Geltende Erlasse (SMBl. NRW.)  mit Stand vom 17.4.2024


Hygiene-Richtlinien für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 21.8.1979 - V C 2 - 0265.2 (am 1.1.2003 MGSFF)

 

Hygiene-Richtlinien für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales v. 21.8.1979 - V C 2 - 0265.2 (am 1.1.2003 MGSFF)

Hygiene-Richtlinien
für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen
RdErl. d. Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales
v. 21.8.1979 - V C 2 - 0265.2 (am 1.1.2003 MGSFF)

Zur Verhütung von Infektionskrankheiten bei Menschen weise ich unter Bezug auf § l und § 16 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes sowie auf § 34 des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG für die gutachterliche Stellungnahme der unteren Gesundheitsbehörde nach § 17 Abs. 1 Nr. 14 in Verbindung mit § 19 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) vom 25. November 1997 (GV. NRW. S. 431) in der jeweils geltenden Fassung  (SGV. NRW. 2120)  auf folgendes hin:

1
Begräbnisplätze (Friedhöfe)

1.1
Begräbnisplätze (Friedhöfe) sind so anzulegen, dass durch sie keine Schäden oder Nachteile für die menschliche Gesundheit oder für das menschliche Wohlbefinden entstehen können.
1.2
Vor allem muss verhindert werden, dass es zu Geruchsbelästigungen kommt und dass Zersetzungsprodukte oder Krankheitserreger durch Versickerung in den Untergrund oder auf sonstige Weise (Verschleppung durch Ratten, Insekten usw.) zu einer Verunreinigung des Grundwassers oder eines oberirdischen Gewässers führen können.
1.3
Der gutachtlichen Äußerung der unteren Gesundheitsbehörde hat eine Stellungnahme der zuständigen Wasserbehörde und das Ergebnis einer geologisch-bodenkundlichen Untersuchung durch den Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen - Landesbetrieb - zugrunde zu liegen. In Überschwemmungsgebieten ist für die Anlage und Erweiterung von Begräbnisplätzen eine zusätzliche wasserrechtliche Genehmigung erforderlich.
1.4
Gegenüber Nachbargrundstücken sind Friedhöfe durch Bäume, wintergrüne Hecken oder Sträucher oder Mauern hinreichend gegen Sicht abzuschirmen.

2
Bodenbeschaffenheit

2.1
Der Boden von Begräbnisplätzen muss die für das Verwesen ( Zersetzung ) der Leichen erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Er muss daher in der Zersetzungszone und darüber bis zur Erdoberfläche hinreichend wasser- und luftdurchlässig sein. Diese Eigenschaften muss der Boden auf dem ganzen Grundstück des Friedhofes und in seiner näheren Umgebung besitzen.
2.2
Die Erdschicht über der Zersetzungszone muss wenigstens 0,90 m mächtig sein. Sie darf keine zu weiten Hohlräume (z. B. zwischen Steinschüttungen) enthalten.
2.3
Die Erdschicht unter der Zersetzungszone muss geeignet sein, die Zersetzungsstoffe der Leichen bis zum Zerfall in anorganische Stoffe vom Grundwasser zurückzuhalten.
2.4
Zwischen Grabsohle und höchstem Grundwasserstand  muss eine Filterschicht von mindestens 0,70 m vorhanden sein, die in der Lage ist, alle bei der Zersetzung der organischen Substanz freiwerdenden Stoffe, von denen eine Beeinträchtigung des Grundwassers zu besorgen ist, zu binden. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, muss das Gelände mit geeignetem Bodenmaterial um die fehlende Höhe aufgefüllt oder der Grundwasserspiegel abgesenkt werden.
2.5
Die Boden- und Wasserverhältnisse werden in Schürfgruben von mindestens 2,50 m Tiefe an sachverständig ausgewählten Stellen des Platzes geprüft, soweit nicht anstehendes festes Gestein bzw. austretendes Wasser das Ausheben der Gruben bis zu dieser Tiefe verhindert .

