Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2005 Nr. 50 vom 25.11.2005 Seite 1303 bis 1314

Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der  Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL/A) RdErl. d. Finanzministeriums v. 18.12.2003 - I 1 – 0044 – 3/8 -
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Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der  Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL/A) RdErl. d. Finanzministeriums v. 18.12.2003 - I 1 – 0044 – 3/8 -

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Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichtbeachtung der
 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A)
und der Verdingungsordnung für Leistungen
- ausgenommen Bauleistungen - (VOL/A)

RdErl. d. Finanzministeriums v. 18.12.2003
- I 1 – 0044 – 3/8 -

Aus gegebenem Anlass und aufgrund von Anregungen aus der Praxis wird Folgendes bestimmt:

1
Die für die Bewirtschaftung der Haushaltsmittel des Landes geltenden Vergabevorschriften (§ 55 LHO) sind auch für die Empfängerinnen und Empfänger von Zuwendungen (§§ 23, 44 LHO) verbindlich, um die verfügbaren Ausgabe- und Verpflichtungsermächtigungen für Zuwendungen im Rahmen des Wettbewerbs wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. Demzufolge schreiben die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I) sowie die Allgemeinen Nebenstimmungen zur Projektförderung (ANBest-P) - Anlagen 1 und 2 zu den VV zu § 44 LHO - jeweils in den Nrn. 3.1.1 und 3.1.2 vor, dass Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger bei der Vergabe von Aufträgen unter anderem die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und die Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL) zu beachten haben. Für gemeindliche Zuwendungsempfänger verweist Nr. 3.1 ANBest-G auf die nach dem Gemeindehaushaltsrecht zu beachtenden Vergabegrundsätze. Mit diesen Vorgaben wird das in den zuwendungsrechtlichen Vorschriften enthaltene Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Zuwendungen (§§ 6, 7 LHO) konkretisiert. Verstößt die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger gegen diese Grundsätze, indem sie oder er bei der Auftragsvergabe die sich aus der VOB/VOL ergebenden besonderen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht beachtet, kann die Bewilligungsbehörde den Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise mit Wirkung auch für die Vergangenheit widerrufen und die Zuwendung zurückfordern (§§ 49 Abs. 3, 49 a VwVfG. NRW.); ggf. zur Zahlung anstehende Beträge sind nicht mehr auszuzahlen.

2
Liegt ein schwerer Verstoß gegen die VOB/VOL vor, ist grundsätzlich ein Widerruf des Zuwendungsbescheides und die Neufestsetzung (Kürzung) der Zuwendung angezeigt. Dabei ist davon auszugehen, dass - regelmäßig nach vorheriger Anhörung der Zuwendungsempfängerin oder des Zuwendungsempfängers (§ 28 VwVfG. NRW.) - im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung das öffentliche Interesse an einer Rückforderung überwiegt (Nr. 8.3 VV zu § 44 LHO). Im Interesse eines möglichst einheitlichen Verwaltungsvollzugs und zur gebotenen Gleichbehandlung der Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger sind bei schweren Verstößen gegen die VOB/VOL (vgl. nachstehende Ziff. 3) im Regelfall förderrechtliche Konsequenzen dergestalt zu ziehen, dass die Kosten für die jeweilige Auftragseinheit (z.B. Teillos oder Fachlos), bei der der Verstoß ermittelt wurde, von der Förderung ausgeschlossen werden. Würde die Anwendung dieses Grundsatzes, etwa weil VOB/VOL-widrig nicht in Teillosen bzw. nur in großen Teillosen vergeben wurde, zu einem völligen oder sehr weitgehenden Förderausschluss für die Gesamtmaßnahme und damit zu einer erheblichen Härte für die Zuwendungsempfängerin oder den Zuwendungsempfänger führen, kann der Kürzungsbetrag auf 20 bis 25 v. H. der Gesamtzuwendung zuzüglich des Zuwendungsanteils der durch den Verstoß bedingten Verteuerung beschränkt werden. Es handelt sich hierbei um einen Rahmen, der bei Vorliegen besonderer Gründe sowohl über- als auch unterschritten werden kann.

Bei Ausschreibung und Vergabe sind im Rahmen der VOB/VOL die in den jeweiligen Vergabehandbüchern näher bezeichneten besonderen Runderlasse über die Berücksichtigung bestimmter Bewerberinnen oder Bewerber zu beachten. Mit dieser Maßgabe sind die nachstehenden Fallgruppen zu sehen.

3
Als schwere Verstöße gegen die VOB/VOL kommen insbesondere folgende Tatbestände in Betracht:

3.1
Verstoß gegen die Vergabeart ohne die im Regelungswerk zugelassenen Sachgründe;

3.2
Fehlende eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung, und zwar - soweit sachlich geboten - auch unter Berücksichtigung der Anforderungen des Landschafts- und Umweltschutzes;

3.3
Bevorzugung des Angebots eines ortsansässigen Bieters gegenüber dem annehmbarsten Angebot;

3.4
Unterlassene Anforderung von Nebenangeboten/Änderungsvorschlägen;

3.5
Ausscheiden des annehmbarsten Angebots

-        aus sonstigen vergabefremden Erwägungen,

-        durch nachträgliche Verhandlungen über Änderungen der Angebote oder Preise,

-        durch nachträgliche Herausnahme von Leistungen aus den Angeboten,

-        durch Zulassung eines Angebots, das nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A oder § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A auszuschließen gewesen wäre,

-        durch fehlende oder mangelhafte Wertung von zugelassenen Nebenangeboten/Änderungsvorschlägen;

3.6
Ausscheiden oder teilweises Ausscheiden des annehmbarsten Angebots durch nachträgliche Losaufteilung;

3.7
Freihändige Vergabe von Aufträgen ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 3 Nr. 4 VOB/A oder § 3 Nr. 4 VOL/A;

3.8
Beschränkung des Wettbewerbs entgegen § 8 Nr. 1 VOB/A oder § 7 Nr. 1 VOL/A;

3.9
Vergabe von Bauleistungen an einen Generalübernehmer (der faktisch an die Stelle des Auftraggebers tritt), wenn die Wirtschaftlichkeit nicht nachweisbar ist.

3.10
Vergabe von Leistungen an einen Generalunternehmer (Alleinunternehmer gegenüber dem Auftraggeber), wenn die Wirtschaftlichkeit der Gesamtleistung nicht nachweisbar ist.

Bei Vorliegen dieser Sachverhalte ist im Regelfall, soweit nicht die Umstände des Einzelfalles eine mildere Beurteilung erfordern (alle Umstände und Gesichtspunkte, auch etwaige Entlastungsmomente, sind in die Beurteilung einzubeziehen), förderrechtlich nach Maßgabe der vorstehenden Ziffer 2 zu verfahren.

- MBl. NRW. 2005 S. 1310