Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 25 vom 2.6.2005 Seite 603 bis 644

Sonderregelung für den Bereich der behördlichen Datenschutzbeauftragten bei den Polizeibehörden und -einrichtungen (PB/PE) des Landes Nordrhein-Westfalen (DSB-Richtlinie-Polizei) RdErl. d. Innenministeriums v. 6.5.2005 - 44.57.03.01(1802/1) -
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Sonderregelung für den Bereich der behördlichen Datenschutzbeauftragten bei den Polizeibehörden und -einrichtungen (PB/PE) des Landes Nordrhein-Westfalen (DSB-Richtlinie-Polizei) RdErl. d. Innenministeriums v. 6.5.2005 - 44.57.03.01(1802/1) -

20026

Sonderregelung für den Bereich der behördlichen
Datenschutzbeauftragten bei den Polizeibehörden und
-einrichtungen (PB/PE) des Landes Nordrhein-Westfalen
(DSB-Richtlinie-Polizei)

RdErl. d. Innenministeriums v. 6.5.2005
- 44.57.03.01(1802/1) -

Die besondere Aufgabenstellung im Polizeibereich des Landes Nordrhein-Westfalen erfordert die nachfolgenden zusätzlichen Hinweise ergänzend zu dem RdErl. d. IM vom 12.12.2000 (SMBl. 20026):

Grundsätzlich gelten die im Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) enthaltenen Vorschriften auch im Bereich der Polizei. Spezialgesetzliche Regelungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten finden sich z. B. im Polizeigesetz NRW, in der Strafprozessordnung, dem Landesbeamtengesetz NRW. Diese bereichsspezifischen Regelungen gehen wegen ihrer Spezialität dem DSG NRW vor.

1
Bestellung

Die Bestellung zum behördlichen Datenschutzbeauftragten (DSB) richtet sich nach den Bezugserlassen und ist nicht mitbestimmungspflichtig. (Ausnahme: Bei der Einstellung für die Funktion des DSB und bei Versetzungsverfahren gelten die üblichen Mitbestimmungsrechte.) Der zu bestellende Vertreter des DSB sollte in der Regel aus dem Polizeibereich kommen.

2
Stellung

Dem DSB ist

- Auskunft über die Fragen zu erteilen sowie Einsicht in alle Datenverarbeitungsvorgänge, Dokumentationen und Aufzeichnungen zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten stehen, namentlich auch in die gespeicherten Daten,

- jederzeit Zutritt zu allen Diensträumen und Zugriff auf elektronische Dienste zu gewähren und

- Kopien von Unterlagen, von automatisierten Dateien, von deren Verfahren und von organisatorischen Regelungen zur Mitnahme zur Verfügung zu stellen, soweit nicht die Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle wesentlich gefährdet wird.

Die Einsicht in Personalakten, ärztliche Unterlagen, Beihilfeakten und Sicherheitsvorgänge ist nur mit schriftlicher Einwilligung der betroffenen Personen zulässig.

Im Hinblick darauf, dass in PB/PE regelmäßig Verschlusssachen gemäß Verschlusssachenanweisung (VSA) bearbeitet werden, ist der DSB zum Zugang zu Verschlusssachen bis zur Geheimhaltungsstufe GEHEIM zu ermächtigen.

Die Art und Weise der Ausübung seiner Kontrollrechte obliegt dem DSB.

3
Anforderungsprofil

Zur Wahrnehmung der Funktion sind Kenntnisse der polizeilichen Organisationsstrukturen und Abläufe erforderlich.

4
Aufgaben und Befugnisse

Der DSB ist durch geeignete Maßnahmen am Informationsfluss innerhalb der PB/PE umfassend zu beteiligen. Dazu gehören z.B. die Kenntnisnahme von Vorgängen mit datenschutzrechtlicher Relevanz, die Einbindung in den Verteiler, Errichtung einer funktionsbezogenen E-Mail-Adresse ebenso wie regelmäßige Teilnahme an Besprechungen der Führungsebene und turnusmäßige Besprechungen mit der Behördenleitung. Im Zweifel ist er zu beteiligen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben haben alle Beschäftigten der PB/PE mit dem DSB vertrauensvoll zusammen zu arbeiten. Soweit diese personenbezogene Daten verarbeiten, ist der DSB bei der Einführung neuer Verfahren oder Änderungen bestehender Verfahren sowie bei der Erarbeitung behördeninterner Regelungen und Maßnahmen zur Verarbeitung personenbezogener Daten bereits in der Planungsphase zu beteiligen. Dazu gehören u. a. auch die Planung und Umsetzung baulicher Maßnahmen, Einrichtung von Technikräumen, Umzügen usw..

