Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 29.11.2024
Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (VV LHundG NRW)
Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (VV LHundG NRW)
Verwaltungsvorschriften
zum Landeshundegesetz
(VV LHundG NRW)
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- VI-7 - 78.01.52 - v. 2.5.2003
I.
Allgemeiner Teil
Die in der Vergangenheit aufgetretenen und immer wieder auftretenden, zum Teil
schwerwiegenden Vorfälle, bei denen Personen, insbesondere Kinder und ältere
Menschen von Hunden angegriffen, schwer verletzt oder getötet wurden, machten
es erforderlich, zum Schutz der Bevölkerung und zur Vorsorge gegen mögliche
Gefährdungen das Landeshundegesetz zu erlassen. Damit werden in
Nordrhein-Westfalen für die Haltung gefährlicher, näher bestimmter und größerer
Hunde besondere Pflichten und für den Umgang mit diesen Hunden
Verhaltensanforderungen festgelegt. Das Landeshundegesetz soll zu einem
Rückgang der Beißvorfälle und bei den Hundehaltern zu einem
verantwortungsvolleren Umgang mit Hunden führen.
Nach dem
derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist davon auszugehen,
dass für gefährliches Verhalten von Hunden die Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Rasse insbesondere aber die mangelnde Sachkunde und Eignung des Halters oder
die falsche Erziehung und Ausbildung des Hundes sowie situative Einflüsse
unterschiedlichster Art ursächlich sein können.
Die nach der
Gefährlichkeit und dem Gefährdungspotenzial von Hunden abgestuften
ordnungsrechtlichen Regelungsinstrumente des Landeshundegesetzes entsprechen
weitgehend den Empfehlungen der Ständigen Konferenz der Innenminister und
-senatoren der Länder (IMK) vom 07./08. November 2001.
In dem Gesetz wird entsprechend den Empfehlungen der IMK teilweise an die
Zugehörigkeit eines Hundes zu einer Rasse angeknüpft. Danach gelten aufgrund
der Rassezugehörigkeit als gefährlich Hunde der Rassen Pitbull Terrier,
American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier und
deren Kreuzungen. Für diese Hunde hat der Bundesgesetzgeber bereits ein
Einfuhr- und Verbringungsverbot erlassen. Bei Hunden der aufgeführten Rassen
ist zuchtbedingt und durch rassespezifische Merkmale (wie z.B. die körperliche
Konstitution, Größe, Gewicht, Beißkraft, Muskelkraft, Sprungkraft) oder wegen
des Auffälligwerdens durch Beißvorfälle und vorhandener Aggressionsmerkmale
(niedrige Beißhemmung, Beschädigungswille, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen
Angriffe) ein höheres Gefahrenpotenzial zu vermuten. Eine Aussage über die
individuelle Gefährlichkeit eines jeden Tieres dieser Rassen wird damit nicht
getroffen.
Darüber
hinaus sind auch solche Hunde - unabhängig von ihrer Rasse - gefährliche Hunde
im Sinne des Landeshundegesetzes, die aggressionssteigernd gezüchtet oder
ausgebildet wurden oder durch Fehlverhalten ihre Gefährlichkeit unter Beweis
gestellt haben und dies nach einer amtstierärztlichen Begutachtung durch die
zuständige Ordnungsbehörde verbindlich festgestellt wurde.
Neue Haltungen dürfen nur bei Vorliegen eines besonderen privaten oder
öffentlichen Interesses erlaubt werden. Voraussetzungen für die Erteilung der
Erlaubnis sind
- Volljährigkeit von Halterin oder Halter,
- Sachkundebescheinigung der amtlichen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes,
- Zuverlässigkeitsnachweis durch Führungszeugnis,
- Nachweis zur ausbruchsicheren Unterbringung,
- Haftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssumme,
- Kennzeichnung des Hundes mit einem Mikrochip.
- Anleinpflicht außerhalb des befriedeten Besitztums (mit Ausnahme von
Hundeauslaufbereichen) mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher Verhaltensprüfung,
- Maulkorbpflicht mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher Verhaltensprüfung,
- klare und konsequente Erziehung nach aktuellem Stand der Wissenschaft durch
Haltungs- und Aufsichtsperson,
- Sachkunde, Zuverlässigkeit und Volljährigkeit auch für Aufsichtspersonen,
- Verbot, mehrere gefährliche Hunde gleichzeitig zu führen,
- Mitteilungspflichten.
Das Gesetz sieht - den Empfehlungen der IMK folgend - für 10 weitere
Hunderassen besondere Regelungen vor. Auch Hunde dieser Rassen und deren
Kreuzungen weisen rassespezifische Merkmale (beispielsweise niedrige
Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder
ein genetisch bedingter Schutztrieb) auf, die ein besonderes
Gefährdungspotenzial begründen und unter präventiven Gesichtspunkten besondere
Anforderungen an den Umgang erfordern.
Durch die
Regelungen soll auch ein Ausweichen von Hundebesitzern aus "einschlägigen
Kreisen" auf Hunde dieser Rassen erschwert werden. Auf Empfehlung der IMK
neu aufgenommen wurden die Rassen Alano und American Bulldog.
- Kein Zuchtverbot,
- kein besonderes Interesse für eine neue Haltung erforderlich,
- Sachkundeprüfung für die Erlaubnis und Verhaltensprüfung zur Befreiung von
der Anlein- und Maulkorbpflicht nicht unbedingt durch amtliche Tierärztin
/amtlichen Tierarzt, sondern auch durch anerkannte Stellen.
Unter präventiven Gesichtspunkten und zur Erhaltung des Schutzniveaus erschien
dem Gesetzgeber die Regelung zu großen Hunden, wie sie im Wesentlichen bereits
in der Landeshundeverordnung enthalten war, unverzichtbar. Große Hunde können
objektiv allein wegen ihrer Größe oder ihres Gewichtes in Folge äußerer
Überraschungsmomente erhöhte Gefahren für Menschen und Tiere hervorrufen und
erheblichen Schaden verursachen. Zur Kategorie der großen Hunde gehören beispielsweise
Hunde der Rassen Dobermann und Schäferhund, die in Beißstatistiken vordere
Ränge einnehmen.
Der Umgang
mit großen Hunden erfordert eine durch sachkundige Haltung geprägte frühe
Sozialisation, konsequente Erziehung und einen klaren und eindeutigen Umgang
auf Basis zeitgemäßer Hundetrainingsmethoden. Das Landeshundegesetz knüpft an
die ordnungsrechtlichen Regelungen der Landeshundeverordnung an, vereinfacht
und erleichtert aber den Vollzug für Halterinnen oder Halter und zuständige
Behörden.
- Pflicht zur Anzeige der Haltung,
- Sachkundenachweis, soweit nicht Zugehörigkeit zu sachkundigen Personenkreisen
oder Berufsgruppen,
- Sachkundebescheinigung durch anerkannte Stellen (z.B. Hundesportvereine) oder
benannte Tierärztinnen /Tierärzte,
- Zuverlässigkeit; Vorlage eines Führungszeugnisses nur bei Anhaltspunkten für
Unzuverlässigkeit,
- Haftpflichtversicherung für den Hund,
- Kennzeichnung des Hundes mit Mikrochip,
- Anleinpflicht innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile im öffentlichen
Verkehrsraum.
Über die Regelungen zu gefährlichen und großen Hunden hinaus wurden in das
Gesetz für den Umgang mit allen Hunden allgemeine Grundpflichten aufgenommen.
- Grundpflicht zu gefahrvermeidendem Umgang,
- Anleinpflicht in Örtlichkeiten und Situationen mit typischerweise erhöhtem
Publikumsverkehr,
- Verbot von Aggressionsausbildung, -zucht und -kreuzung.
Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)
Die Zweckbestimmung verdeutlicht den Charakter des Gesetzes als spezielles
Gefahrenvorsorge- und -abwehrgesetz in Bezug auf Hunde. Den durch unsachgemäßen
Umgang des Menschen mit Hunden drohenden Gefahren soll begegnet werden.
Zu § 2 (Allgemeine Pflichten)
§ 2 Abs. 1 normiert eine allgemeine Verhaltenspflicht, die für alle Personen
gilt, die mit Hunden umgehen. Durch verantwortungsvolles Verhalten ist zu
gewährleisten, dass die Hunde nicht gefährlich werden. Beim Führen können
Gefahren beispielsweise entstehen, wenn Hunde von nicht geeigneten Personen
geführt werden, sich losreißen können und durch ihr Weglaufen den
Straßenverkehr gefährden oderältere Menschen und Kinder im öffentlichen
Verkehrsraum durch Anrennen zu Fall bringen. Gefahren können auch eintreten,
wenn Hunde nicht ordnungsgemäß gehalten werden, sei es, dass sie nicht
ausreichend beaufsichtigt werden oder dass sie von Grundstücken oder aus
Wohnungen entweichen oder weglaufen können, weil diese nicht genügend gesichert
sind. Zur Vermeidung von Verstößen gegen § 2 Abs. 1 kann die zuständige
Ordnungsbehörde im Einzelfall Anordnungen nach § 12 Abs. 1 erlassen und
begangene Verstöße nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 als Ordnungswidrigkeit ahnden.
Verstöße
gegen tierschutzrechtliche Vorschriften (z.B. die Tierschutz-Hundeverordnung)
sind auf der Grundlage der insofern spezialgesetzlicheren Regelungen des
Tierschutzrechtes durch die für den Vollzug des Tierschutzrechts zuständige
Behörde abzustellen.
Gemäß § 2 Abs. 2 sind alle Hunde in den unter Nummern 1 bis 4 aufgeführten
Bereichen und bei den dort genannten Veranstaltungen mit typischerweise
erhöhtem Publikumsverkehr angeleint zu führen. Erfahrungsgemäß sind Hunde hier
besonders vielfältigen und starken Außenreizen ausgesetzt, wodurch gehäuft
unvorhersehbare, gefahrverursachende Reaktionen ausgelöst werden. Durch die
Anleinpflicht wird das Gefährdungspotenzial deutlich gesenkt.
§ 2 Abs. 2
Nr. 2 begründet eine Anleinpflicht für alle Hunde in öffentlichen Park-,
Garten- und Grünanlagen. Dem liegt die gesetzgeberische Zielsetzung zugrunde,
in für die Allgemeinheit eingerichteten und unterhaltenen Anlagen, in denen
regelmäßig unterschiedliche Nutzungen und Nutzungsinteressen auf begrenztem
Raum aufeinander treffen, durch eine Anleinpflicht potentiellen Gefährdungen
durch Hunde vorzubeugen.
Eine
"umfriedete" Park-, Garten- oder Grünanlage im Sinne von § 2 Abs. 2
Nr. 2 liegt vor, wenn die Anlage vom sonstigen öffentlichen Verkehrsraum oder
anderweitig genutzten Flächen erkennbar abgegrenzt ist. Dabei ist unerheblich,
ob sich die Anlage innerhalb oder außerhalb einer geschlossenen Bebauung
befindet. Die Anleinpflicht gilt beispielsweise auch in für jedermann
zugänglichen Grünanlagen, die in sog. Innenhöfen liegen.
Die
Abgrenzung wird in der Regel durch eine Umfriedung mit Mauer, Zaun, Hecke,
Bepflanzung oder Ähnlichem deutlich. Einzelne Lücken sind unerheblich. Eine
Begrenzung ausschließlich durch natürliche Gegebenheiten (z.B. Bach, Fluss)
reicht nicht aus.
Soweit die
Erkennbarkeit der Abgrenzung nicht zweifelsfrei ist, wird den Kommunen
empfohlen, die Fläche unter Hinweis auf die Anleinpflicht als Park-, Garten-
oder Grünanlage kenntlich zu machen.
Auch Halter
und Aufsichtspersonen, die sich nur vorübergehend in NRW aufhalten (z.B.
Urlauber, Gäste) haben die Anleinpflicht zu beachten. Eine Befreiung von der
Anleinpflicht nach § 2 Abs. 2 sieht das Landeshundegesetz nicht vor.
Im Einzelfall
können zur Abwehr konkreter Gefahren weitergehende Anleingebote durch
Ordnungsverfügungen nach § 12 Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen in dem dafür
erforderlichen Umfang erlassen werden.
Zum
Verhältnis von § 2 Abs. 2 zu Anleinpflichten in kommunalen Regelungen vgl. Nr.
15.2.
Die
Anleinpflicht für gefährliche Hunde nach § 3, für Hunde der in § 10 Abs. 1
bestimmten Rassen sowie deren Kreuzungen ist in § 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2
geregelt.
2.3.1
§ 2 Abs. 3 verbietet die Zucht, Ausbildung oder Kreuzung von Hunden mit dem
Ziel einer gesteigerten Aggressivität. Ein Verstoß gegen das Verbot des Absatz
3 ist beispielsweise das Abrichten von Hunden für sog. Hundekämpfe. Nr. 3.3.1.2
gilt entsprechend. Ein Verstoß gegen das Verbot des aggressionsfördernden
Ausbildens erfüllt den Straftatbestand des § 19 Abs. 1 Nr. 2.
2.3.2
Ein berechtigtes Interesse an einer Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken hat
das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Insofern gilt das Verbot nicht für Inhaber
einer Erlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung im Rahmen eines zugelassenen
Bewachungsgewerbes.
Zu § 3 (Gefährliche Hunde)
Als gefährliche Hunde im Sinne des Gesetzes gelten nach § 3 Abs. 1 Hunde, die
den in Abs. 2 Satz 1 aufgeführten Rassen angehören einschließlich Kreuzungen.
Andere Hunde sind nur dann gefährliche Hunde, wenn sie einer der in Absatz 3
aufgeführten Fallgruppen zuzuordnen sind und dies verbindlich festgestellt
wurde (vgl. Nr. 3.3.2).
3.2.1
Bei den aufgeführten vier Rassen wird vermutet, dass die diesen angehörenden
Hunde bereits eine durch Zuchtauswahl bedingte gesteigerte Aggressivität
aufweisen. Hinzu kommen die rassespezifischen Merkmale wie Beißkraft, reißendes
Beißverhalten und Kampfinstinkt, die eine Zuordnung von Hunden der aufgeführten
Rassen sowie deren Kreuzungen zu den gefährlichen Hunden rechtfertigen. Für die
genannten Rassen und deren Kreuzungen hat der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 1
Satz 1 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz vom 12. April 2001
(BGBl. I S. 530) bereits ein Einfuhr- und Verbringungsverbot erlassen.
Sowohl der
Bundesgesetzgeber als auch der Landesgesetzgeber definieren in diesem
Zusammenhang die Hunderassen nicht selbst, sondern greifen auf allgemein
anerkannte Rassedefinitionen insbesondere durch die großen nationalen und
internationalen kynologischen Fachverbände zurück, in denen eine Rasse anhand
phänotypischer, durch Vererbung übertragbarer Merkmale beschrieben und so eine
Zuordnung eines einzelnen Hundes zu dieser Rasse ermöglicht wird (sogenannte
Standards). Der Verweis auf durch private Verbände verantwortete
Rassedefinitionen ist indes nicht dynamisch zu verstehen, sondern nimmt
grundsätzlich auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Landeshundegesetzes im
Jahr 2003 bestehenden Standards Bezug. Andernfalls würde letztlich die
Definition von neuen Hunderassen beziehungsweise die Veränderung von
Rassestandards durch private Interessenverbände über die Anwendungsreichweite
des § 3 Absatz 2 (und auch § 10 Absatz 1) des Landeshundegesetzes entscheiden.
Dies wäre jedoch mit Sinn und Zweck der Norm, Hunde mit einem bestimmten
genetischen Potential aus Gründen der Gefahrenprävention besonderen
Haltungsbedingungen zu unterwerfen, nicht vereinbar (siehe OVG NRW, Urteile vom
17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17 und 5 A 1631/18 unter Bezugnahme auf OVG
NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17 m.w.N.). Nach dieser Maßgabe
sind etwa Hunde jüngerer Züchtungen wie American Bully oder Old English Bulldog
nicht als eigenständige Rassen im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen.
