Ministerialblatt (MBl. NRW.)
Ausgabe 2006 Nr. 11 vom 22.3.2006 Seite 199 bis 216
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen an freie Träger zur Förderung der beruflichen Wiedereingliederung von Gefangenen und Haftentlassenen des Strafvollzuges des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Justizministeriums v. 28.2.2006 |
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Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen an freie Träger zur Förderung der beruflichen Wiedereingliederung von Gefangenen und Haftentlassenen des Strafvollzuges des Landes Nordrhein-Westfalen RdErl. d. Justizministeriums v. 28.2.2006
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Richtlinien
über die Gewährung von Zuwendungen
an freie Träger zur Förderung der beruflichen Wiedereingliederung
von Gefangenen und Haftentlassenen des Strafvollzuges des
Landes Nordrhein-Westfalen
RdErl. d. Justizministeriums v. 28.2.2006
(4528 E – IV. 2/2000)
1
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1
Das Land Nordrhein-Westfalen gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinien und der
Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) Zuwendungen
für Projekte zur beruflichen Wiedereingliederung von Gefangenen und
Haftentlassenen des Strafvollzuges des Landes Nordrhein-Westfalen.
1.2
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung der Zuwendung. Die
Bewilligungsbehörde entscheidet vielmehr aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens
im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Ein Vertrauensbestand wird durch die
Zuwendung für künftige Haushaltsjahre nicht geschaffen, weil nicht
ausgeschlossen werden kann, dass die Entwicklung der Haushaltslage des Landes
Kürzungen von Zuwendungen im Rahmen der Haushaltsplanungen erfordert oder
Zuwendungen deswegen ganz entfallen. Dieses Finanzierungsrisiko hat der
Zuwendungsnehmer, insbesondere bei Abschluss, Änderung oder Verlängerung von
Verträgen (z. B. Mietobjekte oder für Personal), zu berücksichtigen.
1.3
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine Doppelfinanzierung einzelner
Zuwendungsnehmer nach § 17 Abs. 4 LHO unzulässig ist. Eine Doppelfinanzierung
läge vor, wenn ein Zuwendungsempfänger für ein Projekt Mittel aus mehreren
Haushaltstiteln erhalten würde.
2
Gegenstand und Zielsetzung der Förderung
2.1
Gefördert werden Projekte zur Fortsetzung des Modellprojektes MABiS.NeT auf der
Grundlage der als Anlage 1 beigefügten Rahmenkonzeption vom 5. Januar 2006.
Ziel der Förderung ist es, im Land Nordrhein-Westfalen ein flächendeckendes Qualifizierungs-, Vermittlungs- und Nachsorgenetzwerk für (ehemalige) Gefangene des Strafvollzuges des Landes Nordrhein-Westfalen aufzubauen, um die berufliche Wiedereingliederung Haftentlassener im Interesse einer wirksamen Rückfallvermeidung zu unterstützen und zu sichern. Gefördert werden freie Träger, die die Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung Inhaftierter sowie die arbeitsmarktorientierte Entlassungsvorbereitung des Strafvollzuges durch beschäftigungsorientierte Nachsorgeangebote für Haftentlassene ergänzen. Dabei sollen Erfahrungen und bewährte Strukturen der durch die Gemeinschaftsinitiative EQUAL geförderten Entwicklungspartnerschaft MABiS.NeT genutzt und weiter entwickelt werden.
2.2
Aufgaben der beschäftigungsorientierten Nachsorge für Haftentlassene
Das grundsätzlich in Bezug auf die jeweilige Zielperson auf längstens sechs Monate befristete Nachsorgeangebot ist auf (ehemalige) Gefangene des Strafvollzuges des Landes NRW zu beschränken und soll vorzugsweise auf erwerbsfähige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der dort angebotenen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen konzentriert werden. Gefördert werden dabei insbesondere folgende Maßnahmen:
2.2.1
Aufbau und Betrieb von jeweils mindestens einer Nachsorgestelle in den Regionen
des Landes NRW, die in der beigefügten Rahmenkonzeption (Anlage 1) benannt
sind. Dabei sind Verbundlösungen, in denen ein Träger Nachsorgestellen in zwei,
maximal drei Regionen betreibt, wünschenswert.
2.2.2
Ermittlung und Akquirierung von Arbeits- und Ausbildungsangeboten für
(ehemalige) Gefangene im Geschäftsbereich der Nachsorgestelle(n) zur Erfassung
in dem Internet-gestützten Datenbanksystem JobExplorerMABiS.NeT.