3
Wasserverhältnisse
3.1
Grundwasser darf weder ständig noch zeitweise höher als 0,70 m unter Grabsohle auftreten.
3.2
Grundwasser, Stauwasser oder Sickerwasser darf nach Kontakt mit der Zersetzungszone keine Entnahmestellen von Trink- oder Betriebswasser erreichen, wenn nicht sichergestellt ist, dass auf seinem Weg durch den Boden eine ausreichende Filterung erfolgt und alle Schadstoffe abgebaut werden.
3.3
Die Entfernung von einem Begräbnisplatz bis zum nächsten Brunnen soll mindestens 100 m betragen. Geringere Abstände können im Einzelfall im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde zugelassen werden, die - wenn sie untere Wasserbehörde ist - die Stellungnahme des zuständigen Staatlichen Umweltamts herbeizuführen hat.
3.4
Neuanlage von Begräbnisplätzen oder erhebliche Erweiterung vorhandener Begräbnisplätze in den für Grundwasserwerke ausgewiesenen Schutzzonen I, II und III bzw. III A ist nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.12 Buchstabe q) der mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 25. 4. 1975 (SMBl. NRW. 770) eingeführten DVGW-Richtlinien für Grundwasser, Arbeitsblatt W 101). Begräbnisplätze in den für Trinkwassertalsperren ausgewiesenen Schutzzonen l und II sind nicht zulässig (siehe auch Nr. 5.2.2 Buchstabe f) der mit RdErl. d. Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten v. 25.4.1975 eingeführten DVGW-Richtlinien für Trinkwassertalsperren, Arbeitsblatt W 102).
3.5
Böden, in denen die Versickerung des Niederschlagswassers deutlich gehemmt ist und in denen zeitweilige Staunässe höher als 0,70 m unter Grabsohle auftritt, sind für Friedhofszwecke grundsätzlich ungeeignet.
3.6
Ist die Anlage eines Begräbnisplatzes innerhalb eines Geländes, in dem Grundwasser oder Staunässe auftritt (siehe 3.1 und 3.5) unvermeidlich, so ist das überschüssige Wasser durch geeignete Maßnahmen abzuleiten. Dabei ist die unschädliche Ableitung dieses Wassers besonders zu sichern.
3.7
Wird im Laufe der Benutzung eines Geländes als Begräbnisplatz die Ableitung  überschüssigen Wassers nachträglich notwendig, so ist auf die unschädliche Ableitung des aufgefangenen Wassers besonders zu achten.
3.8
Dem Friedhof zufließendes Wasser ist abzuführen, bevor es diesen erreicht hat.
3.9
Rohrnetze von Wasserversorgungen dürfen Friedhöfe nicht durchschneiden oder in deren unmittelbarer Nähe vorbeigeführt werden. Das gilt nicht für Anschlussleitungen, die die Friedhofsanlage versorgen.

4
Grabstätten

4.1
Grabstätten müssen so tief angelegt sein, dass nach der Zuschüttung des Grabes Zersetzungsprodukte nicht an die Erdoberfläche treten können.
4.2
Bei felsigem Untergrund kann die mangelnde Tiefe der einzelnen Grabstätte nicht durch eine überhöhte Aufschüttung des Grabhügels ausgeglichen werden. Bei dieser Bodenbeschaffenheit ist vielmehr der Begräbnisplatz insgesamt durch Erdaufschüttungen zu erhöhen oder durch andere geeignete Maßnahmen in einen entsprechenden Zustand zu versetzen.
4.3
Die Fläche des Einzelgrabes ist genügend groß zu bemessen. Als Mindestfläche der Gräber sind für Erwachsene 2,10 m Länge und 0,90 m Breite, für Kinder unter 5 Jahren 1,20 m Länge und 0,60 m Breite anzusetzen.
4.4
Der Abstand zwischen zwei Einzelgräbern muss mindestens 0,30 m betragen.
4.5
Die Grabtiefe soll grundsätzlich 1,80 m betragen. Für die Leichen von Kindern unter 5 Jahren reicht eine Tiefe von 1,40 m aus.
4.6
Erfordern besondere Verhältnisse eine Verringerung der Grabtiefe, ist die hygienische Unbedenklichkeit darzulegen.
4.7
Bei Doppelbelegungen (Tiefbestattungen) sind die für die Verwesung (Zersetzung) der Leichen geltenden Richtlinien*) sinngemäß anzuwenden. Zwischen Bodenoberfläche und höchstem Grundwasserstand ist ein Abstand von mindestens 3,40 m erforderlich. 
4.8 Grabfelder für Kinder bis zu 5 Jahren sollen wegen der unterschiedlichen Grabtiefen getrennt von den Grabfeldern für Erwachsene angelegt werden.
4.9 Gemauerte Gruftanlagen, in denen Särge ohne Erdbedeckung abgestellt werden, sind im allgemeinen nicht mehr zuzulassen.

