibung ohne Erfolg
versucht worden ist oder wenn offensichtlich ist, dass sie keinen Erfolg haben
wird.
55
Unmittelbarer Zwang (zu § 55)
55.1 (zu Absatz 1)
55.11
Der Begriff des unmittelbaren Zwanges ist in § 58 definiert. Unmittelbarer
Zwang kommt vor allem zur Durchsetzung unvertretbarer Handlungen, Duldungen und
Unterlassungen in Betracht, erforderlichenfalls auch zum Anhalten von Personen
gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 2 Satz 2 oder § 25 Abs. 2.
55.12
Andere Zwangsmittel sind auch dann unzweckmäßig, wenn sie der betroffenen
Person einen größeren Nachteil verursachen würden als die Anwendung unmittelbaren
Zwanges.
55.2 (zu Absatz 2)
Für die Erzwingung von Angaben kommt nur ein Zwangsgeld in Betracht (vgl. RdNr.
10.3).
56
Androhung der Zwangsmittel (zu § 56)
56.1 (zu Absatz 1)
Eine schriftliche Androhung ist z.B. dann nicht möglich, wenn durch die dadurch
bewirkte Verzögerung der Anwendung des Zwangsmittels die Gefahr nicht
rechtzeitig abgewehrt würde.
56.5 (zu Absatz 5)
Bei der Androhung des Zwangsgeldes ist darauf hinzuweisen, dass das
Verwaltungsgericht auf Antrag der Polizei Ersatzzwangshaft anordnen kann, wenn
das Zwangsgeld uneinbringlich ist.
57
Rechtliche Grundlagen (zu § 57)
57.0
Die §§ 57 bis 66 gelten sowohl für die Gefahrenabwehr als auch für die
Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, soweit die StPO keine Regelung
über unmittelbaren Zwang enthält.
57.1 (zu Absatz 1)
Der Hinweis auf die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes gilt insbesondere für
die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die Ausübung des
pflichtgemäßen Ermessens (vgl. die
§§ 2 und 3).
58
Begriffsbestimmungen, zugelassene Waffen (zu § 58)
58.1 (zu Absatz 1)
Die drei Formen des unmittelbaren Zwanges sind abschließend aufgeführt (vgl.
RdNr. 51.1).
58.2 (zu Absatz 2)
Unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen ist z.B. die Anwendung
entsprechender Eingriffstechniken. Auf Sachen wird unmittelbar körperlich eingewirkt
z.B. bei dem Eintreten einer Tür oder dem Einschlagen einer Fensterscheibe.
58.3 (zu Absatz 3)
58.31
Die Aufzählung ist beispielhaft. Auch andere Gegenstände können als Hilfsmittel
der körperlichen Gewalt in Betracht kommen, jedoch muss ihre Wirkung in einem
angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen.
58.32
Sprengmittel dürfen gemäß § 66 Abs. 4 nur gegen Sachen angewendet werden. Zur
Ablenkung von Störern bestimmte pyrotechnische Mittel (Irritationsmittel) sind
keine Sprengmittel.
58.33
Wegen der Anwendung von Fesseln vgl. § 62.
58.34
Als technische Sperren zum Absperren von Straßen, Plätzen oder anderem Gelände
kommen z.B. Fahrzeuge, Container, Sperrgitter, Sperrzäune, Seile, Stacheldraht
und Nagelböden in Betracht.
58.35
Diensthunde müssen für ihre Verwendung besonders abgerichtet sein. Der Einsatz
darf nur durch dafür ausgebildete Polizeivollzugsbeamtinnen oder –beamte
erfolgen.
58.36
Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz
körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel keinen Erfolg verspricht und wenn
durch den Einsatz dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann.
Zu dem Gebrauch von Reiz- und Betäubungsstoffen gehört auch die Verwendung von
Tränengas- und Nebelkörpern. Der Einsatz barrikadebrechender
Reizstoffwurfkörper oder barrikadebrechender pyrotechnischer Mittel i.S.d.
