Durchführung des Gesetzes über technische
Arbeitsmittel
(Gerätesicherheitsgesetz - GSG)
Hier: Überprüfung des Inverkehrbringens und
Ausstellens von technischen Arbeitsmitteln
RdErl. d. Ministeriums für
Arbeit, Soziales und
Stadtentwicklung, Kultur und Sport -212 - 8221.12-
v. 4.1.1999
In
Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des
2. Abschnitts des Gerätesicherheitsgesetzes vom 10. Januar 1996 (BAnz S. 446) bitte ich, die nachfolgenden organisatorischen
und verfahrenstechnischen Festlegungen zu beachten. Der RdErl.
des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 26. Juli 1982 - III A
3 - 8100 (III Nr. 20/82) wird aufgehoben.
1.
Grundlagen des Verwaltungshandelns
Auf Artikel 100a des Vertrages zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) gestützte EG-Richtlinien
verpflichten die Mitgliedsstaaten, alle zweckdienlichen Maßnahmen zu treffen,
damit die von diesen Richtlinien erfassten technischen Arbeitsmittel nur in den
Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie die Sicherheit und
die Gesundheit von Personen und ggf. von Haustieren oder Gütern bei
angemessener Installierung und Wartung und bestimmungsgemäßem Betrieb nicht
gefährden (z.B. Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/392/EWG/Maschinen). § 4 Abs.
1 des Gerätesicherheitsgesetzes ermächtigt die Bundesregierung zum Erlass von
Rechtsverordnungen, die der Umsetzung von Richtlinien auf Grund von Artikel
100a EG-Vertrag (im Folgenden 100a-Richtlinien) in
deutsches Recht dienen (harmonisierter Bereich). Ferner ist in § 3 GSG das Inverkehrbringen von technischen Arbeitsmitteln geregelt,
welche nicht 100a-Richtlinien unterliegen (nichtharmonisierter
Bereich).
§ 5 Abs. 1 und 2 GSG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum
GSG regeln die Überwachungstätigkeit der zuständigen Behörden. In
Nordrhein-Westfalen sind dies entsprechend Nr. 2.1.1 des Verzeichnisses zur
Anlage der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des
Arbeits- und technischen Gefahrenschutzes (ZustVO ArbtG) vom 14. Juni 1994 in der jeweils geltenden Fassung (SGV. NW. 281) insbesondere die Staatlichen Ämter für Arbeitsschutz (StÄfA).
2.
Überwachungsstrategie in NRW
2.1
Allgemeines
Die Verantwortung für die
sicherheitsgerechte Gestaltung von technischen Arbeitsmitteln liegt beim
Hersteller bzw. Inverkehrbringer. Die zuständige
Behörde geht gem. § 5 Abs. 3 GSG bei technischen Arbeitsmitteln,
- die mit einem in einer
Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 1 GSG vorgeschriebenen Konformitätszeichen
versehen sind, oder
-
die mit dem in § 3 Abs. 4 GSG genannten Zeichen versehen sind, oder
- für die
eine der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilte zugelassene
Stelle eine in der Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 1 GSG vor-gesehene
Konformitätsbescheinigung ausgestellt hat, oder
- für die eine der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften mitgeteilte zugelassene Stelle ein Konformitätszeichen zuerkannt
hat
davon aus, dass sie den
Anforderungen nach § 3 Abs. 1 GSG entsprechen und prüft durch Stichproben, ob
diese Voraussetzungen erfüllt sind. Ebenso prüfen sie durch Stichproben, ob
Produkte aus dem nichtharmonisierten Bereich den
Anforderungen des GSG entsprechen.
Die Überwachung eines dynamischen
und unübersichtlichen Marktes mit starker internationaler Verflechtung bedingt
ein strategisch optimiertes und effizientes Handeln der Überwachungsbehörden.
Das Handeln der Staatlichen Arbeitsschutzverwaltung in NRW orientiert sich an
der im Fachkonzept dargestellten Strategie des Arbeitsschutzes und ist
präventiv ausgelegt. Die Überwachung besteht aus folgenden Arbeitsschritten:
- Wahrnehmung der Sensorfunktion durch
systematische Erfassung und Auswertung aller verfügbarer Informationen,
- Überprüfung von Anhaltspunkten und Bearbeitung
erkannter Mängelschwerpunkte in Form von Programmen und
- einzelfallbezogene Bearbeitung bei Gefahren.
