Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 13.11.2024


Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz - FaNaG)


Inhaltsverzeichnis:


    Inhaltsverzeichnis:

    Normüberschrift

    Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
    (Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz - FaNaG)

    Vom 9. November 2021 (Fn 1)

    (Artikel 1 des Gesetzes vom 9. November 2021 (GV. NRW. S. 1201))

    Inhaltsübersicht

    Präambel

    Abschnitt 1
    Allgemeines

    § 1  Geltungsbereich und Begriffsbestimmung

    § 2  Aktionsplan Fahrrad und Nahmobilität

    § 3  Förderprogramm Nahmobilität

    § 4  Öffentlichkeitsarbeit

    § 5  Förderung fußgänger- und fahrradfreundlicher Organisationen

    § 6  Fortbildungsprogramm

    Abschnitt 2
    Verkehrssicherheit

    § 7  Verkehrssicherheitsprogramm

    § 8  Präventive Verkehrssicherheit - Förderung

    § 9  Sicherheitsaudits

    § 10 Schulische Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung

    § 11 Abbiegeassistenzsysteme

    Abschnitt 3
    Fußverkehr

    § 12  Grundsätze

    § 13  Planung, Bau und Betrieb von Fußverkehrsanlagen

    § 14  Fußverkehrsnetze

    § 15  Anbindung von Bushaltestellen

    Abschnitt 4
    Radverkehr

    § 16  Grundsätze

    § 17  Festlegung Radvorrangnetz

    § 18  Radschnellverbindungen des Landes

    § 19   Bedarfsplan für Radschnellverbindungen des Landes

    § 20   Lokale und überörtliche Radverkehrsnetze

    § 21   Zustandserfassung von Radverkehrsnetzen

    § 22   Nutzung von Wirtschaftswegen

    § 23   Digitale Netzaufbereitung

    § 24   Sichere Radverkehrs- und Fußverkehrsführung bei Baumaßnahmen

    § 25   Einheitliche wegweisende Beschilderung von Radwegen

    § 26   Bau und Förderung von Radabstellanlagen, Mobilstationen und Fahrradstationen

    § 27   Fahrradfreundlicher Arbeitgeber Land

    § 28   Rad- und Elektrokleinstfahrzeuge-Sharing

    § 29   Lasten- und Spezialfahrräder

    Abschnitt 5
    Andere Formen der Nahmobilität

    § 30   Elektrokleinstfahrzeuge

    Abschnitt 6
    Mobilitätsmanagement

    § 31   Vernetzte Mobilität und Mobilitätsdaten

    § 32   Förderung der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements

    Abschnitt 7
    Schlussbestimmungen

    § 33 Evaluation

    § 34 Inkrafttreten

    Präambel

    Ziel dieses Gesetzes ist die Verbesserung des Radverkehrs und anderer Formen der Nahmobilität im Land Nordrhein-Westfalen und damit einen Beitrag für eine insgesamt nachhaltige Mobilität zu leisten. Landesweit soll der Radverkehr so attraktiv werden, dass sich mehr Menschen im Alltag für das Rad entscheiden können. So soll ein Radverkehrsanteil von 25 Prozent im Modalsplit der Wege erreicht werden. Dazu kann auch der Radtourismus einen Beitrag leisten. Das Fahrrad soll sowohl als eigenständiges umwelt- und klimafreundliches Verkehrsmittel als auch als wesentlicher Bestandteil intermodaler Mobilitätsketten, insbesondere in Verbindung mit dem öffentlichen Personennahverkehr, gestärkt werden. Zukünftig sollen alle Verkehrsmittel eine gleich bedeutsame Rolle einnehmen.

    Mit diesem Gesetz wird die Grundlage für ein umweltschonendes, sicheres und nutzerorientiertes Angebot der Fahrrad- und anderer Formen der Nahmobilität geschaffen. Allen Menschen soll ein möglichst uneingeschränkter und barrierefreier Zugang zu einer gesundheitsfördernden Verkehrsinfrastruktur gewährt werden.