3.2.2
Die Regelungen zu gefährlichen Hunden gelten auch für deren Kreuzungen
untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden.
Von einer
Kreuzung ist auszugehen, wenn ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung
(Phänotyp) trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und
signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der genannten oder
bestimmten Rassen zeigt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen wird mit dem Begriff "Kreuzung" in biologisch-zoologischem Sinne allgemein das Ergebnis der geschlechtlichen Fortpflanzung zwischen Tieren unterschiedlicher Arten oder Rassen bezeichnet. Der Begriff der Kreuzung im Sinne von § 3 Absatz 2 (und auch § 10 Absatz 1) des Landeshundegesetzes setzt nicht voraus, dass ein Elternteil ein reinrassiger Hund der in der Vorschrift genannten Rassen ist. Erfasst werden daher nicht nur Mischlingshunde der ersten (F1-) Generation, sondern grundsätzlich auch Mischlinge der nachfolgenden Generationen (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17 – mit Hinweis auf Hess. VGH, Urteil vom 14. März 2006 – Az. 11 UE 1426/04 – ; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. August 2015 – Az. OVG5 S 36.14).
In der Praxis
ist das Vorliegen einer Kreuzung häufig schwer eindeutig festzustellen, da
selten Abstammungsnachweise vorliegen. Tierärztliche Bescheinigungen oder eine
Rassebestimmung im Impfpass können bei der Beurteilung als Indizien mit
berücksichtigt werden. Die in § 3 Absatz 2 Satz 2 vorgesehene Beurteilung nach
dem Phänotyp erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. In Zweifelsfällen
soll die amtliche Tierärztin beziehungsweise der amtliche Tierarzt des für den
Zuständigkeitsbereich der örtlichen Ordnungsbehörde zuständigen
Kreisveterinäramtes hinzugezogen werden. Die Kosten, die durch die Hinzuziehung
sachverständiger Dritter entstehen (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG NRW) sind
Auslagen im Sinne des Gebührengesetzes.
§ 3 Absatz 2 Satz 2 gilt trotz fehlenden Verweises auch für die Bestimmung von Hunden im Sinne von § 10 Absatz 1 (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 - Az. 5 A 1210/17, Rn 54).
3.2.3
Soweit die zuständige Ordnungsbehörde nach Nr. 3.2.2 zu einer Einstufung des
Hundes als Kreuzung im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 gelangt und dies von der
Halterin oder dem Halter angezweifelt wird, überträgt § 3 Abs. 2 Satz 3 die
Beweislast für das Nichtvorliegen einer solchen Kreuzung aus Gründen der
Gefahrenvorsorge auf die Halterin oder den Halter. Damit wird verhindert, dass
die Erlaubnispflicht und sonstige Halterpflichten durch Schutzbehauptungen
umgangen werden.
§ 3 Absatz 2
Satz 3 gilt mangels Verweis nicht für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1.
3.2.4
Nach den
unter Nummer 3.2.1 aufgeführten Maßgaben ist die Rasse des Miniatur
Bullterriers als eigenständige Hunderasse im Sinne des Landeshundegesetzes
anzusehen. Demnach sind nach den von der Fédération Cynologique Internationale
(FCI) und anderen Hundeverbänden wie dem Verband für das deutsche Hundewesen
(VDH) anerkannten Rassestandards Bullterrier und Miniatur Bullterrier Hunde
verschiedener Rassen. Die Merkmale des Bullterriers sind im FCI-Standard Nummer
11 beschrieben, die Merkmale des Miniatur Bullterriers seit dem 23. Dezember
2011 im FCI-Standard Nummer 359. Nach - soweit ersichtlich - einhelliger
Meinung in der Rechtsprechung gehören Hunde der Rasse Miniatur Bullterrier
damit nicht zu den in § 2 des Hundeverbringungs- und
-einfuhrbeschränkungsgesetzes und in § 3 Absatz 2 des Landeshundegesetzes
aufgeführten Bullterriern (siehe OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A
3227/17, Rn 37, m.w.N.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 18. Juni 2014 – Az. 3 M
255/13). Zudem war der Miniatur Bullterrier schon bei Inkrafttreten des
Landeshundegesetzes als eigene Rasse anerkannt (OVG NRW, Urteil vom 17. Februar
2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 39, unter Verweis auf VG Aachen, Urteil vom 27.
Dezember 2006 – Az. 6 K 903/05).
Nach den
Rassestandards der FCI Nummer 11 beziehungsweise Nummer 359 bestehen zwischen
Bullterriern und Miniatur Bullterriern im Grundsatz keine phänotypischen
Unterscheidungen. So heißt es in beiden Standards unter der Rubrik „Kurzer
geschichtlicher Abriss“ zu dem kleineren Typ des Bullterriers: „Der Standard
ist der Gleiche wie der des Bull Terriers mit der Ausnahme einer
Größenbegrenzung.“ Entsprechend heißt es unter der Rubrik „Größe und Gewicht“
im Rassestandard der FCI Nummer 11 für den Bullterrier: „Es gibt keine Größen-
oder Gewichtsgrenze. Auf jeden Fall muss der Eindruck von höchstmöglicher
Substanz im Einklang zu Größe und Geschlecht vorhanden sein.“ Im Rassestandard
der FCI Nummer 359 heißt es unter der Rubrik „Größe“: „Die Widerristhöhe sollte
35, 5 Zentimeter nicht überschreiten. Es sollte ein Eindruck von Substanz im
Verhältnis zur Größe des Hundes vorhanden sein. Es gibt keine Gewichtsgrenze.
Die Hunde sollten immer harmonisch sein.“
Aus diesen,
vom Gesetzgeber in Bezug genommenen Vorgaben ergibt sich für die Abgrenzung der
beiden Hunderassen Folgendes: Erstes Abgrenzungskriterium ist grundsätzlich die
Widerristhöhe des Hundes. Unterschreitet ein Hund die Widerristhöhe von 35,5
Zentimeter, kommt eine Einstufung als Standard Bullterrier grundsätzlich nicht
in Betracht. Andererseits gilt, dass bei einer Überschreitung der im
Rassestandard genannten Widerristhöhe von 35,5 Zentimeter ein Hund dennoch als
Miniatur Bullterrier einzustufen sein kann. Der als Soll-Vorschrift formulierte
Rassestandard erlaubt keine zwingende und abschließende Abgrenzung der beiden
in Rede stehenden Rassen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sieht
in der verbandlich geregelten Zuchtbeschränkung für Hunde ab einer
Widerristhöhe von 39 Zentimeter, also bei einer Abweichung von 10 Prozent
gegenüber der Soll-Größe, eine grundsätzlich geeignete Konkretisierung der
Soll-Bestimmung des Rassestandards. Bei einer Widerristhöhe bis zu 39
Zentimeter sei eine Zuordnung zu der Rasse des Miniatur Bullterriers daher
möglich und naheliegend. Liege die Widerristhöhe hingegen oberhalb von 39
Zentimeter, sei angesichts der deutlichen Überschreitung der Soll-Größe
regelmäßig nicht mehr von einem Miniatur Bullterrier auszugehen. In Anbetracht
der wenigen, vagen weiteren Abgrenzungskriterien zwischen beiden Hunderassen
werde in diesem Fall nach der Zweifelsregel des § 3 Absatz 2 Satz 3 des
Landeshundegesetzes grundsätzlich von einer Zuordnung zur Rasse des Standard
Bullterriers auszugehen sein (OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A
3227/17, Rn 57).
Diese
Vermutung kann jedoch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts
Nordrhein-Westfalen widerlegt werden durch den Nachweis, dass die
Überschreitung der Widerristhöhe nicht durch die Einkreuzung eines Standard
Bullterriers, sondern eines anderen größeren Hundes erfolgt ist beziehungsweise
im Rahmen der üblichen genetischen Vakanz liegt. Dies soll insbesondere dann
möglich sein, wenn entweder die Elterntiere des Hundes bekannt sind und bei
diesen eine entsprechende Einkreuzung ausgeschlossen werden kann
beziehungsweise dies durch eindeutige und glaubhafte Zuchtpapiere nachgewiesen
werden kann. Zum anderen ist die Widerlegung der Vermutung anhand der
Rassestandards insoweit möglich, als diese hinsichtlich der „Substanz“ des
Hundes Raum für eine Unterscheidung lassen. Diese soll beim Miniatur Bullterrier
zwar vorhanden sein, beim Standard Bullterrier hat sie aber auf jeden Fall das
höchstmögliche Maß zu erreichen. So ist etwa eine ausgeprägte Muskulatur für
den Standard Bullterrier angesichts dessen Zuchtgeschichte, des Rassestandards
und für die vom Gesetzgeber angenommene rassebedingte Gefährlichkeit von
herausragender Bedeutung. Ähnliches gilt für die Kaumuskulatur des Hundes, die
beim Standard Bullterrier zuchtgeschichtsbedingt besonders ausgeprägt ist.
Dabei wird sich eine Abgrenzung zwischen Miniatur Bullterrier und Standard
Bullterrier daran orientieren müssen, in welchem Umfang die oben genannte
Widerristhöhe überschritten wird. Nur bei einer geringfügigen Überschreitung
der Höhe von 39 Zentimeter um wenige Zentimeter kommt ein Überwiegen des
Phänotyps des Miniatur Bullterriers noch in Betracht (siehe insoweit OVG NRW,
Urteil vom 17. Februar 2020 – Az. 5 A 3227/17, Rn 63).
3.3.1
Nach § 3
Absatz 3 Satz 1 handelt es sich im Einzelfall um einen gefährlichen Hund, wenn
das Vorliegen einer der in den Nummern 1 bis 6 abschließend aufgeführten
Tatbestände festgestellt ist. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
hat mit Beschluss vom 20. April 2020 – Az. 5 A 4519/19 – klargestellt, dass
verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der als gebundene Entscheidung
ausgestalteten Regelung in § 3 Absatz 3 nicht bestehen. Bei Feststellung eines
der in dieser Vorschrift beschriebenen Sachverhalte ist daher die
Gefährlichkeitseinstufung geboten. Die eine Gefährlichkeit im Einzelfall
begründenden Umstände können in einer falschen Ausbildung, Zucht oder Kreuzung
(Nummern 1 und 2) liegen oder sich durch tatsächliches, gefahrverursachendes
Fehlverhalten des Hundes (Nummern 3 bis 6) gezeigt haben.
3.3.1.1
Aggressionssteigernde Handlungen
Von Hunden, die mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität gezüchtet,
ausgebildet oder gekreuzt werden oder wurden, geht im Allgemeinen eine erhöhte
Gefahr für Menschen, Hunde und andere Tiere aus.
Zucht ist das
zielgerichtete Verpaaren von einer Hündin mit einem Rüden oder die absichtliche
Inkaufnahme des Verpaarens eines dieser Tiere. § 9 Satz 2 gilt entsprechend.
3.3.1.2
Gefahrbegründende Ausbildungen
Die Ausbildung zum Nachteil des Menschen oder zum Schutzhund obliegt generell
behördlichen Einrichtungen (diensthundehaltenden Verwaltungen), die über die
erforderliche kynologische Sachkunde verfügen (vgl. § 17 Satz 1).
Die
Ausbildung zum Schutzhund bzw. die Ausbildung zum Nachteil des Menschen ist
nicht mit der Schutzdienst- oder Sporthundausbildung des Hundes zu verwechseln.
Bei der Schutzdienst- oder Sporthundausbildung wird lediglich der Beutetrieb
des Hundes gereizt und seine bereits erlernte Unterordnung (Gehorsam) auch und
gerade in Trieb- und unter Stresssituationen überprüft. Dieser Schutzdienst-
oder Sporthundausbildung muss in jedem Fall die sog. Begleithundeausbildung
vorausgehen, in der der Hund lernt, den Hör- und Sichtzeichen seines Halters
umfassend zu folgen und auf Umweltreize sicher und ruhig zu reagieren. Hunde,
die eine ordnungsgemäße Schutzdienst- oder Sporthundeausbildung begonnen oder
erfolgreich abgeschlossen haben, fallen insofern nicht unter § 3 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2.
Missbräuchliche
Abweichungen von der Schutzdienst- oder Sporthundausbildung, die eine
Konditionierung zum Nachteil des Menschen zur Folge haben können, werden
dagegen von der Regelung erfasst. Insoweit sollen auch mögliche
Fehlentwicklungen innerhalb der Schutzdienst- oder Sporthundeausbildung
verhindert werden.
Das Abrichten
auf Zivilschärfe ist eine den Hund nicht in seiner Wesensgesamtheit erfassende
Beeinflussung mit dem Ziel, dass der Hund lernt, auf vom Abrichter gegebene
Hör- oder Sichtzeichen Menschen oder Tiere anzugreifen.
Hunde im
Einsatz von Wachdiensten können eine Abrichtung für den zivilen Personen- und
Objektschutz absolviert haben. Bei dieser Abrichtung wird die Zivilschärfe des
Hundes erzeugt. Derartige Hunde erfüllen das Tatbestandsmerkmal des
Ausgebildetseins auf Zivilschärfe im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2.
Die für die
Nachsuche von Wild (§ 30 Landesjagdgesetz) erforderliche Wildschärfe der
Jagdhunde ist keine Schärfe im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2.
3.3.1.3
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 5 (Hunde, die sich als bissig erwiesen haben)
Als bissig gilt ein Hund, der einen Menschen durch einen Biss verletzt oder
geschädigt hat, ohne dass er dazu provoziert worden ist (Nr. 3) oder der einen
anderen Hund gebissen hat, ohne von diesem angegriffen worden zu sein, oder
sich über eine Unterwerfungsgeste hinweggesetzt hat (Nr. 5).
Ein Hund gilt
nicht bereits als bissig, wenn er allein zur Verteidigung einer Aufsichtsperson
oder zur eigenen Verteidigung gebissen hat. Ebenso wenig rechtfertigt ein
arttypisches "Schnappen" als Schreck- oder Abwehrreaktion die
Feststellung der Bissigkeit, soweit dadurch keine Verletzungen verursacht
wurden.
Ob sich ein
Hund als bissig im Sinne von Nr. 3 oder 5 erwiesen hat, wird von der örtlichen
Ordnungsbehörde auf der Grundlage eines Gutachtens (fachliche Stellungnahme)
der amtlichen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes festgestellt. Da das Beißen
Bestandteil des artgemäßen typischen Verhaltensrepertoires des Hundes ist, kann
ein Beißvorfall nur unter Würdigung aller Umstände eine Bissigkeit im Sinne von
Nr. 3 oder 5 begründen. Eine Ermittlung des Geschehensablaufes, der zu dem
Beißvorfall geführt hat, ist erforderlich und erfolgt durch die örtliche
Ordnungsbehörde. Dies gilt auch für die Frage, ob das Beißen zur Verteidigung
anlässlich einer strafbaren Handlung geschah (§ 24 VwVfG NRW). Zu ermitteln ist
auch, ob und inwiefern der Hund in der Vergangenheit bereits in Vorfälle
verwickelt war, die Tatbestände der Nrn. 3 bis 6 betreffen.
Der Hund kann
sich bereits durch einen Beißvorfall als bissig im Sinne von Nr. 3 oder 5
erweisen. Bissigkeit liegt in der Regel vor, wenn festgestellt wurde, dass der
Hund mehr als einen Beißvorfall verursacht hat, ohne dazu provoziert worden zu
sein.
Sofern ein
Beißvorfall zwischen Hunden vorliegt, begründen Spielen, Raufen und andere
artgemäße Verhaltensweisen von Hunden allein nicht die Feststellung der
Bissigkeit im Sinne von Nr. 5. Hinzukommen müssen hier weitere Umstände, z.B.
eine erhebliche Verletzung eines Tieres oder Beißen trotz erkennbarer
artüblicher Unterwerfungsgestik.