5
Verfahrensverzeichnis

Aufgrund sich ständig ändernder technischer Entwicklungen hat der Gesetzgeber auf eine Legaldefinition des Begriffs „Verfahren“ verzichtet. Daher gilt jede automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten als Verfahren im Sinne des DSG NRW. Insbesondere hier sind die Grundsätze der Datenvermeidung, Datensparsamkeit und der Zweckbindung zu beachten. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sind die technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß § 10 DSG NRW zu treffen. Das Verfahrensverzeichnis soll die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten transparent darstellen und dient sowohl der Selbstkontrolle der Behörde als auch der Wahrung gesetzlich garantierter Rechte betroffener Personen.

Das Verfahrensverzeichnis als Beschreibung des einzelnen Verfahrens  gemäß § 8 Abs. 1 DSG NRW ist grundsätzlich bereits im Rahmen der Verfahrensplanung dem DSB vorzulegen. Dabei ist die Verwendung des mit Erlass des IM NRW vom 06.08.2001, IV D 4 –8484- eingeführten Formulars für das Verfahrensverzeichnis verbindlich.

Die Führung des behördlichen Verfahrensverzeichnisses obliegt dem DSB. Er gewährt gemäß § 8 Abs. 2 i.V.m. § 32a Abs. 3 DSG NRW jeder Person Einsicht in das Verfahrensverzeichnis.

6
Vorabkontrolle

Im Rahmen der Vorabkontrolle durch den DSB obliegt diesem u. a. die Aufgabe, die Angaben aus dem vorgelegten Verfahrensverzeichnis mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu vergleichen. Dazu ist der Zugang zum Verfahren sicherzustellen. Der DSB arbeitet mit dem behördlichen IT-Sicherheitsbeauftragten vertrauensvoll zusammen (vgl. IT-Sicherheitsleitlinie NRW, eingeführt mit Erlass IM NRW vom 17.03.2003, 47 - 847). Auf die Aussagen zur Aufgabenwahrnehmung der DSB im Rahmen der Vorabkontrolle von Sicherheitskonzepten nach § 10 DSG NRW im RdErl. d. IM vom 12.12.2000 – I A 5 – 1.2.4. wird hingewiesen.

7
Auskunftsersuchen/Akteneinsicht

Auskunftsersuchen und Anträge auf Akteneinsicht gem. § 18 DSG NRW von betroffenen Personen über ihre bei der Polizei gespeicherten personenbezogenen Daten können unter Beachtung des § 32a Abs. 2 S. 3 DSG NRW durch den DSB beantwortet werden, zumindest ist er zu beteiligen. In Frage kommende Organisationseinheiten legen auf Anforderung entsprechende Stellungnahmen vor.

Alle anderen Auskunftsersuchen aus dem Datenbestand der PB/PE und/oder Anträge auf Akteneinsicht (durch Polizeibehörden, öffentliche, nicht öffentliche Stellen/Personen) werden von den zuständigen Stellen bearbeitet. Hierbei sind die spezialgesetzlichen Regelungen (z. B. PolG NRW, POG NRW, VwVfG NRW) bzw. das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) zu beachten.

In Zweifelsfällen ist der DSB von der zuständigen Stelle zu beteiligen.

8
Anträge auf Löschung/Vernichtung personenbezogener Daten

Bei der Entscheidung über Anträge auf Löschung/Vernichtung personenbezogener Daten ist der DSB zu beteiligen.

9
Beschwerden

Beschwerden betroffener Personen, die auch die Art der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch die Polizei zum Gegenstand haben, sind dem DSB vor Abgang des Antwortschreibens zur Mitzeichnung vorzulegen.

10
Datenverarbeitung im Auftrag

Alle in den PB/PE mit der Vergabe von Aufträgen (einschließlich Leasing-, Wartungs- und Anschlussverträgen) an Externe befassten Stellen haben frühzeitig unter Hinzuziehung des DSB zu prüfen, ob damit auch die Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden ist. Über den Umfang der Datenverarbeitung im Auftrag gem. § 11 DSG NRW, die Verantwortung und die Kontrollbefugnisse des DSB sind vertragliche Regelungen zu treffen.

Ist beabsichtigt, Fremdpersonal einzusetzen, sind  Art und Umfang ggf. erforderlicher Zuverlässigkeitsüberprüfungen mit dem DSB abzustimmen.

Die in diesem Erlass verwendeten Funktionsbezeichnungen gelten für Frauen in der weiblichen und für Männer in der männlichen Sprachform.

- MBl. NRW. 2005 S. 632