    Neben dem Radverkehr leisten weitere Verkehrsarten einen wichtigen Beitrag zur Nahmobilität, insbesondere der Fußverkehr. Ihm kommt eine elementare verkehrliche, gesundheitliche und soziale Bedeutung zu. Innovative neue Verkehrsmittel, wie zum Beispiel Elektrokleinstfahrzeuge, ergänzen das Angebot und unterstützen das Vernetzen von Wegeketten.

    Das Land Nordrhein-Westfalen orientiert sich bei der Verbesserung des Radverkehrs und anderer Formen der Nahmobilität auch an dem Ziel der Verkehrssicherheit, dass niemand im Straßenverkehr getötet oder mit lebenslangen Schäden schwer verletzt wird („Vision Zero“).

    Abschnitt 1
    Allgemeines

    § 1
    Geltungsbereich und Begriffsbestimmung

    (1) Dieses Gesetz gilt für alle Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind und deren Träger der Straßenbaulast das Land, ein Gemeindeverband

    oder eine Gemeinde ist, sowie dem öffentlichen Verkehr gewidmete Betriebs- und Wirtschaftswege in Privateigentum. § 22 gilt auch für sonstige Betriebs- und Wirtschaftswege.

    (2) Nahmobilität im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet die individuelle Mobilität, zu Fuß, mit dem Fahrrad einschließlich Pedelecs und mit anderen nicht motorisierten Verkehrs- beziehungsweise Fortbewegungsmöglichkeiten sowie mit Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl. I S. 756) in der jeweils geltenden Fassung und mit motorisierten Krankenfahrstühlen im Sinne von § 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 139) in der jeweils geltenden Fassung.

    § 2
    Aktionsplan Fahrrad und Nahmobilität

    Die Landesregierung stellt flankierend zu diesem Gesetz unter Federführung des für Verkehr zuständigen Ministeriums einen Aktionsplan auf, der Handlungsschwerpunkte zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes, insbesondere in den Gemeinden und Gemeindeverbänden, enthält. Der Aktionsplan wird alle fünf Jahre von dem für Verkehr zuständigen Ministerium in Abstimmung mit den darüber hinaus betroffenen Ministerien evaluiert.

    § 3
    Förderprogramm Nahmobilität

    Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert Projekte der Nahmobilität und stellt dazu jährlich das Förderprogramm Nahmobilität auf. Es stellt Förderrichtlinien auf, welche unter anderem den Zugang zu dem Förderprogramm Nahmobilität regeln.

    § 4
    Öffentlichkeitsarbeit

    Die fachlich zuständigen Landesministerien werben durch geeignete Maßnahmen für den Radverkehr und Radtourismus, den Fußverkehr und weitere Formen der Nahmobilität.

    § 5
    Förderung fußgänger- und fahrradfreundlicher Organisationen

    Der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V., im Folgenden AGFS genannt, unterstützt Gemeinden und Gemeindeverbände, um den innerstädtischen Fuß- und Radverkehr zu fördern. Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert den AGFS nach Maßgabe der im Haushaltsplan jährlich vorgesehenen Finanzmittel institutionell.

    § 6
    Fortbildungsprogramm

    Die Themen Radverkehrsförderung und Sicherheit des Radverkehrs sind Teil von Aus- und Fortbildungsprogrammen in Verwaltungen mit Bezug zu Verkehrs- und Mobilitätsthemen. Die Inhalte basieren auf grundsätzlichen Abstimmungen mit dem für Verkehr zuständigen Ministerium.

    Abschnitt 2
    Verkehrssicherheit

    § 7
    Verkehrssicherheitsprogramm

    (1) Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt zur Verfolgung des Zieles, dass niemand im Straßenverkehr getötet oder mit lebenslangen Schäden schwer verletzt wird („Vision Zero“), ein Verkehrssicherheitsprogramm auf. Im Verkehrssicherheitsprogramm sind auf Grundlage einer Analyse von Unfallursachen und Risikogruppen die weitergehenden Qualitätsziele und entsprechende Handlungsschwerpunkte zu benennen und Werkzeuge und Handlungshinweise zur Verfügung zu stellen.