RdNr. 58.32 Satz 2 ist nur unter den Voraussetzungen des Gebrauchs von
Schusswaffen gegen Personen zulässig.
58.4 (zu Absatz 4)
58.41
Die Aufzählung der zugelassenen Waffen ist abschließend.
58.42
Schläge mit Schlagstöcken sollen gegen Arme oder Beine gerichtet werden, um
schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden.
58.43
Wegen des Gebrauchs von Schusswaffen vgl. § 61 und die §§ 63 ff.
59
Handeln auf Anordnung (zu § 59)
59.0
Die Vorschrift ist eine Sonderregelung gegenüber § 59 des Landesbeamtengesetzes
(LBG). Die Verpflichtung, die Anordnung zu befolgen, wird nur eingeschränkt
durch § 59 Abs. 1 Satz 2 und
Abs. 2. Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Anordnung berühren die
Gehorsamspflicht nicht.
59.1 (zu Absatz 1)
59.11
Bei einem Einsatz von mehreren Polizeivollzugsbeamten und -beamtinnen ist die Einsatzleiterin oder der Einsatzleiter
befugt, unmittelbaren Zwang anzuordnen, einzuschränken oder zu untersagen. Ist
nicht bestimmt, wer den Einsatz leitet, oder fällt die Einsatzleitung aus, ohne
dass eine Vertretung bestellt ist, tritt die anwesende Polizeivollzugsbeamtin
oder der anwesende Polizeivollzugsbeamte mit dem höchsten Dienstrang an seine
Stelle. Ist nicht sofort feststellbar, wer das ist, darf jede anwesende
Polizeivollzugsbeamtin und jeder anwesende Polizeivollzugsbeamte die Führung
einstweilen übernehmen. Dies ist bekannt zu geben.
59.12
Vor Beginn eines Einsatzes sind die Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamten über die sie betreffenden Weisungsverhältnisse zu
unterrichten. Insbesondere muss jeder eingesetzten Polizeivollzugsbeamtin und
jedem –beamten bekannt sein, wer den Einsatz leitet, wer die Vertretung ausübt
und wer sonst zu Weisungen befugt ist.
59.13
Die Befugnis höherer Vorgesetzter oder einer sonst dazu berechtigten Person
(z.B. eines Staatsanwalts), die Anwendung unmittelbaren Zwanges anzuordnen,
einzuschränken oder zu untersagen, bleibt unberührt. Hinsichtlich der Anordnung
unmittelbaren Zwanges durch die Staatsanwaltschaft sind die Gemeinsamen
Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren des
Bundes und der Länder über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch
Polizeibeamte auf Anordnung des Staatsanwalts (RiStBV Anlage A) zu beachten.
59.14
Befinden sich die Anordnenden nicht am Ort des Vollzugs, dürfen sie
unmittelbaren Zwang nur anordnen, wenn sie sich ein so genaues Bild von den am
Ort des Vollzugs herrschenden Verhältnissen verschafft haben, dass ein Irrtum
über die Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwanges nicht zu befürchten
ist. Ändern sich zwischen der Anordnung und ihrer Ausführung die tatsächlichen
Verhältnisse und können die Anordnenden vor der Ausführung nicht mehr
verständigt werden, entscheiden die am Ort leitenden Polizeivollzugsbeamtinnen
und Polizeivollzugsbeamten über die Anwendung unmittelbaren Zwanges. Die
Anordnenden sind unverzüglich hierüber zu verständigen.
60
Hilfeleistung für Verletzte (zu § 60)
60.0
Die Verpflichtung, Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu
verschaffen, ist vordringlicher als die Beweissicherung und geht auch
Berichtspflichten vor.
61
Androhung unmittelbaren Zwanges (zu § 61)
61.1 (zu Absatz 1)
61.11
Unmittelbarer Zwang darf nur angedroht werden, wenn die
Zulässigkeitsvoraussetzungen für seine Anwendung gegeben sind. Die Androhung
kann grundsätzlich in jeder Form erfolgen; sie muss unmissverständlich sein.
Die im Leitfaden 371 (Eigensicherung) empfohlenen Sicherungshaltungen reichen
allein nicht aus.
61.12
Der Schusswaffengebrauch wird in der Regel mündlich angedroht durch den
vernehmlichen Ruf: „Polizei! Keine Bewegung - oder ich schieße!“ oder vor allem
gegenüber Fliehenden: „Polizei! Halt! - oder ich schieße!“ oder eine ähnliche
Aufforderung. Das Wort „Polizei“ kann im Anruf unterbleiben, wenn ohne weiteres
erkennbar ist, dass es sich um den Einsatz von Polizeivollzugsbeamtinnen oder
Polizeivollzugsbeamten handelt. Wenn die Umstände es zulassen oder wenn Zweifel
bestehen, ob die Person den Anruf verstanden hat, ist er zu wiederholen. Der
Schusswaffengebrauch kann auch durch Lautsprecher angedroht werden.
61.13
Ist eine mündliche Androhung des Schusswaffengebrauchs nicht möglich, weil z.B.
die Entfernung zu groß ist oder weil aus sonstigen Gründen anzunehmen ist, dass
der Anruf nicht verstanden wird oder verstanden worden ist, können ein oder
mehrere Warnschüsse abgegeben werden.
Warnschüsse sind so abzugeben, dass eine Gefährdung Dritter
ausgeschlossen ist.
61.14
Zwischen der Androhung der Zwangsmaßnahme und ihrer Anwendung soll eine den
Umständen nach angemessene Zeitspanne liegen.
61.15
Personen, gegen die nach Begründung des amtlichen Gewahrsams unter den in § 64
Abs. 1 Nr. 4 genannten Voraussetzungen von der Schusswaffe Gebrauch gemacht
werden darf, sollen zu Beginn des Gewahrsams darauf hingewiesen werden. Um
einen Schusswaffengebrauch zu vermeiden, ist auf eine sorgfältige Sicherung
dieser Personen zu achten. Das gilt vor allem bei Transporten. Die Belehrung
ersetzt nicht die Androhung des Schusswaffengebrauchs im Einzelfall.
61.3 (zu Absatz 3)
61.31
Zwischen der wiederholten Androhung des Schusswaffengebrauchs gegen Personen in
einer Menschenmenge und dem Gebrauch der Schusswaffe soll so viel Zeit
verstreichen, dass sich insbesondere Unbeteiligte aus der Menge entfernen
können; vgl. auch RdNr. 65.2.
61.32
Die Androhung hat grundsätzlich durch Lautsprecher zu erfolgen. Ihr soll
alsdann durch Warnschüsse oder auf andere unmissverständliche Weise Nachdruck
mit dem Ziel verliehen werden, letztlich den Schusswaffengebrauch auf Personen
in der Menschenmenge zu vermeiden.
62
Fesselung von Personen (zu § 62)
62.01
Widerstand leistet i.S.d. § 62 Satz 1 Nr. 1, wer sich einer polizeilichen
Anordnung aktiv widersetzt; passives Verhalten (z.B. Stehenbleiben,
Fallenlassen) reicht hierfür nicht aus.
62.02
Für die Fesselung sollen die hierfür vorgesehenen Hilfsmittel der körperlichen
Gewalt verwendet werden. Sind diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus,
sind andere Maßnahmen zu treffen, die eine ähnliche Behinderung wie Fesseln
gewährleisten. Es ist darauf zu achten, dass gesundheitliche Schäden (z.B.
durch Blutstauung oder extreme Temperaturen) nicht eintreten.
62.03
Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn ein Nachteil für
Ermittlungen in einer Strafsache zu befürchten ist, durch die Zusammenschließung
die Gesundheit eines der Betroffenen gefährdet wird oder dies eine
erniedrigende Behandlung bedeutet. Männer und Frauen sind möglichst nicht
zusammenzuschließen.
63
Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch (zu § 63)
63.1 (zu Absatz 1)
63.11
Der Schusswaffengebrauch gegen Personen ist die schwerwiegendste Maßnahme des
unmittelbaren Zwanges. Daher sind vorher Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit
besonders sorgfältig zu prüfen. Bestehen rechtliche oder tatsächliche Zweifel,
ob die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vorliegen, ist von der
Schusswaffe kein Gebrauch zu machen.
63.12
Auch der Schusswaffengebrauch gegen Sachen ist auf das erforderliche Mindestmaß
zu beschränken. Ein Schusswaffengebrauch gegen Sachen liegt nicht vor, wenn mit
Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass hierdurch Personen
verletzt werden. Der Schusswaffengebrauch gegen Kraftfahrzeuge ist daher in der
Regel nur unter den Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs gegen Personen
zulässig. Diese müssen gegenüber jeder im Fahrzeug befindlichen Person
vorliegen, es sei denn, dass ein Fall des § 63 Abs. 4 Satz 2 vorliegt. Beim
Schusswaffengebrauch gegen ein Kraftfahrzeug ist anzustreben, das Fahrzeug
fahrunfähig zu machen, weil hierdurch in der Regel der Zweck der Maßnahme
erreicht werden kann. Vom Schusswaffengebrauch ist abzusehen, wenn das Fahrzeug
erkennbar explosive oder ähnliche gefährliche Güter befördert oder nach seiner
Kennzeichnung zur Beförderung solcher Güter bestimmt ist. Diese Einschränkung
gilt nicht, wenn durch die Weiterfahrt größere Gefahren zu entstehen drohen als
durch den Schusswaffengebrauch.
63.13
Der Schusswaffengebrauch gegen Tiere ist zulässig, wenn von ihnen eine Gefahr
ausgeht (sie insbesondere Menschen bedrohen) und die Gefahr nicht auf andere
Weise zu beseitigen ist. Verletzte oder kranke Tiere dürfen nur getötet werden,
wenn die Befürchtung besteht, dass sie sonst unter Qualen verenden würden, und
weder Eigentümer bzw. Tierhalter noch ein Tierarzt oder
Jagdausübungsberechtigte kurzfristig zu erreichen sind.
63.2 (zu Absatz 2)
63.21
Um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen, ist, wenn die Umstände es zulassen,
auf die Beine zu zielen, vor allem bei Fliehenden.
63.22
Die Regelung in § 63 Abs. 2 schließt zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für
Leib oder Leben einer Person als ultima ratio der Zwangsanwendung auch einen
gezielten Schuss auf die angreifende Person ein, der nach aller Erfahrung
sofort tödlich wirkt (vgl. auch § 7).
63.3 (zu Absatz 3)
Bestehen Zweifel, ob jemand noch im Kindesalter ist, ist davon auszugehen, dass
es sich um ein Kind handelt.
63.4 (zu Absatz 4)
Der Schusswaffengebrauch ist grundsätzlich verboten, wenn durch ihn eine
unbeteiligte Person mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet wird. Es ist nicht
nur auf Fußgänger, sondern auch auf fahrende und haltende Fahrzeuge mit
Insassen sowie auf Wohnungen und Geschäfte zu achten. Kann die Schussrichtung wegen
der örtlichen Verhältnisse (insbesondere Dunkelheit oder sonstige
Sichtbehinderungen) nicht überblickt werden, sind besondere Vorsicht und
Zurückhaltung geboten.
64
Schusswaffengebrauch gegen Personen (zu § 64)
64.01
Soweit es für den Schusswaffengebrauch nach § 64 darauf ankommt, ob eine
rechtswidrige Tat ein Verbrechen oder ein Vergehen darstellt, richtet sich dies
gemäß § 12 StGB nach der für die Straftat angedrohten Mindeststrafe. Hierbei
ist nur der Regelstrafrahmen maßgebend. Schärfungen und Milderungen nach dem
Allgemeinen Teil des StGB (z.B. bei Versuch, Beihilfe, verminderter
Schuldfähigkeit) oder für besonders schwere (vgl. die §§ 243, 263 Abs. 3 oder
266 Abs. 2 StGB) oder minder schwere Fälle (vgl. § 225 Abs. 4 oder § 226 Abs. 3
StGB) bleiben außer Betracht.
64.02
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr zur Verdeckung einer Straftat
gemäß § 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 StGB stellt ein Verbrechen i.S.d. § 12
Abs. 1 und Abs. 3 StGB dar. Von einer Verdeckungstat kann im Rahmen einer
Flucht vor der Polizei in der Regel nur ausgegangen werden, wenn der Verdacht
besteht, dass die Person vor der Flucht eine andere Straftat begangen hat. Ein
gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315 b StGB im Rahmen einer
Flucht vor der Polizei stellt regelmäßig keine „andere Straftat“ i.S.d. § 315
Abs. 3 StGB dar, es sei denn, es ist zwischen mehreren Eingriffen in den
Straßenverkehr zu einer deutlichen zeitlichen Zäsur gekommen.
64.1 (zu Absatz 1)
64.11
Die Berechtigung zum Schusswaffengebrauch nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 setzt
mindestens die Gefahr einer schwerwiegenden Körperverletzung voraus.
64.12
Die zu verhindernde Straftat i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 muss unmittelbar
bevorstehen. Insoweit genügt das bloße Bestehen einer Gefahr i.S.d. § 8 Abs. 1
nicht. Die Verhinderung der Fortsetzung bedeutet insbesondere die Verhinderung
weiterer Tathandlungen oder bei Dauerdelikten die Beendigung des strafbaren
Zustandes. Die Handlung muss sich den Umständen nach als Verbrechen oder als
ein Vergehen der genannten Art darstellen. Es kommt also darauf an, wie die
Polizeivollzugsbeamtin oder der Polizeivollzugsbeamte die Situation unter
Berücksichtigung aller im Augenblick gegebenen Erkenntnismöglichkeiten
beurteilt. Hierbei ist - obwohl die Notwendigkeit zum schnellen Handeln gegeben
ist - besonders sorgfältig vorzugehen.
64.13
Auch in § 64 Abs. 1 Nr. 4b), 1. Alternative, müssen Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die Person Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt.
65
Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge (zu § 65)
65.1 (zu Absatz 1)
Schwerwiegende Gewalttaten sind Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt
begangen werden und besonders hochwertige Rechtsgüter verletzen oder für die
Allgemeinheit lebensnotwendige Einrichtungen zerstören. Hierunter fallen
insbesondere Tötungsdelikte (§§ 211 und 212 StGB), gefährliche oder schwere
Körperverletzungen (§§ 224 und 226 StGB), gemeingefährliche Straftaten (§§ 306
ff. StGB) oder Nötigung von Verfassungsorganen unter Gewaltanwendung (§§ 105
und 106 StGB).
65.2 (zu Absatz 2)
In der Androhung (vgl. RdNr. 61.3) soll darauf hingewiesen werden, dass nicht
Unbeteiligter ist, wer sich nicht aus der Menschenmenge entfernt, obwohl ihm
das möglich ist.
66
Besondere Waffen, Sprengmittel (zu § 66)
66.4 (zu Absatz 4)
Sprengmittel sind gemäß § 58 Abs. 3 Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und
kommen nur als Mittel der Zwangsanwendung gegen Sachen in Betracht, z.B. zur
Beseitigung von Hindernissen bei schweren Unglücksfällen.
Meinen RdErl. v. 19.4.1991 - IV A 2/A 5 - 2001 hebe ich auf.
- MBl. NRW. 2004 S. 82