Geltende Erlasse (SMBl. NRW.) mit Stand vom 15.11.2024
Abstände zwischen Industrie- bzw. Gewerbegebieten und Wohngebieten im Rahmen der Bauleitplanung und sonstige für den Immissionsschutz bedeutsame Abstände (Abstandserlass) RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3 - 8804.25.1 v. 6.6.2007
Abstände zwischen Industrie- bzw. Gewerbegebieten und Wohngebieten im Rahmen der Bauleitplanung und sonstige für den Immissionsschutz bedeutsame Abstände (Abstandserlass) RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3 - 8804.25.1 v. 6.6.2007
Abstände
zwischen
Industrie- bzw. Gewerbegebieten und Wohngebieten
im Rahmen der Bauleitplanung
und sonstige für den Immissionsschutz bedeutsame Abstände
(Abstandserlass)
RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und
Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3 - 8804.25.1
v. 6.6.2007
Dieser Erlass richtet sich an die
Stellen, die als Träger öffentlicher Belange die Aufgaben des
Immissionsschutzes wahrnehmen (im Folgenden TÖB genannt). Er ist eine
Handlungsanleitung zur sicheren Rechtspraxis aus Sicht der obersten
Immissionsschutzbehörde. Die in der Abstandsliste aufgeführten Abstände sind
zur Anwendung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen i.S.
von § 50 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in
Bauleitplanverfahren bestimmt. Sie gelten nicht in Genehmigungsverfahren nach BImSchG, in Genehmigungs- / Planfeststellungsverfahren nach
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie in sonstigen Planfeststellungs-
und Baugenehmigungsverfahren (siehe Nr. 3). Außerdem berücksichtigen sie nur
den bestimmungsgemäßen Betrieb von Anlagen (siehe Nr. 2).
Der Erlass und seine Anlagen beruhen auf
einschlägigen Verwaltungsvorschriften des Bundes (Technische Anleitung zur
Reinhaltung der Luft - TA Luft, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA
Lärm) und des Landes (z.B. der Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL). Sie
berücksichtigen ferner die einschlägigen VDI-Richtlinien und DIN-Normen. Die
Abstandsliste wurde auf der Basis des Anhangs zur Verordnung über
genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV -
Neufassung vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert durch
Verordnung vom 15. Juli 2006 (BGBl. I S. 1619, 1623), aufgestellt.
Da Auswirkungen von schweren Unfällen im
Sinne des Artikels 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-II-Richtlinie)
in Betriebsbereichen immer Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebes zu Grunde
liegen, tragen die in der Abstandsliste aufgeführten Abstände dem im Einzelnen
nicht Rechnung. Sind solche Betriebsbereiche (vgl. § 3 Abs. 5a BImSchG) Gegenstand raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen
i.S. des § 50 BImSchG oder
sind sie von den Planungen tangiert (z.B. Schaffung der planerischen
Voraussetzungen für Entwicklungen in der Nachbarschaft bestehender Betriebe),
wird deshalb zur Ermittlung angemessener Abstände zusätzlich auf den
gemeinsamen Leitfaden der Störfallkommission und des Technischen Ausschusses
für Anlagensicherheit „Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen
nach Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung
– Umsetzung § 50 BImSchG“ SFK/TAA-GS-1 (www.kas-bmu.de) verwiesen.
1
Beteiligung der TÖB an der Bauleitplanung
Die TÖB sind bei der Aufstellung von
Bauleitplänen möglichst frühzeitig zu beteiligen, um eine ordnungsgemäße
Abwägung zwischen den betroffenen Belangen zu gewährleisten.
Insbesondere erscheinen folgende
grundsätzliche Hinweise für die TÖB von Bedeutung:
- Unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BauGB sollen die Stellungnahmen der
TÖB zu einer umfassenden Bestandsaufnahme durch die Gemeinden als
Planungsträger beitragen. Deshalb sollen die TÖB in ihren Stellungnahmen
Hinweise auf wichtige Genehmigungsverfahren, auf Betriebsbereiche, in denen
gefährliche Stoffe nach der Störfall-Verordnung vorhanden sind (§ 1 Abs. 1 der
12. BImSchV i.V.m. § 3 Abs.
5a BImSchG) und auf zu erwartende
Betriebsstilllegungen und deren zu erwartende Auswirkungen auf die
Immissionssituation geben. Haben die TÖB zu Bauleitplan-Entwürfen im Bereich
eines Luftreinhalteplans, Aktionsplans, Untersuchungsberichtes oder
Lärmaktionsplans Stellung zu nehmen und ist die Belastung durch
Luftverunreinigungen und/oder Geräuschimmissionen für die Planungsentscheidung
bedeutsam, so sind die Luftreinhalte- / Lärmaktionspläne in die Stellungnahme
einzubeziehen. Zu diesem Zweck haben die TÖB den Luftreinhalteplan /
Lärmminderungsplan für den Bereich des Planungsgebiets hinsichtlich der
Emissions-, Immissions- und Wirkungssituation sowie hinsichtlich der Prognose
der Luftverunreinigungen bzw. Geräuschimmissionen zu analysieren und
darzustellen. Gleiches gilt für die im Rahmen von Immissionsmessprogrammen des
Landes NRW ermittelten Daten (vgl. § 1a BauGB).