    (2) Das Verkehrssicherheitsprogramm wird alle fünf Jahre von dem für Verkehr zuständigen Ministerium in Abstimmung mit dem für Inneres zuständigen Ministerium und den darüber hinaus betroffenen Ministerien evaluiert.

    § 8
    Präventive Verkehrssicherheit – Förderung

    (1) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert Maßnahmen zur Sicherheit im Verkehr.

    (2) Präventive Verkehrssicherheitsarbeit wird durch den Deutsche Verkehrswacht - Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen e.V. unterstützt. Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert den Deutsche Verkehrswacht - Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen e.V. nach Maßgabe der im Haushaltsplan jährlich vorgesehenen Finanzmittel institutionell.

    § 9
    Sicherheitsaudits

    (1) Sicherheitsaudits im Sinne dieses Gesetzes bezeichnen die unabhängige Prüfung aller sicherheitsrelevanten Planungsunterlagen in jeder Planungsphase nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, um Sicherheitsdefizite in der Planungsphase zu identifizieren.

    (2) Bei größeren Neu- oder Ausbaumaßnahmen an Straßen in der Baulast des Landes sollen grundsätzlich Sicherheitsaudits durchgeführt werden.

    (3) Hinsichtlich der Straßen und Radwege im klassifizierten Netz sind Sicherheitsaudits bei Bedarf Voraussetzung einer Förderung.

    § 10
    Schulische Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung

    Die schulische Verkehrserziehung und Mobilitätsbildung auf der Grundlage des § 29 Absatz 1 des Schulgesetzes NRW vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102) in der jeweils geltenden Fassung wird durch Aktivitäten der Polizei ergänzend unterstützt.

    § 11
    Abbiegeassistenzsysteme

    (1) Das Land stattet innerhalb von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes alle landeseigenen Nutzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen und Kraftomnibusse mit mehr als neun Sitzplätzen einschließlich Fahrersitzplatz mit einem Abbiegeassistenzsystem aus, sofern dies im jeweiligen Einzelfall technisch realisierbar ist. Ein Abbiegeassistenzsystem im Sinne dieses Gesetzes ist ein technisches System, das die Fahrerin oder den Fahrer eines in Satz 1 beschriebenen Fahrzeugs auf nahende Radfahrerinnen und Radfahrer hinweist, die sich rechts des Fahrzeuges befinden und bei einem beginnenden Abbiegevorgang gefährdet werden würden. Der Hinweis wird als abstraktes Signal erwartet, zum Beispiel als Warnton oder als Warnleuchte. Das Abbiegeassistenzsystem muss die Anforderungen an die Funktion von Abbiegeassistenzsystemen, die in der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur „Empfehlungen zu technischen Anforderungen an Abbiegeassistenzsysteme für die Aus- und Nachrüstung an Nutzfahrzeugen

    > 3,5 Tonnen und Kraftomnibussen mit mehr als 9 Sitzplätzen einschließlich Fahrerplatz zur Erteilung einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für Abbiegeassistenzsysteme“ vom 19. September 2018 (VkBl. S. 719) gestellt werden, erfüllen.

    (2) Eine Förderung von Nutzfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen und Kraftomnibussen mit mehr als neun Sitzplätzen einschließlich Fahrersitzplatz durch das Land Nordrhein-Westfalen ist nur möglich, wenn diese mit einem Abbiegeassistenzsystem im Sinne von Absatz 1 ausgestattet sind.

    Abschnitt 3
    Fußverkehr

    § 12
    Grundsätze

    (1) Die Träger der Straßenbaulast wahren und stärken die Funktion von Gehwegen als geschützten Raum, gerade auch für besonders schutzbedürftige Verkehrsteilnehmende bei Planungen und Maßnahmen mit Auswirkungen auf Gehwege.

    (2) Ausreichend breite und zusammenhängende Gehwege leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Verbesserung der Mobilität und zur Erhöhung der Sicherheit und der Aufenthaltsqualität des Fußverkehrs. Bei dem Neu-, Aus- und Umbau von Straßen sollen Gehwege bei der Straßenraumaufteilung und Straßenraumgestaltung besonders berücksichtigt werden.

