Historische SMBl. NRW.
Historisch: Richtlinien zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes RdErl. d. Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit v. 18.5.1999 - III B 2 - 0401.2 (am 1.1.2003 MGSFF)
Historisch:
Richtlinien zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes RdErl. d. Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit v. 18.5.1999 - III B 2 - 0401.2 (am 1.1.2003 MGSFF)
Richtlinien
zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes
RdErl. d. Ministeriums für Frauen,
Jugend, Familie und Gesundheit
v. 18.5.1999 - III B 2 - 0401.2
(am 1.1.2003 MGSFF)
Erfordernis der Erlaubnis
Wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Ärztin oder Arzt approbiert oder
Inhaberin/Inhaber einer Erlaubnis im Sinne des § 2 Abs. 2 der
Bundesärzteordnung zu sein, bedarf der Erlaubnis nach § l Abs. l des
Heilpraktikergesetzes.
Einer Erlaubnis nach § l Abs. l Heilpraktikergesetz bedürfen auch Personen, die
in eigener Verantwortung heilkundlich-psychotherapeutische Tätigkeiten ohne
Berechtigung nach dem Psychotherapeutengesetz ausüben (Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 10.2.1983, BVerwGE 66, 367, NJW 1984 S. 1414).
Die Approbation als Ärztin oder Arzt schließt die Erteilung einer Erlaubnis als
Heilpraktikerin/Heilpraktiker aus. Die Approbation als Zahnärztin/Zahnarzt gem.
§ l Zahnheilkundegesetz beinhaltet lediglich die Berechtigung zur Ausübung der
Zahnheilkunde aber nicht der Humanmedizin. Die Zahnärztinnen und Zahnärzte
bedürfen deshalb für die Ausübung der über die Zahnheilkunde hinausgehenden
Heilkunde einer Erlaubnis gem. § l Abs. l Heilpraktikergesetz.
Erlaubnisvoraussetzungen
Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zur
Ausübung der Heilkunde nach § l Heilpraktikergesetz und § 2 der 1. DVO
vorliegen, ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen.
Im Einzelnen ist bei der Anwendung der 1. DVO Folgendes zu beachten: - § 2 Abs.
l Buchstabe b der 1. DVO (Beschränkung der Erlaubnis auf deutsche
Staatsangehörige) ist nichtig (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom
10.5.1988 - l BvR 482/84 - u. a. BGB1. I
S. 1587).
3
Erlaubnisverfahren
Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung nach § l
Heilpraktikergesetz erteilen die örtlich zuständigen Kreise und kreisfreien
Städte (Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten nach Rechtsvorschriften für
Heilberufe (Zuständigkeitsverordnung Heilberufe – ZustVO HB) vom 20. Mai 2008 (GV. NRW. S. 458) im Benehmen mit den nach Nummer 4.1 zuständigen unteren
Gesundheitsbehörden (§ 3 Abs. l und § 11 Abs. 2 der 1. DVO). Im Rahmen des
herzustellenden Benehmens nimmt die untere Gesundheitsbehörde (vgl. Nr. 4.1)
die nach § 2 Abs. l Buchstabe i der 1. DVO vorgeschriebene Überprüfung vor. Die
für den Antragsteller örtlich zuständigen Kreise und kreisfreien Städte
entscheiden in eigener Zuständigkeit unter Würdigung der gutachterlichen
Äußerung der unteren Gesundheitsbehörde nach Nummer 4.2, es sei denn, nach
Nummer 5.2.1 ist eine Kenntnisüberprüfung durch die untere Gesundheitsbehörde
nicht vorzunehmen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.12.1995,
DVB1. 1996, S. 811).
3.2
Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde wird auf Antrag erteilt. Dem Antrag
sind folgende Unterlagen beizufügen:
- Kurz gefasster Lebenslauf,
- ärztliches Zeugnis, das am Tag des Überprüfungsbeginns nicht älter als drei
Monate sein darf, wonach keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antrag
stellenden Person infolge eines körperlichen Leidens oder wegen Schwäche ihrer
geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht die für die
Berufsausübung erforderliche Eignung fehlt,
- amtliches Führungszeugnis, das am Tag des Überprüfungsbeginns nicht älter als
drei Monate sein darf,
3.3
Liegen einer oder mehrere der in § 2 Abs. l Buchstaben a, d, f und g der 1. DVO
genannten Versagungsgründe vor, lehnt die Kreisordnungsbehörde den Antrag ab,
ohne dass es einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch die untere
Gesundheitsbehörde bedarf. Anderenfalls veranlasst sie bei der zuständigen
unteren Gesundheitsbehörde die Durchführung der Überprüfung.
Bringt die Antrag stellende Person bei der Antragstellung zum Ausdruck, dass
sie die Heilkunde ausschließlich auf dem Gebiet der Psychotherapie ausüben
will, so ist, wenn insoweit die Voraussetzungen erfüllt sind, die Erlaubnis
ausdrücklich auf dieses Gebiet zu beschränken (Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 21.1.1993, BVerwGE 91, 356 = NJW 1993, S. 2395).
4
Kenntnisüberprüfung
4.1
Zuständige Behörden
im Regierungsbezirk
Arnsberg die untere Gesundheitsbehörde Dortmund,
Detmold die untere Gesundheitsbehörde Minden-Lübbecke,
Düsseldorf die untere Gesundheitsbehörde Krefeld,
Köln die untere Gesundheitsbehörde Köln,
Münster die untere Gesundheitsbehörde Recklinghausen.
4.2
Zweck der Überprüfung
Inhalt der Überprüfung
Die Überprüfung erstreckt sich auf folgende Gebiete:
4.3.1
Berufs- und Gesetzeskunde, insbesondere rechtliche Grenzen sowie Grenzen und
Gefahren diagnostischer und therapeutischer Methoden bei der nichtärztlichen
Ausübung der Heilkunde,
4.3.2
grundlegende Kenntnisse der Anatomie und Physiologie einschließlich der
pathologischen Anatomie und Pathophysiologie,
4.3.3
Grundkenntnisse in der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und
Unterscheidung von häufigen Krankheiten, insbesondere der
Stoffwechselkrankheiten, der Herz-Kreislauf-Krankheiten, der degenerativen und
übertragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen sowie seelischer Erkrankungen,
4.3.4
Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände,
4.3.5
Praxishygiene, Desinfektion und Sterilisationsmaßnahmen, Pflichten nach der
Medizinproduktebetreiberverordnung,
4.3.6
Technik der Anamneseerhebung, Methoden der unmittelbaren Krankenuntersuchung
(Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Reflexprüfung, Puls- und
Blutdruckmessung),
4.3.7
Bewertung grundlegender Laborwerte,
4.3.8
Injektions- und Punktionstechniken.
4.4
Durchführung der Überprüfung
4.4.1
Die Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einen mündlichen Teil. Der
schriftliche Teil wird vor dem mündlichen Teil durchgeführt. Der schriftliche
Teil gilt als bestanden, wenn mindestens 75% der Fragen richtig beantwortet
worden sind (vgl. Beschluss des OVG Münster vom 20.11.2007 – 13 A 3786/05). Ist
der schriftliche Teil nicht bestanden, entfällt die mündliche Überprüfung. Vor
Beginn jedes Überprüfungsteiles haben sich die Antrag stellenden Personen
auszuweisen.
4.4.2
Der schriftliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf die Sachgebiete 4.3.1
bis 4.3.8.
Die Antragstellerin/der Antragsteller hat aus diesen Sachgebieten eine
Aufsichtsarbeit nach vorgegebenen Fragen zu fertigen. Für die Aufsichtsarbeit
stehen bis zu drei Zeitstunden zur Verfügung. Die Aufsichtführenden werden von
der unteren Gesundheitsbehörde bestellt.
Der mündliche Teil der Überprüfung erstreckt sich auf die Sachgebiete 4.3.1 bis
4.3.8.
