Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 14 vom 15.3.2005 Seite 339 bis 352

Operative Fallanalyse/Datenbank ViCLAS RdErl. d. Innenministeriums v. 3.2.2005 - 42.2 - 6501 -
Normkopf
Norm
Normfuß
 

Operative Fallanalyse/Datenbank ViCLAS RdErl. d. Innenministeriums v. 3.2.2005 - 42.2 - 6501 -

Operative Fallanalyse/Datenbank ViCLAS

RdErl. d. Innenministeriums v. 3.2.2005
- 42.2 - 6501 -

1
Vorbemerkung

Die Verbunddatenbank ViCLAS (Violent Crime Linkage Analysis System) und die Operative Fallanalyse dienen als spezialisierte Methoden der Ermittlungsunterstützung jeweils dem Erkennen von Tatzusammenhängen und der Aufklärung von Straftaten der schweren Gewaltkriminalität.

Auf der Grundlage des  § 13 Abs. 3 POG NRW übertrage ich diese Aufgabe dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (LKA NRW). Das LKA NRW hat hierzu ein Sachgebiet "Operative Fallanalyse" eingerichtet.

In der Verbunddatenbank ViCLAS werden die zu diesem Zweck erhobenen Daten zentral gespeichert und Recherchen zum Erkennen von Tatzusammenhängen durchgeführt. Verfahren und Inhalte hat das LKA NRW gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 POG NRW im Rahmen des Sondermeldedienstes ViCLAS geregelt und passt diesen bei Bedarf an.

Zudem bietet das Sachgebiet „Operative Fallanalyse“ des LKA NRW den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere den Staatsanwaltschaften und Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen, Ermittlungsunterstützung durch Operative Fallanalysen und Täterprofilerstellungen an. Das Unterstützungsverfahren hat das LKA NRW geregelt und passt es bei Bedarf an.

2
Operative Fallanalyse/Täterprofilerstellung

2.1
Die Kreispolizeibehörden richten Ersuchen um Operative Fallanalysen oder um Erstellen eines Täterprofils ausschließlich an das für diese Form der Ermittlungsunterstützung zuständige LKA NRW. Das LKA NRW entscheidet über die Eignung der vorgetragenen Fälle. Es informiert die Kreispolizeibehörden über die Antragsmodalitäten und den Unterstützungsverlauf.

2.2
Soweit das LKA NRW die Analyse eines geeigneten Sachverhalts selbst nicht oder nicht zeitgerecht vornehmen kann, vermittelt es den Kontakt zu einem übernahmebereiten Analyseteam eines anderen Landes bzw. des Bundeskriminalamtes.

2.3
Beabsichtigt die Staatsanwaltschaft, nicht das LKA NRW, sondern eine andere Behörde oder eine externe Stelle mit einer Operativen Fallanalyse oder dem Erstellen eines Täterprofils zu beauftragen, ist das LKA NRW durch die ermittelnde Kreispolizeibehörde zu benachrichtigen.

3
ViCLAS-Datenbanksystem

3.1
Der Nutzen des ViCLAS-Datenbanksystems ist maßgeblich von der vollständigen und aktuellen Informationserhebung ViCLAS-relevanter Delikte durch die Kreispolizeibehörden abhängig. Das LKA NRW hat hierzu einen Sondermeldedienst eingerichtet. Die Kreispolizeibehörden wirken insbesondere bei der Bearbeitung von Tötungsdelikten und schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung auf die Einhaltung der Meldepflichten und hierbei auf die für die Qualität der Ermittlungsunterstützung unverzichtbare Vollständigkeit der zu meldenden Einzelinformationen hin.

3.2
Wird das LKA NRW bereits vor der ViCLAS-Erfassung eines Sachverhaltes in diesem Zusammenhang tätig (z.B. durch Erstellen einer Operativen Fallanalyse), stellen das LKA NRW und die anfordernde Kreispolizeibehörde Einvernehmen über die Zuständigkeit zur ViCLAS-Erfassung her.