3.3.1.4
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 (gefahrdrohendes Anspringen von Menschen)
Ein Anspringen in gefahrdrohender Weise liegt vor, wenn durch das Anspringen
bei verständiger Betrachtung und Würdigung aller Einzelfallumstände die
Gefährdung eines Menschen zu befürchten war. Davon ist insbesondere auszugehen,
wenn Hunde Kinder oder ältere Menschen unkontrolliert derart anspringen, dass
diese umfallen oder umzufallen drohen. Der Tatbestand ist nicht erfüllt, wenn
Hunde z.B. auf Menschen zulaufen, um diese erkennbar harmlos zu begrüßen oder
zu beschnuppern. Verantwortungsbewusste Hundehalter sollten derartige
Verhaltensweisen ihres Hundes unterbinden, wenn betroffene Menschen, z.B. aus
Angst, damit ersichtlich nicht einverstanden sind.
3.3.1.6
Zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 (unkontrolliert hetzende, beißende oder reißende
Hunde)
"Hetzen" im Sinne dieser Bestimmung ist gegeben, wenn ein Hund darin
genannte Tiere nachhaltig, d.h. intensiv, zielstrebig und andauernd verfolgt.
Ein Indiz dafür ist das Ausstoßen von Hetzlauten.
Arteigenes
Nachlaufen von Hunden ist kein Hetzen in diesem Sinne.
"Unkontrolliert"
bezieht sich sowohl auf "Hetzen" als auch auf "Reißen".
Unkontrolliertes Verhalten eines Hundes liegt vor, wenn die Halterin oder der
Halter oder die Aufsichtsperson nicht in der Lage war, den Hund am Hetzen oder
Reißen zu hindern.
Das Verhalten
von Jagdhunden während des jagdlichen Einsatzes erfüllt nicht die
Tatbestandsmerkmale von Nr. 6. Das Vorliegen des jagdlichen Einsatzes ist von
der den Hund führenden Person nachzuweisen.
Auch das
bestimmungsgemäße Verhalten von Hütehunden, die vom Schäfer für das Hüten der
Herdentiere eingesetzt werden, erfüllt nicht den Tatbestand von Nr. 6.
Wer
vorsätzlich Hunde auf Menschen oder Tiere hetzt, verwirklicht den
Straftatbestand des § 19 Abs. 1 Nr. 1.
3.3.2
Die
Aufklärung der für eine Zuordnung unter die in den Nummern 1 bis 6 genannten
Fallgruppen maßgeblichen Sachverhaltsumstände und die verbindliche Feststellung
erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. Dies setzt eine gründliche
Ermittlung des Sachverhaltes oder Geschehensablaufes und eine fachkundige
Begutachtung des Hundes voraus. Insofern bestimmt § 3 Absatz 3 Satz 2, dass der
verbindlichen Feststellung eine Begutachtung aus fachlicher Sicht durch die
amtliche Tierärztin oder den amtlichen Tierarzt vorauszugehen hat. Die
Vorführung des zu beurteilenden Hundes bei der amtlichen Tierärztin oder dem
amtlichen Tierarzt des für den Zuständigkeitsbereich der örtlichen
Ordnungsbehörde zuständigen Kreisveterinäramtes ist zu veranlassen oder nach §
12 Absatz 1 anzuordnen.
Falls ein
Beißvorfall im oder am eigenen Territorium des Hundes stattgefunden hat, kann
der zu beurteilende Hund auch am Ort der Hundehaltung begutachtet werden.
Auch wenn das
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen nach seiner Rechtsprechung der
amtstierärztlichen Begutachtung lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung
zumisst (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 – Az. 5 B 1305/11), ist die
Begutachtung als fachliche Unterstützung für die von der örtlichen
Ordnungsbehörde zu treffende Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes
und gegebenenfalls damit verbundene weitere Maßnahmen von hoher Relevanz. Eine
Begutachtung durch die amtliche Tierärztin oder den amtlichen Tierarzt allein
nach Aktenlage ist nicht ausreichend. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der
Vorschrift. Da die Entscheidung gemäß § 3 Absatz 3 Satz 2 sehr weitreichende
Folgen für Hund und Halter hat, ist sicherzustellen, dass die Ordnungsbehörde
im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung eine sachverständige Unterstützung
erfährt. Im Lichte einer sachverständigen Äußerung der amtlichen Tierärztin
oder des amtlichen Tierarztes können sich beispielsweise als feststehend
geltende Tatsachen oder Aussagen relativieren. Zudem erhöht die persönliche
Inaugenscheinnahme des Hundes zur Begutachtung in der Regel die
Gerichtsfestigkeit der Verwaltungsentscheidung.
Das
amtstierärztliche Gutachten setzt sich in der Regel zusammen aus
- dem
Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Hundes und dem Ergebnis der
Verhaltensprüfung, soweit eine solche durchgeführt worden ist, sowie
- der
fachlichen Bewertung der von der örtlichen Ordnungsbehörde vorgelegten,
aussagekräftigen und kompletten Unterlagen.
Die örtliche
Ordnungsbehörde soll das Ergebnis der Begutachtung bei ihrer Entscheidung
beachten, ist aber nicht daran gebunden (VG Arnsberg, Beschluss vom 3.
September 2003 - Az. 3 L 1358/03).
Bis zur
endgültigen Feststellung der Gefährlichkeit im Sinne des § 3 Absatz 3 sollten
sichernde Anordnungen (beispielsweise Anlein- und Maulkorbpflicht,
gegebenenfalls ausbruchsichere Unterbringung) nach § 12 Absatz 1 getroffen
werden.
Es entspricht
ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen, dass
es sich bei der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 3 Absatz 3
um einen Verwaltungsakt im Sinn des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen handelt (siehe OVG NRW, Beschluss vom 20. April
2020 - Az. 5 A 4519/19 und Beschluss vom 20. April 2012 - Az. 5 B 1305/11; VG
Köln, Urteil vom 21. Januar 2016 – Az. 20 K 6915/14 m.w.N.). Nach der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen kann eine
Feststellung der Gefährlichkeit aber auch im Rahmen einer Anordnung nach § 12
Absatz 2 des Landeshundegesetzes erfolgen (OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober
2017 - 5 A 2529/15 – Bezug nehmend auf Beschluss vom 4. Dezember 2006 5 B 2300/06). Hiernach folgt aus § 3 Absatz
3 Satz 2 nicht die Notwendigkeit der vorherigen (oder zeitgleichen)
Gefährlichkeitsfeststellung durch Verwaltungsakt. Die Möglichkeit eines solchen
Verwaltungsaktes besagt nicht, dass ein derartiger Verwaltungsakt Voraussetzung
(auch) für Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 ist. § 3 Absatz 3 Satz 2 ermöglicht es
der Behörde, die Frage der Gefährlichkeit eines Hundes im Sinne von Satz 1 der
Vorschrift verbindlich zu klären, da das Gesetz an diese Eigenschaft bereits
unmittelbar Pflichten knüpft (siehe §§ 4, 5 LHundG NRW). Einer solchen
gesonderten Klärung bedarf es im Zusammenhang mit einer Anordnung nach § 12
Absatz 2 indes nicht; vielmehr kann diese auch inzidenter erfolgen. Damit ist
auch keine unzulässige Rechtsschutzverkürzung für den betroffenen Hundehalter
verbunden. Geht die Behörde von einem im Einzelfall gefährlichen Hund aus und
stützt hierauf eine bestimmte Maßnahme, unterliegt diese Annahme im Rahmen
einer gegen die fragliche Anordnung gerichteten Anfechtungsklage der vollen
gerichtlichen Überprüfung.
Da es sich –
wie oben ausgeführt – bei der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach
§ 3 Absatz 3 grundsätzlich um einen (Dauer-)Verwaltungsakt handelt, folgt
daraus, dass ein solcher Verwaltungsakt nach allgemeinen verfahrensrechtlichen
Regeln auch der Aufhebung unterliegt, etwa im Falle einer nachträglichen
Veränderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Absatz 1 Nummer 1 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VG Köln, Urteil
vom 21. August 2014 - Az. 20 K 3978/13). Ferner gebietet es nach Auffassung des
Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen der verfassungsrechtliche
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, das Verwaltungsverfahren auf Antrag des
Hundehalters und Vorlage entsprechender Nachweise wieder aufzugreifen und nach
pflichtgemäßem Ermessen über die Aufhebung der Gefährlichkeitsfeststellung zu
entscheiden, wenn beispielsweise Hinweise vorliegen, dass aufgrund des
Zeitablaufs, des Alterungsprozesses des Hundes beziehungsweise ergriffener oder
durch den Amtsveterinär nachvollzogener Trainingsmaßnahmen die Gefährlichkeit
des Hundes entfallen ist (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 - Az. 5 A
4519/19). Allerdings sind an das Vorliegen einer solchen nachträglichen
Veränderung sehr hohe Anforderungen zu stellen. Allein das Bestehen einer
erneuten Verhaltensprüfung wird hierzu keinesfalls ausreichen. Es ist zu
berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 5 Absatz 3 Satz 3 die
Verhaltensprüfung vorgesehen hat, um für gefährliche Hunde im Sinne von § 3
Absatz 2 die Befreiung (nur) von der Anlein- und Maulkorbpflicht zu
ermöglichen, nicht hingegen um die grundsätzliche Einstufung als gefährlicher
Hund zu revidieren. Daher ist die Verhaltensprüfung gemäß § 5 Absatz 3 Satz 3
auch nicht für gefährliche Hunde im Sinne von § 3 Absatz 3 vorgesehen (siehe
Nummer 5.3.1). Eine Aufhebung der Gefährlichkeitsfeststellung kann somit allein
auf dieser Grundlage nicht erfolgen. Für eine solche Entscheidung bedarf es
vielmehr einer ausführlichen amtstierärztlichen Begutachtung des Hundes. Zudem
bedarf es vom Hundehalter nachzuweisender neuer Sachverhalte, wie zum Beispiel
den Nachweis eines mehrjährigen Besuchs einer Hundeschule, der zusammen mit der
ausführlichen amtstierärztlichen Begutachtung ausnahmsweise den Schluss einer
mittlerweile entfallenen Gefährlichkeit des Hundes zulässt. Weitere
entscheidungsrelevante Sachverhalte, die bei der erneuten Entscheidung über die
Gefährlichkeit eines Hundes einbezogen werden können, sind vor allem erhebliche
Verhaltensänderungen infolge des weit fortgeschrittenen Alters oder einer
nachgewiesenen Erkrankung des Hundes. Im Falle eines Hundes, bei dem die
Gefährlichkeitseinstufung auf ein unkontrolliertes Jagdverhalten zurückzuführen
war, sind hingegen aus fachlicher Sicht besonders hohe Anforderungen an das
Vorliegen einer Verhaltensänderung zu stellen. Darüber hinaus ist in die
Ermessenserwägung auch das Gewicht des bei dem anlassgebenden Vorfall verletzten
Rechtsguts einzustellen (OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2020 - Az. 5 A
4519/19). Vor diesem Hintergrund soll eine Aufhebung der
Gefährlichkeitseinstufung nicht erfolgen, wenn durch den anlassgebenden Vorfall
ein Mensch erheblich verletzt oder sogar getötet worden ist.
Zu § 4 (Erlaubnis)
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist die Haltung eines gefährlichen Hundes nur
zulässig, wenn eine ordnungsbehördliche Erlaubnis dafür erteilt wurde (Verbot
mit Erlaubnisvorbehalt). Satz 2 und Absatz 2 bestimmen, welche Voraussetzungen
im Einzelfall erfüllt sein müssen, um die Erlaubnis zu erhalten.
Die
Erlaubnispflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 gilt nach der Legaldefinition in § 3
Abs. 2 Satz 1 auch für entsprechende Kreuzungen mit gefährlichen Hunden. Für
Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 gilt § 4 mit Ausnahme von Abs.
2 entsprechend. Die Haltung großer Hunde nach § 11 Abs. 1 bedarf keiner
Erlaubnis.
4.1.1
Erlaubnisinhaber
Erlaubnispflichtig sind natürliche Personen, die den Hund halten. Hundehalterin
oder Hundehalter im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ist, wer nicht nur
vorübergehend die tatsächliche Bestimmungsmacht über den Hund hat.
Hundehalterinnen
oder Hundehalter sind Personen, die den Hund regelmäßig betreuen, erziehen oder
auf Probe zum Anlernen halten. Dazu zählen auch Leiterinnen oder Leiter von
Tierheimen oder ähnlichen Einrichtungen, in denen Hunde gehalten werden.
Hundehalter ist nicht, wer einen Hund nur für einen kurzen Zeitraum von bis zu
sechs Wochen in Pflege oder Verwahrung genommen hat. Derjenige, dem ein Hund
zugelaufen ist, gilt als Hundehalter, wenn er den Hund nicht innerhalb von zwei
Wochen bei der örtlichen Ordnungsbehörde ("Fundbüro") gemeldet oder
bei einer von der örtlichen Ordnungsbehörde bestimmten Stelle abgegeben hat.
Keiner Erlaubnis bedarf eine Aufsichtsperson, der vom Erlaubnisinhaber die
Aufsicht über einen Hund nur für kurze Zeit übertragen wurde. Diese
Aufsichtsperson muss allerdings die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2
(Sachkunde, Zuverlässigkeit, Volljährigkeit und Fähigkeit zu sicherem Halten
und Führen des Hundes) erfüllen (vgl. Nr. 5.4).
Bei Eheleuten
oder eingetragenen Lebenspartnerschaften ist in der Regel ein Ehepartner
beziehungsweise Lebenspartner Halter des Hundes. Auf die Angaben der
Antragsteller zur tatsächlichen Bestimmungsmacht über den Hund ist abzustellen.
Bei
besonderen Fallgestaltungen können auch zwei oder mehrere Personen gleichzeitig
Halter eines Hundes sein, z.B. wenn der Hund regelmäßig wechselnde Betreuung
erfährt. In diesen Fällen muss jede Halterin oder jeder Halter die persönlichen
Erlaubnisvoraussetzungen vollständig erbringen.
Die Erlaubnis
nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist personenbezogen und erstreckt sich in der Regel auf
einen oder mehrere bestimmte Hunde. Gibt eine Halterin oder ein Halter den Hund
ab, hat die neue Halterin oder der neue Halter für diesen eine Erlaubnis zu
beantragen. In Fällen, in denen eine Halterin oder ein Halter bereits über eine
Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 für einen anderen Hund verfügt, soll die
Prüfung der Erlaubnisbehörde möglichst auf die Umstände beschränkt werden, die
in dem neuen Tier begründet liegen.
Leiterinnen
oder Leitern von Tierheimen oder ähnlichen Einrichtungen kann eine generelle
Erlaubnis zum Halten von Hunden erteilt werden; in diesen Fällen liegt in der Regel
ein öffentliches Interesse im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 vor (vgl. Nr. 4.2).
Bei der Beurteilung der Sachkunde ist das Vorliegen einer Erlaubnis nach § 11
Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Tierschutzgesetzes zu berücksichtigen.
Berufs- oder
gewerbsmäßigen Halterinnen oder Haltern von Hunden kann eine Erlaubnis zum
Halten von Hunden bestimmter Kategorien oder Rassen erteilt werden. Gleiches
gilt für Ausbilderinnen /Ausbilder und Abrichterinnen /Abrichter von Hunden,
soweit die Tätigkeit berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübt wird oder ehrenamtlich
in Hundevereinen erfolgt, sowie für Halterinnen und Halter, die im Auftrag von
Tierheimen oder ähnlichen Einrichtungen oder Kommunen die Pflege von Hunden bis
zu deren Weitervermittlung übernehmen ("Pflegehalter").