5
Ruhefristen

5.1
Die Mindest- und Höchstruhefristen sind für jede Friedhofsanlage unter Berücksichtigung der Boden- und Grundwasserverhältnisse festzulegen.
5.2
Dabei ist von einem Turnus von 25 bis 50 Jahren auszugehen. Für Leichen von Personen unter 5 Jahren werden im allgemeinen 25 Jahre, im übrigen 30 Jahre  als Mindestfristen anzusetzen sein.
5.3
Die Mindestfristen dürfen nur verkürzt werden, wenn die Bodenverhältnisse für die Verwesung besonders günstig sind.
5.4
Sollen die Fristen aufgrund besonderer Verhältnisse verkürzt werden, so ist in dem Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde zu belegen, dass bei der Wiedereröffnung von Gräbern tatsächliche Feststellungen über die vollständige Verwesung bis auf Knochenreste erhoben wurden.

6
Leichenhallen

6.1
Die untere Gesundheitsbehörde wirkt darauf hin, dass jede Friedhofsanlage mit einer Leichenhalle ausgestattet ist.
6.2
Neubauten der Leichenhallen sind an einer von der Anfahrtsstraße her zugänglichen Stelle zu errichten.
6.3
In den Leichenhallen soll außer dem Raum für die Aufbahrungen ein Raum für die Vornahme der Leichenschauen und bei größeren Friedhöfen auch von Obduktionen vorhanden sein. Der Raum, in dem Leichenöffnungen durchgeführt werden, muss mit einer Wasserzapfstelle und mit Einrichtungen für die ordnungsgemäße Abführung des Abwassers ausgestattet sein.
6.4
Leichenkammern sollen nach Norden gelegen sein. Die Leichenhallen größerer Friedhöfe sollen einen Kühlraum besitzen.
6.5
Der Fußbodenbelag aller Räume einer Leichenhalle muss fugendicht sein, die Wände sollen abwaschbar und desinfektionsbeständig sein. Türen und Fenster sollen dicht schließen.
6.6
Wenn die Leichenhalle einen Warteraum für Besucher oder einen Obduktionsraum besitzt, müssen Toilettenanlagen mit Handwaschbecken vorhanden sein.

7
Abraumplatz

Für Laub, Kränze und anderen pflanzlichen Abfall ist an geeigneter Stelle ein gesonderter Abraumplatz mit Abfahrmöglichkeiten vorzusehen. Für größere Friedhöfe kann eine Verbrennungsanlage zweckmäßig sein.

8
Toiletten

Jeder Friedhof soll mit einer öffentlichen Toilettenanlage ausgestattet sein.

_________________

*) vgl. Steensberg   I., Hygienische  Forderungen an Friedhöfe, Bundesgesundheitsblatt Nr. 17/1972, S. 241 - 248

MBl. NRW.1979 S. 1724, geändert durch RdErl. v. 25.10.1979 S. 2258), 23.3.1983 (MBl. NRW. 1983 S. 541), 7.2.2001 (MBl. NRW. 2001 S. 402),Berichtigung Nr. 5.4= 255. Erg.)