3.3
Das LKA NRW führt in allen gemeldeten Fällen eine ViCLAS-Auswertung durch und gleicht die erhobenen Daten mit dem landes- und bundesweiten ViCLAS-Datenbestand ab. Die Aufnahme eines gemeldeten Sachverhaltes in das ViCLAS-Datenbanksystem und das Ergebnis der Recherche werden in jedem Einzelfall den zuständigen Kreispolizeibehörden mitgeteilt.

3.4
ViCLAS-Recherchen werden zentral vom LKA NRW durchgeführt. Internationale Recherchen erfolgen über das LKA NRW durch das Bundeskriminalamt.

4
Koordinatorinnen und Koordinatoren der Kreispolizeibehörden

4.1
Auf örtlicher Ebene ist es erforderlich, dass die Kreispolizeibehörden Koordinatorinnen und Koordinatoren zur Steuerung von Informationen bestimmen. Sie stehen den für die Ermittlungen zuständigen Kriminalkommissariaten, insbesondere denen für die Bearbeitung von Tötungsdelikten und schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, als besonders fachkundige Ansprechpartner zur Verfügung und wirken als Multiplikatoren bei der behördeninternen Fortbildung mit. Darüber hinaus begleiten sie für die Kreispolizeibehörde den Sondermeldedienst ViCLAS, insbesondere durch

-      Auswerten des Straftatenaufkommens auf Sachverhalte, die vom Sondermeldedienst ViCLAS umfasst werden,

-      Initiieren der zeitnahen Durchführung des ViCLAS-Sondermeldedienstes,

-      Qualitätskontrolle der erhobenen und zu meldenden Daten.

4.2
Die Koordinatorinnen und Koordinatoren nehmen diese Funktion neben ihren originären Aufgaben wahr.

4.3
Das LKA NRW hat zur Unterstützung der Kreispolizeibehörden Hilfen für die Auswahl geeigneter Koordinatorinnen und Koordinatoren erstellt.

4.4
Die Kreispolizeibehörden stellen zur Gewährleistung einer hohen Qualität durch geeignete Verfahren sicher, dass die Prüfergebnisse der Koordinatorinnen und Koordinatoren im Hinblick auf ViCLAS-Relevanz und Datenqualität fachaufsichtlich berücksichtigt werden.

4.5
Die vorzugsweise aus dem Arbeitsbereich der Sexualdelikte zu bestellenden Koordinatorinnen und Koordinatoren und deren Vertreterinnen oder Vertreter sind dem LKA NRW fortschreibend namentlich zu benennen.

5
Aus- und Fortbildung

5.1
Grundlagenwissen zur Operativen Fallanalyse sollte wegen ihrer Bedeutung für polizeiliche Ermittlungen bereits während der Ausbildung vermittelt werden. Der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Polizeivollzugsdienst, wird empfohlen, entsprechende Inhalte in ihren Lehrplänen zu berücksichtigen. Das Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei Nordrhein-Westfalen (IAF NRW) gewährleistet eine angepasste Verknüpfung mit korrespondierenden Lehrinhalten.

5.2
Für die Koordinatorinnen und Koordinatoren besteht zeitnah zum Beginn ihrer Aufgabenwahrnehmung unabweisbarer Fortbildungsbedarf. Das IAF NRW führt bedarfsorientiert Fortbildungsveranstaltungen für diese Zielgruppe durch. Die Kreispolizeibehörden melden ihren Fortbildungsbedarf unverzüglich nach bekannt werden des Wechsels von Koordinatorinnen oder Koordinatoren bzw. ihrer Vertreterinnen oder Vertreter.

5.3
Das LKA NRW führt für Koordinatorinnen und Koordinatoren jährlich eine Dienstbesprechung durch, deren Inhalte mit dem IAF NRW abgestimmt sind.

5.4
Das IAF NRW gewährleistet durch inhaltlich abgestimmte Fortbildungsveranstaltungen bedarfsorientiert die Weiterentwicklung der Fach- und Methodenkompetenz der mit der Operativen Fallanalyse befassten Bediensteten des LKA NRW.

6
Berichterstattung zum Wirkbetrieb

Das LKA NRW berichtet dem Innenministerium NRW jährlich zum 15. Februar über den Wirkbetrieb der Operativen Fallanalyse und des Datenbanksystems ViCLAS.

- MBl. NRW. 2005 S. 340