Personen, die
ihren Wohnsitz nicht in NRW haben und sich nur vorübergehend im Geltungsbereich
des Landeshundegesetzes aufhalten, bedürfen keiner Erlaubnis nach § 4 Abs. 1
Satz 1. Die Pflichten des § 5 Abs. 1 bis 4 gelten auch für diese Personen.
Ausnahmen nach § 5 Abs. 3 können auch von diesen Personen beantragt werden.
Stellt die
zuständige Ordnungsbehörde fest, dass die erforderliche Erlaubnis nicht
beantragt oder erteilt worden ist, soll von der Halterin oder dem Halter unter
Fristsetzung verlangt werden, einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach §
4 Abs. 1 zu stellen. Das Verlangen soll einen Hinweis auf die
Mitwirkungspflicht der Antragstellerin/des Antragstellers (§ 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) und dazu enthalten, welche Angaben und Unterlagen erforderlich sind
und welche Folgen bei Nichtbeachtung eintreten können (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1).
Wird der
Antrag innerhalb der gesetzten Frist nicht gestellt oder werden erforderliche
Unterlagen nicht vorgelegt, soll die Haltung des gefährlichen Hundes nach § 12
Abs. 2 Satz 1 untersagt werden.
4.1.2
Erlaubnisvoraussetzungen
Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes
nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist schriftlich bei der zuständigen Ordnungsbehörde zu
stellen.
Der Antrag
muss enthalten:
1. die Angabe des Namens und der Adresse der Halterin oder des Halters,
2. Angaben zur Identifizierung des Hundes (Rasse, Gewicht, Größe, Alter,
Fellfarbe, Geschlecht, Chipnummer und Name).
Dem Antrag
sind Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen des §
4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und Abs. 7 Satz 1 erforderlich sind. Dazu zählen:
1. der Nachweis, dass die Antragstellerin/der Antragsteller das 18. Lebensjahr
vollendet hat (z.B. durch Vorlage des Personalausweises, Reisepasses oder der
Geburtsurkunde),
2. der Sachkundenachweis (§ 6),
3. zur Prüfung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 ein Führungszeugnis, das
von der Antragstellerin/vom Antragsteller bei der Meldebehörde zu beantragen
ist,
4. der Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung (§ 5 Abs. 5)
für den Hund durch Vorlage eines Versicherungsscheines; dabei ist glaubhaft zu
machen, dass sich die abgeschlossene Haftpflichtversicherung auf die Rasse des
Hundes erstreckt, für den die Erlaubnis beantragt wird und die Mindestdeckungssumme
besteht,
5. der Nachweis über die Identitätskennzeichnung des Hundes durch einen
Mikrochip (Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung oder vergleichbar
geeigneter Unterlagen),
6. Angaben und Unterlagen, aus denen hervorgeht, welche Räumlichkeiten,
Einrichtungen und Freianlagen dem Hund zur Verfügung stehen, um eine
ausbruchssichere und verhaltensgerechte Unterbringung sicherzustellen (z.B.
Grundrissskizze, Lageplan, Foto).
Vom Vorliegen
der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ist in der Regel ohne
weiteres auszugehen. Zweifel an der erforderlichen körperlichen Konstitution
zum sicheren Halten und Führen des Hundes sind im Einzelfall nur begründet bei
einem erkennbar besonderen Missverhältnis zwischen der körperlichen
Konstitution der Halterin/des Halters und der Größe und dem Temperament des
Hundes.
Beim
Vorliegen von körperlichen oder geistigen Behinderungen, die Zweifel an der
Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 begründen, soll gemeinsam mit der
Antragstellerin/dem Antragsteller nach Wegen gesucht werden, um die
Erlaubnisfähigkeit herbeizuführen und durch entsprechende Auflagen im
Erlaubnisbescheid sicherzustellen. Im Einzelfall kann ein amts- oder
fachärztliches Gutachten verlangt werden.
Wird die
Erlaubnis für einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 oder des § 3 Abs.
3 Nrn. 1 und 2 beantragt, ist unter Beachtung der Übergangsvorschriften des §
21 Abs. 4 zudem das besondere private oder öffentliche Interesse an der Haltung
nachzuweisen (vgl. Nr. 4.2).
Soweit die
Antragstellerin oder der Antragsteller bereits über eine Erlaubnis für einen
anderen Hund verfügt oder eine vergleichbare Erlaubnis einer Behörde eines
anderen Landes besitzt, kann die Erlaubnisbehörde im Einzelfall ganz oder
teilweise von der Pflicht zur Vorlage von Unterlagen absehen, wenn
erforderliche Unterlagen bereits vorliegen oder eine vergleichbare Prüfung
stattgefunden hat (vgl. § 14).
Reichen die
vorgelegten Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so können sie von der
Antragstellerin oder vom Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist
nachgefordert werden. Das Verlangen sollte einen Hinweis auf die
Mitwirkungspflicht der Antragstellerin/des Antragstellers (§ 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) und auf die nachfolgend beschriebenen Auswirkungen, die ein Verstoß
gegen die Mitwirkungspflicht nach sich ziehen kann, enthalten.
Weigert sich
die Antragstellerin oder der Antragsteller trotz Aufforderungen die
erforderlichen Unterlagen innerhalb einer ihr oder ihm gesetzten Frist, die
auch im Falle ihrer Verlängerung sechs Wochen nicht überschreiten darf,
vorzulegen, soll der Antrag abgelehnt werden und die Haltung nach § 12 Abs. 2
untersagt werden.
Besonderes Interesse
Zum Halten von gefährlichen Hunden nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Nrn. 1 und 2 kann
die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn ein besonderes privates Interesse an der
Haltung nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an der Haltung
besteht. Dem Wort "weiteren" in Satz 1 kommt keine eigenständige
Bedeutung zu. Für gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 Nrn. 3 bis 6 gilt § 4 Abs.
2 nicht. Bei diesen Hunden ist durch Auflagen (z.B. Anlein- und
Maulkorbpflicht) sicherzustellen, dass durch die Haltung keine Gefahren
entstehen.
An das Vorliegen eines besonderen privaten Interesses sind strenge
Anforderungen zu stellen. Es ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Ein
solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner
Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne
unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig
durch andere Hunde erfüllt werden kann.
Bei dem in §
4 Abs. 2 Satz 2 beispielhaft genannten Fall (Bewachung eines gefährdeten
Besitztums) hat die Erlaubnisbehörde vor ihrer Entscheidung
(Ermessensentscheidung) im Einzelfall zu prüfen, ob eine besondere
Gefährdungslage für das Besitztum vorliegt. Das allgemein vorhandene
Einbruchsrisiko reicht dafür in aller Regel nicht aus. Zudem ist zu prüfen, ob
dem besonderen Schutzbedürfnis des Besitztums durch den Einsatz anderer
Sicherungsmaßnahmen (Alarmanlagen; technische Überwachungseinrichtungen;
Wachdienste; Wachhunde anderer Rassen) entsprochen werden kann.
Der Nachweis
eines besonderen privaten Interesses ist nicht erforderlich, wenn der Hund vom
Antragsteller vor Inkrafttreten des Landeshundegesetzes bereits ordnungsgemäß
gehalten wurde (vgl. § 21 Abs. 1).
Ein öffentliches Interesse an der Haltung aus Gründen des Tierschutzes liegt in
der Regel vor, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer ähnlichen
Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll. In derartigen Fällen
hat die Erlaubnisbehörde durch entsprechende Nebenbestimmungen sicherzustellen,
dass die Vorschriften des Landeshundegesetzes eingehalten werden (vgl. Nr. 4.4).
Ebenso kann im Einzelfall ein öffentliches Interesse angenommen werden, wenn nach der übereinstimmenden Überzeugung der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde und des zuständigen Veterinäramtes der Verbleib eines gefährlichen Hundes bei der Antrag stellenden Person aus Gründen des Tierschutzes, insbesondere zur Vermeidung eines Tierheimaufenthaltes bei einer bereits länger andauernden, gefestigten Hund-Halter-Beziehung, angezeigt ist und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist.
Diese Annahme kann jedoch grundsätzlich nur dann Anwendung finden, wenn der Haltungsperson von Anfang an Gutgläubigkeit im Hinblick auf den Erwerb des Hundes unterstellt werden kann. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen verneint nicht nur in den Fällen einer absichtlichen Umgehung der Vorschriften zur Erteilung einer Haltungserlaubnis eines gefährlichen Hundes ein öffentliches Interesse im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 1 LHundG NRW, sondern setzt mit dieser Fallgestaltung unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten den Fall gleich, dass ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss (OVG NRW, Beschluss vom 12.06.2014 - 5 B 446/14 - Rn. 12, sowie VG Köln Beschluss vom 29.1.2015 – 20 L 2587/14, Rn. 19).
Ein
öffentliches Interesse liegt in der Regel auch vor, wenn ausgemusterte
Diensthunde der in § 17 Satz 1 genannten Stellen von Diensthundeführern oder
ehemaligen Diensthundeführern oder von den in § 17 Satz 1 genannten Stellen
benannten Personen gehalten werden sollen.
4.3
§ 4 Abs. 3 verpflichtet die den Erlaubnisantrag stellende Person, eine
behördliche Vor-Ort-Überprüfung der ausbruchsicheren und verhaltensgerechten
Unterbringung zu gestatten und erforderliche Feststellungen zu dulden. Darin
liegt eine formal gesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf
Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. § 18 Nr. 2).
Nebenbestimmungen
4.4.1
Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative kann die Erlaubnis befristet werden. Die
Befristung ist nur dann erforderlich, wenn zu gewährleisten ist, dass das
Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen in gewissen Abständen erneut geprüft
wird, weil Anhaltspunkte für eine künftige Änderung der für die
Erlaubniserteilung maßgeblichen Verhältnisse bestehen. Die Dauer der Befristung
sollte in Abhängigkeit von den zu erwartenden Änderungen festgelegt werden.
Die Erlaubnis
kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, wenn dies im Einzelfall aus
Gründen der Gefahrenvorsorge oder -abwehr erforderlich ist.
Beispiele:
- Wenn der Halter den Hund einer anderen Person länger als vier Wochen zur
Obhut überlässt, hat er unter Angabe des Namens und der Anschrift dieser Person
den dortigen Verbleib des Hundes unverzüglich anzuzeigen.
- Der Hund
darf außer von dem Erlaubnisinhaber nur von bestimmten (namentlich zu
benennenden) Personen (ggf. die im Besitz einer Erlaubnis sind) geführt werden.
Die Erlaubnis
soll nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Widerrufsgründe sind
beispielsweise der nachträgliche Wegfall einer der Erlaubnisvoraussetzungen des
§ 4 Abs. 1 Satz 2 oder die Nichterfüllung oder Nichteinhaltung von
Nebenbestimmungen zur Erlaubnis. Rechtsgrundlage für den Widerruf der Erlaubnis
ist § 49 VwVfG NRW.
4.4.2
Gestützt auf § 4 Abs. 4 Satz 2 können der Erlaubnis auch nachträglich Auflagen
beigefügt und bestehende Auflagen geändert oder ergänzt werden. Diese
Verfahrensweise ermöglicht der Erlaubnisbehörde vor dem Widerruf oder der
Rücknahme einer Erlaubnis im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu reagieren.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 bestimmt, dass die durch die örtlich zuständige
Erlaubnisbehörde erteilte Erlaubnis im gesamten Gebiet des Landes NRW gilt.
Über den Verweis in § 5 Abs. 3 Satz 4 gilt dies auch für die Entscheidung über
die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht.
4.6
Die Kennzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1 gilt ohne Ausnahme. Eine
vorhandene Tätowierung des Hundes begründet keine Befreiung von der Kennzeichnungspflicht
nach § 4 Abs. 7 Satz 1. Ebenso wenig können tierärztliche Bescheinigungen eine
Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht rechtfertigen.
Zu § 5 (Pflichten)
§ 5 legt für Halter und Aufsichtspersonen Pflichten für den Umgang mit
gefährlichen Hunden und mit Hunden bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1fest.
Verstöße gegen diese Pflichten können überwiegend als Ordnungswidrigkeit nach §
20 Nrn. 4 bis 12 geahndet werden.
Zur
Durchsetzung der Pflichten kann die zuständige Ordnungsbehörde (wiederholende)
Anordnungen nach § 12 Abs. 1 treffen. Bei wiederholten Verstößen ist regelmäßig
davon auszugehen, dass die Hundehalterin oder der Hundehalter nicht mehr über
die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2). Die
Erlaubnis soll dann nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW widerrufen und das Halten
des Hundes untersagt werden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1).
Zu § 5 Abs. 1 (Haltung innerhalb eines befriedeten Besitztums)
Der Begriff "befriedetes Besitztum" ist ein hinlänglich bestimmter
Rechtsbegriff. Gemeint ist damit ein durch Zäune, Absperrungen, Wände etc.
gegenüber öffentlichen oder anderen privaten Bereichen abgetrennter räumlicher
Bereich. Dazu zählen beispielsweise Privatgärten, Werksgelände, Hundezwinger,
Wohnungen, Balkone und Terrassen.
Gefährliche
Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne des § 10 Abs. 1 dürfen sich mit
Zustimmung des Grundstückseigentümers frei innerhalb befriedeter Besitztümer
bewegen. Dies gilt nicht für die in § 5 Abs. 2 Satz 1 genannten Bereiche
(Flure, Aufzüge, Treppenhäuser und Zuwege bei Mehrfamilienhäusern).
Die
Hundehalterin/den Hundehalter oder die Aufsichtsperson trifft die Pflicht, das
befriedete Besitztum, auf dem sich der Hund frei bewegt, so zu sichern, dass
ein Entweichen des Hundes nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen ist.
Art, Umfang und Maß der erforderlichen Schutzvorrichtungen richten sich nach
den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Rasse und Sprungkraft des
Hundes. Bei der Öffnung von Türen, Toren etc. hat die Halterin/der Halter oder
die Aufsichtsperson den Hund so zu beaufsichtigen, dass dieser nicht frei nach
außen laufen kann (ggf. Auflage zur Erlaubnis nach § 4 Abs. 4).
Durch eine
Anbindehaltung im Sinne von § 7 der Tierschutz-Hundeverordnung ist die
Einhaltung der Sicherungspflicht des § 5 Abs. 1 in der Regel gewährleistet.
Zu § 5 Abs. 2 (Anlein- und Maulkorbpflicht)
5.2.1
Gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 müssen -
soweit keine Befreiung nach § 5 Abs. 3 erteilt wurde - außerhalb befriedeter
Besitztümer (vgl. Nr. 5.1) sowie in Fluren, Aufzügen, Treppenhäusern und auf
Zuwegen von Mehrfamilienhäusern an der Leine geführt werden und einen das
Beißen verhindernden Maulkorb tragen.
Die
Beschaffenheit und Länge der Leine muss sicherstellen, dass der Hund weder
Menschen, noch andere Tiere, noch Sachen gefährden kann. Um dies zu
gewährleisten, müssen Hunde im innerörtlichen und innerstädtischen Bereich an
einer reißfesten Leine geführt werden, die nicht länger als 1,5 m sein sollte.
Die Anlein-
und Maulkorbpflicht gilt für gefährliche Hunde und über den Verweis in § 10
Abs. 1 auch für die dort bestimmten Hunde in der Öffentlichkeit grundsätzlich,
also auch im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Für andere Hunde gilt diese
generelle Anleinpflicht nicht. Große Hunde sind aber nach § 11 Abs. 6 innerhalb
im Zusammenhang bebauter Ortsteile auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen
und die übrigen Hunde nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 angeleint zu führen.
Aus § 2 Abs.
