Historische SMBl. NRW.
Historisch: Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz RdErl. d. Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (am 7.7.2005 MGFFI) v. 19.8.2002 - II B 3- 2382
Historisch:
Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz RdErl. d. Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (am 7.7.2005 MGFFI) v. 19.8.2002 - II B 3- 2382
Schutz vor
sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
RdErl. d. Ministeriums für Frauen, Jugend,
Familie und Gesundheit (am 7.7.2005
MGFFI)
v. 19.8.2002 - II B 3- 2382
Im Folgenden werden Regelungen für die Verwaltungen des
Landes, für die Landesbetriebe und Krankenhäuser des Landes sowie für die
Gerichte, Schulen und Hochschulen, den Landesrechnungshof, die
Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für die
Verwaltung des Landtags konkretisiert. Die Regelungen sollen Betroffene dazu
ermutigen, sich gegen sexuelle Belästigung zur Wehr zu setzen. Beschäftigte,
die einen Fall sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zur Sprache bringen,
bedürfen des besonderen Schutzes und der Fürsorge der Vorgesetzten. Sie dürfen
keine persönlichen oder beruflichen Nachteile erfahren. Die vorgesehenen
Sanktionen wie z.B. Umsetzung und Versetzung sollen Belästigende treffen. Damit
wird deutlich gemacht, dass diese sich falsch verhalten haben und nicht etwa
die Belästigten.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stellt eine Verletzung
der Menschenwürde und des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung dar.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz stört nachhaltig das
Arbeitsklima und den Betriebsfrieden.
Es gehört zur Führungsaufgabe von Vorgesetzten und liegt in
deren besonderer Verantwortung, für ein Arbeitsklima zu sorgen, in dem die
persönliche Integrität und Selbstachtung gewahrt werden. Sie haben daher
Hinweisen auf Fälle sexueller Belästigung nachzugehen, die Betroffenen zu
ermutigen, sich gegen Belästigungen zu wehren und ihnen Handlungsmöglichkeiten
aufzuzeigen.
Sexuelle Belästigung
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist jedes vorsätzliche,
sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz
verletzt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BSchG). Die Definition von sexueller Belästigung
nach dem Beschäftigtenschutzgesetz enthält mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe.
Die Aufzählung von Handlungen, die als sexuelle Belästigung anzusehen sind,
dient der Konkretisierung. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Sexuelle
Belästigung in diesem Sinne stellen insbesondere folgende vorsätzliche
Handlungen dar, soweit sie sexuell bestimmt sind, Betroffenen - ggf. über
Dritte - zur Kenntnis gelangen und von diesen nicht erkennbar gebilligt werden:
- herabsetzende Bemerkungen über die sexuelle Identität, körperliche Merkmale und das äußere Erscheinungsbild von Beschäftigten
- obszöne und kompromittierende Handlungen, Äußerungen und
Witze
- Äußerungen, telefonische Bemerkungen, Briefe sowie auf
elektronischem Wege
- Äußerungen, Anspielungen und Witze über vermeintliche oder tatsächliche Homosexualität von Beschäftigten
- Zeigen, Verteilen oder Aushängen pornografischer Hefte und
Abbildungen
- Kopieren, Anwenden, Versenden oder Nutzen sexuell
diskriminierender oder pornografischer Computerprogramme oder -dateien auf
dienstlichen ADV-Anlagen
- unerwünschte körperliche Berührungen
- Einladung oder Aufforderung zu sexuellen Handlungen
- Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung
- Versprechen beruflicher Vorteile bei sexuellem
Entgegenkommen.
Präventive Schutzmaßnahmen
Dienstvorgesetzte (§ 3 Abs. 4 Satz 1 Landesbeamtengesetz)
bzw. Dienststellenleitungen haben die Beschäftigten vor sexueller Belästigung
am Arbeitsplatz zu schützen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen
(§ 2 Abs. 1 BSchG).
Geeignete vorbeugende Maßnahmen sind in der Regel:
- Fortbildungs- und sonstige Maßnahmen für alle
Beschäftigten zur Verhinderung von sexueller Belästigung (Information über die
Rechtslage, Beschwerdemöglichkeiten und Sanktionen)
- Sensibilisierung vor allem von Beschäftigten mit
Leitungsfunktionen für die Problematik der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz
- eine eindeutige Haltung gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, zu der u.a. die Teilnahme insbesondere von Beschäftigten im Organisations- und Personalwesen, Personen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, Ausbilderinnen und Ausbildern sowie Mitgliedern des Personalrates und Gleichstellungsbeauftragten an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen gehört
- Erörterung des Themas „Sexuelle Belästigung unter
Einschluss der Thematik Homosexualität und Arbeitswelt“ auf Initiative der
Dienststelle, des Personalrates, der Gleichstellungsbeauftragten, der sozialen
Ansprechpartnerinnen und -partner oder der Schwerbehindertenvertretung mit
allen Beschäftigten, wobei die Dienststelle nachdrücklich erklärt, dass gegen
sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz mit allen rechtlichen Möglichkeiten
vorgegangen wird.