- Die Träger öffentlicher Belange sollen
in ihren Stellungnahmen nicht bereits Abwägungen vornehmen, weil dadurch den
Gemeinden eine gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange
gegeneinander und untereinander erschwert würde.
Die TÖB sollen im Rahmen ihrer
Beteiligung die Gemeinden oder die von ihnen beauftragten Planungsbüros beraten,
mit Informationen versorgen und mit ihnen konstruktiv zusammenarbeiten. Soweit
sie in ihren Stellungnahmen zu Planungsabsichten der Gemeinden Anregungen geben
wollen, sollen sie im Fall des Auftretens von Konflikten zugleich prüfen, ob
und ggf. welche Hinweise zu deren Lösung gegeben werden können. Dabei sollten
die TÖB insbesondere die Möglichkeiten planerischer und technischer Maßnahmen
angeben, durch die Immissionen gemindert werden können. Es ist jedoch nicht
Aufgabe der TÖB, die verschiedenen Belange mit den Erfordernissen des
Immissionsschutzes in Einklang zu bringen; die Anregungen der TÖB kann der
Planungsträger im Zuge der gerechten Abwägung zurückstellen, wenn andere
Belange überwiegen.
2
Abstandsregelungen zur Berücksichtigung des Immissionsschutzes in der
Bauleitplanung
2.1
Aufstellung einer Abstandsliste zur Vereinheitlichung der Stellungnahmen der TÖB
Da es trotz dem Stand der Technik
entsprechender Maßnahmen zur Emissionsminderung und bei bestimmungsgemäßem
Betrieb emittierender Anlagen dennoch zu Gefahren, erheblichen Nachteilen oder
erheblichen Belästigungen z.B. durch Luftverunreinigungen oder Geräuschen
kommen kann, kommt einem ausreichenden Abstand zwischen Industrie- und
Gewerbegebieten (dazu werden hier und im Folgenden auch Sondergebiete mit
gewerblichem und industriellem Charakter gerechnet) einerseits und Wohngebieten
andererseits - unabhängig von der Fernwirkung aus höheren Quellen emittierter
Luftverunreinigungen - in der Bauleitplanung, insbesondere bei Neuplanungen,
besondere Bedeutung zu. Der Abstandserlass soll dazu dienen, den am
Planungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes beteiligten
TÖB eine einheitliche Grundlage für fachliche Stellungnahmen zu Bauleitplänen
im Hinblick auf die notwendigen Abstände zu geben. Zu diesem Zweck werden in
der Anlage 1 Schutzabstände bekannt gemacht (Abstandsliste). Die TÖB
sollen diese Liste nach Maßgabe der Nummern 2.2, 2.3, 2.4 und 2.5 dieses RdErl. bei der Beteiligung im Bauleitplanverfahren
anwenden. Zusätzlich werden dem Abstandserlass ergänzende Hinweise beigefügt;
sie betreffen immissionsschutzrelevante Anlagen, die nicht in die Abstandsliste
aufgenommen worden sind (Anhang 2), und Anlagen, die im Außenbereich
errichtet werden sollen (Anhang 3) sowie Anlagen zur elektrischen
Energieweiterleitung oder Nachrichtenübertragung, bei denen Schutzabstände aus
Immissionsschutzgründen festgelegt worden sind (Anhang 4).
2.2
Grundsätze für die Anwendung der Abstandsliste
2.2.1
Grundlagen der Abstandsliste
Zur Berücksichtigung des Faktors
Luftreinhaltung bei der Abstandsregelung wurde auch auf die TA Luft und die
GIRL zurückgegriffen.
Zur Berücksichtigung des Lärmschutzes
basiert die Festsetzung der Abstände auf den Immissionsrichtwerten, wie sie in
der TA Lärm für Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind -
entsprechend reinen Wohngebieten (WR) im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) -, angegeben sind; bei regelmäßig durchlaufenden
Betrieben wurde der Nachtwert [35 dB(A)], bei regelmäßig 1- bis 2-schichtig arbeitenden
Betrieben der Tagwert [50 dB(A)] zugrunde gelegt.
Die Abstandsliste ist nicht abschließend.
So fehlen z.B. gewerbliche Anlagen, die selbst in Wohn- oder gemischt genutzten
Gebieten zulässig sind, sowie Anlagen, die in Nordrhein-Westfalen entweder
überhaupt nicht oder nur ganz vereinzelt vorkommen (Anhang 2); in Fällen der
letztgenannten Art kann der in der Liste genannte Abstand einer vergleichbaren
Anlage als Anhalt für die Stellungnahme im Bauleitplanverfahren dienen.
2.2.2
Anwendung der Abstandsliste
Die Abstandsliste ist anzuwenden zur
Gewährleistung ausreichender Abstände zwischen bestimmungsgemäß betriebenen
emittierenden Anlagen industrieller, gewerblicher und
sonstiger Art einerseits und den nachfolgend genannten Gebieten
andererseits. Sie gilt nach Maßgabe der folgenden Ausführungen sowohl für die
bauplanungsrechtliche Ausweisung von Industrie- und Gewerbegebieten als auch
von reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie Kleinsiedlungsgebieten, sofern
sie an vorhandene oder geplante Gewerbe- und Industriegebiete heranrücken (vgl.
Nr. 2.4.2).
Zum Schutz von Mischgebieten,
Dorfgebieten und Kerngebieten kann die Abstandsliste gem. Nr. 2.2.2.5
angewendet werden. Je nach baulicher Nutzung sind die besonderen Wohngebiete
entweder wie Wohngebiete oder wie gemischt genutzte Gebiete zu behandeln.
2.2.2.1
Bei der Planung für Gemengelagen kann die Anwendung der Abstandsliste zu
Schwierigkeiten führen. Entsprechend dem in den Grundsätzen der Bauleitplanung
verankerten Verbesserungsgebot, insbesondere auch hinsichtlich des
Immissionsschutzes, sollen die TÖB in diesen Fällen durch ihre Stellungnahmen
zu einer Lösung beitragen, die - unter Berücksichtigung der gesamtplanerischen
Belange und des Planungszieles - hinsichtlich des Immissionsschutzes die erreichbaren
Fortschritte gewährleistet, wenn auch im Einzelfall nicht jegliche
Beeinträchtigung durch Immissionen ausgeschlossen werden kann; dies ist jedoch
wegen des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme (vgl. BVerwG,
Urteil vom 12.12.1975-IV C 71.73 - „Tunnelofenurteil“) vertretbar. Da bei den
gewachsenen städtebaulichen Strukturen in Gemengelagen in aller Regel örtlich
vorhandene, aber zu geringe Schutzabstände nicht vergrößert werden können,
werden sich die Anregungen der TÖB zur Gewährleistung eines bestmöglichen
Immissionsschutzes vorwiegend auf Maßnahmen des aktiven bzw. passiven
Immissionsschutzes zu erstrecken haben.
2.2.2.2
Die sich durch die Abstandsregelung ergebenden Zwischenzonen sind nicht als
"von der Bebauung freizuhaltende Schutzflächen", z.B. im Sinne von §
9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB anzusehen; vielmehr kann innerhalb dieser Abstände eine
weniger schutzbedürftige Nutzung als im Wohngebiet oder eine nicht bzw. nicht
wesentlich störende gewerbliche oder vergleichbare Nutzung vorgesehen werden.
2.2.2.3
Der Abstand ist zu messen an der geringsten Entfernung zwischen der Umrisslinie
der emittierenden Anlage und der Begrenzungslinie von Wohngebieten. Unter
Umrisslinie ist die Linie im Grundriss (Vertikalprojektion) der Anlage zu
verstehen, die ringsum die Emissionsquellen (z.B. Schornsteine, Auslässe,
Tankfelder, Klärbecken, schallabstrahlende Wände oder
Öffnungen) umfasst. Bei mehreren Anlagen auf einem Werksgelände ist für die
Bemessung des notwendigen Abstandes regelmäßig die Anlagenart mit dem größten erforderlichen
Abstand gemäß Abstandsliste maßgebend. Geringfügige Unterschreitungen der
Abstände sind akzeptabel.
2.2.2.4
Der in der Liste angegebene Abstand ergibt sich bei den mit (*)
gekennzeichneten Anlagearten ausschließlich oder weit überwiegend aus Gründen
des Lärmschutzes und basiert auf den Geräuschimmissionsrichtwerten zum Schutz
reiner Wohngebiete; der Abstand darf daher um eine Abstandsklasse verringert
werden, wenn es sich bei dem zu schützenden Gebiet um ein allgemeines oder
besonderes Wohngebiet oder ein Kleinsiedlungsgebiet handelt (vgl. Nr. 2.2.1).
2.2.2.5
Bei Anwendung der Abstandsliste zur Festsetzung der Abstände zwischen
Industrie- oder Gewerbegebieten einerseits und Misch-, Kern- oder Dorfgebieten
andererseits können bei mit (*) gekennzeichneten Betriebsarten die Abstände der
übernächsten Abstandsklasse zugrunde gelegt werden.
