Hygiene-Richtlinien
für die Anlage und
Erweiterung von Begräbnisplätzen
RdErl. d. Ministers für Arbeit,
Gesundheit und Soziales
v. 21.8.1979 - V C 2 - 0265.2 (am 1.1.2003 MGSFF)
Zur
Verhütung von Infektionskrankheiten bei Menschen weise ich unter Bezug auf §
l und § 16 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes sowie auf § 34 des
Wasserhaushaltsgesetzes - WHG für die gutachterliche Stellungnahme der
unteren Gesundheitsbehörde nach § 17 Abs. 1 Nr. 14 in Verbindung mit § 19 des
Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) vom 25. November 1997 (GV. NRW. S. 431) in der jeweils geltenden Fassung (SGV. NRW. 2120) auf
folgendes hin:
1
Begräbnisplätze (Friedhöfe)
1.1
Begräbnisplätze (Friedhöfe) sind so anzulegen, dass durch sie keine Schäden
oder Nachteile für die menschliche Gesundheit oder für das menschliche
Wohlbefinden entstehen können.
1.2
Vor allem muss verhindert werden, dass es zu Geruchsbelästigungen kommt und
dass Zersetzungsprodukte oder Krankheitserreger durch Versickerung in den
Untergrund oder auf sonstige Weise (Verschleppung durch Ratten, Insekten
usw.) zu einer Verunreinigung des Grundwassers oder eines oberirdischen
Gewässers führen können.
1.3
Der gutachtlichen Äußerung der unteren Gesundheitsbehörde hat eine
Stellungnahme der zuständigen Wasserbehörde und das Ergebnis einer
geologisch-bodenkundlichen Untersuchung durch den Geologischen Dienst
Nordrhein-Westfalen - Landesbetrieb - zugrunde zu liegen. In Überschwemmungsgebieten
ist für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen eine zusätzliche
wasserrechtliche Genehmigung erforderlich.
1.4
Gegenüber Nachbargrundstücken sind Friedhöfe durch Bäume, wintergrüne Hecken
oder Sträucher oder Mauern hinreichend gegen Sicht abzuschirmen.
2
Bodenbeschaffenheit
2.1
Der Boden von Begräbnisplätzen muss die für das Verwesen ( Zersetzung ) der
Leichen erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Er muss daher in der
Zersetzungszone und darüber bis zur Erdoberfläche hinreichend wasser- und
luftdurchlässig sein. Diese Eigenschaften muss der Boden auf dem ganzen
Grundstück des Friedhofes und in seiner näheren Umgebung besitzen.
2.2
Die Erdschicht über der Zersetzungszone muss wenigstens 0,90 m mächtig sein.
Sie darf keine zu weiten Hohlräume (z. B. zwischen Steinschüttungen)
enthalten.
2.3
Die Erdschicht unter der Zersetzungszone muss geeignet sein, die
Zersetzungsstoffe der Leichen bis zum Zerfall in anorganische Stoffe vom
Grundwasser zurückzuhalten.
2.4
Zwischen Grabsohle und höchstem Grundwasserstand muss eine Filterschicht von mindestens 0,70 m vorhanden sein,
die in der Lage ist, alle bei der Zersetzung der organischen Substanz
freiwerdenden Stoffe, von denen eine Beeinträchtigung des Grundwassers zu
besorgen ist, zu binden. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, muss
das Gelände mit geeignetem Bodenmaterial um die fehlende Höhe aufgefüllt oder
der Grundwasserspiegel abgesenkt werden.
2.5
Die Boden- und Wasserverhältnisse werden in Schürfgruben von mindestens 2,50
m Tiefe an sachverständig ausgewählten Stellen des Platzes geprüft, soweit
nicht anstehendes festes Gestein bzw. austretendes Wasser das Ausheben der
Gruben bis zu dieser Tiefe verhindert .