Die mündliche Überprüfung soll in der Regel für die einzelne
Antragstellerin/den einzelnen Antragsteller nicht mehr als eine Zeitstunde
dauern. In der Regel soll jede Person einzeln überprüft werden.
Die mündliche Überprüfung wird unter Vorsitz einer Ärztin oder eines Arztes der
unteren Gesundheitsbehörde durchgeführt. Dabei sollen mindestens zwei
Angehörige des Heilpraktikerberufs als Beisitzende gutachterlich mitwirken. Die
Berufsverbände können Vorschläge für die Beisitzenden machen. Die zuständige
untere Gesundheitsbehörde soll die Verbände möglichst gleichmäßig bei der
Bestellung der Beisitzenden berücksichtigen.
Über die mündliche Überprüfung ist eine Niederschrift (z.B. Wortprotokoll,
Tonbandprotokoll) zu fertigen, aus der Gegenstand (Inhalt), wesentlicher Ablauf
und Ergebnis der Überprüfung sowie die Stellungnahme der gutachterlich
mitwirkenden Beisitzerinnen/Beisitzer hervorgehen.
4.4.4
Aufgrund der Ergebnisse der Überprüfung stellt die Vorsitzende oder der
Vorsitzende im Benehmen mit den Beisitzenden gutachterlich fest, ob bei der
Antrag stellenden Person Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausübung der
Heilkunde durch sie eine Gefahr für die menschliche Gesundheit bedeuten könnte.
Über die gutachterliche Stellungnahme ist im Falle von substanziellen Einwänden
der überprüften Person erneut zu beraten. Das Ergebnis der Beratung ist
schriftlich festzuhalten.
Die Vorsitzende oder der Vorsitzende unterrichtet die Antrag stellende Person
über das Ergebnis der Überprüfung und leitet die gutachterliche Stellungnahme
an den Kreis oder die kreisfreie Stadt weiter. Dort wird die auszustellende
Erlaubnisurkunde nach dem Muster der Anlage l gefertigt.
4.4.6
Im Falle einer erneuten Überprüfung ist ein neuer Antrag nach den Nummern 3.2
ff. zu stellen.
5
Besondere Form der Kenntnisüberprüfung
Bei den nachfolgend genannten Personengruppen gilt Nummer 4 mit folgenden
Maßgaben:
5.1
Eingeschränkte Heilkundeerlaubnis
Bei Antrag stellenden Personen, die eine auf das Gebiet der heilkundlichen
Psychotherapie beschränkte Erlaubnis begehren und glaubhaft versichern, sich
ausschließlich im Bereich der Psychotherapie betätigen zu wollen, gilt
Folgendes:
5.1.1
Bei diesen ist eine Kenntnisüberprüfung durch die untere Gesundheitsbehörde
vorzunehmen. Diese darf sich nicht auf allgemeine heilkundliche Grundkenntnisse
einschließlich der Kenntnisse im Bereich der Anatomie, Physiologie, Pathologie
und Arzneimittelkunde erstrecken. Nachzuweisen sind vielmehr ausreichende
Kenntnisse der psychologischen Diagnostik, der Psychopathologie, der klinischen
Psychologie und des Gesundheitsrechts.
In der Überprüfung muss festgestellt werden, dass die Antrag stellende Person
die menschliche Gesundheit nicht gefährdet, weil sie
- über ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf das einschlägige
Krankheitsbild verfügt und akute psychologische und psychotherapeutische
Notfälle erkennen kann und
- eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie oder eine Nervenärztin oder
ein Nervenarzt jeweils mit Zusatzbezeichnung „Psychotherapie" oder
- eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder für
psychotherapeutische Medizin oder
- eine Psychologische Psychotherapeutin oder ein Psychologischer
Psychotherapeut.