3 Satz 1 Landesforstgesetz (LFoG) ergibt sich die Befugnis, Hunde auf Waldwegen
unangeleint laufen zu lassen, soweit sich aus anderen Rechtsvorschriften keine
Abweichungen ergeben. Für gefährliche Hunde und Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1
stellt § 5 Abs. 2 Satz 1 eine solche abweichende Regelung dar. Für diese Hunde
gilt danach die Anleinpflicht auch auf allen Waldwegen ebenso wie die
Maulkorbpflicht, soweit nicht eine Befreiung nach § 5 Abs. 3 erteilt wurde.
5.2.2
Die artgerechte Haltung von - auch gefährlichen - Hunden verlangt, dass diese
sich hin und wieder ohne Leine auslaufen können. Die Hundehalterin/der
Hundehalter hat dies sicherzustellen. Soweit Kommunen sog. Hundeauslaufgebiete
oder Hundeauslauffächen für gefährliche Hunde ausgewiesen haben, gilt die
Anleinpflicht dort nicht.
5.2.3
Der Begriff "Maulkorb" wird untechnisch verwendet. Anstelle eines
"echten" Maulkorbes kann auch eine andere, in der das Beißen
verhindernden Wirkung gleichstehende Vorrichtung verwendet werden. Es ist
darauf zu achten, dass die Vorrichtung das artgerechte Atmen und Hecheln
erlaubt. Die Überwachungsbehörden prüfen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung
einer oder eines Sachverständigen, ob der verwendete Maulkorb oder eine
gleichwertige Vorrichtung auch tatsächlich das Beißen verhindert. Sollte dies
nicht der Fall sein, z.B. weil ein zu großer Maulkorb verwendet wird oder
gleichwertige Vorrichtungen unsachgemäß angewendet werden, liegt ein Verstoß gegen
§ 5 Abs. 2 Satz 3 vor, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 als Ordnungswidrigkeit
geahndet werden kann.
5.2.4
Von Jungtieren bis zum sechsten Lebensmonat geht eine deutlich geringere
Gefährlichkeit als von ausgewachsenen Hunden aus. Deshalb besteht für diese keine
Maulkorbpflicht (§ 5 Abs. 2 Satz 4).
Zu § 5 Abs. 3 (Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht)
5.3.1
§ 5 Abs. 3 Satz 1 eröffnet der Halterin oder dem Halter eines gefährlichen
Hundes nach § 3 Abs. 2 die Möglichkeit, eine Befreiung von der Anlein- und
Maulkorbpflicht zu beantragen. Aufsichtspersonen, die den Hund ebenfalls ohne
Leine oder Maulkorb ausführen wollen, müssen mit dem Hund ebenfalls eine
Verhaltensprüfung erfolgreich absolvieren oder in die Verhaltensprüfung des
Hundes mit der Halterin oder dem Halter einbezogen werden. Für Hunde der in §
10 Abs. 1 bestimmten Rassen und deren Kreuzungen kann ebenfalls eine Befreiung
von der Anlein- und Maulkorbpflicht erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 1). Für
gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 besteht diese Befreiungsmöglichkeit nicht.
5.3.2
Die behördliche Befreiungsmöglichkeit findet ihre Grenze in § 11 Abs. 6 und § 2
Abs. 2. In diesen Bereichen gilt die Anleinpflicht auch für Hunde, die im
Übrigen von der Anleinpflicht des § 5 Abs. 2 Satz 1 befreit wurden. Zum
Verhältnis zu kommunalen Anleingeboten vgl. Nr. 15.2.
Im Wald
dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden; dies gilt
nicht für Jagdhunde im Rahmen jagdlicher Einsätze sowie für Polizeihunde (§ 2
Abs. 3 Satz 2 Landesforstgesetz - LFoG). Auch von diesem Anleingebot kann nicht
befreit werden.
Eine
Befreiung von der Maulkorbpflicht nur für Hundeauslaufflächen sollte im
Interesse der anderen Hundehalterinnen und Hundehalter und anderer Hunde, die
Hundeauslaufflächen nutzen, nicht erteilt werden.
5.3.3
Die Befreiung kann erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter dies
beantragt und gegenüber der zuständigen Behörde nachweist, dass von dem Hund
ohne Leine und/oder Maulkorb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht
zu befürchten ist. Dieser Nachweis ist durch eine erfolgreich durchgeführte
Verhaltensprüfung bei einer für den Vollzug des Tierschutzgesetzes zuständigen
Behörde zu erbringen. Für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 kann die
Verhaltensprüfung auch von anerkannten Sachverständigen oder von anerkannten
sachverständigen Stellen (z.B. anerkannte private Hundevereine) durchgeführt
werden (vgl. § 10 Abs. 2).
Ziel der
Verhaltensprüfung ist nicht die Überprüfung des Wesens des Hundes in seiner
Gesamtheit, sondern das Erkennen übersteigerter, nicht vertretbarer
Aggressionen, die sich in gefährlicher Weise unmittelbar auf Menschen oder
mittelbar auf mitgeführte Hunde auswirken können. Es soll nachgewiesen werden,
dass ein Hund aufgrund seines individuellen Aggressionsverhaltens keine Gefahr
für die öffentliche Sicherheit darstellt, wenn er von einer bestimmten Person
ohne Leine und/oder Maulkorb geführt wird. In der Prüfung wird ein Hund deshalb
im Wesentlichen solchen Reizen und Situationen ausgesetzt, die in der
Vergangenheit als Auslöser für Beißunfälle ermittelt wurden.
Nähere
Bestimmungen zur Verhaltensprüfung können durch ordnungsbehördliche Verordnung
des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums erlassen werden (vgl. § 16
Abs. 1 Nr. 1).
5.3.4
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Verhaltensprüfung trifft die zuständige
Ordnungsbehörde eine Entscheidung über die Befreiung durch Verwaltungsakt (vgl.
§ 23 Satz 2 OBG). Die Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht kann
ganz, teilweise oder beschränkt auf bestimmte Gebiete oder Tageszeiten
erfolgen. Soweit neben der Halterin oder dem Halter weitere Aufsichtspersonen
berechtigt sein sollen, den Hund ohne Leine/ Maulkorb zu führen (vgl. Nr. 5.3.1
Satz 2), sind diese ausdrücklich in der Entscheidung über die Befreiung zu
benennen. Aufsichtspersonen, die über diese Berechtigung nicht verfügen, dürfen
Hunde, die von der Anlein- und Maulkorbpflicht befreit sind, grundsätzlich nur
angeleint ausführen.
Der Bescheid
über die Befreiung kann befristet sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden
werden. Er soll unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Nummern 4.4
und 4.5 gelten entsprechend. Um eine befristet erteilte Befreiung aufrecht zu
erhalten, muss die Halterin oder der Halter bei der zuständigen Ordnungsbehörde
vor Ablauf der Frist eine Verlängerung beantragen. Soweit Anhaltspunkte
vorliegen, die zwischenzeitlich eine andere Beurteilung des Verhaltens des
Hundes nahe legen, hat die Halterin oder der Halter auf Verlangen der
zuständigen Ordnungsbehörde die erfolgreiche Wiederholung der Verhaltensprüfung
nachzuweisen.
Zu § 5 Abs. 4 (Umgangsvoraussetzungen)
§ 5 Abs. 4 verpflichtet alle Personen, die mit einem gefährlichen Hund umgehen,
bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen und Verhaltensanforderungen zu beachten.
Absatz 4 gilt auch für Personen, denen ein Hund zur Anbahnung einer Vermittlung
im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 2 überlassen worden ist. Über den Verweis in § 10
Abs. 1 gelten diese Pflichten auch für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1.
Verstöße
gegen die festgelegten Pflichten verwirklichen die Bußgeldtatbestände des § 20
Abs. 1 Nrn. 7 bis 10.
5.4.1
Satz 1 knüpft an die Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 an und soll
gewährleisten, dass ein Erlaubnisinhaber den gefährlichen Hund nicht ausführt,
wenn er z.B. wegen erhöhten Alkoholkonsums oder Krankheit körperlich nicht mehr
in der Lage ist, den gefährlichen Hund sicher an der Leine zu führen.
5.4.2
Satz 2 bestimmt, dass nur Aufsichtspersonen in der Öffentlichkeit einen
gefährlichen Hund führen dürfen, die sachkundig, zuverlässig, volljährig und in
der Lage sind, den Hund sicher zu halten und zu führen. Die geforderte
Sachkunde stellt sicher, dass auch die Aufsichtsperson über Kenntnisse und
Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen Hund so zu führen, dass von diesem
keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Wenn
die Aufsichtsperson die genannten Anforderungen erfüllt, darf sie einen
gefährlichen Hund führen. Einer Anzeige bei oder Erlaubnis durch die zuständige
Ordnungsbehörde bedarf es nicht. Ebenso wenig ist erforderlich, dass die
Aufsichtsperson in der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 aufgeführt ist. Die
Aufsichtsperson ist verpflichtet, die Anforderungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 in
eigener Verantwortung zu erfüllen. Der Sachkundenachweis ist gegenüber der
amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt zu erbringen, bevor die Aufsicht
über den Hund ausgeübt wird. Die Aufsichtsperson für einen Hund im Sinne von §
10 Abs. 1 kann den Nachweis in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3
erbringen. Der im Rahmen einer Erlaubniserteilung erbrachte Sachkundenachweis
gilt auch als Nachweis im Sinne von § 5 Abs. 4 Satz 2. Die Aufsichtsperson hat
auf Verlangen der zuständigen Ordnungsbehörde den Nachweis der Sachkunde durch
die Vorlage der Sachkundebescheinigung zu erbringen.
Die
geforderte Zuverlässigkeit soll es der zuständigen Behörde ermöglichen, einer
Aufsichtsperson, der mangels Zuverlässigkeit eine Erlaubnis nach § 4 nicht
erteilt werden könnte, das Führen eines gefährlichen Hundes zu untersagen und
so den in der Praxis häufigen Scheinhaltungen begegnen zu können. Ein Nachweis
der Zuverlässigkeit gegenüber der zuständigen Behörde ist nicht vorgesehen.
Soweit der zuständigen Ordnungsbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass eine Aufsichtsperson nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, kann
entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 2 verfahren werden.
Liegen die
Voraussetzungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht vor, kann die zuständige
Ordnungsbehörde der Aufsichtsperson den Umgang mit dem Hund und anderen
gefährlichen Hunden und Hunden bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1 untersagen
(vgl. §12 Abs. 1).
5.4.3
Satz 3 verpflichtet die Halterin, den Halter oder eine Aufsichtsperson, den
gefährlichen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums keiner Person zu
überlassen, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht erfüllt. Damit
wird die Halterin oder der Halter verpflichtet, einer Aufsichtsperson den Hund
nur zu überlassen, wenn sie sich vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5
Abs. 4 Satz 2 überzeugt hat. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist
bußgeldbewehrt. (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 9).
5.4.4
Das gleichzeitige Führen von mehreren gefährlichen Hunden oder Hunden im Sinne
von § 10 Abs. 1 durch eine Person begründet wegen der schwierigen
Beherrschbarkeit ein stark erhöhtes Gefahrenpotenzial und wird deshalb durch
Satz 4 generell verboten. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist auch das
gleichzeitige Führen eines gefährlichen Hundes und eines Hundes im Sinne von §
10 Abs. 1 durch eine Person verboten. Dies gilt auch, wenn Hunde von der
Anlein- und Maulkorbpflicht befreit sind.
§ 5 Abs. 5 verpflichtet die Hundehalterin oder den Hundehalter zum Abschluss
und zur Aufrechterhaltung einer Haftpflichtversicherung für den Hund.
Haftpflichtversicherungen, die von Dritten für den Hund abgeschlossen werden, sind
in der Regel nicht anzuerkennen. Anerkannt werden können solche
Haftpflichtversicherungsnachweise von Ehepartnern, eingetragenen Lebenspartnern
oder Familienangehörigen, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass sie sich
auch auf die Person der Halterin oder des Halters erstrecken und dieser
"mitversichert" ist.
Personen- und
Sachschäden im Sinne von Absatz 5 umfassen auch Vermögensschäden infolge von
Personen- und Sachschäden und decken den ganz überwiegenden Teil denkbarer
Schadensereignisse mit Hunden ab. Sonstige Schäden sind Vermögensschäden, denen
kein Personen- oder Sachschaden vorausging. Ihnen kommt in der Praxis bei
Schadensgeschehen mit Hunden eine zu vernachlässigende Bedeutung zu.
Soweit die Haftpflichtversicherung
der Hundehalterin oder des Hundehalters über eine, den Betrag von
fünfhunderttausend Euro überschreitende, pauschale Versicherungssumme alle
versicherbaren Gefahren im Zusammenhang mit der Hundehaltung abdeckt, gilt der
Nachweis der Mindestversicherungssumme als erbracht. Soweit sonstige Schäden
erkennbar lediglich mit einer, die vorgeschriebene Mindestdeckungssumme
unterschreitenden Mindestdeckung abgesichert sind, soll dies akzeptiert werden,
bis der jeweilige Haftpflichtversicherer seine Versicherungsbedingungen
entsprechend angepasst hat. Ein Wechsel der Hundehalterin oder des Hundehalters
zu einer anderen Versicherung soll in diesen Fällen nicht verlangt werden.
Liegen der
zuständigen Behörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Aufrechterhaltung des
Versicherungsschutzes im Haltungszeitraum nicht gewährleistet ist, kann der
Erlaubnis eine Auflage zur jährlichen Vorlage des Versicherungsnachweises
beigefügt werden. Der Nachweis des Versicherungsschutzes und der
Mindestdeckungssummen wird in der Regel durch die Vorlage des
Versicherungsscheines erbracht.
Erlischt der
Versicherungsschutz z.B. durch Nichtleistung der Versicherungsbeiträge, liegen
die Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 nicht mehr vor. Die
zuständige Ordnungsbehörde soll in diesen Fällen ein Verfahren zum Widerruf der
Erlaubnis (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW) und zur Untersagung der Haltung (§ 12
Abs. 2) sowie ein Bußgeldverfahren (§ 20 Abs. 1 Nr. 11) einleiten, wenn eine
entsprechende Haftpflichtversicherung nicht innerhalb von zwei Wochen
nachgewiesen wird.
Im Fall einer Beendigung des Versicherungsverhältnisses ist der Versicherer nicht verpflichtet, der zuständigen Ordnungsbehörde eine entsprechende Mitteilung nach § 117 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zu machen. Das Unterlassen einer solchen Mitteilung kann aus versicherungsrechtlicher Sicht lediglich zu einer Nachhaftung des Versicherers führen; dies allerdings auch nur dann, wenn die zur Entgegennahme der Anzeige nach § 117 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zuständige Stelle gesetzlich bestimmt ist. Dies ist durch das Landeshundegesetz nicht geschehen. In Anbetracht des Fehlens dieser gesetzlichen Bestimmung kann es sich zur Sicherstellung der Kenntniserlangung über eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses in begründeten Einzelfällen empfehlen, nach Erhalt der Bestätigung über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung den Versicherer zu kontaktieren und darum zu ersuchen, im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses eine entsprechende Mitteilung an die Behörde zu veranlassen.
Für die
Haltung von Hunden, für die eine wirksame Erlaubnis nach § 4 Absatz 1 der
Landeshundeverordnung erteilt wurde, gilt der Nachweis als erbracht (vgl. § 21
Abs. 3). Die in § 5 Abs. 5 vorgesehenen Mindestdeckungssummen müssen von den
Erlaubnisinhabern nicht nachträglich nachgewiesen werden.
5.6
Zu § 5 Abs. 6 (Abgabe oder Veräußerung eines gefährlichen Hundes)
5.6.1
§ 5 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Besitzerinnen oder Besitzer von gefährlichen
Hunden, diese nur an solche Personen abzugeben oder zu veräußern, die im Besitz
einer Erlaubnis nach § 4 sind. Abgabe im Sinne der Vorschrift ist eine auf
Dauer angelegte Weggabe des Hundes an eine andere Person unter Aufgabe des
Besitzes oder Eigentums an dem Hund. Dadurch soll verhindert werden, dass
gefährliche Hunde in die Verfügungsgewalt von Personen gelangen, die die hierzu
erforderlichen Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllen. Die Vorschrift
erfasst nicht die kurzfristige Überlassung an eine Aufsichtsperson (vgl. § 5
Abs. 4 Satz 2 und 3). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Absatz 6 ist
bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 12).