3
Wasserverhältnisse
3.1
Grundwasser darf weder ständig noch zeitweise höher als 0,70 m unter
Grabsohle auftreten.
3.2
Grundwasser, Stauwasser oder Sickerwasser darf nach Kontakt mit der
Zersetzungszone keine Entnahmestellen von Trink- oder Betriebswasser
erreichen, wenn nicht sichergestellt ist, dass auf seinem Weg durch den Boden
eine ausreichende Filterung erfolgt und alle Schadstoffe abgebaut werden.
3.3
Die Entfernung von einem Begräbnisplatz bis zum nächsten Brunnen soll
mindestens 100 m betragen. Geringere Abstände können im Einzelfall im
Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde zugelassen werden, die - wenn
sie untere Wasserbehörde ist - die Stellungnahme des zuständigen Staatlichen
Umweltamts herbeizuführen hat.
3.4
Neuanlage von Begräbnisplätzen oder erhebliche Erweiterung vorhandener
Begräbnisplätze in den für Grundwasserwerke ausgewiesenen Schutzzonen I, II
und III bzw. III A ist nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.12 Buchstabe q) der
mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 25. 4.
1975 (SMBl. NRW. 770) eingeführten DVGW-Richtlinien für Grundwasser,
Arbeitsblatt W 101). Begräbnisplätze in den für Trinkwassertalsperren
ausgewiesenen Schutzzonen l und II sind nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.2.2
Buchstabe f) der mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten v. 25.4.1975 eingeführten DVGW-Richtlinien für Trinkwassertalsperren,
Arbeitsblatt W 102).
3.5
Böden, in denen die Versickerung des Niederschlagswassers deutlich gehemmt
ist und in denen zeitweilige Staunässe höher als 0,70 m unter Grabsohle
auftritt, sind für Friedhofszwecke grundsätzlich ungeeignet.
3.6
Ist die Anlage eines Begräbnisplatzes innerhalb eines Geländes, in dem
Grundwasser oder Staunässe auftritt (siehe 3.1 und 3.5) unvermeidlich, so ist
das überschüssige Wasser durch geeignete Maßnahmen abzuleiten. Dabei ist die
unschädliche Ableitung dieses Wassers besonders zu sichern.
3.7
Wird im Laufe der Benutzung eines Geländes als Begräbnisplatz die
Ableitung überschüssigen Wassers
nachträglich notwendig, so ist auf die unschädliche Ableitung des aufgefangenen
Wassers besonders zu achten.
3.8
Dem Friedhof zufließendes Wasser ist abzuführen, bevor es diesen erreicht
hat.
3.9
Rohrnetze von Wasserversorgungen dürfen Friedhöfe nicht durchschneiden oder
in deren unmittelbarer Nähe vorbeigeführt werden. Das gilt nicht für
Anschlussleitungen, die die Friedhofsanlage versorgen.
4
Grabstätten
4.1
Grabstätten müssen so tief angelegt sein, dass nach der Zuschüttung des
Grabes Zersetzungsprodukte nicht an die Erdoberfläche treten können.
4.2
Bei felsigem Untergrund kann die mangelnde Tiefe der einzelnen Grabstätte
nicht durch eine überhöhte Aufschüttung des Grabhügels ausgeglichen werden.
Bei dieser Bodenbeschaffenheit ist vielmehr der Begräbnisplatz insgesamt
durch Erdaufschüttungen zu erhöhen oder durch andere geeignete Maßnahmen in
einen entsprechenden Zustand zu versetzen.
4.3
Die Fläche des Einzelgrabes ist genügend groß zu bemessen. Als Mindestfläche
der Gräber sind für Erwachsene 2,10 m Länge und 0,90 m Breite, für Kinder
unter 5 Jahren 1,20 m Länge und 0,60 m Breite anzusetzen.
4.4
Der Abstand zwischen zwei Einzelgräbern muss mindestens 0,30 m betragen.