Falls ein Mindestabstand von 100 m nicht
eingehalten werden kann, ist eine Einzelfallprüfung erforderlich.
2.2.2.6
Der angegebene Abstand kann auf 200 m reduziert werden, wenn die
Geruchsstoffemissionen über einen Biofilter behandelt werden. Dies setzt
voraus, dass das Rohgas biogenen Ursprungs ist, der
Biofilter ordnungsgemäß betrieben wird (vgl. Richtlinie VDI 3477), im Reingas
kein Rohgasgeruch mehr feststellbar ist, die Biofilterfläche eines oder
mehrerer Filter 3.000 m² nicht überschreitet und diffuse Quellen, z.B.
Kanalisation, nicht relevant sind.
2.2.2.7
Bei der Prüfung der Abstände zwischen Industrie- oder Gewerbegebieten und
bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Kur- oder Klinikgebieten (§ 11 BauNVO) ist mindestens der für reine Wohngebiete maßgebende
Abstand zugrunde zu legen.
2.2.2.8
Im Allgemeinen sollte den Festsetzungen des Abstandserlasses der Vorzug eingeräumt
werden, jedoch ist eine Abstandsverringerung in besonderen Fällen auch durch
Festsetzungen von Emissionskontingenten nach DIN 45691 möglich, sofern der
Abstand überwiegend durch Geräuschemissionen bestimmt wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18.12.1990 - 4 N 6.88 und vom
27.1.1998 – 4 NB 3.97). Eine hieran angelehnte Vorgehensweise für geruchsstoffemittierende Betriebe ist dagegen nicht
möglich; wegen fehlender wissenschaftlicher Grundlagen gibt es dazu keine
Regelungen.
2.2.2.9
Die Abstandsliste gilt nur für die Planung im ebenen Gelände; in anderen
Fällen, z.B. bei der Planung in Tallagen, sollten
Einzeluntersuchungen angestellt werden (vgl. Nr. 2.4.1.3 und Nr. 2.4.2.1).
2.2.2.10
In Anhang 3 sind Anlagen aufgeführt, die - sofern die Voraussetzungen des § 35
Abs. 1 BauGB erfüllt sind - aus der Sicht des Immissionsschutzes im
Außenbereich errichtet werden sollten.
Die diesen Anlagen zugehörigen Abstände
sind zur Sicherstellung eines ausreichenden Immissionsschutzes zwischen diesen
Anlagen und Wohnbereichen notwendig.
2.2.2.11
Anlagen können Betriebsbereich oder Teil eines Betriebsbereichs sein, sofern
gefährliche Stoffe nach Anhang I der Störfall-Verordnung in entsprechender
Menge vorhanden sind oder sein können. In der Abstandsliste sind die Anlagen,
für die dies infolge der Erfahrungen relevant sein kann, durch (#)
gekennzeichnet; diese Kennzeichnung ist lediglich als Hinweis zu verstehen,
aber keinesfalls abschließend.
Weitere Hinweise werden in der Beilage
zur Broschüre „Immissionsschutz in der Bauleitplanung – Berücksichtigung von
Emissionen und Immissionen bei der Bauleitplanung sowie bei der Genehmigung von
Vorhaben“ unter Nr. 1.4.3 gegeben.
2.2.3
Nichtanwendbarkeit auf bestehende Immissionssituationen
Aus der Abstandsliste allein können keine
Rückschlüsse auf vorhandene Immissionssituationen gezogen werden. In diesen
Fällen haben die TÖB die Gemeinde darauf hinzuweisen, dass eine hinreichende
Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf die Immissionssituation und eine
vollständige Zusammenfassung des Abwägungsmaterials anhand der vorhandenen
Situation zu erfolgen hat (vgl. dazu Beschluss OVG NRW vom 23.7.2004 – 10 a B
1009/04 NE). Ob bei einer vorgegebenen Situation durch Industrie- oder
Gewerbebetriebe Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen in
der Umgebung auftreten, muss im Einzelfall zusätzlich anhand der
immissionsschutzrechtlichen Vorschriften (z.B. BImSchG,
TA Luft, TA Lärm, GIRL) geprüft werden; eine Abstandsunter- bzw.
-überschreitung allein rechtfertigt nicht ein Einschreiten bzw.
Nichteinschreiten der Überwachungsbehörde nach den immissionsschutzrechtlichen
Vorschriften.
2.3
Anwendung der Abstandsliste im Flächennutzungsplanverfahren
Die TÖB haben den Planungsträger schon im
Flächennutzungsplanverfahren, in dem die grundsätzliche Baugebietszuordnung
erfolgt, darauf aufmerksam zu machen, welche Beschränkungen von ihnen im
nachfolgenden Bebauungsplanverfahren voraussichtlich vorgeschlagen werden. Auf
die Ausführungen unter Nr. 2.2.2.11 wird hingewiesen.