5.6.2
§ 5 Abs. 6 Satz 2 stellt Tierheime von dem Erfordernis nach Satz 1 frei, wenn
diese einen gefährlichen Hund vermitteln wollen. Die Befreiung setzt voraus,
dass zwischen dem Tierheim und dem künftigen Halter oder der künftigen Halterin
ein Pflegevertrag besteht, das Pflegeverhältnis zur Anbahnung einer Vermittlung
nicht länger als sechs Monate dauert und der zuständigen Behörde vom Tierheim
zuvor angezeigt wurde. Satz 3 stellt klar, dass die generellen
Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde gegenüber der Leiterin oder dem
Leiter eines Tierheimes oder den Pflegehaltern auch durch ein solches Pflegeverhältnis
nicht eingeschränkt werden.
Entsprechend
der Vorgaben in Nummer 4.2 gilt die Regelung des § 5 Absatz 6 Satz 2
einschließlich der hierauf Bezug nehmenden Verwaltungsvorschrift nicht nur für
Tierheime, sondern auch für ähnliche Einrichtungen.
Zu § 6 (Sachkunde)
§ 6 Abs. 1 definiert die erforderliche Sachkunde, die für die Haltung eines
gefährlichen Hundes und bei Aufsichtspersonen (§ 5 Abs. 4 Satz 2) zwingend
notwendig ist. Sachkunde wird ebenso verlangt für das Halten von Hunden und die
Aufsicht über Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 und für das Halten von großen
Hunden.
Näheres über
Anforderungen, Inhalt und Verfahren der Sachkundeprüfung werden durch
ordnungsbehördliche Verordnung (vgl. § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 4) geregelt.
Die Überprüfung der erforderlichen Sachkunde zum beabsichtigten Umgang mit dem
gefährlichen Hund ist der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt
vorbehalten. Ergibt die Prüfung, dass die erforderliche Sachkunde vorliegt,
wird der Halterin oder dem Halter eine Sachkundebescheinigung erteilt, die im
Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Ordnungsbehörde zum Nachweis der
Sachkunde vorzulegen ist.
Für den
Umgang mit Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 und großen Hunden kann die
Sachkundebescheinigung auch von einer oder einem anerkannten Sachverständigen
oder einer anerkannten sachverständigen Stelle erteilt werden (§ 10 Abs. 3).
Bei großen Hunden können darüber hinaus auch von den Tierärztekammern benannte
Tierärztinnen und Tierärzte die Sachkundebescheinigung erteilen (§ 11 Abs. 3).
Die
Sachkundebescheinigung ist personenbezogen. Der Sachkundenachweis für eine
bestimmte Kategorie (§ 3 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1) kann für die Haltung
eines neuen Hundes derselben Kategorie oder eine Kategorie mit geringerem
Gefahrenpotential anerkannt werden. Umgekehrt gilt dies nicht.
Als für eine neue Hundehaltung anzuerkennender Sachkundenachweis gelten auch Belege oder Erklärungen über die Sachkundevermutungen gemäß § 6 Absatz 3 und gemäß § 11 Absatz 4 des Landeshundegesetzes in der bis zum 26. September 2016 geltenden Fassung.
6.3
Für die in § 6 Abs. 3 abschließend aufgeführten Personen oder Berufsgruppen
besteht eine gesetzliche Sachkundevermutung. Die Vermutung gilt nach dem
Wortlaut nicht für Tierarzthelferinnen oder Tierarzthelfer.
Bei Personen, die die Jägerprüfung bestanden haben, besteht die Vermutung auch dann fort, wenn der Jagdschein seine Gültigkeit verliert.
7
Zu § 7 (Zuverlässigkeit)
§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 gilt für das Halten von Hunden der in den §§ 3 Abs.
1, 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 genannten Art und stellt eine mit der Folge der
Beweiserleichterung verbundene Konkretisierung des Begriffs der
Unzuverlässigkeit dar. Soweit einer der aufgeführten Tatbestände vorliegt, ist
in der Regel davon auszugehen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit einer
Person nicht vorliegt.
In seltenen
Ausnahmefällen kann die Regelvermutung aufgrund besonderer, aktenkundig zu
machender Umstände des Einzelfalles durchbrochen werden (z.B. bei Verurteilung
wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr bei ansonsten makellosem
Lebenslauf).
Das Wort
"insbesondere" ermöglicht nicht die weitere Bildung von nicht
aufgeführten Regelbeispielen. Die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit führt zu
einer die Betroffenen belastenden Beweiserleichterung und beruht bei den
aufgeführten Tatbeständen auf einer Wertung des Gesetzgebers. Eine Auslegung
der Vorschrift, welche die Bildung weiterer, vom Gesetzgeber nicht vorgesehener
Regelbeispiele ermöglicht, würde zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen
Unbestimmtheit der Norm führen.
Zur
Konkretisierung von § 7 Abs. 2 Nr. 2 gilt Nr. 12.2.1 Satz 2 und 3 entsprechend.
Eine
Unzuverlässigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 kann sich im Einzelfall
aber auch aus anderen Gesichtspunkten als den in den Regelbeispielen erfassten
ergeben. So können auch rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten mit
vergleichbarer Schwere, z.B. wegen schwerer Verstöße gegen das
Betäubungsmittelgesetz das Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit nach §
4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Frage stellen. In diesen Fällen ist der Nachweis der
Unzuverlässigkeit durch die zuständige Behörde im Einzelfall zu führen.
Die Halterin
oder der Halter eines gefährlichen Hundes oder eines Hundes im Sinne von § 10
Abs. 1 hat zum Nachweis der Zuverlässigkeit bei der zuständigen Meldebehörde
ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen
Ordnungsbehörde nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes zu
beantragen. Davon unabhängig kann die zuständige Ordnungsbehörde erforderlichenfalls
nach Satz 2 die zuständige Registerbehörde um Erteilung eines
Führungszeugnisses auch der Belegart R (sog. Vollauskunft, incl. Jugendstrafen)
ersuchen.
Bei dem
Verdacht auf Vorliegen einer psychischen Krankheit, geistigen oder seelischen
Behinderung, Alkohol- oder Rauschmittelsucht wird die Behörde in der Regel
nicht in der Lage sein, den Nachweis für deren Vorliegen zu führen. Die
zuständige Ordnungsbehörde wird daher in Satz 3 ermächtigt, ein amts- oder
fachärztliches Gutachten von der Halterin oder dem Halter zu verlangen.
Zu § 8 (Anzeige- und Mitteilungspflichten)
§ 8 regelt Auskunfts- und Mitteilungspflichten von Halterinnen oder Haltern
gefährlicher Hunde und Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 gegenüber der zuständigen
Ordnungsbehörde (Abs. 1), gegenüber Erwerberinnen oder Erwerbern (Abs. 2) sowie
beim Wechsel des Haltungsortes der zuständigen Behörden untereinander (Abs. 3).
Für die Haltung großer Hunde gelten die Pflichten des § 8 Abs. 1 bis 3 nicht.
Verstöße
gegen die Pflichten nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 verwirklichen den
Bußgeldtatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 13.
§ 8 Abs. 1 normiert Anzeigepflichten gegenüber den zuständigen
Ordnungsbehörden, insbesondere bei Halter- und Wohnungswechsel. Die
Überwachungsbehörde soll über die im Zuständigkeitsbereich gehaltenen
gefährlichen Hunde und Hunde im Sinne von § 10 umfassend informiert werden. Die
zuständigen Behörden sollen über den Verbleib dieser Hunde von der Geburt bis
zu deren Tod unterrichtet werden. Dies ist erforderlich, um das Gefahrenpotential
besser einschätzen zu können und um frühere Vorkommnisse zu ermitteln oder
bereits erfolgte Begutachtungen oder Vorfälle nach § 3 Abs. 3 zu erfahren.
Insofern besteht für die Halterin oder den Halter eine umfassende
Anzeigepflicht. Anzeigepflichtig sind nicht kurzfristige Abgaben eines Tieres
an Aufsichtspersonen, z.B. zur Betreuung in Urlaubszeiten.
§ 8 Abs. 2 verpflichtet die Halterin oder den Halter eines gefährlichen Hundes und
eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1, im Falle der Veräußerung oder sonstigen
Abgabe darauf hinzuweisen, dass es sich um einen solchen Hund handelt. Dadurch
soll verhindert werden, dass Dritte einen Hund erwerben oder übernehmen, ohne
dessen ordnungsrechtliche Einstufung, insbesondere die Erlaubnispflicht, zu
kennen. Die Vorschrift ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuches und ermöglicht privatrechtliche
Schadensersatzansprüche bei Verstößen.
§ 8 Abs. 3 regelt den behördeninternen Informationsaustausch in Fällen, bei
denen durch einen Wechsel eines Haltungsortes auch die örtlich zuständige
Behörde wechselt. Die Vorschrift ermöglicht es der neu zuständigen Behörde, auf
Informationen zurückzugreifen, die bei der vorher zuständigen Behörde vorliegen.
Um künftig eine möglichst vollständige behördliche Erfassung gefährlicher Hunde
im Sinne von § 3 Abs. 2, von Hunden bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1
und großer Hunde im Sinne von § 11 Abs. 1 und damit eine effektive Überwachung
sicherzustellen, ermächtigt § 8 Abs. 4 die für die Erhebung der Hundesteuer
zuständige Stelle innerhalb der Gemeinde, Daten an die zuständige
Ordnungsbehörde zu übermitteln.
Zu § 9 (Verbote; Unfruchtbarmachung)
§ 9 Satz 1 normiert lediglich für im Einzelfall gefährliche Hunde im Sinne von
§ 3 Abs. 3 ein Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot. Für gefährliche Hunde im
Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 bestand ursprünglich ein im Bereich des
Tierschutzrechts bundesrechtlich geregeltes Zuchtverbot (§ 11 b Abs. 2 Buchst.
a TierSchG in Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung), das durch
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (Az. 1 BvR 1778/01) für
nichtig erklärt wurde. Ein Zuchtverbot für gefährliche Hunde gemäß § 3 Absatz 2
Satz 1 wurde seinerzeit vom Landesgesetzgeber wegen des bundesrechtlichen
Zuchtverbots nicht ausdrücklich geregelt. Auch wenn das bundesrechtliche
Zuchtverbot zwischenzeitlich für nichtig erklärt worden ist, wirkt die
Intention des Landesgesetzgebers, dass die Zucht mit Hunden gemäß § 3 Absatz 2
Satz 1 verboten sein soll, fort. Der Begriff des Verpaarens umfasst letztlich
auch die (natürliche) Zucht. Lediglich das Zuchtgeschehen im Wege der
künstlichen Befruchtung wird vom Begriff des Verpaarens nicht erfasst. Sinn und
Zweck des § 9 ist es ausweislich der Gesetzesbegründung, durch umfassende
Zuchtverbote die Population gefährlicher Hunde deutlich zu senken. Insofern ist
das Verpaarungsverbot des § 9 Satz 2 nach Wegfall des bundesrechtlichen
Zuchtverbots auch für Züchter der in § 3 Absatz 2 Satz 1 aufgeführten Rassen
als Zuchtverbot zu verstehen.
Für Hunde
bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 gilt kein Zuchtverbot.
9.2
Zucht und Kreuzung sind das zielgerichtete Verpaaren einer Hündin mit einem
Rüden oder die absichtliche Inkaufnahme des Verpaarens. In der Praxis ist es
häufig schwierig, den handelnden Personen Absicht oder Vorsatz nachzuweisen. Es
muss deshalb sichergestellt werden, dass auch ein "unabsichtliches"
Verpaaren nicht mehr stattfindet. Insofern bestimmt Satz 2 eine generelle
Halterpflicht, Verpaarungen mit gefährlichen Hunden zu verhindern.
Ein Verstoß
gegen § 9 Satz 2 ist bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 14).
§ 9 Satz 3 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde, die Unfruchtbarmachung
eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 anzuordnen, wenn gegen § 9 Satz 1
oder 2 verstoßen wird und im Einzelfall die Gefahr der Heranbildung
gefährlicher Nachkommen besteht. Bei festgestellten Verstößen gegen § 9 Satz 1
oder 2 soll geprüft werden, ob die Erlaubnisvoraussetzungen noch vorliegen.
Zu § 10 (Hunde bestimmter Rassen)
§ 10 Absatz 1 stellt an den Umgang mit Hunden der dort aufgeführten Rassen
und Kreuzungen aus Gründen der Gefahrenprävention bestimmte Anforderungen.
Für diese
Hunde gelten die Vorschriften des
- § 4 zur Erlaubnispflicht, ohne dass ein besonderes Haltungsinteresse (§ 4
Abatz. 2) vorliegen muss,
- § 5 zu Umgangspflichten, insbesondere Anlein- und Maulkorbpflicht,
- § 6 und § 7 zu Sachkunde und Zuverlässigkeit und zu den in
- § 8 festgelegten Mitteilungspflichten
entsprechend.
Bei der
Einstufung von Hunden als Kreuzungen gemäß § 10 Absatz 1 ist zu beachten, dass
die Vorschrift § 3 Absatz 2 Satz 3 mangels Verweis nicht angewendet wird. Als
Kreuzung im Sinne des § 10 Absatz 1 gilt nach dem Wortlaut jede Kreuzung mit
einem der in dieser Vorschrift genannten Hunde (siehe insoweit auch die
Erläuterung unter Nummer II.3.2.2). Das Vorliegen einer Kreuzung bestimmt sich
im Einzelfall auch im Anwendungsbereich des § 10 Absatz 1 nicht allein aufgrund
der genetischen Verwandtschaft, sondern danach, ob bei dem betreffenden Hund
der Phänotyp einer der dort bezeichneten Rassen deutlich hervortritt. § 3
Absatz 2 Satz 2 gilt insoweit trotz fehlenden Verweises auch für die Bestimmung
von Hunden im Sinne von § 10 Absatz 1 (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az.
5 A 1210/17, Rn 54).
Im vorstehend aufgeführten Urteil führt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen weiterhin aus, dass die in § 10 Absatz 1 zugrunde gelegte Unterscheidbarkeit von Hunden nach Rassezugehörigkeit nicht dynamisch zu verstehen sei, sondern statisch an einen vom Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Gesetzes vorgefundenen Bestand an allgemein anerkannten Hunderassen anknüpfe (siehe insoweit auch Nummer II.3.2.1). Nach dieser Maßgabe sind etwa Hunde der Züchtung Old English Bulldog nicht als eigenständige Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen. Diese Züchtung wurde erst im Jahr 2014 durch den amerikanischen Zuchtverband United Kennel Club anerkannt und erfüllt diese Voraussetzung somit nicht. Bei solchen Hunden handelt es sich mithin um Kreuzungen im Sinne von § 10 Absatz 1, sofern im Einzelfall der Phänotyp einer der in der Vorschrift gelisteten Rassen deutlich hervortritt (siehe OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 – Az. 5 A 1210/17, Rn 59 und 68).
Das Verwaltungsgericht Köln hat ferner mit Urteil vom 6. September 2007 (Az. 20 K 5671/05) entschieden, dass Hunde der Rassen Cane Corso und Dogo Canario keine Hunde im Sinn von § 10 Absatz 1 sind, so dass eine in der Praxis bis dahin häufig vorgenommene Gleichsetzung der Rassen Alano und Dogo Canario beziehungsweise Cane Corso ausscheidet.
Ein
Zuchtverbot gilt für Hunde nach § 10 Abs. 1 nicht. Eine Verhaltensprüfung zur
Befreiung von der Anlein- oder Maulkorbpflicht muss nicht durch eine Behörde
erfolgen, sondern kann nach Absatz 2 auch von anerkannten Sachverständigen oder
von anerkannten sachverständigen Stellen durchgeführt werden.
Gleiches gilt
nach Absatz 3 auch für die Erteilung einer Sachkundebescheinigung.
Zu § 11 (Große Hunde)
Als großer Hund im Sinne des § 11 Abs. 1 gilt ein Hund, der ausgewachsen eine
Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg
erreicht. Die Widerristhöhe (Schulterhöhe) des Hundes bemisst sich als Abstand
vom Boden zur vorderen höchsten Stelle des Rückens, gemessen mit einem Stockmaß
(Zollstock oder ähnliches).
Auch Hunde,
die die genannten Maße z.B. aufgrund ihres Alters (noch) nicht erreicht haben,
unterfallen dem § 11 Abs. 1. Maßgeblich ist, dass die Maße in ausgewachsenem
Zustand erreicht werden. Die für diese Feststellung erforderlichen Angaben
können der Fachliteratur entnommen werden.
Die Halterin
oder der Halter (vgl. Nr. 4.1.1) ist verpflichtet, die Haltung eines großen
Hundes bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Durch die Anzeige wird die
zuständige Behörde über Hundehaltungen informiert und in die Lage versetzt, das
Vorliegen der Haltungsvoraussetzungen zu prüfen und die Beachtung weiterer
Anforderungen an den Umgang mit großen Hunden sicherzustellen. Die Anzeige soll
Angaben enthalten zur Rasse, Fellfarbe, Größe sowie zum Geschlecht, Gewicht und
Alter des Hundes.
Für
bestehende, bereits unter Geltung der Landeshundeverordnung angezeigte
Haltungen ist eine neue Anzeige nicht erforderlich (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1).
Die
zuständige Ordnungsbehörde hat aufgrund der Anzeige und der vorgelegten
Unterlagen zu prüfen, ob das Halten des Hundes einer Erlaubnis nach § 4 bedarf.
Ist die Haltung erlaubnispflichtig, teilt sie dies der Halterin oder dem Halter
mit und fordert unter Fristsetzung auf, einen Erlaubnisantrag zu stellen und
das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen nachzuweisen. Ist die Haltung nicht
erlaubnispflichtig, prüft die zuständige Ordnungsbehörde auf Grundlage der
vorgelegten Unterlagen, ob die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2
vorliegen. Nummer 4.1.2 vorletzter Absatz gilt entsprechend.
Ein Verstoß
gegen die Anzeigepflicht erfüllt den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 16.
Haltungsvoraussetzungen
§ 11 Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass große Hunde nur gehalten werden dürfen,
wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind und von der Halterin oder dem Halter
gegenüber der zuständigen Ordnungsbehörde nachgewiesen werden.
11.2.1.1
Erforderliche Sachkunde
Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer über die Kenntnisse und Fähigkeiten
verfügt, einen großen Hund so zu halten und zu führen, dass von diesem keine
Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Näheres über
die Anforderungen an die Sachkunde und das Verfahren der Sachkundeprüfung wird
in einer ordnungsbehördlichen Verordnung nach § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 geregelt.
Eine
gesetzliche Sachkundevermutung gilt (über den Verweis in § 11 Abs. 2 Satz 3)
für die in § 6 Abs. 3 aufgeführten Personen.
Soweit dies
nicht zutrifft gilt Nr. 11.3.
11.2.1.2
Erforderliche Zuverlässigkeit
Mit dem Begriff der erforderlichen Zuverlässigkeit knüpft der Gesetzgeber an
die Terminologie des § 7 an. Wenngleich eine ausdrückliche Verweisung im
Gesetzestext fehlt, ist § 7 Abs. 1 und 2 als Orientierungsmaßstab für die
Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen. Deshalb ist, soweit einer der
dort genannten Tatbestände verwirklicht ist, in der Regel vom Fehlen der
erforderlichen Zuverlässigkeit auszugehen.
§ 11 Abs. 2
Satz 2 bestimmt, dass die Art und Weise der Überprüfung der Zuverlässigkeit der
zuständigen Ordnungsbehörde obliegt. Diese soll einen Nachweis der Zuverlässigkeit
von der Halterin oder dem Halter im Einzelfall nur dann fordern, wenn
Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen (vgl. Nr. 11.5).
11.2.1.3
Mikrochipkennzeichnung
Der Nachweis einer Identitätskennzeichnung des Hundes durch einen Mikrochip
(vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 7) kann durch die Vorlage
einer tierärztlichen Bescheinigung oder vergleichbarer Unterlagen erfolgen. Aus
den Unterlagen muss sich die Chipnummer und der Nachweis der Kennzeichnung
ergeben. Die Kennzeichnung eines großen Hundes durch eine Tätowierung kann eine
Mikrochipkennzeichnung nicht ersetzen.
Für die Haltung von großen Hunden kann der Sachkundenachweis gemäß § 11 Abs. 3
gegenüber einem anerkannten Sachverständigen, einer anerkannten sachverständigen
Stelle oder durch die Tierärztekammer ermächtigten Tierärztinnen oder
Tierärzten erbracht werden. Über den erfolgreichen Nachweis der Sachkunde wird
eine Bescheinigung ausgestellt (Sachkundebescheinigung). Der Nachweis der
Sachkunde wird durch die Vorlage der Sachkundebescheinigung bei der zuständigen
Ordnungsbehörde erbracht.
Die Regelung des § 11 Absatz 4 wurde durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20.
September 2016 (GV. NRW. S. 790) aufgehoben, da es sich hierbei um eine nicht
mehr benötigte Übergangsregelung handelte. Zur fortdauernden Anerkennung von
Sachkundenachweisen für große Hunde wird auf Nummer 6.2 Satz 8 verwiesen.
11.5
Wenn der zuständigen Ordnungsbehörde im Hinblick auf die Halterin oder den
Halter Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen, kann nach § 11 Abs.
5 die Beantragung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der zuständigen
Behörde nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes angeordnet werden.
Zu § 11 Abs. 6 (Anleinpflicht für große Hunde)
11.6.1.1
§ 11 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Halter und Aufsichtspersonen von großen Hunden,
diese auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb im Zusammenhang
bebauter Ortsteile nur angeleint zu führen.
Die
Anleinpflicht gilt auch für Halter und Aufsichtspersonen, die sich nur
vorübergehend in NRW aufhalten (z.B. Urlauber, Gäste). Eine Befreiung von der
Anleinpflicht des § 11 Abs. 6 sieht das Landeshundegesetz nicht vor.
Zum
Verhältnis von § 11 Abs. 6 zu Anleingeboten in kommunalen Verordnungen vgl. Nr.
15.2.
Die
weitergehende Anleinpflicht für gefährliche Hunde und für Hunde der in § 10
Abs. 1 aufgeführten Rassen sowie deren Kreuzungen bestimmt sich nach § 5 Abs. 2
Satz 1.
Anders als §
5 Absatz 2 Satz 1 setzt § 11 Absatz 6 Satz 1 nicht ausdrücklich die Verwendung
einer „zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine“ voraus. Die Verwendung so
genannter Flexileinen oder Roll-Leinen beim Ausführen großer Hunde ist somit
grundsätzlich erlaubt. Allerdings sind auch große Hunde – schon mit Blick auf
das in § 2 Absatz 1 geregelte allgemeine Rücksichtnahme- und
Gefahrvermeidungsverbot – so zu führen, dass keine Gefahren für Dritte
entstehen. Falls im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass im
Zusammenhang mit der Verwendung von Flexileinen oder Roll-Leinen Gefahren für
Dritte verursacht werden, kann die zuständige örtliche Ordnungsbehörde die
Verwendung dieser Leinen durch Ordnungsverfügung auf Grundlage des § 12 Absatz
1 beschränken oder untersagen.
11.6.1.2
Der Begriff "im Zusammenhang bebauter Ortsteile" wurde in Anlehnung
an § 34 des Baugesetzbuches in das Landeshundegesetz aufgenommen, da insoweit
eine durch die Rechtsprechung hinreichend konkretisierte Definition besteht. Er
geht aber entsprechend dem Schutzzweck des Landeshundegesetzes weiter als die
bauplanungsrechtliche Begriffsbestimmung. Die Anleinpflicht besteht auch in
zusammenhängend bebauten Gebieten, für die ein Bebauungsplan im Sinne des § 30
Abs. 1 BauGB (z.B. Ausweisung als reines Wohngebiet) besteht.
Bei der
Beurteilung des tatsächlichen Bebauungszusammenhangs ist maßgebend, inwieweit
eine aufeinanderfolgende Bebauung auch unter Berücksichtigung von Baulücken und
Freiflächen den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Letztlich kommt es
dabei auf die allgemeine Verkehrsauffassung an. In der Regel kann auch der Laie
bei verständiger Betrachtung ein Gebiet als "im Zusammenhang bebaut"
erkennen.
Bei der
Prüfung, ob ein Verstoß gegen § 11 Abs. 6 vorliegt, sollte zur Vermeidung von
Konflikten im Zweifel eine Auslegung gewählt werden, die in vertretbarem Umfang
auf die Interessen der Hundehalter Rücksicht nimmt. Dies gilt insbesondere,
wenn Hunde in Randbereichen bebauter Ortsteile angetroffen werden.
Außerhalb der
im Zusammenhang bebauten Ortsteile, nach Verkehrsauffassung im Außenbereich,
besteht die Anleinpflicht nach § 11 Abs. 6 nicht. Im Außenbereich kann
allerdings eine Anleinpflicht aus kommunalrechtlichen Vorschriften (Nr. 15.2)
und im Wald aus § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG (vgl. Nr. 5.3.2 Absatz 2) folgen.
11.6.1.3
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gilt die Anleinpflicht für
große Hunde nur auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Öffentlich sind
diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die straßenrechtlich dem öffentlichen
Verkehr gewidmet und damit für die Allgemeinheit zugänglich sind (vgl. § 2 des
Straßen- und Wegegesetzes NRW). Zu öffentlichen Straßen im Sinne des
Landeshundegesetzes zählen beispielsweise Bürgersteige oder Bahnhofsvorplätze,
aber auch Eigentümerstraßen und -wege sowie Privatgrundstücke, die zwar nicht
dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, die aber beschränkt öffentlich genutzt
werden (beispielsweise Parkplatz für Supermarkt).
Demgegenüber
zählen reine Privatgrundstücke nicht zum öffentlichen Straßenraum. Auf einem
Privatgrundstück (z.B. Trainingsplatz eines Hundevereins, Firmengelände,
Privatgarten) gilt die Anleinpflicht des § 11 Abs. 6 nicht. Hier kann eine
Anleinpflicht jedoch aus privatrechtlichen Regelungen des Eigentümers folgen
(z.B. Haus- oder Benutzungsordnung).
11.6.2
Auf abgetrennten räumlichen Arealen, die speziell für die Nutzung durch Hunde
ausgewiesen wurden (sog. Hundeauslaufbereiche) gilt die Anleinpflicht nicht
(vgl. Nr. 5.2.2).
11.6.3
Gegen eine Person, die einen großen Hund entgegen § 11 Abs. 6 unangeleint
führt, soll je nach den Umständen des Einzelfalles, soweit nicht bereits ein
Verwarnungsgeld Abhilfe verspricht, ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden (§
20 Abs. 1 Nr. 18). Bei wiederholten Verstößen ist ein Bußgeldverfahren
einzuleiten. Zudem hat die Überwachungsbehörde im Wiederholungsfall zu prüfen,
ob beim Halter noch die erforderliche Zuverlässigkeit oder Sachkunde für das
Halten vorliegt und ggf. das Halten großer Hunde nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3
zu untersagen ist.
Zu § 12 (Anordnungsbefugnisse)
§ 12 ermächtigt zum Erlass von Gefahrenabwehranordnungen (Abs. 1), zur
Untersagung der Haltung eines Hundes (Abs. 2) und zur Anordnung der
Einschläferung eines Hundes (Abs. 3).
§ 12 Abs. 1 ermächtigt die zuständige Behörde zum Erlass von notwendigen
Einzelanordnungen zur Abwehr von konkreten Gefahren für die öffentliche
Sicherheit durch Hunde. Die Ermächtigungsgrundlage des Absatz 1 ist eine
spezialgesetzliche Generalklausel zur Abwehr von Gefahren durch Hunde (vgl. §
14 Abs. 2 Satz 1 OBG). Ein Rückgriff auf die ordnungsbehördliche Generalklausel
des § 14 Abs. 1 OBG ist nicht mehr möglich. Gestützt auf Absatz 1 kann zur
Gefahrenerforschung beispielsweise auch angeordnet werden, dass die Halterin
oder der Halter den Hund der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt zur
Begutachtung vorführt, um dessen Gefährlichkeit zu beurteilen.
Eine mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene und erforderlichenfalls mit sofortiger Ersatzvornahme durchgesetzte Ordnungsverfügung, mit der dem Halter oder einer anderen den Hund führenden Person die Herausgabe des Hundes zum Zwecke der Überprüfung der Gefährlichkeit auferlegt wird, kann als Maßnahme der Gefahrerforschung auf § 12 Abs. 1 gestützt werden. Die Verfügung ist in derartigen Fällen zumindest solange aufrechtzuerhalten, bis die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt eine fachliche Stellungnahme zur Gefährlichkeit des Hundes abgegeben hat. Bei gefährlich erscheinenden Hunden, die ohne Aufsicht angetroffen werden, kann der Verwaltungszwang ohne vorausgehende Ordnungsverfügung im Wege des sofortigen Vollzuges angewendet werden (vergleiche § 55 Absatz 2, § 63 Absatz 1 Satz 5, § 64 Satz 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen).
Zur Abwehr
konkreter Gefahren kann gestützt auf Absatz 1 auch die Haltung eines Hundes
untersagt werden und seine Unterbringung in einem Tierheim angeordnet werden,
der nicht von § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 oder § 11 Abs. 1 erfasst ist.
Zur Abwehr
der von Hunden ausgehenden konkreten Gefahren können beispielsweise auch
Anordnungen zur Verhaltenstherapierung oder Unfruchtbarmachung (vgl. auch § 9
Satz 2) auf Absatz 1 gestützt werden.
Erforderliche
Anordnungen gegen Aufsichtspersonen können ebenfalls auf Absatz 1 gestützt
werden.
Die
Anordnungen sind unter Würdigung aller relevanten Umstände des jeweiligen
Einzelfalles nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung des Grundsatzes
der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Bei den Anordnungen handelt es sich um
Ordnungsverfügungen; die §§ 15 ff. OBG sind zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1).
§ 12 Abs. 2 Satz 1 ermächtigt ("soll") unter den bestimmten
Voraussetzungen, das Halten von gefährlichen Hunden und Hunden im Sinne von §
10 Abs. 1 zu untersagen. Ein die Untersagungsanordnung rechtfertigender
schwerwiegender Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes besteht beispielsweise,
wenn ein solcher Hund entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 wiederholt unangeleint oder
entgegen § 5 Abs. 2 Satz 3 wiederholt ohne Maulkorb ausgeführt wird. Zudem
rechtfertigt die Nichterfüllung oder der Wegfall von Erlaubnisvoraussetzungen
oder die Nichtbeantragung der Erlaubnis trotz behördlicher Fristsetzung eine
Untersagungsverfügung. Letztlich ist bei einer Versagung der Erlaubnis die
Haltung zu untersagen.
12.2.2
§ 12 Abs. 2 Satz 2 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde nach
pflichtgemäßem Ermessen ("kann") unter den dort genannten
Voraussetzungen das Halten eines großen Hundes nach § 11 Abs. 1 zu untersagen.