4.5
Die Grabtiefe soll grundsätzlich 1,80 m betragen. Für die Leichen von Kindern
unter 5 Jahren reicht eine Tiefe von 1,40 m aus.
4.6
Erfordern besondere Verhältnisse eine Verringerung der Grabtiefe, ist die
hygienische Unbedenklichkeit darzulegen.
4.7
Bei Doppelbelegungen (Tiefbestattungen) sind die für die Verwesung
(Zersetzung) der Leichen geltenden Richtlinien*) sinngemäß anzuwenden.
Zwischen Bodenoberfläche und höchstem Grundwasserstand ist ein Abstand von
mindestens 3,40 m erforderlich.
4.8 Grabfelder für Kinder bis zu 5 Jahren sollen wegen der unterschiedlichen
Grabtiefen getrennt von den Grabfeldern für Erwachsene angelegt werden.
4.9 Gemauerte Gruftanlagen, in denen Särge ohne Erdbedeckung abgestellt
werden, sind im allgemeinen nicht mehr zuzulassen.
5
Ruhefristen
5.1
Die Mindest- und Höchstruhefristen sind für jede Friedhofsanlage unter
Berücksichtigung der Boden- und Grundwasserverhältnisse festzulegen.
5.2
Dabei ist von einem Turnus von 25 bis 50 Jahren auszugehen. Für Leichen von
Personen unter 5 Jahren werden im allgemeinen 25 Jahre, im übrigen 30
Jahre als Mindestfristen anzusetzen
sein.
5.3
Die Mindestfristen dürfen nur verkürzt werden, wenn die Bodenverhältnisse für
die Verwesung besonders günstig sind.
5.4
Sollen die Fristen aufgrund besonderer Verhältnisse verkürzt werden, so ist
in dem Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde zu belegen, dass bei der
Wiedereröffnung von Gräbern tatsächliche Feststellungen über die vollständige
Verwesung bis auf Knochenreste erhoben wurden.
6
Leichenhallen
6.1
Die untere Gesundheitsbehörde wirkt darauf hin, dass jede Friedhofsanlage mit
einer Leichenhalle ausgestattet ist.
6.2
Neubauten der Leichenhallen sind an einer von der Anfahrtsstraße her
zugänglichen Stelle zu errichten.
6.3
In den Leichenhallen soll außer dem Raum für die Aufbahrungen ein Raum für
die Vornahme der Leichenschauen und bei größeren Friedhöfen auch von
Obduktionen vorhanden sein. Der Raum, in dem Leichenöffnungen durchgeführt
werden, muss mit einer Wasserzapfstelle und mit Einrichtungen für die
ordnungsgemäße Abführung des Abwassers ausgestattet sein.
6.4
Leichenkammern sollen nach Norden gelegen sein. Die Leichenhallen größerer
Friedhöfe sollen einen Kühlraum besitzen.
6.5
Der Fußbodenbelag aller Räume einer Leichenhalle muss fugendicht sein, die
Wände sollen abwaschbar und desinfektionsbeständig sein. Türen und Fenster
sollen dicht schließen.
6.6
Wenn die Leichenhalle einen Warteraum für Besucher oder einen Obduktionsraum
besitzt, müssen Toilettenanlagen mit Handwaschbecken vorhanden sein.
7
Abraumplatz
Für Laub, Kränze und anderen pflanzlichen Abfall ist an geeigneter Stelle ein
gesonderter Abraumplatz mit Abfahrmöglichkeiten vorzusehen. Für größere
Friedhöfe kann eine Verbrennungsanlage zweckmäßig sein.
8
Toiletten
Jeder Friedhof soll mit einer öffentlichen Toilettenanlage ausgestattet sein.
_________________
*)
vgl. Steensberg I., Hygienische Forderungen an Friedhöfe,
Bundesgesundheitsblatt Nr. 17/1972, S. 241 - 248
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