2.4
Anwendung der Abstandsliste im Bebauungsplanverfahren
2.4.1
Festsetzung von Industrie- oder Gewerbegebieten
2.4.1.1
Festsetzung von Industrie- oder Gewerbegebieten, deren Nutzung noch nicht
bekannt ist
a) Notwendigkeit der Nutzungsbeschränkung
Die TÖB haben bei ihren Stellungnahmen
entsprechend den in der Planung vorgegebenen Abständen zwischen Industrie- oder
Gewerbegebieten einerseits und Wohngebieten bzw. Misch-, Kern- oder
Dorfgebieten entsprechend Nr. 2.2.2 andererseits dem Planungsträger
vorzuschlagen, in dem Bebauungsplan Nutzungsbeschränkungen für bestimmte
Anlagearten für die Industrie- oder Gewerbegebiete entsprechend § 1 Abs. 4 bis
9 BauNVO 1990 festzusetzen. Der Einfachheit halber
sollen die TÖB dabei - unbeschadet der Verpflichtung des Planungsträgers, die
textliche Festsetzung zum Bebauungsplan eindeutig zu bestimmen - auf die
entsprechenden Abstandsklassen der Abstandsliste verweisen (z.B. "nicht
zugelassen sind Anlagen der Abstandsklassen ... der Abstandsliste zum RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 6.6.2007 (SMBl. NRW. 283) und Anlagen mit ähnlichem Emissionsverhalten"). Dabei haben die
TÖB bei ihren Stellungnahmen stets den Stand der Abstandsliste (z.B. Stand:
2007) anzugeben und dem Planungsträger zu empfehlen, die Anlagenarten der
Abstandsliste in geeigneter Form – möglichst als Negativfestsetzung - zum
Bestandteil der Festsetzung im Bebauungsplan zu machen (vgl. dazu OVG
NRW-Urteil vom 30.9.2005 – 7D142/04.NE). Sofern die Abstände für bestimmte
Anlagenarten im Plangebiet nur teilweise eingehalten werden können, soll eine
räumliche Gliederung der Anlagen empfohlen werden.
b) Ausnahmemöglichkeiten nach § 31 Abs. 1
BauGB
Die TÖB können zur Vermeidung von allzu
großen und unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall aufhebbaren
Beschränkungen im Rahmen der von ihnen abzugebenden Stellungnahmen den
Gemeinden empfehlen, im Bebauungsplan Ausnahmemöglichkeiten für Anlagenarten
des nächst größeren Abstandes der Abstandsliste zu eröffnen (dazu OVG
NRW-Urteil vom 24.4.1996 – IIa D 6/93.NE). Durch
besondere technische Maßnahmen oder durch Betriebsbeschränkungen - insbesondere
Verzicht auf Nachtarbeit – können im Einzelfall die Emissionen einer später zu
bauenden Anlage so weit begrenzt oder die Ableitbedingungen so gestaltet
werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen in den schutzbedürftigen Gebieten
vermieden werden. Das Vorliegen dieser Voraussetzung kann anhand der im
Einzelfall vorzulegenden genauen Antragsunterlagen schlüssig geprüft werden.
2.4.1.2
Festsetzung von Industrie- oder Gewerbegebieten, in denen die Art der später
anzusiedelnden Betriebe schon bekannt ist
Ist im Planungsverfahren bekannt, welche
Industrie- oder Gewerbearten in den neu festzusetzenden Industrie- oder
Gewerbegebieten untergebracht werden sollen, so ist durch Vergleich der in der
Planung vorgegebenen Abstände mit den in der Abstandsliste angegebenen Werten
festzustellen, ob die für die in Frage kommenden Betriebsarten vorgesehenen
Abstände eingehalten sind. Ist dies nicht der Fall, so haben die TÖB dem
Planungsträger vorzuschlagen, in dem Bebauungsplan die Nutzung durch Anlagen,
die einen größeren Abstand erfordern, auszuschließen. Im Übrigen wird
hinsichtlich der dem Planungsträger vorzuschlagenden Beschränkungen der
Nutzungen im Bebauungsplan und der Ausnahmemöglichkeiten auf Nr. 2.4.1.1
verwiesen.