    (3) Zur Gewährleistung einer hohen Qualität und möglichst weitgehenden Barrierefreiheit und Sicherheit der Fußverkehrsinfrastruktur treiben die jeweiligen Träger der Straßenbaulast den Erhalt, die Sanierung und die Verbesserung der bestehenden Fußverkehrsinfrastruktur voran.

    § 13
    Planung, Bau und Betrieb von Fußverkehrsanlagen

    (1) Für den Bau, Umbau und die Unterhaltung von Gehwegen gilt § 9 Absatz 2 Satz 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1995 (GV. NRW. S. 1028, ber. 1996, S. 81, S. 141, S. 216,

    S. 335, ber. 2007, S. 327) in der jeweils geltenden Fassung, nach dem darauf zu achten ist, dass im Sinne der allgemeinen Mobilitätsteilhabe eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit erreicht wird.

    (2) Die Straßenverkehrsbehörden sollen die Belange des Fußverkehrs bei der Schaltung von Lichtsignalanlagen gegenüber den Belangen des Kraftfahrzeug- und Radverkehrs gleichberechtigt berücksichtigen.

    (3) Bei dem Neu-, Aus- und Umbau von Straßen sollen Radverkehr und Fußverkehr innerhalb der Ortslagen grundsätzlich getrennt geführt werden. Eine Mitbenutzung von Gehwegen durch den Radverkehr soll aus Verkehrssicherheitsgründen nur nachrangig gegenüber anderen Führungsformen für den Radverkehr vorgesehen werden.

    § 14
    Fußverkehrsnetze

    (1) Die Träger der Straßenbaulast sollen innerhalb der Ortslagen durchgängige Fußverkehrsnetze schaffen, die den Fußverkehr grundsätzlich direkt, sicher, komfortabel und möglichst weitgehend barrierefrei führen. Im Rahmen bestehender oder künftig zu entwickelnder Mobilitätskonzepte soll dem Fußverkehr eine größere Bedeutung eingeräumt werden. Abweichungen von diesem Grundsatz sind gesondert zu begründen.

    (2) Haupterschließungsachsen des Fußverkehrs sollen unter Berücksichtigung der Klassifizierung der Straßen und Wege grundsätzlich priorisiert geführt werden.

    (3) Die Träger der Straßenbaulast sollen Verkehrssicherheit und Aufenthaltsqualität innerhalb der Fußverkehrsnetze gewährleisten. Zur Vorbereitung können insbesondere Fußgängerverkehrsschauen der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörden, Straßenbaulastträger und der Polizei, gegebenenfalls mit Beteiligung fachkundiger Personen und Personengruppen,

    oder Fußverkehrs-Checks durchgeführt werden. Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt dazu Hilfestellungen und Fortbildungsangebote bereit.

    (4) Auch für Querungen gilt § 9 Absatz 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie müssen grundsätzlich für den Fußverkehr nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sicher, barrierefrei und so gestaltet sein, dass der Fußverkehr in einer angemessenen Zeit die andere Straßenseite erreicht. Fußgängerüberwege stellen neben Fußgängerlichtsignalanlagen eine besonders geeignete Form der Sicherung dar und dienen der Barrierefreiheit.

    (5) Innerhalb der Fußverkehrsnetze soll der Weg zu wichtigen Alltags- und Freizeitzielen für den Fußverkehr grundsätzlich unter Zeit- oder Entfernungsangaben durch den jeweiligen Träger der Straßenbaulast beschildert werden. Diese Beschilderung wird von dem für Verkehr zuständigen Ministerium gefördert.

    § 15
    Anbindung von Bushaltestellen

    An Bushaltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs an außerörtlichen Hauptverkehrsstraßen muss eine Fußverkehrsanlage für den wartenden Fußverkehr im Seitenraum vorhanden sein, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist. Die Bushaltestellen müssen über eine sichere und möglichst barrierefreie Fußverkehrsanlage an das Fußverkehrsnetz angebunden sein, wenn dies aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist.