Die bei den Aktivitäten gewonnenen
Informationen werden innerhalb der Arbeitsschutzverwaltung ausgetauscht.
2.2
Marktanalyse
Voraussetzung für die Einleitung von
gezielten Verwaltungsmaßnahmen ist die Feststellung, dass von bestimmten
technischen Arbeitsmitteln eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der Benutzer
oder Dritter oder für ein anderes in einer Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 1 GSG
genanntes Rechtsgut ausgeht.
Die Feststellung
basiert auf einer systematischen Erfassung und Auswertung der verfügbaren
Informationen. Mögliche Informationsquellen sind u.a.
-
Veröffentlichungen in Medien
-
Unfallmeldungen und -statistiken
- Meldungen Dritter
- Meldungen
über institutionalisierte Informationssysteme
-
Erkenntnisse aus Programmen und
-
Tätigkeiten nach 2.4.
Ergeben sich aus der Auswertung der
verfügbaren Informationen Anhaltspunkte für mögliche Mängelschwerpunkte, so
werden diese grundsätzlich in Form von Programmen überprüft.
2.3
Programmarbeit
Bestehen Anhaltspunkte für mögliche
Mängelschwerpunkte, sind im Rahmen einer erhebungsorientierten Phase eines Programmes stichprobenartige Produktkontrollen vorrangig
bei Messen und Ausstellungen durchzuführen. Im Einzelfall sind Hersteller und
Einführer, aber auch der Groß- und Einzelhändler einzubeziehen.
Mit Hilfe der Programmarbeit werden
erkannte Mängelschwerpunkte systematisch und effizient angegangen. Kernpunkt
ist die Entwicklung von Handlungsstrategien, mit denen eine unter
Berücksichtigung der eingesetzten Ressourcen optimale Wirkung erzielt wird.
Hierbei sind neben der zielgerichteten Produktkontrolle an Stellen mit
größtmöglicher Wirkung (Hersteller, Importeure, Großhändler u.ä.),
der Einbeziehung von Kooperationspartnern (insbesondere Verbände) und der
Systemüberwachung auch Maßnahmen zur Sensibilisierung der Verbraucher denkbar.
Darüber hinaus ist zwischen den
Arbeitsschutzressorts der Länder vereinbart worden, dass von den für das GSG
zuständigen Überwachungsbehörden gezielt stichprobenartige Marktkontrollen
bundesweit koordiniert durchgeführt werden (vgl. 3.1).
2.4
Einzelfallbearbeitung
Stellt die zuständige Behörde fest, dass von
einem bestimmten technischen Arbeitsmittel bei bestimmungsgemäßer Verwendung
(oder soweit eine Richtlinie dies regelt, bei voraussehbar nicht
bestimmungsgemäßer Verwendung) eine Gefahr für Leben oder Gesundheit der
Benutzer oder Dritter oder für ein anderes in einer Rechtsverordnung nach § 4
Abs. 1 GSG genanntes Rechtsgut ausgeht, so trifft sie gem. § 5 Abs. 1 Satz 1
GSG alle erforderlichen Maßnahmen.
Die zuständige Behörde muss
gem. § 5 Abs. 2 GSG tätig werden, wenn sie Meldungen von
-
der Kommission der Europäischen Gemeinschaft,
-
einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft,
-
einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum,
-
der Bundesregierung,
-
einer für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde,
-
einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
-
Behörden oder Beamten des Polizeidienstes,
-
einer anderen, auch ausländischen Behörde,
-
einer zugelassenen / akkreditierten Stelle,
- einer
anderen mit Fragen des Gefahrenschutzes im Sinne des § 3 GSG befassten Stelle,
z.B. der Stiftung Warentest oder dem Betriebs- bzw. Personalrat eines das
Arbeitsmittel verwendenden Betriebes oder
-
einem Verwender
über
-
eine Gefahr durch einen Mangel in der Beschaffenheit eines technischen
Arbeitsmittels erhält, oder
- einen Unfall bei der Benutzung eines technischen Arbeitsmittels
erhält und begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass der Unfall auf einen
Mangel in der Beschaffenheit des technischen Arbeitsmittels zurückzuführen ist.