2.4.1.3
Festsetzung von Industrie- oder Gewerbegebieten, deren Nutzung in Einzelheiten
bekannt ist
a) Prüfung anhand der Abstandsliste
Ergibt der Vergleich des in der Planung
vorgegebenen Abstandes zwischen der geplanten industriellen oder gewerblichen
Anlage einerseits und einem tatsächlich vorhandenen oder baurechtlich
ausgewiesenen oder gleichzeitig auszuweisenden Wohngebiet andererseits mit dem
für die entsprechende Betriebsart in der Abstandsliste angegebenen Abstand die
Vereinbarkeit mit den Belangen des Immissionsschutzes, so ist nach Nr. 2.4.1.2
zu verfahren.
b) Einholung von Gutachten im Einzelfall
(Immissionsprognose - Gutachten)
Reicht der in der Planung vorgegebene
Abstand nicht aus, so kann unter Zugrundelegung der notwendigen
Einzelinformationen (z.B. Emissionskataster, Quellenkonfiguration) durch ein
Einzelgutachten - unbeschadet des späteren Immissionsschutzes oder
baurechtlichen Genehmigungsverfahrens - geprüft werden, ob der vorgesehene
Abstand gleichwohl ausreichen wird, um Gefahren, erhebliche Nachteile oder
erhebliche Belästigungen für die Bewohner der benachbarten Wohngebiete bzw.
Misch-, Kern- oder Dorfgebiete zu vermeiden. In diesen Fällen sollen die TÖB
dem Planungsträger - wenn nicht die Unverträglichkeit der Planung mit den
Grundsätzen des Immissionsschutzes von vornherein auf der Hand liegt -
empfehlen, ein entsprechendes Einzelgutachten in Auftrag zu geben. Das
Gutachten soll die zum Zeitpunkt der Planung absehbare Entwicklung der Betriebe
berücksichtigen. Auf Ersuchen des Planungsträgers sollen sich die TÖB an der
Formulierung der Fragestellung für das Gutachten beteiligen. Die TÖB können im
Einzelfall das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV)
hinzuziehen. Wegen der Prüfung der Einzelgutachten wird auf Nr. 2.4.3 verwiesen.
Von der Empfehlung, ein Gutachten
einzuholen, sollen die TÖB absehen, wenn es ihnen ohne übermäßigen Zeitaufwand
möglich ist, aus eigenem Sachverstand den Planungsbehörden eine Lösung
vorzuschlagen.
2.4.2
Festsetzung von Wohngebieten in Bebauungsplänen
2.4.2.1
Festsetzung von Wohngebieten in der Nachbarschaft von bereits bestehenden und
voll besiedelten Industrie- oder Gewerbegebieten
a) Prüfung anhand der Abstandsliste
Sollen Wohngebiete in der Nachbarschaft
von bereits bestehenden und voll besiedelten Industrie- oder Gewerbegebieten,
d.h. Gebieten ohne freies Gelände für Betriebserweiterungen, festgesetzt werden
und ist der sich aus der Abstandsliste ergebende Abstand mehr als nur
geringfügig unterschritten, so sollen die TÖB den Planungsträger darauf
hinweisen, dass sich aus der Realisierung dieser Planung wechselseitige
Beeinträchtigungen ergeben können und die Beachtung des Trennungsgrundsatzes
nach § 50 BImSchG somit nicht mehr gewährleistet ist.
Auf Nr. 2.2.2.11 wird verwiesen.
Bei der beabsichtigten Festsetzung von
Misch-, Kern- oder Dorfgebieten ist unter Beachtung von Nr. 2.2.2.5 analog zu
verfahren.
b) Einholung von Gutachten im Einzelfall
(Immissionsgutachten)
Die TÖB sollen dem Planungsträger - wenn
nicht die Unverträglichkeit der Planung mit den Grundsätzen des
Immissionsschutzes von vornherein auf der Hand liegt - empfehlen, mit Hilfe
eines Gutachtens feststellen zu lassen, ob tatsächlich und ggf. in welchem
Ausmaß Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen in dem
festzusetzenden Wohngebiet durch den Betrieb von Industrie- oder Gewerbeanlagen
zu erwarten sind und ob diese evtl. durch Schutzmaßnahmen (z.B. immissionsschutzmäßig
günstige Anordnung der Gebäude, Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe) im
Wohngebiet unterbunden werden können. Auf Ersuchen des Planungsträgers sollen
sich die TÖB an der Formulierung der Fragestellung für das Gutachten beteiligen.
Von der Empfehlung, ein Gutachten
einzuholen, sollen die TÖB absehen, wenn es ihnen ohne übermäßigen Zeitaufwand
möglich ist, eine eigene Stellungnahme – ggf. mit Beteiligung des LANUV -
abzugeben, die eine entsprechende gutachtliche Beurteilung ersetzt.
c) Grundlagen des Immissionsgutachtens
Dem Gutachten ist die für die jeweilige
Nutzung ungünstigste Emissionssituation bei bestimmungsgemäßem Betrieb in dem
Industrie- oder Gewerbegebiet unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der
Planung absehbaren Entwicklung der Betriebe zugrunde zu legen. Hinsichtlich
möglicher Änderungen sind zwei Fälle zu unterscheiden:
1.Die vorhandene Emissionssituation in
dem bestehenden Industrie- oder Gewerbegebiet ist ungünstiger, als sie - trotz
planungsrechtlicher Zulässigkeit der vorhandenen Nutzung - nach den
immissionsschutzrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
In diesem Fall können Verbesserungen der
Emissionssituation, die bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplanes für das
Wohngebiet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht werden
können, berücksichtigt werden; das Gutachten soll die dafür erforderlichen
Maßnahmen und die technischen Möglichkeiten zu ihrer Verwirklichung aufzeigen.