    Abschnitt 4
    Radverkehr

    § 16
    Grundsätze

    (1) Bei der Förderung des Radverkehrs wirken die öffentliche Verwaltung und nicht staatliche Organisationen zusammen.

    (2) Zur Gewährleistung einer hohen Qualität und möglichst weitgehenden Barrierefreiheit und Verkehrssicherheit der Radverkehrsinfrastruktur treiben die jeweiligen Träger der Straßenbaulast den Erhalt, die Sanierung und die Verbesserung der bestehenden Radverkehrsinfrastruktur voran.

    (3) Das Land Nordrhein-Westfalen baut die Radverkehrsinfrastruktur in seiner Baulast weiter aus. Es fördert den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur in der Baulast der Gemeinden und Gemeindeverbände.

    (4) Bei jeder Maßnahme des Neu-, Um- und Ausbaus von Landesstraßen in der Baulast des Landes ist zu prüfen, ob eine geeignete Radverkehrsführung vorliegt oder die Möglichkeit einer Neuanlage besteht. Bei jeder Sanierungsmaßnahme ist zu prüfen, ob ein vorhandener Radweg aufgrund von Mängeln mit zu sanieren ist. Bei Straßensanierungsmaßnahmen sind Markierungslösungen zur sicheren Radverkehrsführung zu prüfen.

    (5) Bei der Planung und Priorisierung von Radverkehrsanlagen orientieren sich die Träger der Straßenbaulast an einem dokumentierten Bedarf. Darüber hinaus können auch Angebotsplanungen in Betracht gezogen werden.

    § 17
    Festlegung Radvorrangnetz

    (1) Das für Verkehr zuständige Ministerium definiert das landesweite Radvorrangnetz, welches für den Radverkehr besonders wichtige, überörtliche Verbindungen umfasst.

    (2) Das Radvorrangnetz ist erstmalig innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu definieren und bei Bedarf fortzuschreiben. Das Radvorrangnetz soll auch in Form einer Karte dargestellt werden. Hier identifizierte Aus- und Neubaumaßnahmen bezüglich Radschnellverbindungen werden in den Bedarfsplan aufgenommen.

    (3) Bereits bestehende oder in Erarbeitung befindliche überörtliche Radverkehrsnetze können in Teilen in das zukünftig landesweite, übergeordnete Radvorrangnetz integriert werden und sind dafür gegebenenfalls anzupassen.

    (4) Die Finanzierung beziehungsweise die Förderung einzelner Vorhaben im Bereich des Radverkehrs durch das für Verkehr zuständige Ministerium orientiert sich vorrangig an der Einbindung in das landesweite Radvorrangnetz.

    § 18
    Radschnellverbindungen des Landes

    (1) Radschnellverbindungen sind die in § 3 Absatz 2 Satz 2 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen definierten Wege, Straßen oder Teile von diesen.

    (2) Für die Gestaltung der Radverkehrsanlagen für Radschnellverbindungen des Landes erstellt das für Verkehr zuständige Ministerium einen Leitfaden oder erlässt Verwaltungsvorschriften.

    § 19
    Bedarfsplan für Radschnellverbindungen des Landes

    (1) Das für Verkehr zuständige Ministerium erstellt einen Bedarfsplan für den Bau neuer und die wesentliche Änderung bestehender Radschnellverbindungen des Landes Nordrhein-Westfalen, im Folgenden Bedarfsplan für Radschnellverbindungen genannt, im Einvernehmen mit dem für Verkehr zuständigen Ausschuss des Landtags.

    (2) Der Bedarfsplan für Radschnellverbindungen umfasst die langfristigen Planungen für Radschnellverbindungen.

    (3) Der Bedarfsplan für Radschnellverbindungen wird unter Beachtung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung, der Belange des Umwelt-

    schutzes, des Städtebaus sowie der Ergebnisse integrierter Verkehrsplanung aufgestellt und fortgeschrieben.