3.
Staatliche Ämter für Arbeitsschutz
3.1
Aufgaben und Tätigkeiten
Rechtliche Grundlagen der
Fachaufgabe „Gerätesicherheit“ sind das GSG und - soweit es den harmonisierten
Bereich betrifft - die jeweils auf Grund § 4 Abs. 1 GSG erlassenen
Verordnungen. Die Aufgabenwahrnehmung muss sich auf der Grundlage des
Fachkonzeptes an der unter 2 dargestellten Strategie der
Arbeitsschutzverwaltung NRW orientieren und ist präventiv auszulegen.
Die StÄfA
nehmen ihre regionale Sensorfunktion wahr und führen die vorgenannten
Erhebungen, Prüfungen und Programme durch. Ergeben sich aus den Feststellungen
nach 2.2 Mängelschwerpunkte, so sind diese in Form von Amts- oder
Regionalprogrammen aufzugreifen. Darüber hinaus sind die StÄfA
aufgefordert, der LAfA geeignete Themen für die
landesweite Programmarbeit vorzulegen.
Die für den Arbeitsschutz zuständigen
Ressorts der Länder haben vereinbart, dass bundesweit koordinierte gezielt
stichprobenartige Marktkontrollen von den für das Gerätesicherheitsgesetz
zuständigen Überwachungsbehörden durchgeführt werden. Diese Marktkontrollen
erfolgen im Rahmen der Programmarbeit. Einzelheiten der Koordination werden
gesondert geregelt.
Die Wahrnehmung der Aufgabe nach 2.4
orientiert sich an der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum 2. Abschnitt des
GSG. Festgestellte Mängel im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Allg. VwV werden mit dem Formular 1 des Anhangs der Allg. VwV den zuständigen Landesbehörden und der LAfA mitgeteilt. Alle erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen
nach § 5 GSG sind von dem zuständigen StAfA
unverzüglich einzuleiten. Für die Information an die Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin entsprechend § 6 Abs. 3 GSG ist das Formular 2
zur Allg. VwV zu benutzen.
Um die Aufgabenwahrnehmung zu
optimieren, arbeiten die StÄfA untereinander, mit den
Bezirksregierungen und mit der LAfA zusammen.
Insbesondere findet ein Informationsaustausch über gewonnene Erkenntnisse und
geplante Programme sowie deren Ergebnisse statt.
Nach Weisung des MASSKS arbeiten
Bedienstete der StÄfA anlassbezogen und befristet in
überregionalen Fachgremien mit.
3.2
Personelle und materielle Ausstattung
Die Überwachung der Anforderungen
nach dem GSG verlangt von den Beschäftigten in diesem Arbeitsbereich
spezifische Erfahrungen und Fachkenntnisse. Zur Sicherstellung einer
effizienten Überwachung müssen in jedem StAfA
mindestens zwei Beschäftigte eingewiesen werden.
Zur Durchführung von
Beweissicherungen, Dokumentationen und Prüfungen muss jedes StAfA
über folgende Mindestausstattung verfügen:
-
Fotoapparat mit Normal- und Makroobjektiv und Blitzlicht,
-
Werkzeugkoffer mit Bandmaß, Winkelmesser, Wasserwaage, Schieblehre, diverse
Schraubendreher, usw.,
-
Taschenlampe,
-
Phasenprüfer,
-
VDE-Prüffinger,
-
Vielfachmessgerät.
Vor dem Kauf von Prüfmustern sind
die Möglichkeiten der
1. Auskunft des Herstellers nach §7 Abs. 1 Satz 1 GSG,
2. Anordnung einer Sachverständigenprüfung nach §
7 Abs. 1 Satz 3 GSG,
3. Probenahme nach § 7 Abs. 2 Satz 1 GSG
auszuschöpfen. Soweit diese Möglichkeiten
keinen Erfolg haben, kann die LAfA die Prüfmuster für
die StÄfA erwerben.
4.
Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW
Aufgabe der LAfA ist
die umfassende Unterstützung der Arbeitsschutzverwaltung bei der Wahrnehmung
ihrer Aufgaben aus dem Gerätesicherheitsgesetz. Zu den fachlichen
Pflichtaufgaben gehören:
- Beratung der StÄfA
in sicherheitstechnischen Fragen, fallweise Teilnahme an Besprechungen und
gemeinsamen
Betriebsbegehungen,
- Stellungnahmen zu sicherheitstechnischen
Problemstellungen,
- Unterstützung bei der sicherheitstechnischen
Beurteilung und Prüfung technischer Arbeitsmittel,
- Vorhaltung einer aktuellen Liste geeigneter
Sachverständiger nach § 7 Abs. 1 Satz 3 GSG,
- Unterrichtung der Arbeitsschutzbehörden über
aktuelle Erkenntnisse,
- Auswertung und ggfls.
Weiterleitung von Berichten, sowie sonstigen Informationen,
- Auswertung und ggfls.
Weiterleitung von EU-Schnellinformationen an die StÄfA
und Bezirksregierungen
- Vorbereitung und Organisation von Aktivitäten
mit überregionaler Bedeutung und besonderer Aktualität,
- Aufbereitung der Vorschläge der StÄfA
für die zwischen den Arbeitsschutzressorts der Länder vereinbarten bundesweit koordinierten
Marktkontrollen und Vorlage der Vorschläge in Listenform zum 30. November
eines jeden Jahres an das MASSKS,
- Erarbeitung von Stellungnahmen zu Entwürfen von
Rechtsvorschriften, Richtlinien, Normen, etc.,
- Geschäftsführung des Arbeitskreises
Gerätesicherheitsgesetz,
- anlassbezogene und befristete Mitarbeit in
überregionalen Fachgremien nach Weisung durch das MASSKS sowie
- Organisation und Durchführung der Fortbildung
der in diesem Aufgabenbereich eingesetzten Bediensteten der
Arbeitsschutzverwaltung.
Die LAfA stattet die StÄfA mit den unter 3.2 genannten Dokumentations-, Mess-
und Prüfgeräten aus und weist die Bediensteten der StÄfA
in die Anwendung ein.
5.
Bezirksregierungen
Die
Bezirksregierungen bündeln die Erkenntnisse und koordinieren die Aktivitäten
der StÄfA in ihrem Regierungsbezirk. Sie behandeln
Fragen aus ihren Amtsbezirken übergreifend und führen ggf. eigene
Bezirksprogramme durch.
Nach Weisung des
MASSKS arbeiten Bedienstete der Bezirksregierungen anlassbezogen und befristet
in überregionalen Fachgremien mit.
6.
Arbeitskreis Gerätesicherheitsgesetz
Es wird ein
ständiger Arbeitskreis „Gerätesicherheitsgesetz“ eingerichtet, der das MASSKS
in Bezug auf die Umsetzung des GSG berät. Der Arbeitskreis wird aus
Beschäftigten der Arbeitsschutzverwaltung gebildet, tritt bei Bedarf zusammen,
erstellt Informationsmaterial und versendet es nach Abstimmung mit dem MASSKS
an alle Dienststellen der Arbeitsschutzverwaltung NRW. Die Aufgaben des
Arbeitskreises sind insbesondere:
- Auswertung von
Anregungen und Erarbeitung von Themenvorschlägen für Programme,
- Beratung von
Einzelfragen aus der Arbeitsschutzverwaltung,
- Beratung zur
Vorgehensweise der Arbeitsschutzverwaltung,
- Beratung der LAfA bei der Aus- und Fortbildung der Bediensteten der
Arbeitsschutzverwaltung.
Dem Arbeitskreis
gehören an:
- eine Vertreterin /
ein Vertreter eines StAfA aus jedem Regierungsbezirk,
- eine Vertreterin /
ein Vertreter einer Bezirksregierung sowie
- zwei
Vertreterinnen / Vertreter der LAfA.
Je nach fachlicher /
thematischer Notwendigkeit kann die Geschäftsführung des Arbeitskreises weitere
Bedienstete der Arbeitsschutzverwaltung, insbesondere Juristen, zu speziellen
Fragestellungen und Themen hinzuziehen.
MBl.
NRW. 1999 S. 156.