2. Die vorhandene Emissionssituation in
dem bestehenden Industrie- oder Gewerbegebiet ist günstiger, als sie bei voller
Ausschöpfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit wäre.
In diesem Fall ist von einer der
Gebietsgröße und dem Gebietscharakter entsprechenden gewerblichen bzw.
industriellen Nutzung mit den höchsten zulässigen Emissionen auszugehen, wenn
nicht feststeht, dass die vorhandene Situation in diesem Gebiet langfristig
unverändert bleibt oder sich sogar noch günstiger entwickelt.
2.4.2.2
Festsetzung von Wohngebieten in der Nachbarschaft von festgesetzten, aber noch
nicht oder nicht voll besiedelten oder gleichzeitig auszuweisenden Industrie-
oder Gewerbegebieten
Ist die Festsetzung von Wohngebieten in
der Nachbarschaft von bestehenden, aber noch nicht oder nicht voll besiedelten
oder gleichzeitig auszuweisenden Industrie- oder Gewerbegebieten vorgesehen, so
ist bei der Prüfung, ob der in der Planung vorgesehene Abstand zum Schutz der
Wohngebiete ausreicht, von den selben Annahmen wie in Nr. 2.4.2.1 c) zweiter
Spiegelstrich auszugehen, soweit nicht für die Industrie- oder Gewerbegebiete
Beschränkungen planungsrechtlicher Art (z.B. wie in Nr. 2.4.1.1 vorgesehen)
bestehen.
2.4.3
Prüfung von Einzelgutachten
Sofern Immissionsgutachten erstellt
werden, sollen die TÖB darauf hinwirken, dass die vom Planungsträger in Auftrag
gegebenen Gutachten ihnen zur Prüfung vorgelegt werden; die TÖB können an der
Prüfung das LANUV beteiligen. Führt die Prüfung des Gutachtens zu dem Schluss,
dass das Gutachten plausibel ist und unter Berücksichtigung der vorgegebenen
oder angenommenen Emissionssituation und ggf. bestimmter Schutzmaßnahmen im
Wohngebiet Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen im
Wohngebiet nicht zu erwarten sind, so sollen die TÖB ihre Bedenken
zurückstellen, ggf. unter der Voraussetzung weiterer Schutzmaßnahmen. Die TÖB
sollen darauf hinwirken, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen
öffentlich-rechtlich abgesichert werden. Voraussetzung ist, dass
planungsrechtliche Grundsätze nicht verletzt werden. Auf Nr. 2.2.2.11 wird
verwiesen.
2.5
Schutzabstände bei Hochspannungsfreileitungen
Hochspannungsfreileitungen unterscheiden
sich in ihrer Anlagenart und Wirkung auf die Umwelt erheblich von den in der
Abstandsliste genannten Anlagen. Die in Anhang 4 genannten Abstände sollen dazu
dienen, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 1 Abs. 5 Nr. 1
BauGB zu gewährleisten. Die TÖB sollen diesen Anhang 4 bei der Beteiligung im
Bauleitplanverfahren anwenden.
Der Schutzabstand bemisst sich bei
Hochspannungsfreileitungen senkrecht zur Trassenachse bis zur Begrenzungslinie
der zu schützenden Gebiete. Die Bemessung der in Anhang 4 angegebenen Abstände
basiert auf dem von der Strahlenschutzkommission in ihren Empfehlungen zum
Schutz vor niederfrequenten elektrischen und
magnetischen Feldern der Energieversorgung und -anwendung vom 16./17. Februar
1995 genannten Ermessensspielraum für die magnetische Flussdichte von 10 T zur
Berücksichtigung des Vorsorgegesichtspunktes und auf den Erläuterungen des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu § 4 der
Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV).