Der Tatbestand der Ermächtigungsnorm ist erfüllt, wenn ein schwerwiegender
Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften des Landeshundegesetzes
oder aufgrund des Landeshundegesetzes getroffene Anordnungen vorliegt. Daneben
kann eine Untersagungsverfügung erlassen werden, wenn die
Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 (Sachkunde, Zuverlässigkeit,
Haftpflichtversicherung, Kennzeichnungspflicht) nicht erfüllt sind oder die
Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der
zuständigen Behörde nachgewiesen wurden.
12.2.3
In Ergänzung zu den "konkreten" Untersagungsverfügungen nach § 12 Abs.
2 Satz 1 und 2 ermächtigt Satz 3 die zuständige Behörde auch generell die
Haltung anderer gefährlicher Hunde, Hunde im Sinne des § 10 Abs. 1 und großer
Hunde zu untersagen. Eine solche Untersagungsanordnung wird regelmäßig in
Betracht kommen, wenn die Halterin oder der Halter bestimmte
Haltungsanforderungen, z.B. Sachkunde, Zuverlässigkeit oder
Haftpflichtversicherung, nicht erfüllt und absehbar ist, dass diese auch nicht
erfüllt werden können und Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass die Halterin
oder der Halter zu einer künftigen Haltung anderer Hunde entschlossen ist (VG
Gelsenkirchen, Urteil vom 8. März 2016 (Az. 19 K 4476/14).
12.2.4
§ 12 Abs. 2 Satz 4 ermächtigt die zuständige Behörde im Falle der Untersagung
nach pflichtgemessenem Ermessen anzuordnen, dass der Hund der Halterin oder dem
Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist.
Diese sog. "Wegnahme" des Hundes ist in der Regel erforderlich um
sicherzustellen, dass Personen, denen die Haltung ihres Hundes untersagt wurde
und die nicht mehr über eine entsprechende Erlaubnis zum Halten des Hundes
verfügen oder die Haltungsvoraussetzungen nicht erfüllen, mit dem Hund nicht
mehr umgehen.
§ 12 Abs. 3 ermächtigt die zuständige Behörde, die Einschläferung eines Hundes
anzuordnen, der zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leben oder Gesundheit
sichergestellt wurde.
Besteht die
gegenwärtige Gefahr weiterer Beißvorfälle, soll der Hund unverzüglich nach § 24
Nr. 13 OBG in Verbindung mit §§ 43 ff. PolG NRW sichergestellt und in
Verwahrung genommen werden.
Die
Verwahrung (§ 44 PolG) eines sichergestellten Hundes bei der Polizei oder der
zuständigen Ordnungsbehörde ist in der Regel unzweckmäßig. Die Verwahrung soll
nach entsprechender Beauftragung in einem Tierheim oder einer ähnlichen
Einrichtung erfolgen. Erforderlichenfalls kommt eine Inanspruchnahme als
Nichtstörer (§ 19 OBG) durch Ordnungsverfügung in Betracht.
Eine
Einschläferung des sichergestellten und verwahrten Hundes ist als "ultima
ratio" nur zulässig, wenn durch andere Maßnahmen die von dem Hund
ausgehende Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren nicht
wirksam abgewendet werden kann.
Das Vorliegen
dieser Voraussetzungen, insbesondere die Gefährlichkeit des Hundes, ist auf der
Grundlage einer Stellungnahme der amtlichen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes
zu beurteilen. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit oder die Unvermittelbarkeit des
Hundes allein rechtfertigen eine Einschläferung nicht. In Fällen, in denen auch
durch Haltung und Betreuung in Tierheimen oder vergleichbaren Einrichtungen
eine Gefahr nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ausgeschlossen
werden kann, wird allerdings in der Regel die Voraussetzung für die Anordnung
einer Einschläferung vorliegen.
Zu § 13 (Zuständige Behörden)
Nach § 13 Satz 1 sind für die Durchführung dieses Gesetzes die örtlichen
Ordnungsbehörden sachlich zuständig. Satz 1 erklärt darüber hinaus die
Ordnungsbehörde für örtlich zuständig, in deren Bezirk der Hund gehalten wird.
Dies ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 5 der Hauptwohnsitz der Halterin
oder des Halters. Damit wird hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit für
Aufgaben der Gefahrenabwehr an § 5 Abs. 1 Satz 1 OBG angeknüpft und gegenüber §
4 OBG eine spezialgesetzliche Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit
getroffen.
Im Rahmen der
Überwachung stellt die zuständige Behörde sicher, dass die Ge- und Verbote des
Gesetzes befolgt werden, um präventiv Beißvorfälle möglichst zu verhindern. Bei
der Planung und Organisation eines Überwachungskonzeptes sollen
Risikogesichtspunkte berücksichtigt werden. Überwachungsmaßnahmen sollen sich
zuerst auf Sachverhalte erstrecken, bei denen erfahrungsgemäß das
Gefahrenpotenzial für Beißvorfälle besonders hoch ist.
Bei
gefährlichen Hunden nach § 3 und bei Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 sowie
deren Kreuzungen ist im Allgemeinen von einem hohen Gefahrenpotenzial
auszugehen. Hier sollen die Regelungen des Gesetzes unverzüglich und konsequent
mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium durchgesetzt und Verstöße durch die
Einleitung von Bußgeldverfahren geahndet werden.
Bei großen
Hunden wird das Gefahrenpotenzial maßgeblich von der Person der Halterin oder
des Halters und den Umständen, unter denen das Tier gehalten wird, mitbestimmt.
Soweit von diesen Hunden ein geringeres Gefährdungspotenzial ausgeht, sollen
Halterin oder Halter und Aufsichtspersonen dieser Hunde bei festgestellten
Verstößen in der Regel zunächst auf ihre Verpflichtungen hingewiesen und über
mögliche Folgen bei erneuten Verstößen aufgeklärt werden. Soweit allerdings
wiederholt Verstöße festgestellt werden, sind diese zu ahnden und die
Regelungen des Gesetzes mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium
durchzusetzen.
Zu § 14 (Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder)
§ 14 regelt, dass bei dem Vollzug des Gesetzes von den zuständigen Behörden
Erlaubnisse, Befreiungen und Sachkundebescheinigungen, die von zuständigen
Stellen anderer Länder erteilt wurden, anerkannt werden sollen. Damit wird
sichergestellt, dass behördliche Entscheidungen über und zur Beurteilung der
Gefährlichkeit eines Hundes und erforderliche Nachweise der Halterin oder des
Halters in NRW anerkannt und nicht noch einmal erbracht werden müssen.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Bescheinigungen den in dem Gesetz
gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen, was im Einzelfall von der
zuständigen Behörde zu entscheiden ist. In Zweifelsfällen ist eine Entscheidung
des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums herbeizuführen.
Die
Anerkennung einer behördlichen Entscheidung (Erlaubnis, Befreiung von Anlein-
oder Maulkorbpflicht) erfolgt, indem die zuständige Behörde ohne weitere
Prüfung entsprechende Verwaltungsakte erlässt. Erforderlichenfalls kann von der
zuständigen Behörde eines anderen Landes im Wege der Amtshilfe die
Verfahrensakte angefordert werden.
Zu § 15 (Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften)
§ 15 Abs. 1 stellt klar, dass die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes
(z.B. §§ 2, 6, 8 bis 11, 13, 15 bis 24) ergänzend gelten, soweit
spezialgesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist.
§ 15 Abs. 2 regelt das Verhältnis kommunaler Vorschriften zum Landeshundegesetz
und zu den aufgrund des Landeshundegesetzes erlassenen Verordnungen. In
zahlreichen nordrhein-westfälischen Kommunen gelten örtliche
ordnungsbehördliche Verordnungen oder Satzungen, die Regelungen zum Halten von
Hunden aller Art im Gemeindegebiet enthalten. Die kommunalen
ordnungsbehördlichen Rechtsvorschriften sollen ihre Geltung auch nach
Inkrafttreten des Gesetzes behalten soweit sie nicht im Widerspruch zu den
gesetzlichen Regelungen stehen.
Es bleibt den
Kommunen unbenommen, auch künftig generelle Regelungen über das Halten von
Hunden zu treffen, die den örtlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst
sind und beispielsweise die jeweilige Bevölkerungszahl, die Bevölkerungsdichte
sowie die Gesamtzahl von Hunden und den verfügbaren Freiraum berücksichtigen.
Mit den Anleingeboten des § 2 Abs. 2 und § 11 Abs. 6 führt das Landeshundegesetz
insoweit lediglich eine landesweite, in allen Städten und Gemeinden geltende
Mindestpflicht ein.
Eine
behördliche Entscheidung nach § 5 Abs. 3 über die Befreiung von der Anlein-
und/oder Maulkorbpflicht des § 5 Abs. 2 befreit nicht von bestehenden Anlein-
und Maulkorbpflichten in kommunalen Vorschriften. Darauf ist in der
Entscheidung über die Befreiung hinzuweisen.
Zu § 16 (Ordnungsbehördliche Verordnungen)
Die Regelungen über die Durchführung und die Anforderungen an die
Sachkunde- und Verhaltensprüfung sowie die zentrale Erfassung von nach dem
Landeshundegesetz registrierten Hunden erfolgen durch Rechtsverordnung des für
das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums.
Zu § 17 (Ausnahmen vom Anwendungsbereich)
§ 17 Satz 1 regelt, dass Hunde mit einer bestimmten Ausbildung und definierten
Funktion den Vorschriften dieses Gesetzes nicht unterfallen. Bei
Blindenführhunden handelt es sich um Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3
des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467,
1468) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummer 1
der Assistenzhundeverordnung vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2436) in der
jeweils geltenden Fassung. Die Pflicht zum allgemeinen gefahrvermeidenden Umgang
nach § 2 Abs. 1 gilt auch für die Haltung dieser Hunde.
§ 17 Satz 2 bestimmt für die dort aufgeführten Hunde eine Befreiung von den im
Landeshundegesetz bestimmten Anleinpflichten soweit sich diese im
bestimmungsgemäßen Einsatz befinden. Im übrigen sind in Bezug auf diese Hunde
die Vorschriften des Landeshundegesetzes zu beachten.
Zu § 18 (Einschränkungen von Grundrechten)
§ 18 trägt dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes
Rechnung.
Zu § 19 (Strafvorschrift)
In § 19 Abs. 1 sind zwei Straftatbestände aufgeführt. Danach wird mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einen Hund
auf Menschen oder Tiere hetzt (Nr. 1) oder entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund mit
dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausbildet (Nr. 2).
Absatz 2
ermöglicht die Einziehung des Hundes, auf den sich die Straftat bezieht, nach
Satz 2 auch unter den erweiterten Voraussetzungen des § 74 a StGB.
Zu § 20 (Ordnungswidrigkeiten)
§ 20 legt Ordnungswidrigkeitentatbestände für Verstöße gegen alle
wesentlichen Pflichten des Landeshundegesetzes (Absatz 1 und 2) fest und
bestimmt zur wirksamen Abschreckung einen Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 Euro
(Absatz 3).
Nach § 22
Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten dürfen als Nebenfolge einer
Ordnungswidrigkeit Gegenstände nur eingezogen werden, soweit das Gesetz dies
ausdrücklich zulässt. Da insbesondere nach wiederholten Ordnungswidrigkeiten
von Halterinnen und Haltern die Allgemeinheit durch den weiteren Besitz der
Tiere gefährdet wird, ist die Möglichkeit der Einziehung nach § 27 Abs. 2 Nr. 2
des Ordnungswidrigkeitengesetzes neben der Sicherstellung ein weiteres und endgültiges
Mittel der Gefahrenabwehr (Absatz 4).
Absatz 5
bestimmt, dass die nach § 13 zuständige Behörde auch Verwaltungsbehörde im
Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ist und damit
präventive und repressive Maßnahmen in einer Hand liegen.
Zu § 21 (Übergangsvorschriften)
Um eine weitgehende Kontinuität des Vollzugs im Hinblick auf die bisherigen
Regelungen der Landeshundeverordnung zu gewährleisten und um Hundehalterinnen oder
Hundehalter und zuständige Behörden nicht mit wiederholendem Verwaltungsaufwand
zu belasten, bestimmt § 21 weitgehende Übergangsvorschriften.
Verwaltungsbehördliche
Entscheidungen über die Anerkennung zur Durchführung von Verhaltensprüfungen,
die unter der Geltung der Landeshundeverordnung erteilt wurden, gelten fort,
soweit sich ihr Regelungsinhalt nicht erledigt hat. Näheres regelt eine
Verordnung nach § 16 Abs. 1.
Nach § 21
Abs. 2 Satz 1 gelten Entscheidungen nach § 6 Abs. 4 LHV NRW zur Befreiung von
der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht als Befreiung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 fort,
soweit Befristungen nicht abgelaufen sind oder sich ihr Regelungsinhalt
erledigt hat. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und der
Intention des Gesetzgebers, eine weitgehende Kontinuität im Vollzug zu
schaffen. Zu Verfahren zur Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht
nach Inkrafttreten des Landeshundegesetzes vgl. Nr. 5.3.
22.1
(Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes)
Der bisherige § 22 wurde durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. September 2016 (GV. NRW. S. 790) aufgehoben, da die in dieser Vorschrift vorgesehene
Evaluationspflicht des Gesetzes nach Ablauf von fünf Jahren durch Bericht der
Landesregierung vom 19. November 2008 an den Landtag (Vorlage 14/2232) erfüllt
worden ist.
Ungeachtet dessen ist die jährliche Statistik über die Zahl der gehaltenen Hunde und Vorfälle weiterhin erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet den an Rassekategorien anknüpfenden Gesetzgeber, die weitere Entwicklung zu beobachten und in diesem Zusammenhang insbesondere das Beißverhalten der kategorisierten Rassen weiterhin zu evaluieren und zu bewerten (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - Az. 1 BvR 1778/01). Somit sind die bisherigen Vorgaben für die jährliche Berichtspflicht weiterhin zu beachten und umzusetzen.
22.2
Als Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen des Gesetzes werden die
zuständigen Ordnungsbehörden und Veterinärämter gebeten, kalenderjährlich
folgende Informationen zu erfassen und den Bezirksregierungen jeweils bis zum
15. Januar eines Jahres auf dem Dienstweg zu berichten:
- Zahl der
gehaltenen erlaubnispflichtigen Hunde, differenziert nach den in § 3 Absatz 2
und § 10 Absatz 1 bestimmten Rassen und deren Kreuzungen,
- Entscheidungen nach § 3 Absatz 3 Satz 2,
- Zahl der angezeigten großen Hunde differenziert nach Rassen,
- Zahl der eingeleiteten und abgeschlossenen Ordnungswidrigkeitsverfahren
jeweils in Zuordnung zu der Hundekategorie und Bezeichnung des Verstoßes
(Nummer von § 20 Absatz 1),
- Beißvorfälle, differenziert nach Rassen,
- sonstige Vorfälle.
Die vom für das Veterinärwesen zuständigen Ministerium entwickelten Berichtsformulare sind zu verwenden. Die Bezirksregierungen fassen die Berichte der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden und Veterinärämter zusammen und berichten dem Ministerium bis zum 1. Februar eines Jahres.
22.3
Zu § 22 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
Das Landeshundegesetz ist am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Gleichzeitig ist
die Landeshundeverordnung außer Kraft getreten.
Absatz 2 verschiebt für die Hunde der Rassen Alano und American Bulldog sowie deren Kreuzungen das Inkrafttreten des § 4 um 6 Monate, da die Hunde der genannten Rassen einer Erlaubnispflicht bisher nicht unterlagen.
Der Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 13. Oktober 2000 (MBl. NRW. S. 1558, 1569) wird aufgehoben.
Dieser Runderlass ergeht im Benehmen mit dem Ministerium des Innern.
MBl. NRW. 2003 S. 580, geändert durch Runderlass vom 25.7.2017 (MBl. NRW. 2017 S. 737), 6. Juli 2020 (MBl. NRW. 2020 S. 446), 16. Juli 2024 (MBl. NRW. 2024 S. 805).