2.2.3
Überörtliche Unterstützung der Mitarbeiter/innen der arbeitsmarktorientierten
Entlassungsvorbereitung im Strafvollzug des Landes NRW bei der Vermittlung
Gefangener in Arbeit und Ausbildung. Dabei ist unter anderem auch mit
Zeitarbeitsunternehmen zusammen zu arbeiten, die von der Bewilligungsbehörde
benannt werden.
2.2.4
„Übernahme“ der Haftentlassenen, die aus den Justizvollzugsanstalten und/oder
durch kooperierende Agenturen für Arbeit bzw. den auf kommunaler oder auf
Kreisebene eingerichteten Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) zugewiesen werden,
sowie eigene Rekrutierung und aktive Motivierung (ehemaliger) Gefangener zur
Nutzung des Nachsorgeangebotes, das mindestens folgende Elemente enthält:
2.2.4.1
Durchführung einer Aufnahmeberatung inklusive einer datenschutzrechtlichen
Belehrung der Teilnehmenden mit Abschluss einer förmlichen Teilnahmevereinbarung.
2.2.4.2
Ermittlung individueller Vermittlungs- und Nachsorgebedarfe, Fortschreibung der
(im Vollzug begonnenen) Wiedereingliederungsplanung und Beratung der
Teilnehmenden hinsichtlich (über)regional verfügbarer
Wiedereingliederungshilfen.
2.2.4.3
Überregionale Erstvermittlung der Teilnehmenden in geeignete
Beschäftigungsverhältnisse sowie – im Falle vorzeitiger Beschäftigungsabbrüche
– Folgevermittlungen in Kooperation mit den Agenturen für Arbeit und den ARGEn.
2.2.4.4
Erbringung ergänzender Hilfen zur Bewältigung besonderer Vermittlungshemmnisse
oder zur Abwendung drohender Beschäftigungsabbrüche, insbesondere durch
Erschließung externer Unterstützungsleistungen kompetenter Hilfeeinrichtungen
im Rahmen eines individuellen Fallmanagements.
2.2.4.5
Gewährleistung einer telefonischen Beratungshotline für Haftentlassene,
Arbeitgeber und Agenturen für Arbeit sowie ARGen.
2.2.5
Dokumentation der Nachsorge mittels der in Anlage 2 beigefügten
Erhebungsbögen/Controllingbögen sowie des JobExplorersMABiS.NeT –
auch unter Rückgriff auf Daten der Agenturen für Arbeit zum Stand individueller
Vermittlungsbemühungen – und Weiterleitung der erfassten Daten an die zuständige
Controllingstelle.
2.3
Ausdrücklich nicht gefördert werden Maßnahmen der Rechts- und
Verfahrensberatung sowie die Mitwirkung bei vollzuglichen Maßnahmen und Entscheidungen.
2.4
Alle fallbezogenen Daten zu Art, Verlauf und Ergebnissen der Nachsorge sowie
alle finanzierungsrelevanten Unterlagen der geförderten Maßnahme sind für die
Dauer von mindestens 5 Jahren zu archivieren.
3
Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind Verbände und Organisationen, die einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege angehören. Zuwendungsempfänger können auch juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Gebietskörperschaften sein, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung und ihrer Erfahrungen zur Durchführung der Maßnahmen geeignet erscheinen.
Sie müssen den Förderzweck erfüllen, die Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahme und die Bereitschaft zu einer vertrauensvollen und loyalen Zusammenarbeit mit allen Beteiligten bieten.
4
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Die Förderung setzt die Vorlage eines Konzepts, das sich an der beigefügten
Rahmenkonzeption (Anlage 1) orientiert, und eines Finanzierungsplans sowie den
Nachweis einer Unterstützung durch weitere „Fallmanager“ voraus, die aus Eigen-
oder Drittmitteln bzw. durch Nutzung etwaiger Vermittlungspauschalen finanziert
werden. Das Konzept muss verbindliche Aussagen zur Ausgestaltung der
erforderlichen Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit nach Maßgabe der
dort geltenden Geschäftsanweisungen und mit den zuständigen ARGen enthalten.
4.2
Die auf der Grundlage dieser Richtlinien finanzierten Fachkräfte haben den
Nachweis über fachliche Kompetenzen oder berufliche Erfahrungen im Bereich der
Arbeitsvermittlung, der Stellenakquirierung und des individuellen
Fallmanagements oder über eine vergleichbare, dem Förderzweck dienliche Ausbildung
zu erbringen. Außerdem müssen die Fachkräfte den sicheren Umgang mit
elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, namentlich die Nutzung
des Internets, beherrschen.