5.1.2
Von der Kenntnisüberprüfung kann im Einzelfall durch den Kreis oder der
kreisfreie Stadt auf Grund einer Prüfung der Unterlagen, Zeugnisse etc. im
Rahmen der erforderlichen Sachverhaltsermittlung nach Aktenlage im Benehmen mit
der unteren Gesundheitsbehörde (vgl. Nr. 4.1) ganz oder teilweise abgesehen
werden, wenn die Antrag stellende Person in langjähriger beruflicher Tätigkeit
psychotherapeutisch gearbeitet hat, vorzugsweise unter ärztlicher Anleitung
oder der Anleitung einer Psychologischen Psychotherapeutin oder eines
Psychologischen Psychotherapeuten, und wenn auf Grund eines besonders
umfangreichen und erfolgreich absolvierten Aus-, Fort- oder Weiterbildungsweges
keine Zweifel bestehen, dass die Antrag stellende Person über die
erforderlichen Kenntnisse verfügt. Ein Anspruch, von der Kenntnisüberprüfung
abzusehen, besteht nicht. Die Darlegungs- bzw. Beweislast hinsichtlich der
individuellen Qualifikation obliegt der Antrag stellenden Person.
5.1.3
Die Erlaubnis ist nach Nummer 3.4 auf das Gebiet der Psychotherapie zu
beschränken.
Eine heilkundliche Betätigung außerhalb des Gebietes der Psychotherapie erfüllt
den Straftatbestand des § 5 HeilprG und führt gemäß § 7 Abs. l der 1. DVO zur
Rücknahme der Erlaubnis. Die von dem Kreis oder der kreisfreien Stadt
auszustellende Erlaubnisurkunde ist nach dem Muster der Anlage 2 zu
fertigen.
Gutachterausschuss
6.1
Im Falle einer Versagung der Erlaubnis kann die Antrag stellende Person bei dem
Kreis oder der kreisfreien Stadt Widerspruch einlegen, die über den Widerspruch
entscheiden (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 und § 7 Satz 1 AG VwGO). Die Fristen ergeben sich
aus § 70 Abs. l in Verbindung mit § 58 Abs. 2 VwGO vom 19. März 1991 (BGBl. I
S. 686) in der jeweils geltenden Fassung. Bleibt auch das Widerspruchsverfahren
erfolglos, kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Widerspruchsbescheides Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden
(§ 74 VwGO). Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und vor Rücknahme oder
Widerruf der Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz haben die Kreise und
kreisfreien Städte den Gutachterausschuss für Heilpraktiker anzuhören (§ 3 Abs.
3 und § 7 Abs. 3 1. DVO zum HeilprG). Eine Anhörung zur beruflichen
Zuverlässigkeit kann entfallen, wenn das Fehlverhalten der Antrag stellenden
Person so schwerwiegend ist, dass die Erteilung der Erlaubnis ausgeschlossen
ist.
6.2
Die Zusammensetzung des Gutachterausschusses und die Dauer der Berufung ergeben
sich aus § 4 Abs. l der 1. DVO. Für die Tätigkeit des Gutachterausschusses
gelten die §§ 88 bis 91, 93 und § 20 und § 21 Abs. 2 VwVfG. NRW. (GV. NRW.1976
S. 438 - zuletzt geändert am 22.11.1994 GV. NRW. 1994 S. 1064 /SGV. NRW. 2010)
in der jeweils geltenden Fassung.
(zu
4.4.5)
Erlaubnis
zur berufsmäßigen
Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Bestallung
Die Oberbürgermeisterin/der Oberbürgermeister
- Ordnungsbehörde –
des Kreises/der Stadt
(Datum) (Siegel)
Anlage
2
(zu
5.2.3)
Erlaubnis
zur Ausübung der
Heilkunde im Gebiet der Psychotherapie
Die Oberbürgermeisterin/der Oberbürgermeister
- Ordnungsbehörde –
des Kreises/der Stadt
(Datum)
(Siegel)
MBl. NRW. 1999 S. 812, geändert durch RdErl. v. 13.1.2005 (MBl. NRW. 2005 S. 155), 14.8.2008 (MBl. NRW. 2008 S. 473).