Andere oder weitere Maßnahmen sind denkbar.
Beschwerdeverfahren nach § 3 BSchG
1
Die betroffenen Beschäftigten haben das Recht, sich bei den zuständigen Stellen
der Dienststelle zu beschweren (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz BSchG).
Zuständige Stellen in diesem Sinne sind:
- Dienstvorgesetzte
- Vorgesetzte
- Gleichstellungsbeauftragte.
Im Übrigen bleibt es den Personen, die den Vorwurf der Belästigung erheben, selbstverständlich unbenommen, sich an die für sie zuständige Personal- oder Richtervertretung, an die Schwerbehindertenvertretung, an die sozialen Ansprechpartnerinnen und -partner oder an die Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen an Schulen und Studienseminaren zu wenden.
2
Die Personen, die den Vorwurf der Belästigung erheben, haben ein Wahlrecht,
welche Stelle sie ansprechen. Wenden sie sich nicht an den Dienstvorgesetzten
oder die Dienstvorgesetzte oder an die Dienststellenleitung, so ist die
Beschwerde von der eingeschalteten Stelle mit ihrer Zustimmung an den
Dienstvorgesetzten oder die Dienstvorgesetzte oder die Dienststellenleitung
weiterzuleiten. Ohne Zustimmung der den Vorwurf der Belästigung erhebenden
Personen wird die Beschwerde nicht weiter verfolgt. Die Beschwerde ist von
allen Genannten vertraulich zu behandeln.
3
Der oder die Dienstvorgesetzte oder die Dienststellenleitung prüft die mündlich
oder schriftlich eingelegte Beschwerde und hat die Personen, gegen die die
Vorwürfe erhoben wurden, anzuhören und den Sachverhalt vollständig im Rahmen
der rechtlichen Möglichkeiten aufzuklären. Von der Anhörung ist ein Protokoll
zu fertigen.
Die unter Nr. 1 genannten Personen können an der Prüfung
beteiligt werden, wenn die den Vorwurf der Belästigung erhebende Person hierzu
ihre Zustimmung erteilt. Die Gleichstellungsbeauftragte ist nach den
Vorschriften des Landesgleichstellungsgesetzes zu beteiligen.
Die Entscheidung über die Beschwerde soll innerhalb von vier
Wochen ergehen und ist den am Beschwerdeverfahren Beteiligten bekannt zu geben.
Aus der Entscheidung über die Beschwerde muss hervorgehen, welche
arbeitsrechtlichen, dienstrechtlichen oder disziplinarischen und personalwirtschaftlichen
Maßnahmen die Dienstvorgesetzten oder die Dienststellenleitung ggf. für
erforderlich halten.
Kommt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass in dem konkreten
Fall eine Umsetzung oder Versetzung erforderlich, aber auch ausreichend ist, so
ist eine Umsetzung oder Versetzung der belästigenden Person vorzunehmen, es sei
denn, dieses ist aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich. In diesen
Fällen sind unverzüglich die organisatorischen oder personellen Voraussetzungen
für die Umsetzung zu schaffen. Die belästigte Person soll nur ausnahmsweise und
nur mit ihrer Zustimmung umgesetzt oder versetzt werden.
Werden Beschäftigte durch (nicht dienststellenangehörige)
Dritte im Zusammenhang mit dem Dienstbetrieb sexuell belästigt, hat der oder
die Dienstvorgesetzte oder die Dienststellenleitung alle rechtlich möglichen
Maßnahmen zum Schutz vor wiederholten Handlungen zu ergreifen.
4
Kommt der oder die Dienstvorgesetzte oder die Dienststellenleitung der
Prüfungs- und Entscheidungspflicht schuldhaft nicht in dem erforderlichen
Umfang nach, so liegt eine Verletzung der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten
oder der Fürsorgepflicht gegenüber der belästigten Person vor. Das Unterlassen
der Prüfung und der Entscheidung stellt ein Dienstvergehen dar.
5
Die Vorschriften über die Führung von Personalakten bleiben unberührt.
Bekanntgabe
Die Bekanntgabe des Beschäftigtenschutzgesetzes und dieses
Erlasses erfolgt in der Dienststelle durch besondere schriftliche Information,
z.B. durch eine Hausmitteilung an alle Beschäftigten.
MBl.
NRW. 2002 S. 1068