4.3
Der Zuwendungsempfänger hat die Gewähr dafür zu bieten, dass seine
Mitarbeiter/innen die einschlägigen gesetzlichen Regelungen beachten. Dies
beinhaltet auch den vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Daten, über die
während der Projektarbeit Kenntnis erlangt wird bzw. die Verpflichtung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter auf die einschlägigen Regelungen des Datenschutzgesetzes.
4.4
Die Tätigkeit von Projektmitarbeiter/innen innerhalb einer
Justizvollzugsanstalt im Rahmen der Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung
von (ehemaligen) Gefangenen und der Zugang zu dem Datenbanksystem JobExplorerMABiS.NeT
kann von dem Ergebnis einer Sicherheitsüberprüfung (Sicherheitsüberprüfungsgesetz
Nordrhein-Westfalen - SüG NW) abhängig gemacht werden.
5
Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen
5.1
Zuwendungsart:
Projektförderung
5.2
Finanzierungsart:
Anteilfinanzierung
Alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen (Zuwendungen, Leistungen Dritter) und evtl. Eigenanteile des Zuwendungsempfängers sind als Deckungsmittel für alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen.
5.3
Form der Zuwendung:
Personal- und Sachkostenzuschüsse
5.4
Bemessungsgrundlage:
Zuwendungsfähige Ausgaben im Sinne dieser Richtlinien sind:
Personalkosten
(einschließlich Arbeitgeberanteile und Beschäftigungsentgelte für nebenberuflich Tätige) und
sächliche Verwaltungsausgaben
(Büromaterial, Bücher, Zeitschriften, Gesetzestexte, Entgelte für Post- und Fernmeldeleistungen u.s.w.)
5.5
Höhe der Zuwendungen:
Die Landesförderung kann bis zu 90 % der von der Bewilligungsbehörde als zuwendungsfähig anerkannten Gesamtausgaben betragen.
Zuwendungen werden nur gewährt, wenn sie im Einzelfall mehr als 2.000 EURO betragen. Die Zuwendung ist bei der Bewilligung auf einen Höchstbetrag zu begrenzen.
Ausnahmsweise kann die Bewilligungsbehörde in begründeten Einzelfällen mit Zustimmung des Justizministeriums NRW eine Abweichung zu Ziffern 5.2 und 5.5 zulassen, wenn die in Ziffer 2.3 der VV zu § 44 LHO genannten Voraussetzungen vorliegen.
5.6
Im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements erbrachte Arbeitsleistungen können bei
der Ermittlung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben Berücksichtigung finden
(vgl. anl. Richtlinie zur Berücksichtigung von bürgerschaftlichem Engagement im
Rahmen von Zuwendungen im Justizbereich)
6
Antrags- und Bewilligungsverfahren
6.1
Beantragung
Anträge auf Gewährung einer Zuwendung zur Projektförderung sind unter Verwendung der beigefügten Antragsmuster (Anlagen 3 und 3.1) und unter Beifügung der Konzeption sowie eines Finanzierungsplans (Anlage 3.2) an die Bewilligungsbehörde zu richten.
Folgeanträge können jeweils bis zum 1. September des laufenden Jahres vorgelegt werden.
6.2
Bewilligung
Bewilligungsbehörde ist der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes, Sedanstraße 15, 42275 Wuppertal. Die Zuwendungsbescheide werden nach dem beigefügten Muster (Anlage 4) erteilt.
6.3
Auszahlung der Zuwendung
Die Auszahlung der Zuwendungen richtet sich nach den Regelungen des Zuwendungsbescheides nach entsprechender Mittelanforderung (Anlage 4.1).
6.4
Anwendung der Landeshaushaltsordnung
Für die Bewilligung, die Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung der Mittel und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
7
Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Die Zuwendungsempfänger haben der Bewilligungsbehörde bis zum 31. März des Folgejahres einen Verwendungsnachweis (Anlage 5) sowie jeweils zum 31.07. des Förderjahres und 31.01. des Folgejahres (Anlage 2) einen Tätigkeitsbericht (Controllingangaben) vorzulegen.
8
Ergänzende Information
Alle in diesem Runderlass angegebenen Anlagen sind sowohl in Druckversion als auch elektronisch nach Anfrage unter Tel. 0211/8792 450 oder unter magnus.pehle@jm.nrw.de erhältlich.
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In-Kraft-Treten
Diese Richtlinien treten mit sofortiger Wirkung in Kraft und gelten bis zum 31.12.2007.
- MBl. NRW. 2006 S. 209