    (4) Der Bedarfsplan für Radschnellverbindungen soll erstmalig innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erstellt und nach einer Evaluation im Einvernehmen mit dem für Verkehr zuständigen Ausschuss des Landtags fortgeschrieben werden.

    § 20
    Lokale und überörtliche Radverkehrsnetze

    (1) Die Gemeinden sollen in Abstimmung mit den weiteren Trägern der Straßenbaulast ein Radverkehrsnetz im Gemeindegebiet schaffen (lokales Radverkehrsnetz). Dieses soll sich in das überörtliche Radverkehrsnetz gemäß Absatz 2 Satz 1 sowie das Radvorrangnetz des Landes einfügen.

    (2) Die Gemeindeverbände sollen ein untereinander und mit den weiteren Baulastträgern abgestimmtes zusammenhängendes Radverkehrsnetz schaffen (überörtliches Radverkehrsnetz). Dieses soll sich in das Radvorrangnetz des Landes einfügen.

    (3) Bei der Abstufung einer Ortsdurchfahrt ist in Abstimmung zwischen dem alten und dem neuen Träger der Straßenbaulast dafür Sorge zu tragen, dass bei der Gestaltung der abzustufenden Straße die Belange des Radverkehrs besonders beachtet werden.

    (4) Radverbindungen zwischen allen im Flächennutzungsplan gemäß den §§ 1 bis 11 der Baunutzungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786) in der jeweils geltenden Fassung ausgewiesenen Bauflächen sind anzustreben.

    § 21
    Zustandserfassung von Radverkehrsnetzen

    (1) Die Träger der Straßenbaulast erfassen regelmäßig den Zustand der Radverkehrsnetze. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt die Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Zustandserfassung finanziell.

    (2) Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt digitale Instrumente zur Verfügung, über welche Mängel an der Radverkehrsinfrastruktur mitgeteilt werden können.

    § 22
    Nutzung von Wirtschaftswegen

    (1) Geeignete Wirtschafts- und Betriebswege können durch das Land Nordrhein-Westfalen für eine Nutzung als Radwege ertüchtigt, für den Radverkehr freigegeben und mit wegweisender Beschilderung ausgestattet werden. Die Prüfung von Wirtschafts- und Betriebswegen auf die Eignung für die Nutzung als Radwege wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Vor Freigabe eines Wirtschafts- und Betriebswegs als Radweg ist die Zustimmung der davon betroffenen Grundeigentümer (Wegetrasse und angrenzender Bestand) einzuholen. Zielkonflikte mit anderen Nutzerinnen und Nutzern müssen dabei berücksichtigt und zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden.

    (2) Das Radfahren auf den als Radwegen ausgewiesenen Wirtschafts- und Betriebswegen geschieht im Hinblick auf natur- und waldtypische Gefahren auf eigene Gefahr. Durch die Ausweisung von Wirtschafts- und Betriebswegen als Radweg erwachsen den Grundeigentümern der Wege und der benachbarten Grundstücke keine zusätzlichen Verkehrssicherungspflichten.

    § 23
    Digitale Netzaufbereitung

    Die fachlich zuständigen Landesministerien bündeln Informationen zur Radroutenerstellung und stellen sie weitestgehend barrierefrei und digital zur Verfügung.

    § 24
    Sichere Radverkehrs- und Fußverkehrsführung bei Baumaßnahmen

    Während der Durchführung von Baumaßnahmen im öffentlichen Straßenraum haben die Träger der Straßenbaulast grundsätzlich eine sichere und möglichst barrierefreie Rad- und Fußverkehrsführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik sicherzustellen. Sofern Rad- und Fußverkehrsanlagen vollständig gesperrt werden müssen, ist zu prüfen, ob der Rad- und Fußverkehr unter Ausnutzung der Restbreite der Fahrbahn auf dieser geführt werden kann. Ist dies nicht möglich, ist zu prüfen, ob es unter Berücksichtigung der örtlichen und verkehrlichen Bedingungen sinnvoll ist, für den motorisierten Verkehr eine Umleitungsstrecke einzurichten, um dem Rad- und Fußverkehr die Breite der Fahrbahn anbieten zu können. Bei Bedarf ist eine geeignete Umleitungsstrecke auszuschildern.

    § 25
    Einheitliche wegweisende Beschilderung von Radwegen

    Die wegweisende Radwegebeschilderung in Nordrhein-Westfalen wird wie eine Beschilderung nach der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367) in der jeweils geltenden Fassung behandelt. Sie ist insoweit durch die Straßenverkehrsbehörde verkehrsrechtlich anzuordnen. Die Radwegebeschilderung ist nach den Hinweisen zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr in Nordrhein-Westfalen auszuführen.

    § 26
    Bau und Förderung von Radabstellanlagen,
    Mobilstationen und Fahrradstationen

    (1) Mobilstationen sind multimodale Verknüpfungspunkte in den Gemeinden, an denen mindestens zwei Verkehrsmittel verknüpft werden. Dabei ist die Verknüpfung so gestaltet, dass ein örtlicher Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln durch räumliche Konzentration der Angebote und bestenfalls durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen mit einem Wiedererkennungswert für die Nutzerin oder den Nutzer ermöglicht wird. Die Mobilitätsangebote sind dabei nutzerfreundlich gestaltet.

    (2) Insbesondere zur Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsarten sollen weitere Radab-stellanlagen, Mobil- und Fahrradstationen gebaut werden. Dabei ist auch die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu berücksichtigen.

    (3) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert den Bau von Radabstellanlagen im öffentlichen Verkehrsraum sowie an Haltestellen des öffentlichen Personennahverkehrs, den Bau von Mobilstationen, auch wenn diese keine Verbindung mit dem öffentlichen Personennahverkehr aufweisen, und den Bau von Fahrradstationen.

    (4) Um einen Wechsel vom motorisierten Individualverkehr auf Verkehrsarten der Nahmobilität und den öffentlichen Personennahverkehr zu fördern, sind Mobil- und Fahrradstationen sowie Anlagen für Sharingangebote von Fahrrädern, Elektrokleinstfahrzeugen und Carsharing auch bei geeigneten Park-and-Ride-Anlagen zu berücksichtigen.

    (5) Die Angebote an Mobilstationen sind in die Auskunfts- und Vertriebssysteme der Verkehrsverbünde (Mobilitätsplattform) einzubinden.

    § 27
    Fahrradfreundlicher Arbeitgeber Land

    (1) Das Land Nordrhein-Westfalen nimmt als moderner, fahrradfreundlicher Arbeitgeber eine Vorbildfunktion wahr. Das Land Nordrhein-Westfalen ergreift geeignete Maßnahmen, um seine Dienststellen fahrradfreundlicher zu gestalten. Dies kann auch im Rahmen eines betrieblichen Mobilitätsmanagements erfolgen.

    (2) Die Behörden, Landesbetriebe, Sondervermögen, Organe der Rechtspflege und Einrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen sollen bis zum 31. Dezember 2026 für jede fünfte regelmäßig das Dienstgebäude nutzende Person einen barrierefrei zu erreichenden und nutzbaren Radabstellplatz in einer wettergeschützten Radabstellanlage auf festem Grund einrichten. In jeder Dienststelle des Landes soll eine möglichst barrierefreie Duschgelegenheit pro Geschlecht vorgesehen werden.

    (3) Absatz 1 gilt auch für Liegenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen, die vermietet werden.

    § 28
    Rad- und Elektrokleinstfahrzeuge-Sharing

    Die fachlich zuständigen Landesministerien unterstützen den Ausbau geeigneter Rad- und Elektrokleinstfahrzeuge-Sharing-Angebote. Der Schwerpunkt liegt insoweit auf Sharing-Angeboten an Mobilstationen sowie beim Ausbau des Rad- und Elektrokleinstfahrzeuge-Sharings in zentralen Lagen von Wohn- und Gewerbegebieten, außerhalb der Innenstädte und im ländlichen Raum.

    § 29
    Lasten- und Spezialfahrräder

    (1) Die Träger der Straßenbaulast berücksichtigen bei dem Bau, Ausbau und der Sanierung von Radwegen, Mobilstationen, Fahrradstationen und Radabstellanlagen die Belange des Einsatzes von Lastenfahrrädern zum Transport von Personen und Gütern. Dazu gehört auch die Schaffung geeigneter Radabstellanlagen. Lastenräder im Sinne dieses Gesetzes sind einsitzige Fahrräder gemäß § 63a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679) in der jeweils geltenden Fassung, die speziell für den Transport von Personen und Gütern konstruiert sind.

    (2) Ergänzend unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen den Wandel initial nach Maßgabe einer Förderrichtlinie zur Anschaffung von Lastenrädern für den gemeinnützigen und gewerblichen Einsatz.

    (3) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt sinngemäß auch für die Belange von Spezialfahrrädern, die von Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden.

    Abschnitt 5
    Andere Formen der Nahmobilität

    § 30
    Elektrokleinstfahrzeuge

    (1) Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung sollen im öffentlichen Raum bei Bedarf gesonderte Bereiche jenseits von Gehwegen und Radverkehrsanlagen ausgewiesen werden.

    (2) Elektrokleinstfahrzeuge stellen einen Bestandteil des multimodalen Mobilitätsangebotes dar.

    (3) Die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen soll nicht durch kommunale Satzungen so eingeschränkt werden, dass ihr Angebot dadurch verhindert wird.

    Abschnitt 6
    Mobilitätsmanagement

    § 31
    Vernetzte Mobilität und Mobilitätsdaten

    Um ein ganzheitliches, effizientes Mobilitätsangebot sowohl physisch als auch digital zu schaffen, fördert das für Verkehr zuständige Ministerium die Errichtung von Mobilstationen als Verknüpfungspunkte verschiedener Verkehrsarten in den Gemeinden. Es koordiniert die an der informationstechnischen Verknüpfung der Verkehrsarten beteiligten Akteure, um einen gebündelten Landesmobilitätsdatenzugang auf verbreiteten Standards für statische und dynamische Mobilitätsdaten zu ermöglichen. Das für Verkehr zuständige Ministerium legt für die verschiedenen Mobilitätsdatenteilbereiche relevante Landesstandards und führende Landesmobilitätsdatensysteme fest, die insbesondere bei Förderungen durch das Land zu beachten sind. Die Mobilitätsdaten werden nur in anonymisierter Form erhoben.

    § 32
    Förderung der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements

    (1) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert Projekte im Bereich der vernetzten Mobilität und des Mobilitätsmanagements und stellt dazu jährlich ein Förderprogramm auf.

    (2) Das für Verkehr zuständige Ministerium fördert das Zukunftsnetz Mobilität NRW.

    Abschnitt 7
    Schlussbestimmungen

    § 33
    Evaluation

    (1) Die Landesregierung überprüft dieses Gesetz bis zum 31. Dezember 2027 und erstattet dem Landtag hierüber Bericht. Danach ist das Gesetz alle zehn Jahre zu überprüfen und dem Landtag hierüber Bericht zu erstatten.

    (2) Zur Evaluation dieses Gesetzes ist ein Fachgremium von Fachleuten aus der Politik, der Verwaltung, organisierten Interessenvertretungen und der Wissenschaft zu bilden.

    § 34
    Inkrafttreten

    Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.

    Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen

    Der Ministerpräsident

    Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration
    Zugleich für die Ministerin für Schule und Bildung

    Der Minister der Finanzen
    Zugleich für den Minister für Wirtschaft,
    Innovation, Digitalisierung und Energie

    Der Minister des Innern

    Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales

    Die Ministerin für Heimat, Kommunales,
    Bau und Gleichstellung

    Der Minister der Justiz

    Die Ministerin für Verkehr

    Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft,
    Natur- und Verbraucherschutz

    Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft

    Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten
    sowie Internationales

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 1. Januar 2022 (GV. NRW. S. 1201).



Normverlauf ab 2000: