Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV. NRW.)  mit Stand vom 13.11.2024


Verordnung über das Nationale Naturmonument Bruchhauser Steine (NNM-VO Bruchhauser Steine)


Inhaltsverzeichnis:

Normüberschrift

Verordnung
über das Nationale Naturmonument Bruchhauser Steine
(NNM-VO Bruchhauser Steine)

Vom 24. März 2017 (Fn 1)

Auf Grund des § 36 Absatz 4 des Landesnaturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW. S. 568), der durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) neu gefasst worden ist, in Verbindung mit § 22 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 5 sowie § 24 Absatz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), von denen § 22 Absatz 5 durch Artikel 421 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen im Benehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur:

Präambel

Die Bruchhauser Steine stellen eine äußerst markante und hunderte Millionen Jahre alte Felsformation dar. Gelegen auf dem Istenberg, überragen sie diesen um bis zu 92 Meter und prägen damit maßgeblich das Landschaftsbild. Sie sind eine herausragende Naturerscheinung, die aus naturgeschichtlichen und kulturhistorischen Gründen und wegen der Seltenheit der auf ihnen vorkommenden Pflanzen von nationaler Bedeutung sind.

Aus vulkanischen Aschen im Erdaltertum vor 390 Millionen Jahren hervorgegangen, wurden die Steine über die Zeit durch verschiedene Verwitterungs- und Abtragungsprozesse aus dem Untergrund modelliert. Sie gehören zu den bedeutenden Geotopen in Deutschland.

Ihre Beschaffenheit und die klimatischen Verhältnisse ermöglichen das Vorkommen und den Fortbestand eiszeitlicher Pflanzenrelikte. Derartige Pflanzenvorkommen finden sich vorwiegend im Alpenraum und erreichen bei den Bruchhauser Steinen ihre nordwestliche Verbreitungsgrenze in Deutschland.

Die Bedeutung der Steine für den Menschen hat eine jahrtausendealte Geschichte. Durch archäologische Funde können dort menschliche Aktivitäten von der Jungsteinzeit bis hin zum Mittelalter dokumentiert werden. Zeugen dieser Aktivitäten sind die heute immer noch nachvollziehbaren eisenzeitlichen Graben- und Wallanlagen.

§ 1
Erklärung zum Nationalen Naturmonument

Der nordöstlich von Bruchhausen auf dem Gebiet der Stadt Olsberg im Hochsauerlandkreis gelegene Landschaftsausschnitt  mit herausragenden und das Landschaftsbild prägenden Silikatfelsen und kulturhistorischen Anlagen innerhalb eines Waldkomplexes wird in den in § 2 Absatz 2 bezeichneten Grenzen zum Nationalen Naturmonument mit der Bezeichnung „Nationales Naturmonument Bruchhauser Steine“ erklärt.

§ 2
Geltungsbereich

(1) Das Nationale Naturmonument umfasst eine von Silikatfelsen überragte Waldfläche einschließlich der im Gebiet liegenden kulturhistorischen Anlagen von insgesamt etwa 23,7 Hektar.

(2) Die maßgeblichen Grenzen des Nationalen Naturmonuments werden in einer Karte im Maßstab 1 : 10 000 (Anlage 1) und einer Übersichtskarte im Maßstab 1 : 25 000 (Anlage 2) durch eine schwarze Linie mit einfachen, senkrecht aufstehenden Strichen nach innen zum Schutzgebiet hin gekennzeichnet. Die Karten sowie ein Flurstücksverzeichnis (Anlage 3) sind als Anlagen Bestandteile dieser Verordnung.

§ 3
Schutzzweck

(1) Den Bruchhauser Steinen kommt aus kulturhistorischen und naturgeschichtlichen (erd- und vegetationsgeschichtlichen) Gründen sowie wegen der Seltenheit der auf den Felsen vorkommenden Pflanzen eine nationale Herausgehobenheit zu.

(2) Schutzzweck ist:

1. die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Silikatfelsen als Lebensraum für die Felsspalten-, Pionier- und Kryptogamenvegetation sowie als bedeutendes geologisches Objekt,

2. der Erhalt, der Schutz und die Entwicklung sehr seltener arktisch-alpiner Pflanzen an einem isolierten Reliktstandort. Zu den bemerkenswerten Reliktarten und weiteren typischen Felsarten gehören:

- Alpen-Gänsekresse (Arabis alpina),

- Bleiches Habichtskraut (Hieracium schmidtii),

- Lotwurzblättriges Habichtskraut (Hieracium onosmoides) sowie unter anderem die Moose

- Blytts Kropf-Gabelzahnmoos (Kiaeria blytti),

- Spruces Gelbbeutelmoos (Marsupella sprucei) und

- Douninis Moos (Douinia ovata) sowie die Flechten

- Übersehene Krätzflechte (Lepraria neglecta),

- Parmelia omphalodes,

- Parmelia incurva,

- Schaeria tenebrosa und

- Lecidea caesioatra,

3. die Erhaltung des natürlich-kulturellen Ensembles aus freistehenden Felsen und Befestigungsanlagen, seines Erlebnis- und Bildungswertes sowie seiner kulturellen und ökologischen Bedeutung für nachfolgende Generationen.

(3) Das Nationale Naturmonument soll auch

1. die Weiterführung archäologischer und geowissenschaftlicher Forschungsarbeiten zur Aufklärung weiterer kulturhistorischer und geologischer Sachverhalte ermöglichen und

2. die kulturhistorischen, geologisch-geomorphologischen sowie ökologischen Besonderheiten gemäß ihrer nationalen Bedeutung erlebbar machen,

soweit dies mit den Schutzzwecken und den Erhaltungszielen der Nummern 1 bis 3 des Absatzes 2 vereinbar ist.

(4) Das Nationale Naturmonument unterstützt die Erhaltungsziele der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und soll durch Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der maßgeblichen Gebietsbestandteile dazu beitragen, dass insgesamt ein günstiger Erhaltungszustand der Lebensraumtypen „Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation (8220)“, „Silikatfelsen mit ihrer Pioniervegetation (8230)“ sowie des im Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7) beziehungsweise Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7) aufgeführten Wanderfalken und Uhu erreicht wird.

§ 4
Pflege- und Entwicklungsziele

(1) Im Nationalen Naturmonument sind

1. alle Maßnahmen so durchzuführen, dass die Silikatfelsen erhalten werden und ihr Erlebniswert sowie ihr Erscheinungsbild gesichert werden,

2. die Silikatfelsen so zu pflegen und zu entwickeln, dass ihre Funktion als Lebensraum für bedrohte und seltene Tier- und Pflanzen-, insbesondere Kryptogamenarten (Moose und Flechten), gewahrt bleibt,

3. die Eigenart, Schönheit und Seltenheit des natürlich-kulturellen Ensembles aus Felsformation und Befestigungsanlagen in seiner historisch gewachsenen Gestalt für nachfolgende Generationen zu bewahren und

4. in diesem Rahmen die Umwelt- sowie die Geschichtsbildung und die Erlebbarkeit des Gebietes zu gewährleisten, soweit sie mit den in § 3 Absatz 2 bis 4 formulierten Schutz- und Erhaltungszielen verträglich sind.

(2) Für das Nationale Naturmonument ist innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung von der unteren Naturschutzbehörde ein Pflege- und Entwicklungsplan unter Einbeziehung der Grundeigentümer und der für das Bodendenkmal zuständigen Behörden aufzustellen, in dem alle notwendigen Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen festgelegt werden.

§ 5
Verbote

Im Gebiet sind alle Handlungen verboten, die den Schutzzweck des Nationalen Naturmonuments erheblich beeinträchtigen oder zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung desselben oder seiner Bestandteile führen können.

Verboten ist insbesondere,

1. arktisch-alpine und andere felstypische Gefäßpflanzen, Moos- und Flechtenarten zu beschädigen, auszureißen, auszugraben oder anderweitig zu entfernen oder Teile davon abzutrennen oder auf andere Weise in ihrem Wachstum zu beeinträchtigen,

2. Felsen zu betreten, zu beklettern oder ihr Erscheinungsbild in jedweder Weise zu verändern,

3. Felsen oder Felsblöcke, oder Teile von ihnen, zu entfernen oder zu beschädigen und

4. kulturhistorische Anlagen, insbesondere durch Veränderung der Bodengestalt und der Bodenoberfläche, zu beeinträchtigen.

§ 6
Nicht betroffene Tätigkeiten, zulässige Handlungen

Unberührt von den Verboten des § 5 bleiben

1. von der unteren Naturschutzbehörde angeordnete oder mit ihr abgestimmte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sowie von dieser angeordnete oder mit dieser abgestimmte wissenschaftliche Untersuchungen,

2. die Besteigung des Feldsteins mittels der vorhandenen Aufstiegshilfe zur Erlebbarkeit der Bruchhauser Steine und ihres Panoramas,

3. auf das Notwendige beschränkte Maßnahmen der Verkehrssicherung, diese sind vor ihrer Realisierung mit der unteren Naturschutzbehörde und dem für das Bodendenkmal zuständigen Fachamt frühzeitig abzustimmen und

4. unaufschiebbare Maßnahmen der Abwehr einer unmittelbar drohenden gegenwärtigen Gefahr, die Maßnahmen sind der zuständigen unteren Naturschutzbehörde und dem für das Bodendenkmal zuständigen Fachamt nach Durchführung unverzüglich anzuzeigen.

§ 7
Ausnahmen und Befreiungen

(1) Auf Antrag kann die untere Naturschutzbehörde Ausnahmen von den Verboten des § 5 zulassen, sofern die ausnahmebedürftigen Handlungen der Besucherlenkung, der Umwelt- oder Geschichtsbildung dienen und dem Schutzzweck sowie den Erhaltungszielen nicht zuwiderlaufen.

(2) Von den Verboten dieser Verordnung kann die untere Naturschutzbehörde auf Antrag auch Befreiung nach Maßgabe des § 67 Absatz 1 und 3 des Bundesnaturschutzgesetzes vom29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 19 des Gesetzes vom 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2258) geändert worden ist, in Verbindung mit § 75 Absatz 1 des Landesnaturschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000 (GV. NRW. S. 568), das durch Gesetz vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) neu gefasst worden ist, erteilen.

§ 8
Verhältnis zu anderen Schutzvorschriften

 (1) Der überwiegende Teil des Nationalen Naturmonuments ist gleichzeitig Bestandteil des mit der Naturschutzgebietsfestsetzung „Bruchhauser Steine“ aus dem Jahr 2004 (Landschaftsplan Olsberg) festgesetzten Naturschutzgebietes. Der verbleibende Teil des Nationalen Naturmonuments ist Bestandteil des mit der Landschaftsschutzgebietsfestsetzung „Olsberg“ aus dem Jahr 2004 (Landschaftsplan Olsberg) festgesetzten Landschaftsschutzgebietes.

(2) Das Nationale Naturmonument ist zugleich zum überwiegenden Teil Bestandteil der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung „DE-4617-301 Bruchhauser Steine“ (FFH-Gebiet) und „DE-4617-401 Bruchhauser Steine“ (Vogelschutzgebiet).

(3) Das Nationale Naturmonument ist zugleich eingetragenes Bodendenkmal und gemäß § 3 des Denkmalschutzgesetzes vom 11. März 1980 (GV. NRW. S. 226), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) geändert worden ist, in die Denkmalliste der Stadt Olsberg am 28. November 1985 eingetragen und wurde flächenmäßig am 25. November 1999 erweitert.

(4) Die Regelungen der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Unterschutzstellungen bleiben unberührt.

§ 9
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig nach § 77 Absatz 1 Nummer 4 des Landesnaturschutzgesetzes handelt, wer im Nationalen Naturmonument vorsätzlich oder fahrlässig einem Verbot nach § 5 zuwiderhandelt, sofern die Handlung nicht nach § 6 zulässig ist oder keine Ausnahme oder Befreiung nach § 7 erteilt wurde. Nach § 78 des Landesnaturschutzgesetzes können Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldstrafe bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(2) Unberührt bleiben die Regelungen über die Ordnungswidrigkeiten nach anderen gesetzlichen Vorschriften.

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Minister

für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,

Natur- und Verbraucherschutz

des Landes Nordrhein-Westfalen


Anlagen:

Fußnoten:

Fn 1

In Kraft getreten am 6. April 2017 (GV. NRW. S. 376).



Normverlauf ab 2000: