Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 10 vom 25.2.2005 Seite 233 bis 266

Kommunales Haushaltsrecht; Anlage von Geldmitteln durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunale Geldanlage) RdErl. d. Innenministeriums v. 25.1.2005 - 34 – 48.01.10.16 - 1182/05 -
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Kommunales Haushaltsrecht; Anlage von Geldmitteln durch Gemeinden und Gemeindeverbände (Kommunale Geldanlage) RdErl. d. Innenministeriums v. 25.1.2005 - 34 – 48.01.10.16 - 1182/05 -

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Kommunales Haushaltsrecht;
Anlage von Geldmitteln
durch Gemeinden und Gemeindeverbände
(Kommunale Geldanlage)

RdErl. d. Innenministeriums v. 25.1.2005
- 34 – 48.01.10.16 - 1182/05 -

Aus Anlass der Einführung einer Rechnungsführung nach den Regeln der doppelten Buchführung bei den Gemeinden ab dem Haushaltsjahr 2005 ist eine Überarbeitung meines Runderlasses vom v. 10.2.2003 (SMBl. NRW. 641) angezeigt, weil dieser für die Anlage von Mitteln auf Vorschriften über das kamerale Rechnungswesen Bezug nimmt. Der Runderlass wird deshalb neu bekannt gemacht, jedoch bleibt der Rahmen im Wesentlichen unverändert.

Bei der Geldanlage ist zukünftig Folgendes zu beachten:

Der Rahmen der Anlage von Geldmitteln, die nicht zur Sicherung der Liquidität und zur Zahlungsabwicklung benötigt werden, wird einerseits durch die Vorschrift des § 90 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) bestimmt. Danach gilt, dass bei Geldanlagen auf eine ausreichende Sicherheit zu achten ist und sie einen angemessenen Ertrag erbringen sollen. Er wird andererseits durch die Verpflichtungen zur Sicherstellung der Liquidität (§ 75 GO) und einer angemessenen Liquiditätsplanung (§ 89 GO) bestimmt, nach denen die angelegten Mittel für ihren Zweck rechtzeitig verfügbar sein müssen. Danach kommt im Zweifel bei der Anlage von Geldmitteln dem Gesichtspunkt der Sicherheit Vorrang vor einem evtl. höheren Ertrag zu.

Die hervorgehobene Bedeutung der Sicherheit bei der Geldanlage lässt aber auch zu, dass eine Gemeinde im Einzelfall auch Teile davon nach besonderen Anlagegrundsätzen anlegt. Um einem spekulativen Charakter vorzubeugen, kommt dies nur bei langfristig anzulegenden Geldmitteln in Betracht. Kurzfristig benötigte Geldmittel zur Zahlungsabwicklung sind dafür grundsätzlich ungeeignet. Ob und welche darüber hinausgehenden Geldmittel für eine mittel- und langfristige Geldanlage in Betracht kommen, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich dafür ist eine vorausschauende Gesamtschau im Rahmen der Liquiditätsplanung und der sich abzeichnenden Entwicklung der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde.

Auf dieser Grundlage halte ich es für vertretbar, dass nicht benötigte Geldmittel bei einer Verzinsung zu marktüblichen Konditionen nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen 1) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 15 der Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen 2) in Spezialfonds nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften 3) angelegt werden.

Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Anlage von Geldmitteln in Spezialfonds sind unter Berücksichtigung der örtlichen Bedürfnisse Anlageziele bzw. Schwerpunkte und Kriterien für die Auswahl der Kapitalanlagegesellschaft zu bestimmen und  die notwendigen Informationen über die Qualität des Fondsmanagements der Kapitalanlagegesellschaft einzuholen. Dies enthält insbesondere die Verpflichtung, sich selbst Kenntnisse über Sicherheit, Risiken und die Rentabilität im Vergleich mit anderen Anlagemöglichkeiten zu verschaffen.

Außerdem ist nach Maßgabe des § 90 GO darauf zu achten, dass zur Werterhaltung des angelegten Geldes das Portfolio des Spezialfonds überwiegend Schuldverschreibungen öffentlicher Emittenten in Euro enthält und der Spezialfonds keine Fremdwährungsanleihen enthalten soll. Bei der Anlage in Aktien und anderen Risikopapieren (Anlagen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 9, 10, 12 und 13 1. Halbsatz Buchstabe a) der Anlageverordnung) im Rahmen von Spezialfonds ist das besondere Ertrags-Risiko-Profil dieser Anlageformen zu beachten. Der Anteil dieser in Spezialfonds angelegten Mittel darf  35 % des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Die Entscheidung für diese Anlageformen ist mit den örtlichen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.

Die Anlage von Geldmitteln erfordert zudem die „Kontrolle“ der Tätigkeit der beauftragten Kapitalanlagegesellschaft, d.h. die Einholung von „begleitenden Informationen“ über die Anlageformen, Qualität der Anlagen und zeitlichen Festlegungen. Es ist nicht ausreichend, diese Kontrolle  nur einmal jährlich vorzunehmen.

Zur Information darüber, wie die Kapitalanlagegesellschaften den gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Anlegern nachkommen und deren Interessen gegenüber Dritten vertreten, kann die vom BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. herausgegebene Verbandsempfehlung herangezogen werden. Die sog. „BVI-Wohlverhaltensregeln“ sind unter der Internetadresse: www.bvi.de/index einsehbar. 

Mein Runderlass vom v. 10.2.2003 (SMBl. NRW. 641) tritt mit Veröffentlichung dieses Runderlasses außer Kraft. Er ist für die Haushaltswirtschaft in den Haushaltsjahren 2005, 2006, 2007 und 2008 noch zu beachten, soweit das kamerale Rechnungswesen auf der Grundlage des § 9 des Artikel 1 des NKFG NRW noch Anwendung findet.

1 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. I 1993 S. 2), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2778, 2780)

2 Verordnung über die Anlage des gebundenen Vermögens von Versicherungsunternehmen (Anlageverordnung – AnlV) vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3913)

3 Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2726), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010, 2038)

- MBl. NRW. 2005 S. 246