3
Nichtanwendung der Abstandsliste in Genehmigungsverfahren
3.1
Baugenehmigungsverfahren
Soweit Bauvorlagen, insbesondere die
Betriebsbeschreibungen nach § 5 Abs. 2 und 3 der Verordnung über bautechnische
Prüfungen - BauPrüfVO - (vgl. Anlagen I/6 und I/7 zur
VV BauPrüfVO) nicht ausreichen, um eine exakte
Vorausberechnung der von der geplanten Anlage zu erwartenden Emissionen
vornehmen zu können, werden sich die Beurteilung der voraussichtlichen Immissionssituation
und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen für die Stellungnahmen der
zuständigen Immissionsschutzbehörden auf Erfahrungen mit bestimmten Anlagearten
im Sinne einer typisierenden Betrachtungsweise stützen. Es ist in jedem
Einzelfall zu prüfen, ob Bedenken gegen das Vorhaben bestehen und wie diese
ggf. ausgeräumt werden können. Die Tatsache, dass der in der Abstandsliste
angegebene Abstand nicht eingehalten ist, begründet für sich allein noch nicht
eine ablehnende Stellungnahme der zuständigen Immissionsschutzbehörde. Werden
die Werte des Abstandserlasses jedoch deutlich unterschritten, kann dies
zusammen mit konkreten Feststellungen zum Einzelfall die Einschätzung stützen,
dass unzumutbare Beeinträchtigungen nicht auszuschließen sind (vgl. Beschluss
OVG NRW vom 22.10.1996 – 10 B 2386/96).
Ergibt sich aus den vorgelegten
Bauvorlagen, dass erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der
Allgemeinheit oder der Nachbarschaft nur durch Auflagen ausgeschlossen werden
können, so sollen die zuständigen Immissionsschutzbehörden den
Bauaufsichtsbehörden die erforderlichen Auflagen zur Aufnahme in die
Baugenehmigung vorschlagen. Ergibt sich aus den vorgelegten Bauvorlagen, dass
die hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen das Leben oder die
Gesundheit von Menschen oder bedeutende Sachgüter gefährden und diese auch
durch Auflagen mit Sicherheit nicht ausgeschlossen werden können, so haben die
zuständigen Immissionsschutzbehörden die Bauaufsichtsbehörden darauf
hinzuweisen, dass das Vorhaben aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht
genehmigungsfähig ist (§ 25 Abs. 2 BImSchG) oder
wegen seines Störgrades planungsrechtlich unzulässig sein kann. Im Übrigen wird
auf Nr. 54.35 der zum 1.1.2006 außer Kraft getretenen VV BauO
NRW hingewiesen.
3.2
Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren, Planfeststellungsverfahren
und sonstige öffentlich rechtliche Zulassungsverfahren
In den im Vorspann genannten Verfahren
ist es ausdrücklich Gegenstand des Genehmigungsverfahrens, anhand der
Antragsunterlagen und von Einzelgutachten in jedem Einzelfall zu prüfen, ob
Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die
Allgemeinheit oder die Nachbarschaft ausgeschlossen werden können. Die
Anwendung der Abstandsliste würde diesem Grundsatz der Einzelfallprüfung nicht
gerecht werden. Diesbezüglich wird auch auf § 15 Abs. 3 der BauNVO
1990 hingewiesen.
3.3
Befreiungsmöglichkeit nach § 31 Abs. 2 BauGB
3.3.1
Befreiungen bei der Zulassung neuer Anlagen
Eine Befreiung wegen einer offenbar nicht
beabsichtigten Härte gem. § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB kann beispielsweise in
Betracht kommen, wenn das Vorhaben (typisierend betrachtet) wegen der im
Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen zum Immissionsschutz unzulässig ist,
eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB (vgl. Ziffer 2.4.1.1 b) nicht möglich ist,
jedoch die Einzelfallprüfung ergibt, dass das konkrete Vorhaben bezüglich des
Immissionsschutzes als unbedenklich einzustufen ist.
3.3.2
Befreiungen bei bestehenden Anlagen
Werden bestehende Anlagen überplant,
genießen aber Bestandsschutz, so ist eine Erweiterung oder sonstige Änderung
nur im Rahmen einer Befreiung von immissionsschutzrechtlichen Festsetzungen
möglich, wenn die Prüfung ergibt, dass neben den in § 31 Abs. 2 BauGB
aufgeführten Befreiungstatbeständen die Immissionsverhältnisse sich durch die
Erweiterung oder sonstigen Änderung nicht verschlechtern
(Verschlechterungsverbot). Gehen von einer bestehenden, den planungsrechtlichen
Vorschriften widersprechenden Anlage bereits Gefahren, erhebliche Belästigungen
oder erhebliche Nachteile für die Umgebung aus und ist von seiner Änderung eine
erhebliche Verbesserung der Immissionssituation nicht zu erwarten, so kann eine
Befreiung in der Regel nicht erteilt werden (vgl. BVerwG-Urteil
vom 5.8.1983 – 4 C 96.79).
4
Der RdErl.
d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 2.4.1998 (SMBl. NRW. 283) wird aufgehoben.
MBl. NRW. 2007 S. 659
Anlagen: